Ndashaka gutembera i Vunga

„Und was machst du am Wochenende?“, frage ich unseren Kinyarwandalehrer, „Ich laufe nach Vunga, besuche einen  Freund und kaufe Kartoffeln. Die hier in Janja sind mir zu teuer.“

„Aber sind es nicht nur 250rwf für den Kilo (umgerechnet 0,25ct)?“

„Das stimmt, das ist aber verhältnismäßig teuer. Und die Qualität wird besser je näher du zu Musanze kommt, das kann nur  an der dunklen Vulkanerde liegen!“

„Das heißt, du wanderst nach Vunga, was im gemütlichen Tempo 1,5h dauert,  kaufst mehrere Kilo  Kartoffeln und trägst sie den ganzen Wanderweg wieder bergauf? Und das um 100rwf zu sparen (umgerechnet 10ct)?“

„Ja klar, ist doch nicht so schlimm.“

Diese Unterhaltung mit Paul hat mich sehr beeindruckt und mir wieder einmal gezeigt, wie sehr ich als Hergezogene diese kleinen Geldbeträge unterschätz habe. Paul ist mittlerweile ein sehr guter Freund geworden, der uns gerne viel zur ruandischen Kultur oder bestimmten Umgangsformen erzählt. Und auch sein Einkaufverhalten hat mich wieder umdenken lassen. Insgeheim spart er dann doch nur auf sein Feierabendbier (;

Schon mehrere Male bin ich zum Markttag nach Vunga gewandert und wusste also was Paul da vorhat. Die meisten gehen sehr früh am Morgen los um die Mittagshitze oder den Nachmittagsregen zu vermeiden. Durch die Wärme morgens kondensiert nämlich überall das Wasser und ein Regenschauer ist sehr wahrscheinlich. Tageszeitenklima eben. Aber der Weg zum Markt ist nicht nur ein Einkaufsausflug. Es ist eine Abwechslung für die Menschen zur täglichen Arbeit und den Feldarbeiten am Wochenende. Denn neben der Kirche am Sonntagvormittag und gelegentlichen Sportwettkämpfen unter den Schulen passiert kaum etwas Unterhaltendes für die Bürger_innen. Auf dem Weg habe ich schon so viele Gespräche geführt, wurde begleitet und war sogar schon Teil einer Hochzeitsprozedur! Ich habe mit getanzt und angetäuscht die Lieder zu kennen, denn dummerweise wurde ich gleich als Ehrengast die die Mitte gleich hinter die Braut gezogen … Und tatsächlich habe ich sogar eine Anastasia getroffen. Mich über eine Stunde mit ihr unterhalten und gesungen – mein Kinyarwanda wird besser!

Auch wurde mir letztens ein schönes Perlenarmband geschenkt. Da war ich dann sehr skeptisch, ob ich das nun zahlen soll. Denn bevor ich das Band in die Hand gedrückt bekommen habe, sagte mir die Frau sie würde sie auf dem Markt verkaufen gehen, um neue Flipflops zu kaufen. Den ganzen restlichen Weg überlege ich also insgeheim wie ich mich für das Geschenk bedanke und es wieder zurückgeben kann, als ich den Blick der Frau auf meine Handgelenke bemerke: Ich habe zwei schwarze Haargummis dabei. Da dachte ich an kommerzielle Hintergedanken der Frau, dabei war sie einfach nur neugierig und hat auf einen Tausch gehofft. Bereitwillig  gebe ich also den schwarzen Haargummi ab der die Braids der Frau schön zusammenbindet und sie glücklich strahlen lässt. Manchmal  habe ich auch schon meine Schüler_innen getroffen. Beeindruckend welchen Schulweg sie jeden Tag haben!

Und für Abenteurer wie mich kommt am Ende des Weges noch eine sehr kurze aber lohnenswerte Überfahrt: In einem Einstammboot über den Fluss. Bei Wind und Wetter wartet der Steuermann, und stößt das Boot sachte an die andere Uferseite.  Ich wollte nicht zugeben, dass ich auch etwas faul bin. Es führt ein Weg über eine 1km weit entfernte Brücke, aber auf der anderen Straßenseite müsste ich wieder den Kilometer zurück laufen um auf Zivilisation zu treffen … Und außerdem ist diese Hängebrücke nicht ganz so unwackelig wie sie erscheint.

Liebe Grüße aus einem ruandischen Wochenende,

Anna

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