Von Kindern, Ziegen und Avocados. Ngarama – mein neues Zuhause

Ngarama. Ein kleines, wunderschönes Dorf im Nordosten Ruandas, 4,5 Stunden von der Hauptstadt entfernt. Ein Dorf, in dem Ziegen noch Ziegen und Kinder noch Kinder sein dürfen. Wer morgens nicht von einer brüllenden Kuh geweckt wird, wacht spätestens auf, wenn die Schüler der Benebikira-School anfangen für mehrere Stunden lauthals zu singen. Dieses Schicksal ereilt auch mich jeden Morgen, mein Wecker ist mittlerweile überflüssig.

Schnappschuss auf meinem Weg zur Arbeit

So beginnt mein Tag um 6 Uhr, während ich auf dem Weg zum Bad hoffe, dass wir Strom haben. Beim Verlassen des Hauses greife ich mir meinen Schreiblock und den Regenmantel (Das Irische Sprichwort „1 Tag 4 Jahreszeiten“ könnte auch aus Ruanda stammen) und beginne mit meiner morgendlichen Wanderung zu der anderen Seite des Dorfes.
Auf den Straßen von Ngarama riecht es nach Feuer, Schweiß und süßen Speisen. Ein paar Kinder spielen auf dem Rasen und ein „Good Morning“ tönt aus ihren Kehlen, wenn sie mich sehen. Schnell beschließt auch die restliche Kinderschar von Ngarama, in den Chor einzusteigen und ein stetiges, auch gerne aus 200 Metern Entfernung gerufenes „Umuzungu“ (eine Bezeichnung für wohlhabende Weiße) begleitet mein Gehen.

Weiteres spontanes Foto

Nach heißen und vor allem lauten 45 Minuten erreiche ich das Wikwiheba Mwana Center. Die kleine Sandrine öffnet mir das Tor, umarmt mich und versucht mit einem Lächeln mehr schlecht als recht meinen Namen auszusprechen. Doch auch ich lächele und bin stolz und heilfroh, dass sie mich nicht mehr „Anna“ nennt. Auch die anderen Kinder kommen auf mich zugestürmt und ein wilder Austausch von Begrüßungen beginnt. Mit lautem Lachen setzen nun auch die Mothers des Centers (eine Art Ersatzmütter für die Kinder hier) und ich die Begrüßung fort. Jeden Morgen eine harte Probe für meine Kinyarwandakenntnisse (Kinyarwanda ist die Landessprache in Ruanda), denn ein englisches Wort erreicht hierbei nur ungern mein Ohr.

In den frühen Morgenstunden ist noch nicht viel los. In wenigen Minuten wird Lachen und Geschrei über den Platz tönen

Pünktlich um 9 Uhr nach ruandischer Zeitrechnung (ich sitze auch gerne mal bis 10.30 Uhr alleine im Klassenzimmer und versuche hilflos 15 lachende und erwartungsvolle Kinder zu bändigen), beginnt der Sonderunterricht. Der Stundenplan an der Wand sieht hübsch aus und anscheinend ist dies auch seine einzige Aufgabe. Der Teacher, dessen wirklicher Name unbekannt ist, und ich denken uns leichte Matheaufgaben aus und malen mit den Kindern, für die Rechnen zu anspruchsvoll ist. Nach einer Stunde Matheunterricht, bei dem mehr gelacht wurde als bei manch einem in der gesamten Schulzeit, schlage ich ein „easy English“- Lernbuch auf und wiederhole mit ein paar Kindern die bereits gelernten Tierbegriffe. Die Kinder, die der Sprache mächtig sind, zeigen großen Ehrgeiz ihr Sprachrepertoire auch auf die englische Sprache zu erweitern. Doch der beliebteste Zeitvertreib ist und bleibt, mir Kinyarwanda beizubringen: es wird gelacht, wenn meine Aussprache, mal wieder typisch Deutsch – zu hart – ist und jeder möchte der Nächste sein, der mir die Übersetzung für „Ziege“ zuschreit.

Unser kleiner Klassenraum im Center

Gegen 12 Uhr ist Essenszeit. Wenn meine Chefin Mediatrice, oder von allen nur Mama Kiki genannt, bei der ich jeden Tag zum Lunch geladen werde, noch nicht aus ihrem Büro in die Sonne getreten ist, helfe ich noch beim Füttern der Kinder. Nach dem monotonen aber äußerst schmackhaften Mahl bei Mama Kiki bestehend aus Nudeln, Bohnen und Maisbrot geht es zurück ins Center. Den Nachmittag verbringen wir mit Ballspielen, Memory oder dem sehr beliebten Mensch ärgere dich nicht, bei dem es wichtiger ist, mir die Farben beizubringen als wirklich zu spielen.

Unsere Physiotherapeutin Fabienne bei der Arbeit

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Er war laut, anstrengend und ereignisreich aber vor allem voller Lachen und Freude. Erschöpft aber glücklich komme ich zuhause an. Den späten Nachmittag verbringen Linus und ich unglücklicherweise mit Waschen und Geschirrspülen, den Abend mit Kochen. Mit einem seufzen lassen wir uns auf die harten Sessel im Esszimmer sinken. Ich schaue nach draußen, während ich auf meinem Reis kaue und die Schüler der Benebikira-School zu ihren Abendgesängen ansetzen, um mit den Vögeln und Fröschen den nächtlichen Wettkampf um die lautesten Geräusche auszutragen. Hier in Ngarama, wo die Avocado besser schmeckt als irgendwo sonst, aber das Fleisch ungenießbar ist. Hier, wo die Leute dich immer am interessantesten finden und der Verkäufer auf dem Markt dein bester Freund ist. Ein Dorf in dem du dir bei Regen oder Dunkelheit alle Knochen brichst, das aber die Idylle aus einem Märchenbuch besitzt.
Ich lächele. Dieses Dorf ist eigen, es ist laut und bunt, aber vor allem ist es mein Zuhause geworden.

Eine Stadt der Sterne in einem Land der Berge

Es ist das erste Mal für mich den afrikanischen Kontinent mit eigenen Füßen zu berühren. Davon habe ich geträumt seit ich das erste Mal über die Globalisierung nachgedacht habe, den ständigen Fortschritt, der in jedem Land unterschiedlich verläuft. Dazu meinte Präsident Trump einst: „ (…) Viele Länder dieser Welt wie Indien oder Afrika sind immer noch sehr arm (…)“. Denn was Donald Trump da anspricht habe ich während meinen Ausreisevorbereitungen äußerst häufig gehört. Du gehst nach Afrika? Ist das nicht gefährlich?

Die Hauptstadt Kigali

Da fragte ich mich: Ein gesamter Kontinent soll ohne Unterschiede in zwei Kategorie passen, nämlich ˂gefährlich˃ und ˂arm˃? Warum ist Afrika für so viele Menschen nur ein Land? Nicht ein Kontinent mit so großartiger Vielfalt, durchaus auch sehr fortschrittlichen Ländern und alternativen Lebensweisen zur europäisch-westlichen, die genauso gut funktionieren können?

Ich habe bereits Antworten gefunden, aber auch dreimal so viele neue Fragen. Dabei bitte ich dich als Leser aber auch kritisch mit meinem Text umzugehen, denn ich schreibe aus meiner Perspektive. Und die Wirklichkeit entsteht erst durch die Auseinandersetzung mit sehr vielen unterschiedlichen Sichtweisen!

Das Motofahren

Aber jetzt los nach Ruanda:
Ich komme in der Hauptstadt Kigali an, die nicht vom Sternenhimmel zu unterscheiden ist. Auf den Hügeln auf denen die weitläufige Stadt erbaut ist funkeln überall Lichter – wunderschön! Ich werde mit einem Auto abgeholt, was sehr bequem ist für mich und die Koffer, jedoch ist das wesentlich weniger gebräuchlich als das MOTO! Du verhandelst den Preis, steigst auf und überholst im Straßenverkehr jeden Bus und jedes Auto. Aber aufgepasst, nur die mit den roten Laibchen sind auch offizielle Motofahrer! Es finden Motorennen statt, manchmal bleibt eins wegen Benzinmangel liegen, ein anderer verfährt sich oder weiß gar nicht genau welchen Ort du ihm genannt hast, fährt aber trotzdem einmal los. Mir ist dennoch bewusst wie gefährlich so etwas sein kann, deswegen bin ich froh nur in Kigali darauf angewiesen zu sein, nicht bei mir im ländlichen Janja.

Kitenge – Stoffe auf dem Kimironko – Markt

Nach den ersten Tagen lerne ich das Regenwetter kennen (bis November dauert die Regenzeit an). Es ist durchgängig warm, wir haben mehr ein Tageszeitenklima als ein Jahreszeitenklima. Toni, meine Mitfreiwillige, zeigt mir alles, nimmt mich mit zum Sprachkurs, auf den Kitenge-Kleidermarkt und zu leckeren Restaurants, denn sie ist bereits seit zwei Monaten hier unten. Oder oben, wir leben ja auf ca. 1700 Höhenmetern (:

 

Was ist meine Einsatzstelle und was muss ich machen? Das kommt in meinem nächsten Beitrag!

„Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner haben die Zeit“

Inzwischen sind schon über 2 Monate vergangen seit dem ich von Deutschland aus in das mir damals noch unbekannte Malawi gestartet bin.

Die Zeit scheint echt nur so an einem vorbei zu fliegen.

Seit meinem letzten Beitrag ist einiges passiert. Inzwischen hat die Schule angefangen und ich konnte mir schon zumindest so etwas ähnliches wie einen „Alltag“ aufbauen.
Jede Woche fahre ich für drei Tage nach Chipunga. Dort wohne ich, wie schon einmal erwähnt,  bei den Kasambalas und teile deren Alltag, d.h. kochen auf dem offenen Feuer, beten vor dem Essen und wenn man mal eine WhatsApp Nachricht verschicken möchte muss man zum Nachbar oder zum Fußballplatz laufen, denn nur dort hat man mit etwas Glück Internetempfang. Ich genieße oft gerade die Ruhe in Chipunga. Nachts kann man einen wunderschönen Sternenhimmel betrachten und man hört nicht ständig laute Musik aus dem nächstgelegenen Club, wie in Mzuzu.

Dies ist das Haus der Familie Kasambalas.
Hier kochen Doris und ich Nsima. Das Hauptnahrungsmittel der Menschen in Malawi.

Meine Arbeit  in den Preschools in Chipunga macht mir Spaß. Die Kinder sind echt liebenswert und mir gefällt besonders deren Enthusiasmus bei den Kinderliedern und kleinen Spielen. Bereits die kleinen Kinder können die Hüften schwingen, wie die ganz Großen.
Bei den Unterrichtseinheiten sitze ich bisher meistens nur daneben. Es ist echt schwer ihnen etwas beizubringen, wenn man deren Sprache (Chitumbuka) nicht gut spricht. Die Kinder können kaum Englisch. Außerdem haben leider einige immer noch, aufgrund meiner Hautfarbe, Angst vor mir. Ich bin mir jedoch sicher, dass sich das bald legen wird. Mit meiner „Gastmutter“ Doris Kasambala kann man gut über die Lehrmethoden und die bestehenden Probleme in den Preschools reden. Sie ist selbst eine ausgebildete Lehrerin, während die Preschool Educators keine  Ausbildung haben und auch nur eine geringe Aufwandsentschädigung für ihren Einsatz erhalten. Trotzdem sieht man deutlich, dass sie sich sehr bemühen und ihr Bestes geben den Kleinen etwas beizubringen und dadurch einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

 

GRACE hat nun veranlasst, dass Doris Kasambala eine zweite Supervision in den Preschools macht. Die erste war bereits im Juli 2018. Dabei begleitete Doris Kasambala die Preschool Lehrer/innen eine Stunde täglich im Unterricht und brachte ihnen neue Unterrichtsmethoden bei und gab Anregungen. Auch ich profitiere sehr davon. Da ich keine Ausbildung habe kann ich durch Doris viel lernen und sicherer werden.

Mein Chitumbuka verbessert sich von Woche zu Woche. Ich bekomme zwei mal die Woche jeweils eine Stunde Unterricht von meinem Chef Daniel Mthuti. Auch malawische Freunde zu haben erleichtert es einem sehr diese Sprache zu lernen. So langsam hat man auch kleine Erfolgserlebnisse, wenn sich zwei Einheimische unterhalten und man sogar einige Teile davon verstehen kann.

 

Abenteuerliche Fahrten zwischen Mzuzu und Chipunga

Manchmal, wenn ich Glück habe, kann ich mit dem Farm-Auto der Chipunga Farm nach Chipunga fahren. Dieses Auto ist öfters in der Stadt, um Besorgungen zu machen. Doch in letzter Zeit hatte das Auto einige Probleme, entweder gab es kein Geld für Sprit oder es war in der Reparatur…
Also bin ich mittlerweile auch schon einige Male mit dem Public Transport nach Chipunga und wieder nach Mzuzu gefahren. Um nach Chipunga zu kommen muss man zu einem bestimmten Platz in Mzuzu und dort warten, bis einer der Pickups in Richtung Chikwina genügend Gäste hat, damit er losfährt. Chikwina ist das nächst größere Dorf, welches von Mzuzu aus hinter Chipunga liegt. Chikwina kann man auch auf Google Maps finden, während man bei Chipunga schon größere Probleme hat. 😀
In Malawi gibt es keine Buslinien mit festen Abfahrtszeiten, wie in Deutschland (außer bei den großen Überlandbussen), hier muss man immer warten, bis das Fahrzeug voll ist und erst dann fährt es los.
Nach 1-2 h Wartezeit geht dann meistens die Reise endlich los. Manchmal ist es echt faszinierend wie viele Menschen und Gepäck auf so einen „kleinen“ Pickup passen. Zwischen 5 Säcken Dünger, Kartoffeln, Matratzen und anderem Gepäck sitzt man dann mit noch weiteren 25 Menschen eingequetscht auf der Ladefläche des Pickups und hofft, dass es auf der Fahrt keine Panne gibt und man dadurch möglichst schnell ans Ziel kommt. Nach der Fahrt spürt man dann Muskeln, von denen man noch nie wusste, dass man sie überhaupt hat.
Es ist jedes mal eine Belastungsprobe. Ich hoffe, dass ich mich mit der Zeit daran gewöhnen werde und es irgendwann normal für mich wird.
Nach meiner Zeit in Malawi werde ich mich wohl nicht mehr so schnell über den Zug freitags um 13:15 Uhr von Freiburg nach Bad Krozingen beschweren. Dieser ist zwar immer überfüllt, sodass man Leute bitten muss etwas Platz zu machen, um überhaupt zur Türe rein zu kommen, doch wäre dieser in Malawi würden dort nochmal 20 Leute und 10 Düngersäcke reinpassen. 😀

Aber gerade in solchen Situationen, wie z. B. die Fahrten nach Chipunga, fällt mir immer wieder auf, dass die Malawier ein ganz andere Verhältnis zu Körperkontakt mit fremden Menschen haben. Plötzlich spürt man einen Arm auf seiner Schulter von der Frau, welche neben einem sitzt oder man sitzt selbst fast auf dem Schoß einer anderen fremden Person.  An sich begegnen sie fremden Menschen hier viel offener. Es wird getratscht und zusammen gelacht, als ob man sich kennen würde (so empfinde ich es zumindest, das meiste kann ich leider nicht verstehen, da oft  in Chitumbuka oder Chichewa gesprochen wird).  Gerade diese Offenheit der Menschen finde ich hier sehr angenehm. Hier wird sich nicht nur angeschwiegen und abgewartet, bis man endlich an seinem Ziel ankommt, um ohne Worte wieder verschwinden zu können.

Der Rückweg von Chipunga nach Mzuzu mit dem Public Transport ist ebenfalls anstrengend. Man muss von Chipunga aus eine gute Stunde in der prallen Sonne sehr steil bergauf laufen, um ins Nachbardorf Chigwere zu kommen. Von Chigwere (auf deutsch Nilpferd) aus fahren Sharetaxen nach Mzuzu. Das ist wieder ein bisschen ein Glücksspiel, manchmal kommt sofort eines, manchmal muss man warten. Aber in Malawi spielt Zeit keine so große Rolle.

„Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner haben die Zeit“, wie ein Sprichwort so schön sagt.


 

Wenn ich in Mzuzu bin unternehme ich meisten etwas mit Carolin. Sie macht ein dreimonatiges Praktikum im Bereich Stadtplanung und wohnt ebenfalls in der Backpackerlodge Mzoozoozoo.

Mittlerweile waren wir schon öfters in Nkhtata Bay am Malawisee. Es ist nur 46km von Mzuzu entfernt und wegen STRABAG führt eine sehr gute Straße dort hin, sodass man in einer knappen Stunde unten ist. Der See ist echt wunderschön blau und klar. Meistens sind wir im Mayoka Village, einer Lodge welche von einer Südafrikanerin geleitet wird. Dort kann man sich Standup-Padels, Kanus und Taucherbrillen leihen. Wenn man dort unten ist kann man sich gar nicht vorstellen in einem der ärmsten Ländern Afrikas zu sein…

 

Caro und ich haben auch schon unseren ersten „größeren“ Ausflug gemacht. Am 08.09.2018 begleiteten wir Gill, eine Kanadierin, welche wir im Zoo (Mzoozoozoo Lodge) kennengelernt haben, zur Lukwe Lodge. Gill war eine Freiwillige in der Lukwe Lodge, mittlerweile ist sie jedoch irgendwo in Afrika unterwegs.
Um nach Lukwe zu kommen mussten wir ca. 3 Stunden eingequetscht im Minibus nach Chitimba fahren. Dort warteten wir bis eines der Fahrzeuge in Richtung Livingstonia genügend Gäste zusammen hatte, damit es losfahren konnte. Nach einer weiteren Stunde auf sehr schlechter Straße steil bergauf und nochmal stärker eingequetscht, kamen wir dann bei der Lukwe Lodge an.

Die Lukwe Lodge ist einer der schönsten Plätze, die ich jemals gesehen habe. Es ist eine sehr ruhige und familiäre Lodge. Außer uns waren noch zwei weitere Gäste da. Die Einrichtung ist mit viel Geschmack ausgewählt und das Highlight dieser Lodge ist die Schaukel direkt vor dem Abgrund. Man hat einfach einen grandiosen Ausblick auf Berge und den Malawi See.

Am nächsten Morgen konnten wir den Sonnenaufgang vom Bett aus beobachten. Anschließend machten wir uns an den Abstieg. Unterwegs legten wir einen Stopp bei der Mushroom Farm ein. Sie ist auch so ähnlich wie Lukwe, doch noch etwas größer und touristischer. Dort frühstückten wir und haben noch letztes Mal den Ausblick genossen.

Dies ist der Ausblick aus dem Zimmer

Nach 2,5 Stunden in der prallen Sonne bergab kam ein Pickup vorbei, welcher uns die restliche Strecke mitnahm. Den Rückweg nach Mzuzu war echt komfortabel, da wir jemanden fanden, der uns in seinem Auto mitnahm.
Ich würde jedem, der nach Malawi, kommt die Lukwe Lodge empfehlen. Doch man sollte länger als nur eine Nacht oben bleiben, da die Anreise und Abreise mit den Öffentlichen doch sehr Kräfte zehrend ist.

Der Forenji auf dem Fahrrad

Landschaft zwischen Addis Abeba und Debre Zeyit (siehe ganz unten)

Seit mehr als fünf Wochen bin ich nun hier, die Zeit vergeht im Flug. Ich bin bisher kaum zum Schreiben gekommen, sondern war immer irgendwie unterwegs oder verabredet.

Man findet hier schon einige davon, aber ob drei Käfer hintereinander Zufall sind oder nicht, weiß ich nicht

Es fällt hier nicht besonders schwer hier Leute kennenzulernen, zumindest als Forenji (weißer Ausländer). Ich habe jedenfalls bisher um einiges mehr Handynummern gespeichert als ich mir Namen merken konnte und komme erst so langsam mit den oft sehr anders klingende Namen nach. Kennengelernt habe ich ganz unterschiedliche Menschen:  Lehrer (oft sehr junge, die neben oder vor dem Masterstudium am Vocational College unterrichten) aus verschiedenen Departments, Teilnehmer an den Umgang-mit-Daten-Workshops, Leute, die mich auch der Straße oder im Minibus angesprochen haben. In letzterer Gruppe war sowohl jemand, der sich darüber geärgert hat, dass Ausländer immer erwarten würden, dass man nur Geld von Ihnen wolle, als auch Leute, die mich am Ende tatsächlich nach einer finanziellen Leihgabe, einmal aber auch nur eine TripAdvisor-Bewertung, gefragt haben, als auch einer der uns spontan einen Kaffee bezahlt hat, obwohl wir mit dem wir nur ein paar Worte gewechselt haben. Ich sollte dazu sagen, dass das Kennenlernen von den Orten, die man besucht abhängt, und auch eine Einstellungssache ist, denn in Deutschland war ich besonders mit der Herausgabe meiner Kontaktdaten deutlich vorsichtiger. Doch nun sehe ich die Offenheit gegenüber jedem und auch das Suchen nach Kontakt als Zweck meines Aufenthalts hier und empfinde viel Neugier und Freude daran.

Viele Leute auf der Straße sind überrascht, wenn ich Gelegenheiten finde, meine (leider immer noch recht begrenzten) amharischen Wörter fallen zu lassen, und ich merke, dass mir das direkt Sympathien entgegenbringt. Auch wenn hier viele staatliche und nicht-staatliche ausländische Organisationen vor Ort sind, falle ich als Weißer auch in dieser Millionenstadt überall auf. Normalerweise werde ich aber weitgehend in Ruhe gelassen. Das ändert sich jedoch spürbar, wenn ich zum Fahrrad als Transportmittel wechsle, was an sich keine schlechte Wahl ist, um auf den breiten Straßen am dichten Verkehr vorbei zu kommen. Demnächst werde ich dabei aber eine Atemmaske tragen. Scheinbar passt das Bild vom reichen Ausländer und dem armen Radfahrer hier nicht zusammen, jedenfalls kann man sich dabei schon mal wie eine Jahrmarktsattraktion vorkommen: Leute verlieren ihre Scham und rufen mir „Forenji“ oder „China“ nach, rufen mir sogar aus fahrenden Autos zu oder sind bloß belustigt und einmal sammelten sich sogar bis zu zehn Kinder an einer roten Ampel um mich, bis sie auf grün gesprungen ist. 

NASA Space Apps Challenge Addis Ababa

Manchmal finde ich das ganz unterhaltsam mit der Voreingenommenheit mancher Menschen zu spielen. Beispielsweise war das Personal in dem teureren Hotel, in dem die NASA Challenge am letzten Wochenende stattfand (siehe vorherige Posts), stets freundlich, höflich und zuvorkommend, wie man den Service für den Preis halt erwartet. Als ich am Sonntag Morgen jedoch mit dem Rad ankam und auf jemanden vom Personal zugegangen bin, um zu fragen, wo ich mein Rad abstellen kann, wurde ich nicht einmal begrüßt und nur schroff gefragt „where do you want to go?“. Mit zunehmender Erklärung (einfach mehrfach die deutsche finanzkräftige Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GiZ als Organisator nennen) wurde die Miene des Herrn stets freundlicher und am Ende hat er meinen Fahrradschlüssel entgegengenommen und mein Rad auf dem bewachten Autoparkplatz geparkt und mir den Schlüssel anschließenden zu unserem Veranstaltungsraum im ersten Stock hochgebracht.

Abgesehen von dieser Ausnahme empfinde ich den Umgang hier auf der Straße insgesamt als ehrlicher als in Deutschland: Man hört die Menschen wenig Worte wie „Hallo, entschuldigen Sie bitte, vielen Dank, Bitteschön, auf Wiedersehen“ sagen, was sie aber nicht weniger tatsächlich hilfsbereit und aufmerksam macht (nur im Straßenverkehr scheinen manche keine Freunde zu kennen).

Waschbereich des Holland Guest Houses

Dass sich die Leute Zeit für andere nehmen können, kann auch daran liegen, dass ich hier noch nie jemanden gestresst gesehen habe und so werden auch jegliche Formen des Wartens, Verabredungen, Leistungsgedanke bei der Arbeit oder ein neuer Strom-, Wasser- oder Internetausfall gelassen hingenommen. Ich habe recht bald aufgehört, die Stromausfälle zu zählen, die von zehn Minuten bis einmal mehr als 24 Stunden angedauert haben. Manch ein Café, Behörde, etc. hat daher einen eigenen Generator, viele aber auch nicht und so bringt das auch mich als Arbeiter am Computer gelegentlich zur Zwangspause. In der Nähe der meisten Wasserhähne findet sich entweder eine Wassertonne oder eine kleinere Art von Behälter, aus dem man schöpfen kann, wenn gerade mal kein fließendes Wasser vorhanden ist.

Feine Unterschiede zu Deutschland gibt es auch beim Thema Müll. So ist mir nach einiger Zeit aufgefallen, dass der Müll, den ich bei uns zuhause oder bei der Arbeit vom Boden aufsammle und erstmal irgendwo ablege, später absichtlich wieder dorthin heruntergeschmissen wird, weil er von dort, von einer Reinigungskraft schon wieder beseitigt werden wird und nichts auf dem Tisch weniger zu suchen hat. Konsequenterweise finden sich draußen auch wenige Mülleimer, dafür werden die Straßen aber jeden Morgen mit Besen gereinigt. Lobenswert finde ich besonders den Recycling-Wert von Glas. So wird das vergleichsweise hohe Pfand nicht nur auf Flaschen erhoben, sondern auch andere Glasbehälter und mir wurde gesagt, mancherorts bekäme man nur so viele (gefüllte) Bierflaschen, wie man Leergut im Austausch zurückbringt.

Meskel-Fest am Leipzig Sqaure 2012 E.C. (Ethiopian Calender)

Relativ bald nach meiner Ankunft hier fand das Meskel-Fest statt (Meskel = Kreuz), an dem das Auffinden des Kreuzes Jesu mit religiösen Ritualen und Tänzen und mit dem Verbrennen von mit Grasbüscheln geschmückten kegelförmig angeordneten Hölzern zelebriert wird. Nach einer der Theorien hat der Rauch eines Feuers die heilige Helena im dritten oder vierten Jh. nach einen Traum zum wahren Kreuz geführt, mit dem Jesus gekreuzigt wurde. Zehntausende finden sich dazu jedes Jahr am Meskel-Sqare ein. Ich selbst habe jedoch nur eine kleine Version am Leipzig-Square in der Nähe meines hiesigen Zuhauses erlebt.

Straßenverkauf

Wenn mich Leute fragen, wie ich Addis Abeba erlebe, sage ich oft, dass die Stadt wie ein riesiger Markt für mich ist. Denn überall, egal ob Haupt- oder Nebenstraße, gibt es kleine Buden oder auch Verkäufer ohne Fazilitäten, die alle ihre Ware anbieten: Besonders oft Tomaten, Zwiebeln, Bananen, Kartoffeln, Wasser und natürlich Injera. Alles organisch und wenn man aus dem Stadtkern raus fährt, kann man beobachten, wie noch traditionell mit pflügenden Ochsen und viel Handarbeit angebaut wird.

Bäyenet (verschiedenes Gemüse), wie immer mit Injera

Erst durch den Kontrast hier, fällt wirklich auf, wie einheitlich unser Gemüse in Deutschland doch ist. Kaufen muss man oft übrigens in halben Kiloschritten, da die Wagen noch manuell mit kleinen Gewichten funktionieren. Es gibt es aber auch eigene Stände für Reifen oder Wasserhähne und auf stark frequentierten Wegen gibt es immer wieder nervtötend piepsende Personenwagen, auf denen man sich entgeltlich wiegen lassen kann.

In den ersten Wochen habe ich drei Museen der Stadt besucht:

  • Das Red Terror Museum, in dem ein zu der Zeit gefangen genommener Zeitzeuge über die aus einem Militärputsch resultierende kommunistische Schreckensherrschaft von 1974 bis 1987 berichtet hat.
  • Das Ethnologische Museum auf dem Addis Abeba Universitätsgelände, in dem ich aber nur sehr kurz war, da man mich schon fast eine Stunde vor Ende der Öffnungszeiten raus gescheucht hat.
  • Das Nationalmuseum, Heimat der berühmten Lucy, dem vermutlich über 3 Millionen Jahre alten Skelett. Interessanter Weise glaubt hier jedoch niemand, mit dem ich aufs Thema Religion zu sprechen gekommen bin, daran, dass die Evolution mehr als eine Theorie sein könnte, da sie ja dem Bibeltext widerspräche. Das Religion hier im Allgemeinen mehr Bedeutung als in Deutschland zukommt, ist auch im Alltag zu beobachten. Beispielsweise bekreuzigen sich einige Fußgänger aber auch Autofahrer während der Fahrt, wenn sie eine Kirche passieren. Außerdem sind nach der orthodoxen äthiopischen Kirche jeden Mittwoch und Freitag Fastentage (zusammen mit den längeren Fastenzeiten kommt man auf etwa 200 Fastentage im Jahr), an denen bis zum Mittag nicht gegessen und getrunken und danach nur vegetarisch gegessen wird. Danach richtet sich beispielsweise auch das Angebot in unserer College-Kantine.
Ausblick vom Aufstieg auf den Entoto

Außerdem besucht, habe ich bisher den Entoto, den zur Stadt gehörenden Berg, der neben viel Natur und kleinen Siedlungen einige Kirchen beherbergt.

Blick auf einen Kratersee in unserem Ressort in Debre Zeyit

Gestern habe ich an einem Ausflug des Gesamten College-Personals (etwa 250 Lehrer und andere Angestellte) zu einem Ressort zur nahegelegenen Urlaubsort Debre Zeyit teilgenommen, der von fünf Kraterseen umgeben und superschön ist. Dort wurden in Urlaubsatmosphäre Mitarbeiter für besondere Leistungen oder vor dem Ausscheiden aus dem College etc. ausgezeichnet, gegessen, getanzt und getrunken.

Als nächste Ausflüge plane ich am nächsten Wochenende in einer kleinen überwiegend deutschstämmigen Gruppe im ebenfalls von Addis aus gut zu erreichenden Nationalpark Mengesha zu zelten und die soziale nachhaltige Farm, in der mein Mitbewohner Yaye arbeitet, zu besuchen.

Was gibt es für mich zu tun?

Hallo beisammen,

etwas lang her seit meinem letzten Eintrag. Wie lang? Keine Ahnung. Zu lang anscheinend, denn ich werde ständig aufgefordert mal wieder was zu schreiben. Ich bin es euch schließlich auch schuldig. Hier also etwas Neues zu RICE.

Nachdem wir die Orientierungsphase mehr recht als schlecht hinter uns gebracht hatten ging es los. Langweiliges digitalisieren von Tabellen. Klar, man erhofft sich größere Aufgaben wenn man hierher kommt. Aber alles fängt klein an. Denke ich mir und arbeite mich durch den gefühlt nicht kleiner werdenden Stapel durch. So vergingen die Tage und Wochen. Bis heute.

So. Das wars. Ich hoffe es hat euch gefallen und hat euch einen Einblick in meinen Alltag gegeben.


Nein. Das kann ich nicht stehen lassen, schließlich ist noch mehr passiert, wie manche von euch wissen. Wie erkennbar an der Art der Aufgaben, bin ich in keinem Projekt wirklich eingebunden. Und das wird auch schwer zu ändern sein, sind die Projekte doch schon im vorhinein durchgeplant, was auch die Mitarbeiter die mitwirken einschließt aber wir schauen wie wir das hinkriegen. Das ich nicht Teil eines Projektes bin, hindert mich allerdings nicht mit aufs Feld zu fahren. Da wir aber zu zweit sind und meistens nur einer mitfahren kann schon. Da lass ich meiner Kollegin Vortritt, hat sie hier doch nur 3 Monate.

Von den Trips wo ich mit war, war zwar nur einer zu einem Projekt, aber ich werde hier mal kurz von allen erzählen.


Zum Ersten:

Der erste Trip begann damit das uns (meine Mitfreiwillige und mich) Pax Sakari, der ED (Exekutive Director), am Eingang zum Office abpasste und uns bat, ins Auto einzusteigen.  Zusammen ging es erst zu einem Hotel, wo Christoph Waffenschmidt, ein Deutscher und Vertreter von World Vision, zustieg. Mit einem weiterem Zwischenstopp in der Stadt, bei welchem Comfort (Nachnahme gerade nicht im Kopf), Managerin der Programme von RICE-WN, mit einer Packung Toast einstieg, ging es zum Heimatdorf Aripea von Joseph Abitya, einem ehemaligen Pfarrer aus Köln, der jetzt Programme zur Unterstützung von Dörfern in Uganda organisiert. Früchte seiner Arbeit sind in seinem Heimatdorf zu sehen, und nach einem Frühstück zeigt er sie uns natürlich alle und erzählt was es mit ihnen auf sich hat.

Danach ging es noch in das Heimatdorf von Pax. Hier wird gerade ein Brunnensystem für das Dorf wie auch die Umliegenden gebaut. Die Pumpe an sich ist schon installiert, allerdings muss noch das Rohrsystem um die Dörfer zu versorgen gebaut werden. Bilder hiervon finde ich gerade nicht, obwohl ich ganz sicher welche machte.

Dann hieß es Tschüss sagen, denn Christoph startet seine Heimreise nach Deutschland. Ein paar Tage später bekamen wir dann ein Foto, von einem Ausschnitt der Zeitung, in welcher ein gemeinsames Foto von ihm und Joseph vor dem Brunnen zu finden war, mit einem kurzen Text über die beiden und ihre Projekte.


Der nächste:

Dieser zweite Trip fand zwar großteilig im Sitzen statt war aber dennnoch  nicht weniger interessant. Wir fuhren raus in ein Dorf, in welchem, in einem größerem Gebäudekomplex, ein Solarsystem installiert worden war und nun eingeweiht werden sollte. Die ganze Veranstaltung wurde allerdings nicht von uns organisiert, sondern von WWF , einer Partnerorganisation von uns, unterstützt durch die EU und den Staat. Dementsprechend waren diese Parteien, alle eingeladen dem beizuwohnen. Die meisten hatten auch einen Beitrag für die Veranstaltung vorbereitet. Dazu kamen die District Leader der Region, Beiträge umliegender Schulen und ein Vortrag von einer Person welche ihre positiven Erfahrungen von der Umstellung von Petroleumlampen auf ein Solarsystem erzählte und somit letztendlich andere ermutigen sollte es ihr gleich zu tun. Das Ganze dauerte mehrere Stunden. Die Beiträge der Schulen waren zwischen die Vorträge geschoben und waren eher unterhaltender Natur, aber hatten auch einen passenden Inhalt.


Ach so. Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war Dokumente zu digitalisieren, haben Fred und ich uns an der Website zu schaffen gemacht.  Auch da geht es langsam aber stetig voran.

So. Wahrscheinlich habe ich noch was vergessen aber das wars mit Geschichten über die Arbeit. Oder habt ihr noch Fragen?

Stellt sie mir ruhig.

Melde mich bald wieder im „Privaten“ Bereich.

 

Tilman

Franz in Uganda 2: Ein bisschen Alltag

Es ist Samstag. Ich sitze auf unserer kleinen Terrasse und genieße die Ruhe und den leichten Wind, der vorbeizieht. Nun bin ich also schon über zwei Monate hier und inzwischen fühle ich mich schon sehr zuhause. War anfangs alles immer fremd und aufregend, wirkt nun alles viel vertrauter und alltäglicher. Eine gewisse Routine pendelt sich ein, sowohl in der Arbeit als auch zuhause. Arbeiten, Kochen, Einkaufen, Putzen, Wäsche waschen, Freizeit – langsam komme ich in den Rhythmus. Daneben haben wir nun schon seit einem Monat Unterricht in der Sprache Luganda. Die Sprache an sich ist nicht besonders kompliziert, trotzdem ist sie einfach komplett anders als alle anderen Sprachen, die ich bisher kannte, sowohl im Satzbau als auch bei den Vokabeln. Erst jetzt fällt mir auf, wieviele Parallelen es z.B. zwischen Englisch und Französisch gibt, zwei Sprachen, die ich bisher doch als ziemlich unterschiedlich betrachtet habe. Wir machen aber auf jeden Fall Fortschritte und für einfache Kommunikation wie z.B. Grüßen oder das Verhandeln über Preise reicht es schon. Das ist sehr praktisch, denn sobald man ein paar Luganda-Wörter in das Englische einbaut, merken die Menschen, dass man nicht komplett neu hier ist und beim Preis nicht so leicht übers Ohr gehauen werden kann.

Außerdem haben ich und Jakob immer noch große Pläne für unser neues Zuhause. So suchen wir z.B. momentan nach günstigen Paletten, um uns auf unserer Veranda eine Couch zu bauen. Außerdem soll die die Veranda mit Passionsfrucht-Pflanzen begrünt werden, die wir gerade in Töpfen heranziehen. Neben unserer Wohnung hinter dem Wasserturm befindet sich eine kleine Fläche, die wir beackern wollen, um unsere Tomatenpflänzchen einzusetzen. Letztens haben wir uns aus alten Brettern einen Topf gebaut, in dem ein Orangenbaum und Kräuter sollen. Die Samen haben wir von Samuel, einem ehemaligen Freiwilligen, der uns letztens besucht hat, mitbringen lassen. Und dann ist da natürlich noch das Lehmofenprojekt, das wir mangels eines Ofens demnächst angehen wollen…

Wir befinden uns inzwischen mitten in der Regenzeit, die noch bis November anhalten wird. Es regnet nun häufiger als nach meiner Ankunt in Uganda, vor allem Nachts gibt es öfter Schauer und es kühlt auf ca. 18 Grad ab. Insgesamt ist das Klima hier aber doch relativ ausgeglichen, d.h. es kann auch jetzt in der Regenzeit ziemlich warm und sonnig werden oder in der Trockenzeit wöchentlich regnen. Das liegt nicht zuletzt auch am Viktoriasee, der ausgleichend auf das Klima wirkt und regelmäßig feuchte Luftmassen produziert. Somit hat es ganzjährig warme Temperaturen und trotzdem ist alles um mich herum wunderbar grün.

Hier mal ein paar Eindrücke aus Jinja. Durch Klicken werden die Bilder größer.

Erfreulicherweise ist inzwischen endlich auch Schwung in meine Visum-Angelegenheit gekommen. Wir sind ja mit einem für 90 Tage gültigem Touristenvisum eingereist, das am 10. November auslaufen wird. Da unser Freiwilligenvisum immer noch nicht gestatten wurde, sind wir in letzter Zeit ein wenig unruhig geworden angesichts der ungewissen Lage und der drohenden Ausreise. Nun habe ich aber endlich meinen „Approval Letter“ bekommen, mit dem ich nochmal zu drei Ämtern und zur Einwanderungsbehörde nach Kampala muss, bevor ich endlich mein Visum bekomme. Leider hat Jakob bis jetzt immer noch keine Nachricht von der Behörde bekommen.

Auch in der Arbeit bei FABIO pendelt sich allmählich eine gewisse Routine ein, auch wenn die Aufgaben täglich variieren. Am meisten Zeit nimmt nach wie vor das Fahrradambulanz-Projekt ein. Inzwischen sind alle 5 Ambulanzen so gut wie fertig. Nun müssen noch die vier Fahrräder, mit denen die Ambulanzen gezogen werden sollen, final hergerichtet werden und eine gute Kupplung für den E-Scooter gebaut werden, der eine Ambulanz in einem hügeligeren Gebiet ziehen soll. Für das Handover der Fahrradambulanzen an die VHTs, die Village Health Teams, haben wir eider immer noch keinen endgültigen Termin finden können. Da die deutsche Botschaft in Kampala das Projekt gesponsert hat, soll sich der deutsche Botschafter anwesend sein. Dieser hat aber leider nicht so oft Zeit. Inzwischen habe ich aber schon Einladungen an die Menschen in den Dörfern, die VHTs, Lokalpolitiker und den deutschen Botschafter Dr. Conze verfasst. Für den Übergabetermin gibt es noch viel zu organisieren, deshalb wird mich die Sache wahrscheinlich noch ein bisschen beschäftigen. Wie es danach weitergeht ist noch nicht ganz klar, möglicherweise mit einem eigenen Projekt. In meinem Kopf nimmt derzeit immer mehr die Idee vom Bau von Lastenrädern Gestalt an, die hier in Jinja gut zu gebrauchen wären. Davon werde ich euch aber noch berichten sobald die Pläne konkreter werden.
Insgesamt macht mir die Arbeit immer noch viel Spaß, vor allem die Vielfalt an Aufgaben, die zu erledigen sind. Manchmal würde ich mir aber ein bisschen mehr Kontinuität wünschen, beispielsweise dass es zu bestimmten Uhrzeiten bestimmte Aufgaben gibt, ohne dass man lange überlegen muss. So habe ich relativ viel Freiheit was die eigene Zeiteinteilung angeht. Das ist auf jeden Fall befreiend, manchmal aber auch eine kleine Herausforderung.

Hier ein paar Bilder vom Bau der Amulanzen:

Des Weiteren beginnt FABIO gerade, eine neue Langzeitpartnerschaft mit einer britischen Organisation namens „All We Can“ aufzubauen. Diese wollen uns langfristig mit verschiedenen Ressourcen wie Know-How und Geld unterstützen. Vor allem letzteres wird von FABIO sehr gebraucht, da man eigentlich chronisch unter Geldmangel leidet. Für neue Projekte wie z.B. das Ambulanzprojekt werden normalerweise mittels Proposals Sponsoren gesucht. Da diese aber nur in ganz seltenen Fällen auch für die benötigten Personalkosten aufkommen, muss von den Spendengelder immer ein kleiner Teil abgezwackt werden, der dann hoffentlich einige Zeit für Personal, Strom, Miete, etc. reicht. „All We Can“ hat zum Auftakt der Zusammenarbeit eine Beraterin finanziert, mit der wir einen „Organisation Development Process“ durchlaufen sollen. Dafür treffen wir uns für zwei Tage im Konferenzraum einer benachbarten NGO und reden über allgemeine Fragen wie gute Kommunikation oder was eine Organisation ausmacht. Durch verschiedene Gespräche mit den Mitarbeitern versucht die Beraterin, mehr über FABIO zu erfahren und mögliche Probleme auszumachen. Außerdem werden mehrere Umfragen erstellt, die sich an die Menschen richtet, mit denen FABIO zusammenarbeitet, also z.B. die Menschen in den Dörfern um Jinja. Dieser ganze Prozess wird sich wohl noch eine Weile hinziehen. Am Ende soll ein sogenannter „Organisation Development Plan“ herauskommen. Ich bin mal gespannt, ob das klappt und inwiefern dieser unsere zukünftige Arbeit beeinflussen wird.

Was ist sonst so noch so passiert in letzter Zeit? Zum einen mal der 19. Geburtstag von Jakob, meinem Mitbewohner, den wir gebührend im „Bourbon“ und später im „Office“ gefeiert haben.

Das darauffolgende Wochenende machen wir eine Fahrradtour. Ich habe mir von FABIO ein etwas zu kleines Mountainbike ausgeliehen, Jakob fährt mit einem Damen-Stadtrad. So optimal ausgerüstet wagen wir uns mitten in die ugandische Pampa. Der Plan ist, erstmal den Nil zu überqueren und auf der anderen Seite am Ufer des Viktoriasees entlang zu fahren. Erstmal läuft alles wie geplant: Über den an die alte Eisenbahnbrücke aus der Kolonialzeit angehängten Fußgängerweg geht es in den Vorort Bukaya und weiter entlang der Eisenbahnstrecke. Irgendwann fällt uns aber auf, dass wir uns immer weiter vom See entfernen. Da, wo eigentlich der See sein sollte, sind jetzt Berge. Uns kommt der Gedanke, dass man von dort oben bestimmt einen guten Blick auf den See haben müsste. Also ändern wir unseren Plan und steuern geradewegs auf den höchsten Gipfel zu. Die Gegend wird immer ländlicher, man sieht immer mehr runde Lehmhäuser. Je mehr wir uns von Jinja entfernen, desto exotischer kommen wir uns als Weiße vor. Während wir in der Stadt meist gleichgültig betrachtet werden und nur zur einfacheren Kommunikation „Mzungu“, also Weiße, genannt werden, winken uns hier von überall her Kinder zu, laufen uns hinterher oder stimmen „Mzungu-Mzungu-Mzungu“-Sprechchöre an. Das wird mit der Zeit ganz schön anstrengend, die Erwachsenen uns belustigte und mitleidige Blicke zu. Auch die Wege werden mit der Zeit immer abenteuerlicher, steiler und von Sturzbächen ausgewaschen. Irgendwann finden wir den richtigen Weg, der uns zu einem Gipfel führt. Wir lassen die Fahrräder stehen und gehen die letzten steilen Meter zu Fuß. Die Aussicht ist atemberaubend. Wir sind zwar gar nicht mal so hoch, aber man hat einen wunderschönen Blick über den See, die Inseln, Jinja und die Nilquelle. Die Anstrengung hat sich allemal gelohnt. Das Angenehme ist, dass der Platz touristisch noch kein bisschen erschlossen ist. Sonst wird hier ja für gefühlt jeden Ort, an dem es landschaftlich etwas Besonderes zu sehen gibt, ein Eintritt verlangt und eine Guide zur Verfügung gestellt, ob man will oder nicht. Hier aber können wir in aller Ruhe solange verweilen, wie wir wollen und den Blick genießen.

Und dann war ich eine Woche später auch nochmal in Kampala. Meine Chefin Katesi hatte mir ein paar Wochen vorher berichtet, dass am 27. und 28. September in der ugandischen Hauptstadt eine art Verkehrskonferenz des Ministry of Works and Transport stattfindet. Da sie in meiner Bewerbung gelesen hatte, dass ich mich für verkehrsplanerische Themen interessiere, hat sie mir kurzerhand eine Einladung organisiert. Also breche ich am Mittwoch in Richtung Kampala auf. Mein Plan ist einfach, noch vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen, weshalb man mir rät, schon um drei Uhr nachmittags loszufahren aufgrund des hohen Verkehrsaufkommen. Im Endeffekt dauert die Fahrt dann aber doch nur gute eineinhalb Stunden. Als ich in Kampala ankomme, bin ich erstmal überrascht. Als ich hier vor knapp eineinhalb Monaten war, kam mir die Stadt mit ihrem Verkehrschaos und der Geschäftigkeit so wahnsinnig exotisch und anders vor, als jede Großstadt die ich bisher kannte. Jetzt erscheint mir Kampala im Vergleich zu Jinja auf einmal ziemlich europäisch! Mit dem Boda fahre ich auf breiten Straßen an großen Gebäuden und Ampeln (!) vorbei, von überall her grüßen riesige Plakate, die für den neuen Mercedes, KFC, HIV-Tests und sogar das Oktoberfest werben, das an diesem Wochenende in Kampala stattfindet.

Übernachten kann ich in einer von meiner Entsendeorganisation Artefact gemieteten Wohnung im Stadtteil Ntinda. Da die Stellen von Artefact in Kampala momentan noch vakant sind, wird die Wohnung an Mary, eine Freiwillige, die bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Uganda arbeitet, untervermietet. Sie erzählt mir, dass heute Abend Deena in einem Lokal in der Stadt auftritt und fragt kurzerhand, ob ich ich mitkommen will. Deena, das muss man wissen, ist eine junge Deutsche, die vor mehreren Jahren wie ich einen Freiwilligendienst in Uganda absolvierte, dabei als Singtalent in einer Kampaler Kneipe „entdeckt“ wurde und sich mittlerweile zum lokalen Popstar entwickelt hat. Ich habe von ihr bereits mal zuhause im SZ-Magazin gelesen. Also fahren wir kurzerhand zur besagten Bar und finden schon eine Gruppe von anderen Freiwilligen aus Deutschland und Schweden vor, die sich schon mit der Sängerin unterhalten. Das Konzert selbst ist gut, auch wenn mir ihr Musikstil nicht besonders zusagt. Vor allem die Band hat es in sich.

Am nächsten morgen muss ich früh raus. Die Konferenz findet im südlichen Stadtteil Munyonyo am Viktoriasees statt, ich muss also erstmal quer durch die gesamte Stadt. Erst auf der einstündigen Bootfahrt fällt mir auf, dass ich im Grunde nicht die leiseste Ahnung habe, was mich eigentlich erwartet. Mir wurde gesagt, dass ich mich förmlich kleiden solle, weshalb ich meine Turnschuhe geputzt habe und mein Hemd aus dem Schrank geholt habe. Mit dem, was mich in Munyonyo erwartet, habe ich aber sicher nicht gerechnet. Erstmal die Location: Das Speke Resort ist wohl die teuerste Unterkunft in ganz Uganda. Direkt am See, gigantischer Pool, weitläufige Anlagen, das wohl größte und bestausgestattete Fitnessstudio, das ich je gesehen habe und ein riesiger Konferenzraum, den ich erstmal gar nicht finde. Als ich dann kurz vor knapp eintreffe, erhalte ich ein Namensschild und bekomme einen Platz inmitten rund 500 Anzugträger zugewiesen. Zum Beginn der Veranstaltung begrüßt uns der Minister für Verkehr und Arbeit, die Konferenz selbst wird dann von niemand geringerem als dem ugandischem Premierminister Rahukana Rugunda feierlich eröffnet. Selten habe ich eine Person mit so viel Autorität gesehen. Nicht nur ich, sondern alle 500 Konferenzteilnehmer erstarren in Ehrfurcht. Nachdem man gebetet hat und die ugandische Nationalhymne aus den Lautsprechern gedröhnt ist, kann es losgehen. Erstmal wird über den im letzten Jahr veranstalteten Transportentwicklungsplan berichtet und welche Ziele erreicht bzw. nicht erreicht wurden. Es folgt ein Statement der Entwicklungspartner, der Weltbank und er Europäischen Union. Im folgenden wird viel geredet, vor allem über große Prestigeprojekte, wie dem Ausbau des internationalen Flughafens in Entebbe, der Wiederbelebung der nationalen Fluggesellschaft Uganda Airlines, die vor ein paar Jahren pleite gegangen ist, oder Ugandas Eisenbahnpläne. Geplant und mit den Nachbarländern vereinbart ist der Bau einer internationalen Verbindung von der kenianischen Hafenstadt Mombasa, über Nairobi, quer durch Uganda und Kampala bis zur ruandischen Hauptstadt Kigali sowie einer abzweigenden Verbindung in den Südsudan. Während Kenia mit dem Bau voranschreitet und zwischen Mombasa und Nairobi schon Personenzüge verkehren, hinkt Uganda weit hinterher. Der ugandische Bahnbeauftragte sieht das natürlich anders. Interessant ist ja, dass in der Kolonialzeit bereits eine Bahnverbindung von Kampala zum indischen Ozean bestand, die aber komplett heruntergekommen und schon seit längerem nicht in Betrieb ist. Nun sollen aber parallel zum Neubau der Strecken auch Kolonialstrecken wiederbelebt und alte Wagons restauriert werden.
Auch um den Verkehrschaos in Kampala wird beraten. Anscheinend wurden in den letzten Jahren schon mehrere Versuche für die Einrichtung eines öffentlichen Nahverkehrs durch Busse gestartet, nach kurzer Zeit stellten die Betreiber aufgrund des Konkurrenzkampfes mit den Taxis bzw. Matatus und den Bodas den Betrieb wieder ein. Abhilfe schaffen soll u. a. eine Stadtbahn. Auch um Verkehrssicherheit geht es, vorrangig um den Fährenverkehr auf dem Viktoriasee, wo erst wenige Wochen zuvor in tansanischem Gewässer bei einem tragischem Unfall über 200 Menschen ums Leben kamen. Und natürlich war auch die neue Jinja Bridge ein Thema, eine gigantische Schägseilbrücke, die den Nil in meiner neuen Heimatstadt überqueren soll und damit den maroden Damm ablösen soll. Das Bauwerk wurde fast vollständig von Japan finanziert und soll nächste Woche eingeweiht werden.
Was leider fast gar nicht zur Sprache kommt, ist der nichtmotorisierte Transport, also Fußgänger und Fahrradfahrer. Es scheint als macht Uganda genau die gleichen Fehler, die man bei uns auch gemacht hat: Immer mehr Autoverkehr in den Städten begegnet man mit immer mehr und immer größeren Straßen. Dass neue Straßen mehr Verkehr erzeugen und der Schüssel vielleicht eher in der Förderung der schwachen Verkehrsteilnehmer liegt, hat man hier gefühlt genauso wenig begriffen wie in bei uns in Deutschland. Außer mir, meiner Chefin und einem jungen Professor an der Makarere-Universität in Kampala scheint das auf der Konferenz aber keiner so zu sehen.
Die ganze Veranstaltung endet mit einer Cocktailparty und traditioneller Life-Musik am Ufer des Viktoriasees. Rund 30 Tänzer führen in perfekten Choreographien traditionelle Tänze vor, sogar ein Feuerspucker gibt sein Können zum Besten. Dazu trommelt und fidelt die die circa zehnköpfige Musikgruppe was das Zeug hält. Nachdem jeder der ach so armen Konferenzteilnehmer noch 200.000 Shilling für die Reisekosten erstattet bekommt, geht es nach hause. Unfassbar, wieviel Geld die Regierung für so eine reine Informationsveranstaltung aus dem Fenster wirft.

Dass es beim Thema Verkehr vor allem in Kampala aber wirklich einiges zu tun gäbe, zeigt sich wieder abends bei der Heimfahrt zur Wohnung. Es ist das erste Mal, dass ich nachts Matatu fahre und das Chaos scheint nochmal um einiges größer als tagsüber. Erstmal wäre es für mich allein komplett unmöglich, den Kleinbus zu finden, der in meine Richtung fährt. Anscheinend ist der Matatuverkehr etwas koordiniert, es gibt Stages, an denen sie abfahren und feste Routen, die verfolgt werden. Trotzdem wirkt die Flut der klapprigen Taxis alles andere als organisiert, sie halten gefühlt irgendwo und fahren dorthin, wo es ihnen gerade passt. Als mich meine Chefin dann ins richtige Matatu gesteckt hat, geht das Abenteuer erst richtig los. Es ist im Grunde wie Autoscooter fahren. Sind vor uns 5 Meter frei, gibt der Fahrer Vollgas und bremst 1 cm hinter dem vorderen Fahrzeug ab, bildet sich eine Schlange, schert der Fahrer aus und brettert alle Fußgänger aus dem Weg scheuchend über den schmalen Streifen neben der Fahrbahn, wenige Zentimeter vom Straßengraben entfernt. Wenn es dann dort nicht mehr weitergeht, drängelt er sich wieder in die Schlange. Und mitten in diesem Chaos schlängeln sich auch noch die Bodafahrer und Fußgänger durch die teilweise nur einen halben Meter breiten Fahrzeuglücken. Es ist fast ein Wunder, dass ich persönlich noch keinen Unfall erlebt habe. Deutlich wird aber, dass die ugandische Hauptstadt viel mehr unternehmen muss, um nicht im Verkehr zu ersticken. Zwar spielt die Metropole mit ihren ca. 1,5 Millionen Einwohnern eher im Mittelfeld der afrikanischen Metropolen, zum Großraum gehören aber schon rund 2,8 Millionen. Außerdem gehört Kampala zu den am schnellsten wachsenden Städten der Welt, für das Jahr 2050 rechnet man mit 9,4 Millionen, 2100 schon mit über 40 Millionen Einwohnern.

Am Samstag den 6. Oktober heiratet die Schwester meines Arbeitskollegen Joshua. Er hat deshalb auch die FABIO-Belegschaft eingeladen. Da sich die Begeisterung bei meinen Kollegen aber in Grenzen hält, werde ich und Jeremiah, der lokale Freiwillige bei FABIO, hingeschickt. Erstmal gilt es aber, sich dem Anlass entsprechend einzukleiden. Das heißt, ich benötige schwarze Schuhe, ein Jacket und einen Kansu, das traditionelle Festtagsgewand der Männer in Busoga. Den Kansu kann ich mir von Joshua ausleihen, Schuhe und Jacket bekomme ich auf dem Markt. Fertig kostümiert kommen wir also am Samstag eine halbe Stunde zu spät im Dorf Kyerinda an, wo die Hochzeit stattfinden soll. Als uns Joshua entgegenkommt, bin ich erstmal schockiert: Ausgerechnet er, der sonst im Office immer am meisten auf förmliche Kleidung steht und mir erklärt hat, wie ich für die Hochzeit zu kleiden habe, tritt uns jetzt in T-Shirt, Freizeithose und Flipflops entgegen! Irgendwie kann ich auch sonst niemanden im Kansu finden. Auf einmal komme ich mir ziemlich albern vor in dem langen weißen Gewand. Wie sich dann aber herausstellt, beginnt die Feier um 12 Uhr afrikanischer Zeit, also im Endeffekt nicht vor 14 Uhr. Nach und nach treffen immer mehr Kansuträger ein und auch Joshua zieht sich sein Festtagsgewand an. Die Frauen tragen bunte Kleider mit spitz nach oben stehende Ecken an den Schultern. Auf dem Gelände stehen mehrere Zelte, unter denen Tische und Stühle aufgestellt wurden. Auf der anderen Seite sind hunderte Stühle wie Zuschauerränge aufgestellt. In der Mitte befindet sich eine kleine mit Blumen geschmückte Bühne. Überhaupt ist alles wahnsinnig aufwendig geschmückt, sogar ein eigens für die Veranstaltung etikettierter Rotwein (und der ist hier echt teuer) steht auf den Tischen. Erst jetzt wird mir gesagt, dass das ganze eigentlich gar keine Hochzeit ist, sondern die „Introduction“. Traditionell wird der Bräutigam vor der Hochzeit erst im Heimatdorf der Frau vorgestellt. Die eigentliche Hochzeit findet dann im Dorf des Bräutigams statt.
Natürlich ist die Feier aber viel mehr als eine bloße Vorstellung. Zu Beginn wird natürlich erstmal gebetet, dann dröhnt aus den viel zu basslästigen Boxen erst die Nationalhymne Ugandas und dann die Hymnen der Gruppen Basoga und Langi, denen die beiden Partner angehören. Zwei Moderatoren sorgen für ständige Unterhaltung, es wird viel getanzt, gelacht und geklatscht. Im Gegenzug dazu, dass er die Frau bekommt, muss der Bräutigam Geschenke an die Familie der Braut überreichen: Dutzende Ananas, Bananen und Matoke, fünf lebendige Hühner, ein Flachbildschirm, ein Wandschrank, ein Hinterbein einer Kuh, eine Solarzelle, eine scheußliche Couchgarnitur – der Zug der Geschenketräger scheint kein Ende zu nehmen. Am Ende kommt es dann schließlich zum Höhepunkt des Tages: der Verlobung des Paars. Danach muss die Braut, die im Laufe der Feier drei mal das Kleid gewechselt hat, nochmal zusammen mit dem zukünftigen Mann vortanzen.
Ich bin beeindruckt, welch hohen Stellenwert die Hochzeit für die Menschen hier hat. Allein diese Introduction muss den Familien ein Vermögen gekostet haben. Dazu kommt ja noch die eigentliche Hochzeit. Und dann hat die Braut Diana ja nicht nur Joshua als Bruder, sondern insgesamt rund 10 Geschwister, die ja auch alle unter die Haube gebracht werden müssen…

So, das wars nun endlich von meiner Seite. Für Anregungen, Wünsche oder Fragen bin ich weiterhin unter der gewohnten E-Mail-Adresse erreichbar. Falls ihr diese noch nicht habt, wendet euch bitte an solivol@derian.de.

Viele Grüße oder wie man auf Luganda sagen würde: Siba Bulungi!

Franz

Oktober-Update aus Lilongwe

Es ist viel passiert seit meinem letzten Beitrag. Heute schaffe ich es endlich ein paar Dinge zu schreiben und hochzuladen: über das Lake of Stars, den Tag der deutschen Einheit, mein Wochenende in Mzuzu, einen Ausflug mit Joseph und einen Besuch in der Kirche. Viel Spaß beim Lesen 🙂

Bananenstaude – ja, so was sieht man hier wirklich 😉

Lake of Stars – Ein Festival am See

Vom 28. bis 30. September fand das Musikfestival Lake of Stars statt, auf das wir uns alle schon lange freuten. Dort wollten wir uns mit allen weltwärts-Freiwilligen von artefact und auch von Kolping, einer anderen Organisation, treffen. Ich freute mich ganz besonders, endlich aus Lilongwe rauszukommen und mal etwas anderes vom Land zu sehen. Das Festival fand in Senga Bay statt und wir hatten das große Glück, dass dort zwei weltwärts-Freiwillige von Kolping stationiert sind und wir in deren Garten zelten konnten. So kamen wir am Freitagnachmittag an, und da der große See bloß einen Steinwurf über die Straße entfernt war, packten wir schnell unsere Badesachen aus und sprangen zur Abkühlung erstmal in den See. Der Lake Malawi ist tatsächlich wunderschön – groß wie ein Meer, die andere Seite kann man gar nicht sehen, mit schönen Sandstränden, kleinen Inseln vor der Küste und da es an diesem Wochenende ziemlich stürmte, riesigen Wellen, die den Spaß im Wasser noch steigerten.

Der Lake Malawi – wie ein Meer

Am Abend machten wir uns auf den Weg zum Festival. Es gab eine große Hauptbühne und eine kleinere Bühne am Strand direkt am Wasser. Es war wirklich eine tolle Atmosphäre und wir tanzten ein bisschen am Strand, obwohl das im Sand, ähnlich wie Laufen, ein bisschen schwieriger ist. Irgendwann beschlossen Andrej und ich eine Runde über das Gelände zu drehen, um alles kennenzulernen. Als wir uns der Hauptbühne näherten, fing gerade eine junge Frau aus Simbabwe mit ihrer Gitarre an zu spielen und zu singen und Andrej und ich blieben stehen, um zuzuhören. Das war eine sehr gute Entscheidung, denn wir waren von dieser Sängerin vollauf begeistert – praktisch, dass wir einen ziemlich ähnlichen Musikgeschmack haben! Wir genossen also die Show von Berita, vor allem „Phakama Africa“ gefiel uns super (ich empfehle sehr, mal bei Youtube vorbeizuschauen und sich diese Sängerin anzuhörenJ). Als dann auch noch der Mond über dem See aufging und richtig schön orange leuchtete, war der Abend einfach perfekt und blieb tatsächlich der schönste Abend des ganzen Wochenendes.

Die Hauptbühne beim Lake of Stars

Am nächsten Tag versuchten wir auszuschlafen, in einem Zelt, vor allem an einem Ort, an dem es schon um 8 Uhr gefühlte 30°C sind, keine einfache Sache. Nachdem ich es im Zelt gegen halb 8 wirklich nicht mehr aushielt, stand ich schließlich auf und konnte ein paar andere begeistern erstmal zur Abkühlung und zum Aufwachen in den See zu springen. Am Morgen war das Wasser tatsächlich kühl und erfrischend. Wir verbrachten den Vormittag im Garten der Freiwilligen, lernten uns alle besser kennen, spielten Karten, gingen nochmal in den See und hatten eine schöne Zeit zusammen. Am Nachmittag machten wir uns dann wieder auf zum Festivalgelände. Dies war leider 20 Minuten mit dem Auto entfernt, und so quetschten wir uns mit viel zu vielen Leuten in ein Taxi (wie man es hier eben macht). Der Abend verging mit Musikhören, Tanzen, am Strand faulenzen und quatschen recht schnell. Eigentlich hatten wir überlegt bis zum Sonnenaufgang zu bleiben, es bahnte sich jedoch ein Sturm an und es wurde immer windiger und windiger, der Sand flog einem um und vor allem in die Ohren und irgendwann wurde die Vorstellung nach ca. 3 Stunden bei diesem Wind auszuharren bis um halb 6 die Sonne aufgehen würde, unerträglich.

Kühe am Strand

Am nächsten Morgen hatte der Wind den See dann in ein stürmisches Meer verwandelt und die Wellen waren wunderbar hoch und wir hatten einen Riesenspaß im Wasser. An diesem Tag fuhr ich schon am frühen Nachmittag zum Festivalgelände, um mir auch die Verkaufsstände nochmal in Ruhe anzuschauen, einen leckeren Kaffee beim Fusion-Café zu trinken und mehr Zeit mit Laura zu verbringen, die ich sonst im Laufe des Wochenendes oft verpasst hatte. Ich verbrachte also einen schönen Nachmittag mit Laura und Caro, einer anderen Freiwilligen, die gerade für 3 Monate in Mzuzu ist. Das Highlight des Nachmittags war wohl die Wassermelonen-Bowle! Ein paar Leute verkauften Wassermelonen, bei denen sie oben eine Art Deckel abschnitten und das Innere der Wassermelone mit einem Mixer zu Saft pürierten. Wir veredelten das Ganze mit gutem Malawi-Gin (wirklich äußert guter Gin!) und genossen diesen leckeren Cocktail gemütlich am Strand.

Zum Abend hin wurde es immer windiger und es wurde noch stürmischer als am Tag zuvor. Schnell waren wir kalt und durchgefroren und der Sand klebte überall… Wer hätte das gedacht, dass einem das Wetter einen Strich durch die Rechnung macht, bei einem Festival in Afrika!? In Deutschland, ok, da rechnet man mit Regen und Kälte, aber in Afrika? Wir warteten auf den Main Act, Major Lazer. Ich kannte diesen DJ zwar nicht, aber die meisten freuten sich riesig darauf und da es der Main Act war, dachten wir uns, wir sollten wenigstens einen kurzen Augenblick bleiben. Der Sandsturm war an der Bühne noch unerträglicher und so hörten wir nur einen kurzen Augenblick zu und machten uns schnell auf den Rückweg… Damit hatte ich kein Problem, denn die sogenannte Musik von Major Lazer fand ich ehrlich gesagt ziemlich schrecklich!

Das Festivalgelände – direkt am Wasser

Der Sturm brachte uns am Morgen wieder traumhafte Wellen, die zum Glück auch einen Großteil des Sandes, der vor allem hartnäckig in Haaren und Ohren steckte, rausspülten. Wir packten in Ruhe unsere Sachen zusammen und machten uns am Vormittag auf den Rückweg nach Lilongwe. Da am 3. Oktober, also in 2 Tagen, eine Feier in der deutschen Botschaft sein würde, zu der wir alle eingeladen waren, begleiteten mich alle anderen artefact-Freiwilligen nach Lilongwe, wo diese in unserem Garten ein Zeltlager errichteten und wir mal wieder ein paar Tage zusammen in Lilongwe verbrachten.

Wie immer mit Spaß bei der Sache 😀

Der Tag der deutschen Einheit

Am 3. Oktober war der Tag der deutschen Einheit. Ich muss gestehen, so richtig gefeiert habe ich diesen Tag in Deutschland noch nie, es war einfach immer ein freier Tag an dem wir oft einen schönen Ausflug ans Meer gemacht haben. Ich musste also erstmal in Malawi leben um mir der Bedeutung dieses Tages während der Rede des deutschen Botschafters in Malawi so richtig bewusst zu werden und den Tag das erste Mal offiziell zu feiern.

Bereit für einen schönen Abend

Der deutsche Botschafter in Malawi, Jürgen T. Borsch, hatte alle Deutschen, die derzeit in Malawi leben, zu einer Feier am 3. Oktober zu sich nach Hause eingeladen. Uns wurde ein Festmahl mit allen möglichen deutschen Leckereien prophezeit und während der Hinfahrt hörte man nur die ganze Zeit entzückte Ausrufe von „Laugenbrezeln“, „Sauerkraut“, „Brot“, „Schwarzwälder Kirschtorte“, „deutsches Bier“! Und unsere Erwartungen wurden sogar noch übertroffen.

Der Botschafter wohnt in einem imposanten Haus in Area 10, eine der reicheren Gegenden in Lilongwe. Nachdem wir uns ein Glas Sekt abgeholt hatten, gingen wir weiter in den Garten und meine Freude über die Einladung und den kommenden Abend wurde immer größer. Ein wunderschöner großer Garten, eine Band für die Livemusik saß schon bereit, es waren mehrere Bars mit Getränken aufgebaut und schnell bemerkten wir in einem der Essenszelte das deutsche Brot, welches unser Herz höher schlagen ließ… Es gab doch tatsächlich Laugengebäck!! Ich fühlte mich wie im Paradies – Laugenbrezeln, leckerste Zimtschnecken, Roggenbrot!

Der Garten des deutschen Botschafters in Lilongwe

Es wurde immer voller und bald wurden Teller mit traumhaften Häppchen gereicht… Kräcker mit Pesto und Brie oder mit Lachs, zartweiches Roastbeef, Sushi, leckerste Samosa… Es wurde immer besser! Nachdem wir uns an den Häppchen und Laugenbrezeln schon fast satt gegessen hatten (nach wochenlangem Nsima essen kann man bei so was einfach nicht wiederstehen), wurde die Feier vom Botschafter offiziell eröffnet. Bei einem Gläschen leckeren Weißwein hörten wir zuerst der Rede des Botschafters zu, dann dem Blasorchester, welches die malawische Nationalhymne spielte, dann einem malawischen Minister, der noch eine Rede hielt und daraufhin wieder dem Blasorchester, welches nun die deutsche Nationalhymne spielte. Damit war der offizielle Teil des Abends auch schon wieder vorbei. Es spielte noch eine Marimba-Band und dann wurde das Buffet eröffnet…

Und der Genuss ging weiter! Kartoffelsalat, Zwiebelkuchen, Sauerkraut, Rotkohl, Schnitzel, Frikadellen – unsere deutschen Geschmacksnerven wurden endlich wieder beansprucht und wir genossen alles mit großer Freude. Zum Nachtisch waren leckerste deutsche Kuchen gebacken worden – Mandelkuchen, Zupfkuchen, Käsekuchen, Schwarzwälder Kirschtorte. Am Ende waren wir fast schon zu satt, aber einfach nur wunschlos glücklich. Ich versuchte meinen vollen Magen mit zahlreichen Espressos zu beruhigen, aber der gewünschte Kräuterschnaps-Effekt trat nicht ganz ein… Naja, so war ich dann immerhin den Rest der Nacht hellwach.

Die Band spielte gute Musik, wir tranken leckeren Weißwein und waren sehr glücklich. Nach der Band legte ein DJ auf und dann ging die Feier so richtig los… Ich habe selten einen so guten DJ gehört und wenn dann auch noch Musik aus den 70ern bis 90ern gespielt wird, kann die Party nur gut werden. Wir tanzten und genossen die ausgelassene Atmosphäre. Gegen 10 Uhr wurde es jedoch immer leerer und bald waren wir Freiwilligen die einzigen, die noch tanzten. Als es immer leerer wurde, machten wir uns gegen 11 Uhr auch auf den Weg nach Hause, nachdem wir uns bei dem Botschafter für diesen traumhaften Abend bedankt hatten.

Wieder gemeinsam in Lilongwe – bei der deutschen Botschaft
Schön, mal ein volles Zimmer zu haben 😉

Mzuzu-Wochenende

Nach der Botschaftsfeier fuhr ich am Donnerstag mit Laura und Caro nach Mzuzu. Während in der Central Region die Landschaft sehr karg aussieht und größtenteils abgeholzt ist, wurde es je höher wir kamen immer bewachsener… Jedoch nicht ganz so, wie ich erwartet hatte. Mit einem Mal säumten lauter Pinienwälder die Straße und ich fühlte mich in diesem Nadelwald ein bisschen wie auf dem Weg nach Nordschweden… Ein etwas komisches Gefühl, das hatte ich nicht erwartet. Später fand ich heraus, dass es sich bei den Wäldern um menschengemachte Pinienplantagen handelt… Aber immerhin um einen der größten menschengemachten Wälder in Afrika. Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir am frühen Abend in Mzuzu und am Mzoozoozoo an. Der Mzoozoozoo ist eine Lodge in Mzuzu, die gerade größtenteils Lauras Zuhause ist. Es war sehr schön, zur Abwechslung mal in einer Kleinstadt zu sein… Mzuzu ist viel überschaubarer und schöner als Lilongwe, alles ist fußläufig zu erreichen und der Markt ist weniger chaotisch.

Am nächsten Morgen gingen wir auf den Chitenge-Markt. Ich war beeindruckt – der Markt ist nochmal um einiges größer als in Lilongwe und somit auch die Vielfalt an Stoffen. Neben den Stoffen, die es auch viel in Lilongwe gibt, hingen hier noch viele Stoffe, die wohl größtenteils aus Uganda kommen und mehr den typischen „Afrika-Stoffen“ ähneln, die ich im Kopf hatte. Bei meiner Begeisterung für Chitenge konnte ich natürlich auch hier viele schöne Stoffe finden, und zu meinem Glück sogar einen Stoff, den ich vor kurzem in Lilongwe auf der Straße gesehen hatte, und von dem ich so begeistert war, dass ich seitdem immer danach Ausschau gehalten hatte… Da habe ich nun also Stoff für ein schönes neues Kleid 😉 Am Nachmittag wollten wir zu Nelson, einem Freund von Caro und Laura fahren und dort Lasagne und Apple Crumble kochen bzw. backen. Am Nachmittag kauften wir also ein, um die gut ausgestattete Küche zu nutzen und dieses Festmahl zu kochen. Es wurde tatsächlich ein Festmahl und ich konnte gar nicht mehr aufhören zu essen.

Für den Samstag hatten wir uns mit Leo und den beiden Lukassen (zwei Kolping-Freiwillige die zusammen in Chinteche sind und zufällig den gleichen Namen haben) am See verabredet. Laura hatte schon von dem See geschwärmt, und nachdem es schon in Senga so schön war, freute ich mich riesig auf den Tag am Wasser. Wir fuhren also nach Nkhata Bay, wo wir in einer schönen Lodge, Mayoka Village, den Tag verbringen wollten. Ich war begeistert – das war definitiv der schönste Ort an dem ich in Malawi bis jetzt war. Glasklares Wasser, Klippen und eine steile Felswand, in die die Lodge hineingebaut war. Die Bucht war idyllisch und ruhig und man konnte traumhaft baden und entspannen. Der leckere Eiskaffee trug noch weiter zu meiner Freude bei und so wurde es ein wirklich traumhafter Tag. Am Abend gingen wir noch in einen Club, denn Mzuzu ist für seine Club- und Feierszene bekannt. Es war ein schöner Abend, ich hatte jedoch aufgrund einer schlimmen Erkältung und meiner Angewohnheit spätestens um 10 Uhr schlafen zu gehen ziemliche Schwierigkeiten wach zu bleiben.

Das Mayoka Village – steil in den Fels gebaut
Eine idyllische Bucht in Nkhata Bay
Die coolste Dusche, die ich bis jetzt gesehen habe… auf jeden Fall mit der schönsten Aussicht

Für den nächsten Tag hatte ich mir ein Busticket für den Sososo-Bus gekauft, ein sehr komfortabler Bus, der jeden Tag zwischen Mzuzu, Lilongwe und Blantyre hin und her fährt. Nach einem leckeren Frühstück machte ich mich also gegen 13 Uhr wieder auf den Weg nach Lilongwe, nach Hause. Es war ein wunderbares Wochenende gewesen, und ich war sehr glücklich, dass ich nun endlich ein paar wirklich schöne Orte von Malawi gesehen hatte.

Bananen und Papayas

Tikondwe Gardens

Bei den Tikondwe Gardens mit Joseph und Daniel

Am 13. Oktober schafften Joseph und ich es endlich uns zu treffen… Nachdem wir uns 2 Monate lang immer wieder verpasst hatten, freute ich mich sehr auf den Tag. Ich hatte vorgeschlagen zu Daniel, einem Freund von Joseph, zu fahren, der einen Permakulturgarten in Dowa, einer Region in der Nähe von Lilongwe hat.

Der schöne Jacaranda Baum – es sieht fast so aus als hätte er lila Blätter

Die Gärten heißen Tikondwe Gardens –  Freedom Gardens – und Daniel erzählte erstmal ein bisschen über die Geschichte der Gärten. Seine Eltern hatten die Gärten schon Ende der 70er angelegt, zu einer Zeit als ökologische Landwirtschaft und Permakultur in Malawi eigentlich noch gar kein Begriff waren. Mit dem Ziel der Ernährungssouveränität gelang es ihnen in einem recht feuchten Gebiet, welches von Gras überwuchert war, langsam aber sicher Gärten für die Nahrungsmittelproduktion anzulegen. Dabei war es ihnen ein besonderes Anliegen, externe Inputs so gering wie möglich zu halten und vollkommen im Einklang mit der Natur und den natürlichen Prozessen zu wirtschaften. So entstand im Laufe der Jahre ein beeindruckender Garten, der mittlerweile von 1 ha auf 10 ha angewachsen ist, viele Arbeitsplätze bietet und Ernährungssicherheit und –souveränität verkörpert. Bei einem Rundgang durch die Gärten zeigte mir Daniel ausführlich und mit viel Freude viele verschiedene Aspekte des Gartens und ich konnte viel Neues lernen und gleichzeitig vieles von dem, was ich in meiner Zeit am Kusamala schon gelernt hatte, wiederfinden. Obwohl sowohl am Kusamala als auch in den Tikondwe Gardens Permakultur im Mittelpunkt steht, war es sehr interessant zu sehen, wie sehr sich die Gärten doch voneinander unterscheiden. Während am Kusamala alles schön durcheinander wächst, konnte ich bei Daniel ganze Felder mit Kohl sehen, die wenig durchmischt waren. Auf der anderen Seite wurden gleiche Arten für Pestmanagement und zur Stickstofffixierung verwendet, Kompost hergestellt, geistreiche Formen des rain water harvesting durchgeführt und vor allem die gleiche Begeisterung für die Arbeit mit den natürlichen Prozessen der Natur vermittelt. Nach dem Rundgang genossen wir noch eine leckere Wassermelone aus eigener Ernte und quatschten noch ein bisschen. Ich drückte meinen Wunsch aus, in der Regenzeit nochmal wieder zu kommen, dann wird bestimmt alles nochmal ganz anders und viel grüner sein. Es war ein sehr schöner Vormittag, den ich aufgrund der vielen neuen Eindrücke und der netten Menschen sehr genoss.

Ein Feld voller Kohl, mit einem schattenspendenden Baum
Ganz viele Papayas

In der Kirche

Joseph hatte mich eingeladen, mit ihm und seiner Familie in die Kirche zu gehen, und an diesem Sonntag, 21. Oktober, schafften wir es endlich. Hier gibt es sehr viele verschiedene Kirchen, keine Ahnung warum alle ihre eigene Kirche haben müssen, denn im Grunde habe ich es so verstanden, dass es eine katholische Kirche gibt, alle anderen aber evangelisch sind, es davon aber einfach tausende unterschiedliche gibt. Anscheinend hatte die Kirche (bzw. alle unterschiedlichen Kirchen) ein Gebiet Irgendwo im Nirgendwo bei Area 49 gekauft, auf dem jetzt viele Kirchen neu gebaut werden sollten, um einen kirchlichen Ort zu schaffen. Die Kirche zu der wir fuhren (ich weiß den Namen ehrlich gesagt nicht, er war lang und kompliziert) war erst letzte Woche dorthin umgezogen und daher war die sogenannte Kirche bloß ein Bretterverschlag in dem ein paar Plastikstühle standen und der notdürftig ein Dach aus irgendwelchen Planen hatte, da es in letzter Zeit tatsächlich schon öfter mal geregnet hatte (obwohl die Regenzeit eigentlich erst Ende November anfangen sollte). Als wir dort ankamen waren schon einige Leute da und es wurde begeistert gesungen und getanzt. Wir stellten uns also dazu und sangen und tanzten mit den anderen. Besonders toll fand ich, dass es vollkommen egal war, dass die Kirche gerade bloß ein Holzverschlag war… Es ging einfach nur um das Zusammensein und das war eine sehr schöne Erfahrung. Nach einiger Zeit kam der Pastor, ich war erstaunt wie jung er war. Er predigte – ziemlich lange – aber es war keine langweilige Predigt. Er sprach von wirklich wichtigen Dingen. Davon, dass man die Chancen, die man im Leben hat nutzen soll, das Beste aus seinem Leben hier auf der Erde machen soll und nicht nur ein guter Christ sein soll in Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Ich war begeistert, und konnte gut verstehen warum Joseph gerne zu diesem Pastor ging. Zudem vermittelte dieser eine Begeisterung für das Gesagte, dass einem beim Zuhören gar nicht langweilig wurde – auch nicht, weil es sehr witzig war, wie er seine Predigt auf Englisch hielt, nach jedem Halbsatz aber eine Pause machte und das Gesagte von einem anderen ins Chichewa übersetzt wurde. Es war ein schöner Morgen, und ich war froh, dass ich die Chance hatte, diese Erfahrung zu machen und eine Kirche hier in Malawi kennenzulernen.

 

Soweit erstmal ein Update von mir, ich hoffe es waren nicht zu viele Infos auf einmal! Auf jeden Fall geht es mir weiterhin super hier, ich komme immer mehr an, fühle mich in meinem Zuhause immer wohler und lebe einfach glücklich und zufrieden vor mich hin!

 

APAX Janja – Peace Organisation

The first thing is, to love them all, no matter what“

Blick vom höchsten Punkt Janja´s ins die Berge

Die Sonne steigt langsam über die Spitzen der Hügel und lässt alles um einen herum in sanftem Gelb erstrahlen. Der Morgennebel dämpft das Licht und die Geräusche. Die Luft ist frisch, doch das wird sich im Laufe des Tages stark verändern. Steht die Sonne am Himmel, könnte man denken man sei in der Wüste. Ist sie verschwunden, beginnt man zu frösteln.

 

Seit zwei Wochen bin ich nun in Janja und lebe gemeinsam mit den Sisters von APAX auf ihrem Compound. Diesen teilen wir mit circa 200 Kids. 30 von ihnen sind geistig behindert. Die starken Temperaturschwankungen und die Höhe machen mir zu schaffen. Eine Erkältung hat sich direkt breit gemacht. Geschwächt beginne ich an diesem Morgen den Unterricht gemeinsam mit Jean-Paul. Er ist Lehrer für den Bereich „Special Needs Education“. In unserer Klasse sind 15 Kinder unterschiedlichsten Alters, Behinderungen, Bedürfnissen und Lernniveaus. Wo die einen bereits beginnen zu rechnen, fällt es den anderen schwer einen Stift zu halten und sich auszudrücken. Jeden einzelnen seinem Niveau entsprechend zu unterrichten ist damit keine leichte Aufgabe. Neue Sachverhalte beizubringen dauert dadurch seine Zeit und man muss damit rechnen, dass man den ein oder anderen dabei auf der Strecke lässt. Der Unterricht ist sehr musikalisch gestaltet. Vieles wird von Jean-Paul in ein Lied verpackt, damit es den Kindern leichter fällt, sich den Inhalt zu merken. Doch trotz aller Schwierigkeiten ist das erste und eigentlich auch das einfachste, alle Kinder lieb zu haben, ungeachtet des Grades ihrer Behinderung. Dies war das Erste, was mir Jean-Paul gesagt hatte, als ich begann die Kinder zu unterrichten und bisher habe ich das sehr beherzigt. Ich finde teilweise auch, man kann nicht anders, als diese Kinder ins Herz zu schließen, denn Behinderte sind die herzlichsten Menschen, die es gibt. Sie stellen keine Fragen über den Stand des anderen und lieben dich, wenn du sie liebst.

Ein paar Kids aus meiner Klasse. Als sie mich mit meiner Kamera sahen mussten sie direkt für mich posen 😀

In wenigen Stunden: Live Stream aus Äthiopien

Last ours of NASA Space Apps Challenge Addis Abeba

 

 

 

 

 

Update: Es wird doch kein Live steam geben, sondern ein nachträglich hochgeladenes Video  

 

Um den ganzen Globus arbeiten junge Entwickler nun seit fast 48h an Lösungen für globale Herausforderungen auf der Erde (und im All). Seit diesem Jahr sind jetzt auch erste ostafrikanisches Teams stolz mit dabei und zwar hier in der Hauptstadt Äthiopiens. Die besten zwei Teams werden in die internationale Auswertung kommen. Um 13:00 Uhr (12:00 Uhr in Deutschland) werden wir wieder einen Livestream auf dem Youtube Channel NASA Space Apps Challenge Addis Abeba haben: https://www.youtube.com/channel/UCv0xvhGaWQ-Pl6StIVcZ5eQ

Ihr seid herzliche eingeladen rein zu schauen und die Challenges auf der NASA Space Apps Challenge 2018 Webseite anzusehen.

Bis bald

Derian

 

Der muzungu mal unwichtig?

Bevor ich anfange, muss ich mich entschuldigen. In Ngarama ist das Internet zu schlecht, um Beiträge zu posten. Deshalb werde ich ab jetzt immer dazuschreiben, wann ich den Beitrag verfasst habe, damit da auch mit den Zeiten und der Reihenfolge der Ereignisse keine Verwirrung entsteht.

 

So ist dieser Beitrag vom 13.9.

 

Seit zwei Wochen leben wir in Ngarama, so langsam schleichen sich Routine und Alltagsgefühle ein. Wir stehen auf, machen uns fertig, frühstücken und ab geht’s zur Arbeit.

Beim VTC Benebikira beginnt der Tag mit dem morning assemble – die Schüler stehen im Karree, singen und beten. Beendet wird es mit der Nationalhymne. Außerdem ist das der Zeitpunkt, an dem Strafen verhängt werden. Wie zum Beispiel, wenn man nicht die Schuluniform der Schule trägt, sondern sich ein Hemd in ähnlicher Farbe mit dem Logo schneidern lässt. Oder wenn man vor der Maria-Statue auf dem Gelände gesessen hat.

Anschließend (um 8) beginnt der Tag, jeder macht sich auf zu seiner Arbeit. Ich assistiere im Moment im Englischunterricht und bei Communication – beides soll ich bald auch alleine machen – und habe einige bürokratische Sachen zu tun. Sportunterricht hatte ich noch nicht, der findet nächste Woche das erste Mal für mich statt. Außerdem habe ich jetzt die Aufgabe bekommen, ein neues Haus für die Schlafsäle der Jungen plus Betten sowie einen Zaun, der das gesamte Gelände umschließt, zu entwerfen, bzw. den Bau zu leiten und zu beobachten.

Als ich heute Morgen diese Aufgaben erteilt bekommen habe, war ich leicht irritiert. Ich habe noch nie etwas Ähnliches gemacht. Auch wenn es hier architektonisch und auch in puncto Elektrik und Wasserversorgung nicht ganz so komplex ist, wie ein Haus in Deutschland, ist es doch eine Aufgabe, die nicht einfach sein wird. Ich habe ja auch keine Erfahrungen in dem Bereich…

Bei dieser Aufgabe spiegelt sich gut wieder, was einige Menschen hier denken (zumindest die, mit denen ich mich unterhalten habe oder von denen ich von anderen Freiwilligen gehört habe), nämlich, dass wir Profis in allem wären. Wenn ich sage, ich weiß nicht, wie dies oder jenes funktioniert, sind sie oft irritiert. Auch ansonsten ist man einfach etwas „besonderes“. Selbst die Schüler, die mich jeden Tag sehen starren mich immer noch an, als wäre ich ein Alien. Zum Glück offensichtlich ein netter, denn sie sind immer total interessiert und wollen auch mal mir reden.

Im Dorf ist das noch viel extremer, hier ruft jeder muzungu, muzungu, good morning oder er holt alle Freunde/Familienmitglieder, um zu gucken. Dass sich nach ein paar Minuten eine Eskorte von kleinen Kindern gebildet hat ist auch keine Seltenheit.

Deshalb war es zur Abwechslung ganz angenehm, mal nicht im Mittelpunkt zu stehen, als gestern eine Delegation von Bildungsbeauftragten, vom Bildungsminister des Landes (auf dessen Kritik hin mir der Auftrag zum Bau eines neuen Schlafsaals erteilt wurde) bis hin zum Bildungsbeauftragten des Sectors, sowie ein paar Militärs und Polizisten kamen und das Interesse an uns ganz plötzlich nachließ. Die Schule wurde besichtigt, die Materialien, Klassenräume und Schlafsäle kontrolliert. Zum Schluss gab es ein gemeinsames Essen.

Begrüßung des Ministers (mittig, mit dem Rücken zur Kamera) durch Sister Mary
Der Minister (zwischen Letizia und mir) mit seiner Delegation

 

Da es noch relativ früh war, ging der Tag dann nach Arbeitsschluss ganz normal für uns weiter. Jeden bis jeden zweiten Tag gehen wir auf dem Markt, um uns unser Abendessen und Mittagessen für den nächsten Tag zu besorgen. Da wir keinen Kühlschrank haben, liegt nie etwas lange rum, was gekauft wird, wird quasi unmittelbar gegessen.

Als Basis gibt es eigentlich immer Reis oder Kartoffeln (manchmal Süsskartoffeln), dazu Bohnen, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und Paprika. Ansonsten gibt es Obst – Maracuja, Ananas, Bananen, sogenannte Baumtomaten, Orangen – in Unmengen. Wenn man mal was anderes möchte, gibt es außerdem Chapati (ein Fladen, der hauptsächlich aus Mehl und Ei besteht) und Sambusa (mit Fleisch oder Erbsen gefüllte Teigtaschen).

Zurück im Haus fangen wir dann meistens an, das Essen vorzubereiten, was aufgrund mangelnden Platzes und Ausstattung nicht wenig an Zeit in Anspruch nimmt.

Nach dem Essen räumen wir ab und sitzen noch ein bisschen beisammen, bis wir müde sind….