Franz in Uganda 5: Die Zeit verfliegt

Da sitze ich nun mal wieder draußen auf der Veranda, den Laptop auf dem Schoß, und genieße die leichte Brise, die an diesem bedeckten Sonntagnachmittag weht. Nachts hat es wieder stark geregnet, jetzt kommt endlich langsam die Sonne raus und sofort steigen die Temperaturen merklich.
Das Leben läuft hier insgesamt in recht ruhigen Bahnen, auch wenn das beim Lesen der Blogeinträge vielleicht manchmal etwas anders erscheint, da ich immer nur von den interessanten und aufregenden Begebenheiten berichte. Natürlich erlebe ich immer noch Dinge, die für mich komplett neu sind und die ich so aus Deutschland nicht kenne. Insgesamt passiert mir das aber gefühlt wesentlich seltener als zu meiner Anfangszeit in Uganda. Das liegt natürlich einerseits daran, dass mir alles viel vertrauter geworden ist. Andererseits bin ich aber auch lange nicht mehr so entdeckerfreudig und abenteuerlustig wie in meinen ersten Monaten, als Uganda noch neu und aufregend war.
Gut zwei Monate bleiben mir also noch, bis mein Jahr hier in Uganda endet und ich wieder in den Flieger nach Deutschland steigen werde. Wenn ich daran denke, kommen sehr gemischte Gefühle in mir auf. Einerseits natürlich Vorfreude auf daheim, auf das Wiedersehen mit Freunden und Bekannten, auf mein „altes Leben“ und natürlich auch auf das, was danach kommt, also Studium. Und dann weiß ich andererseits natürlich ganz genau, wie sehr ich viele Dinge hier vermissen werde, allen voran natürlich Menschen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Vielleicht genieße ich gerade deswegen meine Zeit hier gerade so sehr. Und ein bisschen Zeit verbleibt ja noch.

Inzwischen füllt mich die Arbeit wirklich sehr aus, immer gibt es viel zu tun und nicht selten bleibe ich nach Feierabend sogar noch etwas länger, um irgendetwas zu beenden. Hauptbeschäftigungsfeld ist hier natürlich weiterhin mein Lastenrad-Projekt. Der Bau hat viel Zeit in Anspruch genommen. Auch wenn sich der Beginn anfangs etwas verzögerte, da das gespendete Geld noch nicht verfügbar war, ist das erste Lastend nun aber endlich fertig! Es fährt sich überraschend gut ich bin schon sehr gespannt, wie es dann im Einsatz abschneiden wird. Es hat mir immer viel Spaß bereitet, zusammen mit dem Team zu messen, schneiden, sägen, fräsen, schweißen und bemalen. Und nebenbei konnte ich so auch diese Techniken der Metallbearbeitung kennenlernen und erlernen. Nun steht natürlich noch das zweite Lastend an, das von Hand betrieben sein soll. Dafür befinden wir uns nun in der heißen Planungsphase.

Auch das Fahrrad-Ambulanzprojekt hält uns weiterhin in Atem. Caleb, ein nigerianischer Journalist, und sein ugandisches Kamerateam wollen für Al Jazeera English eine Dokumentation über das Projekt drehen. Insgesamt zwei Drehtage werden dafür benötigt, bei denen wir nach Budondo Sub County fahren und die Ambulanzen in Aktion filmen, fotografieren und Betroffene interviewen. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich positiv überrascht bin von der Arbeit der Fahrrad-Ambulanzen. Ich hatte gedacht, dass sie doch die allermeiste Zeit im Schuppen stehen und auf ihren nächsten Einsatz warten. Das tun sie vielleicht auch oft, aber bei unserem stichprobenartigen Besuch können wir gleich drei Einsätze bezeugen. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns im Rahmen des „Monitoring and Evaluation“ gleich über die Arbeit, den Nutzen und die Herausforderungen im Betrieb zu informieren.
Nach nichtmal zwei Wochen ist das Ergebnis der Arbeit im Internet zu betrachten, ein kurzer Film und ein Fotobericht. Zu finden sind sie hier:
https://www.facebook.com/7382473689/posts/10157558227718690?sfns=mo

https://www.aljazeera.com/indepth/inpictures/ugandas-bicycle-ambulances-pregnant-sick-injured-190331165202646.html?fbclid=IwAR1c3caoWgaeIY-ZiILW7-hTLcktXIL-5PS4YpXMsHNxCn13LvU6W9awjxo

(Geheimer Hinweis: bei den gezeigten Metallarbeiten handelt es sich in Wirklichkeit nicht um den Bau der Fahrradambulanzen, sondern um den unseres Lastenrads 😉

Auch ein chinesischer Sender hat einen kleinen Film gedreht und ein Journalist aus Simbabwe hat einen Artikel online gestellt. Hier die Links:
https://www.youtube.com/watch?v=v8e3t5RZNxE

https://7dnews.com/news/peddling-hard-for-healthier-communities?fbclid=IwAR1iD8dJDvhDz8iNvfDeNT8tke1lclUDNW8ImRMe3nj3tebH748TAOWlRek

Klar wussten wir, dass wir durch Al Jazeera viele Menschen erreichen würden. Wir sind dann aber doch überrascht, wie viele Anfragen wir von Menschen aus der ganzen Welt erhalten, die mehr Informationen über das Projekt einfordern oder gerne spenden wollen. Scheint so, als würde dieses Projekt wegweisend für FABIO werden.

Ein Highlight in der Arbeit ist der Umzug unseres Büros in die benachbarte Gabula Road. Mit der Unterstützung der britischen Stiftung „All We Can“ ist es uns endlich möglich, den „Software-Teil“ der Organisation so von dem „Hardware-Teil“ zu trennen. In den neuen Räumen arbeiten von nun an unsere Executive Director Najjiba Katesi, unsere Buchhalterin Phiona Nanono, unser Program Officer Joshua Mutengo sowie die neue Hilfskraft Schola Abuko. Verbleiben im alten Office an der Main Street werden unser Field Officer Brian Nkuutu, der Manager der Fahrradabteilung George Siegel, unser neuer Freiwilliger Gerald Owanyi und ich. Der Umzug ist sinnvoll, da das alte Office viel zu klein geworden und die Kombination von Fahrradwerkstatt und Büro in einem kleinen Raum auch eher subobtimal ist, da man sich gegenseitig andauernd auf die Nerven geht. Ich bin jetzt meistens im alten Office, um am Cargo Bike zu bauen, Fahrradverleihe zu organisieren, Reparaturen an Fahrrädern vorzunehmen oder Fahrräder zu verkaufen. Für andere Tätigkeiten wie das Schreiben von Facebook-Posts, das Antworten von E-Mails und andere Bürotätigkeiten wechsle ich dann ab und zu ins neue Office.

Das neue Office an der Gabula Road

Für meinen Geburtstag dieses Jahr in Uganda habe ich mal wieder keine Idee, was ich machen soll. Bis mir mein Freund Iggy bei einer Malwa (lokale Bierspezialität) zwei Tage davor anbietet, zusammen mit mir für ein paar Gäste zu kochen. Dieser Plan wird dann auch umgesetzt. Vormittags gibt’s erst Weißwurstfrühstück mit meinen Nachbarn (mangels Brezn mit Chapati), dann ein Gläschen Kasese (Bananenschnaps) mit Tobi bei Lilian’s Pub, später kaufe ich mit Iggy ein und wir machen uns an die Arbeit. Abends kommen ca. 10 Gäste und es wird wunderschöner Abend, natürlich mit einem Besuch in unserer Nil-Bar „Bourbon“ und im Club „The Office“ abgerundet.

Ich mit Iggy und Malwa
Die nachträgliche Feier in der Arbeit

Sehr genossen habe ich auch unser Zwischenseminar, das Ende März in Mbale im Osten Ugandas stattfindet. Geleitet wird es von Basti, dem ehemaligen Tansania-Koordinator, der momentan in Deutschland studiert und sich nun für ein paar Wochen in Ostafrika aufhält. Das Seminar ist eine schöne Gelegenheit zu reflektieren, sich untereinander auszutauschen, Pläne für den Rest des Jahres zu schmieden und natürlich auch, um viele Mitfreiwillige wiederzusehen, die ich noch von den Vorbereitungsseminaren aus Deutschland kenne. Neben den Leuten aus Uganda sind nämlich auch unsere Kolleginnen und Kollegen aus Ruanda und Äthiopien angereist.
Daneben befassen wir uns auch viel mit ostafrikanischer Politik und Geschichte, zum Beispiel mit dem aktuellen Konflikt zwischen Uganda und Ruanda. Von ruandischen Oppositionspolitikern, die sich momentan in Südafrika aufhalten, hat Uganda wohl erfahren, dass Ruanda Spione in das größere Nachbarland einschleust. Seither hat es mehrere Verhaftungen von Ruandern in Uganda gegeben. Ruanda hat daraufhin seinen Bürgern verboten, nach Uganda zu reisen, was auch den Warenverkehr erheblich einschränkt. Unsere Freiwilligen in Ruanda erzählen von steigenden Preisen dort.
Andere Themen sind der Genozid in Ruanda, der ugandische Bürgerkrieg, die aktuellen Konflikte in Burundi und Ost-Kongo, die wachsende Repression, die der tansanische Präsident Magufuli auf sein Land ausübt und die erstarkte Demokratie in Kenia. Basti kann dazu einiges berichten, er hat jahrelang in Tansania gelebt und ist Botschafter von Amnesty International für Ruanda und Burundi.
Auch im Seminar-Programm inbegriffen ist ein Ausflug zu den nahegelegenen Sipi-Falls, die sich am Fuße des Mount Elgon befinden. Der Mount Elgon ist ein seit langem erloschener Vulkan, der wohl mal der höchste Berg Afrikas war, diesen Titel aber durch die Erosion abgeben musste. Mit insgesamt vier bis zu 100 Meter tiefen Wasserfällen rauscht der Sipi hier den Berg hinab. Es ist eine schweißtreibende Wanderung, aber zum Glück kann man sich an jedem Wasserfall wunderbar duschen.

Ebenfalls in der Nähe von Mbale, in Kumi, befinden sich die sogenannten Nyero Rock Paintings, die wir bei einem vorigen Besuch in Mbale besichtigt haben. Es handelt sich um mit roten und weißen Pigmenten gemalte Figuren und Ornamente, die sich in sechs verschiedenen Höhlen in riesigen Felsformationen befinden. Gemalt wurden sie wahrscheinlich vor ca. 1250 Jahren von den aus Westafrika eingewanderten Twa, welche später von den Niloten und den Bantu vertrieben wurden und heute nur noch in kleiner Zahl im ruandisch-ugandischem Grenzgebiet leben. Die Malereien sind seit 1997 UNESCO Weltkulturerbe. Die letzte der sechs Höhlen ist nur etwa einen halben Meter hoch und an der Decke befindet sich das berühmteste Ornament von Nyeru, mehreren ineinander verschlungene Kreise mit wundersamen Windungen nach außen hin. Das Zeichen ziert z.B. den ugandischen 1000-Schilling-Schein und stellt auch das Logo der Ugandischen Nationalmuseums in Kampala dar. Der Guide erklärt uns, dass sich das Zeichen positiv auf die weibliche Fruchtbarkeit auswirke. Beruhigend erklärt er den weiblichen Mitgliedern unserer Gruppe, dass man aber nicht automatisch schwanger werde, wenn man dem Zeichen nahe komme. Aber, so fügt er hinzu, ungewollt kinderlose Paare könnten nach Anmeldung bei der Rezeption direkt ihr Glück unter dem Ornament probieren. Auf dem harten Stein und bei der niedrigen Decke stelle ich mir das aber alles andere als gemütlich vor…

Nach dem Seminar beschließen Linus, Jakob und ich, unsere seit längerem geplante Kenia-Reise doch noch in die Tat umzusetzen. Wir hatten uns überlegt, von Nairobi mit dem neuen Zug nach Mombasa an die Küste zu fahren, müssen aber vor der Abfahrt feststellen, dass der Zug schon völlig ausgebucht ist. Na gut, dann also mit dem Bus nach Mombasa und zurück mit dem Zug.
Also sitzen wir Dienstag Abend im Bus von Modern Coast am Clocktower Roundabout in Jinja und warten auf den Bus, der sich aber trotz der geringen Distanz von 80 Kilometern aus Kampala schonmal um knapp zwei Stunden verspätet. Der Busfahrer fährt wie ein komplett Irrer und nach einer Stunde Fahrt übersieht er einen Geschwindigkeitsstopper. Der riesige Reisebus ist schnell dran und der gesamte vordere Busteil fliegt gefühlt einen Meter durch die Luft. Das Geräusch hört sich gar nicht gut an und ich befürchtete schon einen Achsbruch. Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht, die Busfahrer und ein Polizist werkeln 10 Minuten vorne am Bus herum, dann geht es auch schon weiter. Am nächsten Vormittag erreichen wir Nairobi, wo wir direkt in den Bus nach Mombasa steigen. Viel anders als Uganda wirkt Kenia auf den ersten Blick nicht, vor allem in und um den Städte merkt man aber, wie viel schneller sich das Land „entwickelt“. Überall wird gebaut, Fabriken, Shopping Malls, große Straßen, Autohäuser und Bankentürme schießen aus dem Boden. Mit diesem Tempo kann Uganda nicht mithalten. Die Wirtschaftsstärke Kenias merkt man auch an der starken Währung und den teuren Preisen. Ein Chapati kostet hier beispielsweise 50 Schilling, das entspricht rund 50 Eurocent oder eben ca. 2000 ugandischen Schilling. In Uganda zahle ich dafür gerade mal 500 UGX (rund 10 Cent).

Als wir Mombasa dann endlich erreichen, ist es schon spätabends und mit einem der Tuk-Tuks, die hier überall durch die Straßen schwirren, geht es zu einem kleinen Hostel in der Innenstadt. Den nächsten Tage verbringen wir dann damit, uns die zweitgrößte Stadt Kenias genauer anzuschauen. Ein Highlight ist das Fort Jesus. Mombasa wurde ja bereits im 11. Jahrhundert von der Arabern als Handelsstadt gegründet, vor allem für den Handel mit Sklaven und Elfenbein. Die Portugiesen, die Mombasa dann im 16. Jahrhundert eroberten, errichteten mit dem Fort Jesus eine riesige Festung zur Verteidigung. Es folgte ein ständiger Wechsel der Herrschaft über die Stadt zwischen den Portugiesen, den Arabern aus dem Oman und den lokalen Herrscherfamilien. An der Festung kann man davon noch die Spuren erkennen, da alle Herrscher weitergebaut und ergänzt haben. Aber auch die Altstadt ist stark von den verschiedenen Baustilen geprägt und erinnert sehr an Stone Town auf Sansibar. An den arabischen Einfluss erinnert auch die starke Präsenz von Afro-Arabern in der Stadt.
Der Hafen der Stadt ist bis heute der Größte in Ostafrika und versorgt ganz Uganda und Ruanda mit Gütern vom Meer. Eine Eisenbahnstrecke nach Kampala wurde bereits zu Kolonialzeiten gebaut und transportiert bis heute Güter nach Uganda, wenn auch in kleinen Mengen verglichen mit dem LKW-Verkehr. In letzter Zeit waren es vor allem die Chinesen, die massiv in die Infrastruktur investiert und somit ihren Einfluss ausgebaut haben. Von ihnen stammt unter anderem der Ausbau des Hafens, die neue Straße nach Nairobi sowie die neue Zugstrecke in die kenianische Hauptstadt.

Nachdem wir auch noch ausführlich im Meer gebadet haben, geht es nach zwei Tagen dann zurück Richtung Nairobi. Und zwar mit dem Zug! Denn auch wenn uns die Webseite der Bahngesellschaft keine freien Sitze anzeigt, sagt man uns im Bahnhof, dass noch 500 Sitze verfügbar seien. Eine kleine Komplikation gibt es nur auf der Fahrt zum Bahnhof: Wir drei werden auf dem Rücksitz eines Tuk-Tuks angehalten, weil wir nicht angeschnallt sind. An sich wenig verwunderlich, schließlich gibt es nur einen Gurt und der ist kaputt. Trotzdem will uns der Polizist eine Notiz in unsere Pässe schreiben, mit der wir vor Gericht erscheinen und eine saftige Strafe zahlen müssten, um wieder aus Kenia ausreisen zu dürfen. Beziehungsweise will der das natürlich nicht tun, er fuchtelt nur bedrohlich mit dem Stift herum und der Tuk-Tuk-Fahrer gibt uns durch Zeichen zu verstehen, was der gute Mann natürlich eigentlich will: Schmiergeld. Irgendwie schaffen wir es aber, uns als so ahnungslose und arme Freiwillige zu präsentieren, die einfach nur ihren Zug erwischen wollen, dass uns der Beamte schließlich mit der großzügigen Bemerkung „I forgive you“ ziehen lässt.
Ansonsten ist die Fahrt ein reiner Genuss! Am völlig überdimensionierten und in jeder Hinsicht an einen Flughafen erinnernden Bahnhof steigen wir in einen modernen Zug und lehnen uns zurück. Es gibt sogar eine funktionierende Klimaanlage, da kann die Deutsche Bahn… Naja, lassen wir das. Die Strecke führt meist entlang der alten Kolonialbahn und mitten durch einen schönen Nationalpark. Nach etwa 5 Stunden Fahrt sind wir dann auch schon in Nairobi und fahren zu unserem Couchsurfing-Host Rollings, der mich am selben Abend mit seinen Freunden in einen nahen Club mitnimmt. Die meist gestellte Frage an mich lautet: „Did you ever have so much fun in Uganda?“ Irgendwie kann sich keiner vorstellen, dass es auch im gefühlt etwas belächelten Nachbarland sowas wie ein Nachtleben gibt.

Am nächsten Tag steigen wir in ein Matatu, das uns von Nairobi nach Naivasha bringt, in dessen Nähe der Hells Gate National Park liegt. Wir leihen uns Fahrräder aus und fahren auf eigene Faust in den Nationalpark, vorbei an Zebras, Giraffen, Büffeln und einer wunderschönen Ebene, die von schroffen Felswänden eingerahmt wird. Besonders faszinierend ist das Echo, das sich ergibt, wenn ein Zebra anfängt, zu schreien. Irgendwann gelangen wir auf eine Straße, auch eine Fabrik steht auf einmal da und wir realisieren, dass wir irgendwie versehentlich aus dem Park rausgefahren sind. Es fängt schön langsam an zu dämmern und außerdem haben wir kein Wasser mehr. Über Irrwege und eine abenteuerliche Downhill-Fahrt schaffen wir es aber noch vor Einbruch der Dunkelheit, an das Eingangstor zurück zu kommen. Noch am selben Abend fahren wir nach Nakuru, laut meiner Sitznachbarin im Matatu die drittgrößte und vor allem günstigste Stadt Kenias und nehmen von dort den Nachtbus nach Uganda.

Die Woche vor Ostern hat sich unsere Hamburger Partnerorganisation EURIST (European Institute For Sustainable Transport) mit einem Besuch angekündigt, um einen Art Werbefilm für den Einsatz von Elektrofahrrädern in Afrika zu drehen. Bereits vor eineinhalb Jahren hat EURIST drei E-Bikes gespendet, die FABIO an Menschen in Bukaya ausgegeben hat, welche sie als Boda Boda oder zum Transport von Gütern verwenden und dadurch mehr Einkommen verdienen. Grundsätzlich ist das Projekt ein Erfolg, nur leider sind die E-Bikes teuer und Ersatzteile in Uganda kaum erhältlich. EURIST will nun das Projekt verbessern und ausweiten, mit dem Film sollen Sponsoren gewonnen werden. Dafür haben die Hamburger auch den Schauspieler Bjarne Mädel angeheuert, bekannt unter anderem für seine Rolle als „Tatortreiniger“ und als „Ernie“ in “Stromberg“. Im Film soll auf humorvolle Art auf die Vorteile hingewiesen werden, die ein E-Bike den Menschen bringen kann. Es ist eine anstrengende Woche, da wir ständig am organisieren sind, zwischen Budondo, Jinja und Bukaya hin und her pendeln und oft bis abends drehen. Trotzdem ist es auch eine unglaublich interessante Erfahrung, bei der Entstehung des Films dabei zu sein und natürlich auch, sich mit dem EURIST-Team aus Hamburg und natürlich Bjarne Mädel auszutauschen. Am Ende gibts ein gemeinsames Abendessen, eine Bootstour auf dem Nil und einen Abschlussabend im Bourbon.
Der Film soll bald auf mehreren Spendenkonferenzen gezeigt werden, unter anderem in Berlin und in Warschau. Wie erfolgreich, das bleibt abzuwarten.

Dreharbeiten in Bukaya
Der Bjarne…

Und dann ist auch schon Ostern. So richtig österliche Stimmung kommt bei mir eher nicht auf, auch das Eierfärben mit den Farben, die mein Vorgänger hier gelassen hat, ändert da nicht recht viel. Am Karsamstag bin ich dann zum Grillen in Jinjas ärmlichen Viertel Walukuba geladen, wo ich mir aber prompt eine bakterielle Infektion hole, die mich für die restlichen Feiertage und darüber hinaus ans Bett fesselt. Dabei verpasse ich leider auch das Ostereiersuchen im Bourbon, das unser Freund Tobi organisiert hat. Insgesamt wird diese ganze Ostereier-Osterhasen-Geschichte hier mit viel Belustigung und Kopfschütteln aufgenommen, wenn ich es den Leuten aber erklärt habe, fanden es immer alle sehr nett.

So, nun habt ihr wieder einen Überblick, was hier während meiner Schreibabstinenz so passiert ist! Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal!

Franz

Ein längst fälliges Update

Müll.

Zu dem Thema hatte ich mich schon einmal kurz geäußert und angekündigt, das ich dazu noch einmal etwas schreibe. Das habe ich erfolgreich dann nochmal verschoben und so sitze ich jetzt an meinem Computer um 08:39 pm und will euch jetzt berichten was ich herausgefunden habe.

Der Weg des Mülls.

Der Weg des Mülls ist je nach Ort und Erzeuger unterschiedlich, wer hätte das gedacht. Viele Häusergruppen, aber auch kleinere Organisationen (wozu RICE eigentlich nicht zählt) errichten einfach einen Hügel, in einem Bereich des ihnen zur verfügung stehenden Geländes oder in einer Kuhle und ihn später verbrennen. Doch was machen Hotels mit ihrem Müll und wohin wird der Müll aus den Mülltonnen in der Stadt gebracht. Der kann ja nicht einfach so rumliegen oder verbrannt werden, mitten in den Straßen der Stadt.

Wird er auch nicht. Er wird abtransportiert, und zu einer Müllhalde gebracht. Tatsächlich landet auch dort der Müll von Hotels und jedem der sich den Service leistet/ leisten kann, denn das ganze wird durch eine staatliche Organisation geregelt. Damit davon auch immer mehr Menschen erfahren, werden Trainings veranstaltet, wo sich die Müllentsorgung und Verarbeitung nicht nur vorstellt, sondern auch vermittelt, was Müll ist, in welche Kategorien man ihn unterteilen kann und in welche Sie diesen unterteilen. Auch wird die Bildung eines Entsorgungssystems unterstützt, Erfahrungen sind ja anscheinend vorhanden. Zum Schluss ging es dann noch zu einer kurzen Führung über die Müllhalde.

Dort wurde uns auch erklärt, was mit dem Müll genau passiert.

Nachdem jeglicher Müll, je nach Abmachungen mit den entsprechenden Erzeugern, abgeholt wurde, wird er auf der Müllhalde erstmal unsortiert abgeladen. Nach 3 Monaten wird der Haufen mit den Älteren umgelagert, nach einem System, was uns der Führer aber auch nicht näher erklären konnte. Nach dem ein Jahr vergangen ist, der Müll also 3 mal umgelagert wurde, und er nun zum großteil zu Erde geworden sein sollte, wird das Gemisch in Schleudern nach Plastik und anderen größeren Teilen gesiebt. Danach wird das Restgemisch, auf einen etwas sumpfigen Gebiet hinter den Hallen vorerst endgelagert. Abgesehen davon fehlt den Arbeiter*n*innen jegliche Schutzausrüstung, nicht mal Handschuhe gegen die Glasscherben.

Ich weiß nicht mehr was ich dazu sagen soll. Mir fehlt jeglicher Vergleich zur Müllverarbeitung, sowohl hier in Uganda, Afrika oder Deutschland, da ich diese auch nie besucht habe, also kann ich mir hier kein Urteil erlauben. Dennoch schockiert mich das Gesehene. Und das wir, als RICE-WN nicht mit gutem Beispiel vorangehen, wundert mich doch. Dazu kommt das der Müll den wir produzieren, zum Teil ja noch nicht mal da ankommt wo er hin sollte, auch wenn diese Grube, wo wir ihn dann verbrennen, nicht unbedingt eine gute Lösung ist. Stattdessen landet er bei Veranstaltungen auf dem Boden und auch wenn ein Mülleimer in der Nähe ist.

Das Training, so hatte ich gehofft, sollte zumindest die, die mit mir dort waren etwas wachrütteln, dies war auch der Fall. Das aber die Nachricht nicht den Rest meiner Kollegen erreichte, enttäuschte mich doch, ist Nachhaltigkeit doch ein für uns wichtiges Schlüsselthema. Als ich meinen Supervisor deswegen ansprach, wurde ich sogleich Verantwortlicher zur Erstellung eines Müllentsorgungs-, bzw. verwaltungsplans.

Das wird Spaßig?

 

Das wars jetzt erstmal zum Müll.

Ansonsten bringe ich zwei Kollegen bei, mit einem Digitalen Multimeter und einem Lötkolben und Lötzinn, Dinge zu reparieren, von Verlängerungen und Verteilern bis zu unseren Solar Home Systemen. Im Gegenzug lerne ich von ihnen etwas mehr über ihre Projekte. Fieldtrips stehen noch aus sind aber quasi geplant.

Ich hoffe ihr hattet einen guten Rutsch ins neue Jahr

 

Tilman

Franz in Uganda 4: Neue Perspektiven

Es ist Sontag der 27. Januar und ich sitze im Igar Café in der Innenstadt Jinja, direkt an der Main Street. Feiertags ist kaum etwas los und die Stadt scheint unter der Mittagshitze vor sich hin zu dösen. Als einer der wenigen Cafés bietet das Igar kostenloses WLAN an, ist also ideal zum Internet schnorren. Neben mir liegt eine Ausgabe des Sunday Monitor und ich blättere gelangweilt durch die Seiten. Und siehe da: Auf einer Seite, auf der es um den bedauernswerten Zustand des ugandischen Gesundheitssystems geht, wurde groß ein Foto einer unserer Fahrradambulanzen in Budondo abgebildet. Schon vor ein paar Wochen waren wir im Monitor, jetzt haben sie das Bild nochmal gebracht. Gute Werbung für uns! Was gibt’s sonst noch Wichtiges und Unwichtiges aus Uganda? In Kampala malen Motorraddiebe einfach neue Nummernschilder auf das Diebesgut und kommen damit anscheinend bei den Behörden durch. Die diesjährige Miss Africa heißt Quinn Abenakyo und kommt aus Jinja. Und gestern war Befreiungstag, d.h. vor 33 Jahren hat die National Resistance Movement (NRM) unter Yoweri Museveni die Macht in Uganda übernommen. Das bedeutet auch: Seit 33 Jahren ist Uganda nun unter der Herrschaft Musevenis. Anlässlich dazu hat die Zeitung Leser befragt, was sie von der NRM-Regierung halten. Interessant dabei ist, dass alle behaupten, viele Menschen im Land seien unzufrieden mit der Regierung, da zum Beispiel Arbeitsplätze fehlten, Korruption das Land beherrsche und man allgemein frustriert von dem fehlenden Fortschritt sei. Dass er oder sie persönlich unzufrieden mit der Regierung ist, sagt keiner.

Seit zwei Wochen bin ich nach unserer Rundreise wieder in Jinja und alles hat sich wieder mehr oder weniger eingependelt. Dieses Wochenende war Jakobs Familie zu Besuch und hat uns wieder allerlei gute Sachen aus Deutschland mitgebracht, darunter Parmesan, Speck, und sogar Weißwürstl und süßen Händlmeier-Senf! Jakob wird die nächsten zwei Wochen mit der Familie Uganda bereisen, was für mich bedeutet, dass ich erstmal allein daheim bin. 

Ein paar Eindrücke vom Central Market Jinja…

…und vom alten Bahnhof.

So einiges ist wieder geschehen, seitdem ihr das letzte Mal von mir gehört habt. Ich werde mal da weiter machen, wo ich das letzte Mal aufgehört habe.

Eine besonders interessante Erfahrung war das Vorbereitungsseminar für die Südfreiwilligen. Das Weltwärts-Programm, mit dem ich auch unterwegs bin, ermöglicht ja auch Freiwilligen aus dem globalen Süden, einen Freiwilligendienst in Deutschland zu absolvieren. Meine Entsendeorganisation Artefact beteiligt auch an diesem Projekt und wird dieses Jahr 15 junge Frauen und Männer aus Uganda, Tansania und Ruanda nach Deutschland entsenden. Die meisten werden zeitgleich mit mir im August nach Deutschland fliegen, für ein paar beginnt der Freiwilligendienst bereits Ende Februar. Zu diesem Zweck haben Rose und Domi, die Artefact-Koordinatoren für Uganda und Ruanda, zu einem einwöchigen Vorbereitungsseminar geladen, das wir deutsche Freiwillige durch Beiträge über deutsche Kultur, Geschichte und Sprache bereichern sollen. 

Also mache ich mich eines Morgens auf nach Lweza, ca. 12 Kilometer südlich von Kampala. Auf der Fahrt bin ich schon sehr gespannt: Wie bereitet man afrikanische Freiwillige auf Deutschland vor? Als ich den Seminarraum betrete, sind die Wände schon gespickt mit Zetteln, auf denen die künftigen Freiwilligen ihre Erwartungen, Hoffnungen, Ängste, Sorgen, etc. aufgeschrieben haben. Ich werfe einen Blick auf die Wand mit den Ängsten. Sorgen macht den jungen Leuten vor allem Rassismus und das schlechte Wetter in Deutschland. Während des Vorbereitungsseminars reden wir dann ausführlich über alle möglichen Themen, die mit Deutschland zu tun haben. Auch geht es viel um praktische Tips zum Leben in Deutschland: Wie kaufe ich ein Bahnticket, an welche Verkehrsregeln muss ich mich beim Radfahren achten, wie kann ich meine Ausgaben minimieren, wie begegne ich Rassismus, etc. Für mich ist es ziemlich interessant, mit diesen Leuten über mein Heimatland zu reden, vor allem, da ich mich recht gut in ihre Situation hineinversetzen kann. Das schöne am Seminar ist aber, dass ich mich richtig zurückversetzt fühle an unsere Vorbereitungsseminare in Glücksburg vor einem halben Jahr: Ein bunt zusammengewürfelter Haufen von aufgeschlossenen jungen Menschen, die gerne mehr von der Welt sehen wollen. 

Bevor das Jahr zu Ende geht, gibt es dann noch einiges zu tun in der Arbeit. Zum einen muss ich einen Abschlussreport über das Fahrradambulanz an die deutsche Botschaft in Kampala anfertigen, auch der interne ausführliche Report muss fertig werden. Für das geplante Lastenrad-Projekt und das SoccAfrica-Projekt gibt es auch noch ein paar Dinge fertigzustellen. 

Beendet wird das Arbeitsjahr bei FABIO dann mit einem Mittagessen beim Rolex Joint, bei dem es den besten Rolex Jinjas, wenn nicht Ugandas gibt. Wir reden noch ein bisschen über das alte Jahr mit seinen Herausforderungen und Erfolgen und teilen den anderen mit, was wir uns für das neue Jahr wünschen. Alle Mitarbeiter bekommen dann noch ein bisschen Reis und Posho (weißes Maismehl) als Geschenk mit in die Ferien. Für mehr hat es angesichts der gähnend leeren FABIO-Kasse nicht mehr gereicht. Egal, nächstes Jahr verspricht ja der Beginn der Zusammenarbeit mit einer britischen Stiftung finanzielle Entlastung.

Ein paar  Tage vor Heiligabend brechen mein Mitbewohner Jakob und ich auf zu unserer großen Ostafrika-Rundreise. Geplant ist erst Ruanda, dann weiter Tansania und Sansibar und schließlich wollen wir über Kenia wieder zurück nach Uganda. Ich bin schon unheimlich aufgeregt, schließlich werden wir ja knapp 3 Wochen unterwegs sein! Also quetschen wir uns mit unseren großen Rucksäcken ins Matatu nach Kampala. Dort muss ich erst noch den Abschlussreport des Fahrrad-Ambulanzprojekts bei der deutschen Botschaft vorbeibringen. Nach einem hervorragendem Pilau bei unserem Lieblingsrestaurant und mehreren Stunden Wartezeit, die wir als Puffer eingeplant haben, geht es dann im Nachtbus nach Kigali. 

Wir erreichen die ruandische Hauptstadt am nächsten Tag um ca. 10 Uhr morgens. Anders als beim ersten Mal finden wir uns jetzt schon besser zurecht und haben von unserem letzten Besuch auch noch Ruanda-Franc dabei. Mit einem der flotten „Motos“, wie man hier die Motorradtaxis nennt, geht es zum Kimisagara, wo wir mehrere Mitfreiwilligen treffen. Die nächsten Tag sind dann geprägt von Weihnachtsvorbereitungen. Es wird geputzt, eingekauft, gekocht, gebacken, gewaschen. Auch besuchen wir den Markt am Kimironko. Neben allerlei sonstigem gibt es hier eine riesige Abteilung für Näherinnen und Näher, die einem alles Mögliche anfertigen können. Dafür gibt es eine schier unendliche Auswahl an Kitenge, dem traditionellen Stoff, der heutzutage aber in China hergestellt wird. Ich lasse mir zum stolzen Preis von 17.000 Franken einer Jacke schneidern, das entspricht etwa 17 Euro. Arbeitszeit scheint hier teurer zu sein, in Uganda würde ich dafür bestimmt nur einen Bruchteil zahlen. 

Zusammen mit Adrine und Benjamin, zwei Ruandern, die ich beim Vorbereitunsseminar in Uganda kennengelernt habe, machen wir auch einen Ausflug auf den Mount Kigali. Obwohl Ruanda ja grundsätzlich etwas kühler ist als Uganda, ist der Aufstieg doch ganz schön schweißtreibend! Aber es lohnt sich, oben werden wir mit einem wunderbaren Blick auf Stadt und Umgebung belohnt.

Heiligabend ist für mich ein Datum im Jahr, das wie kein anderes mit Zuhause und Familie verbunden ist. Insofern ist das schon eine ganz neue Erfahrung für mich, jetzt in einem fremden Land tausende Kilometer entfernt von Daheim zu feiern. Immerhin sind mir meine Mitfreiwilligen inzwischen schon sehr vertraut und so wird es ein netter Abend mit viel gutem Essen, netten Menschen und vielen Geschenken.

Am ersten Weihnachtsfeiertag hat uns Adrine eingeladen, mit ihr zum Gottesdienst zu gehen. Ich und Anna fahren also morgens zur beschriebenen Kirche, der größten katholischen Kathedrale Kigalis. Drinnen ist der Gottesdienst bereits in vollem Gange und wir befürchten schon, irgendetwas falsch verstanden zu haben. Adrine kommt uns mit einer roten Kirchenchor-Robe entgegen und erklärt uns, dass dies nur der erste Gottesdienst auf Kinyarwanda ist, gleich wird der zweite auf Englisch beginnen. Direkt im Anschluss wird es wohl nochmal einen Gottesdienst auf Kinyarwanda geben und abends dann einen auf Französisch. Wie auch immer, der englische Gottesdienst entspricht ziemlich genau dem, was ich von zuhause gewöhnt bin, sogar Orgelmusik strömt aus den Lautsprechern. Manche Weihnachtslieder kann ich sogar mitsummen, wenngleich ich den englischen Text nicht kenne. Für die Wandlung steht vor der Kirche eine fünfköpfige Trommlergruppe bereit und sorgt für Dramatik. Abgehalten wird der Gottesdienst von niemand geringerem als dem frisch ernannten Bischof der Erzdiozöse Kigali. 

Obwohl es für mich der zweite Besuch in Ruanda ist, bin ich wieder erstaunt, wie viele Regeln es hier gibt. Verboten ist zum Beispiel: Essen und Trinken in der Öffentlichkeit, Benutzen und Besitzen von Plastiktüten, Street Food, Fotografieren von öffentlichen Gebäuden und Brücken, Anschauen der Präsidentenresidenz, Betreten der Rasenflächen auf Verkehrsinseln, Bodafahren ohne Helm oder zu zweit, Müll auf den Boden werfen (in Uganda gibt es nicht einmal öffentliche Mülleimer). Das ganze wird akribisch überwacht, in Kigali stehen an jeder Straßenecke Angehörige von Militär, Polizei und Sicherheitsdiensten. Das ist nämlich der Unterschied zu Uganda: Außer der Sache mit dem Streetfood und dem Essen und Trinken auf der Straße existieren alle diese Vorschriften auch in Uganda. Nur dass sie eben kaum durchgesetzt werden. Warum ein Plastiktütenverbot umsetzen, wenn dem Bruder des Präsidenten die größte Plastiktütenfabrik des Landes gehört? Was man allerdings auch in Uganda beachten sollte, ist das Fotografierverbot von Brücken. Man befürchtet, dass andere Nationen diese militärisch wichtigen Bauwerke auskundschaften und so einen Angriff vorbereiten könnten. Dumm nur, dass das Internet gespickt ist mit Bildern von ugandischen Brücken. Und mein Mitbewohner Jakob hat im Markt sogar eine Upcycling-Papiertüte erstanden, die aus den Bauplänen von Jinjas neuer Nilbrücke gefertigt wurden. 

Am zweiten Weihnachtsfeiertag geht es weiter für unsere Reisegruppe, die nun um 5 Mitreiwillige erweitert wurde. Um vier Uhr morgens steigen wir in den Bus nach Daressalam. Was uns bevorsteht sind nicht weniger als 40 Stunden Busfahrt! Ich habe mir im Vorfeld oft Gedanken gemacht, wie ich das Überstehen soll. Im Endeffekt stellt sich die Fahrt aber als weit weniger schlimm heraus, als erwartet. Vormittags erreichen wir die Grenze nach Tansania. Man fährt über einen Gebirgsbach, dann schwenkt der Bus auf die linke Straßenseite (Tansania hat wieder Linksverkehr) und wir kommen zum Grenzposten. Noch dösend warten wir am auf unser Visum, bis uns der ruandische Grenzbeamte aus unseren Tagträumen reißt: Jakob und mir wird die Einreise nach Tansania verweigert! Na toll. Wir diskutieren mindestens eine halbe Stunde mit dem Mann bis wir einigermaßen verstehen was das Problem ist. Dazu muss man folgendes Wissen: Drei Staaten der Ostafrikanischen Union (EAC) haben ein Abkommen unterzeichnet, das deren Bewohnern und Residenten einen kostenlosen Verkehr zwischen den Staaten garantiert. Diese Staaten sind Ruanda, Uganda und Kenia. Die anderen drei Mitgliedstaaten der EAC, Burundi, Südsudan und Tansania, sind dem Abkommen nicht beigetreten. Nun sind wir aufgrund dieser Regelung zwar kostenlos nach Ruanda gekommen. Da wir das Land aber nicht über die Grenze zu einem Abkommenspartner verlassen, müssen wir das Einreisevisum gezahlt haben, um ausreisen zu können. Klingt logisch, oder?

Also nehmen wir beide ein Moto zurück über den Fluss zur ruandischen Einreisebehörde, zahlen dort 30 Dollar für unser Einreisevisum, bekommen dann einen Ausreisestempel, fahren zurück und können für weitere 50 Dollar nach Tansania einreisen. Ärgerlich, aber immerhin mussten wir nicht die ganze Reise abblasen.

Nun also Tansania. Das Land begrüßt uns erstmal mit einer Schlagloch-Holperstraße vom allerfeinsten, ein Durchrüttlungs- und Durchschüttlungserlebnis, wie man es in Uganda nicht schöner haben könnte. Und dann kommen wir auf einmal auf einen nagelneuen Highway, auch das könnte Uganda sein. Überhaupt fühle ich mich viel mehr an meine Heimat auf der anderen Seite des Viktoriasees erinnert, als das in Ruanda der Fall war. Ein paar Unterschiede gibt es aber doch. Da ist einerseits die beeindruckende Landschaft, die durch immer neue Attraktionen dafür sorgt, dass uns die Busfahrt nicht zu langweilig wird. Schluchten, Berge, Savanne, riesige Pyramiden aus überdimensionalen Kieselsteinen. Was ist ansonsten noch anders? Es gibt erstaunlich wenige Boda-Bodas, dafür umso mehr sogenannte Bajajis, diese Auto-Rikschas auf drei Rädern, in Asien auch Tuk-Tuks genannt. Außerdem fällt auf, dass so gut wie die ganze Außenwerbung und auch alle Straßenschilder auf Suaheli verfasst sind. Eine Lokalsprache, die als Verkehrssprache genutzt wird und von jedem verstanden wird, so wie es in Tansania mit Suaheli der Fall ist, gibt es in Uganda nicht. Zwar können auch viele Ugander außerhalb des zentralen Königreichs Buganda die Sprache Luganda sprechen und auch viele beherrschen Suaheli, als Verkehrssprache bleibt Englisch aber unangefochten auf Platz 1. 

Als wir nach fünfstündiger Pause in Tansanias Hauptstadt Dodoma und vielen weiteren Stunden Fahrt endlich Daressalam erreichen, ist die Erleichterung groß. An der Bank holen wir uns Tansania-Schilling und nehmen dann ein Taxi direkt zum Hafen, da wir versuchen wollen, noch die Fähre am selben Tag zu erreichen. Eigentlich hatte ich mir die Metropole mit ihren über 5 Millionen Einwohnern wie ein Kampala in sehr groß vorgestellt. Tatsächlich aber erscheint zumindest das Zentrum recht aufgeräumt und organisiert, entlang großer Straßen sind für ein Bus Rapid System zwei eigene Busspuren reserviert, auf der die Busse von einer Station zur nächsten sausen. Warum gibt es so ein System denn im staugeplagten Kampala nicht schon längst? FABIO hat dies schon vor Jahren vorgeschlagen, nun soll das BRT-System mithilfe der Regierung Tansanias demnächst auch in der ugandischen Hauptstadt eingeführt werden.

Auf den letzten Drücker bekommen wir dann tatsächlich noch Plätze auf der Fähre, auch wenn wir dafür stolze 35 Dollar hinblättern müssen. Verhandeln hilft hier nicht, die Firma hat feste Preise. Immerhin handelt es sich um eine komfortable Schnellfähre, mit der wir Sansibar schon nach gut zwei Stunden erreichen. Dort müssen wir dann erst nochmal durch eine Grenzkontrolle, Sansibar ist ja immer noch teilautonom. 

Die Skyline von Daressalam…

…und die von Stone Town.

Die nächsten Tage verbringen wir in Stone Town, der historischen Altstadt von Sansibar Stadt. Alte hohe Gebäude, enge Gassen und historische Bauten arabischen, indischen, persischen, swahilischen und europäischen Stils prägen das Stadtbild und zeugen von einer den vielen verschiedenen Einflüssen, denen die Stadt ausgesetzt war. Vor allem der Handel mit Gewürzen und Sklaven machte Stone Town zu einer wohlhabenden Stadt. Besonders bemerkenswert sind auch die reichhaltig mit Schnitzereien verzierten Holztüren. Die Stadt erinnert mich ein bisschen an Venedig aber auch an Bethlehem. Und sie steht in einem krassen Gegensatz zu den meisten anderen ostafrikanischen Städten mit ihren meist langweiligen Gebäuden aus den 80ern und 90ern und den breiten Straßen. Stowe Town selbst ist aber nur ein kleiner Teil von Sansibar-Stadt mit ca. 500.000 Einwohnern. Besonders interessant: verlässt man die Altstadt, seht man auf einmal völlig unvorbereitet vor riesigen Plattenbauten im DDR-Stil. Tatsächlich hat die DDR hier in den 70ern „Entwicklungshilfe“ geleistet und dabei die Stadt um einen weiteren Baustil „bereichert“.

Wir verbringen also viel Zeit in Stowe Town und am Strand direkt vor der Altstadt. Es ist immer wahnsinnig heiß und noch dazu ist die Luft richtig feucht. Über die Länge des gesamten Aufenthalts komme ich mir vor wie in einer Saune: schon bei der kleinsten Bewegung läuft einem der Schweiß in Bächen vom Körper. Es fühlt sich an, als wäre man immer von einer Schicht aus Sand, Schweiß, Sonnencreme und Salz bedeckt.

Zweimal machen wir auch Ausflüge an die Ostküste. Dort findet man diese sogenannten Traumstrände: Weiße Strände, Palmen, türkisblaues Wasser. Das Bild könnte direkt aus einem Reisekatalog stammen. Auch gehen wir einmal schnorcheln. Wirklich faszinierend, was wir dabei alles hautnah sehen können, von Korallen über Doktorfische, Aale, Clownfische bis zu fußballgroßen Seeigeln, Seesternen mit über einem Meter Durchmesser und hunderten weiteren Arten von bunten Lebewesen. Außerdem geht das Wasser bei Ebbe an manchen Teilen der Insel mehrere hundert Meter zurück und legt zahlreiche weitere Seeigel, Seesterne, Muscheln und Korallen frei, die man wunderbar bei Wattwanderungen beobachten kann.

Silvester verbringen wir dann bei einer großen Party im Norden der Insel. Das Feuerwerk ist mit einer Länge von ca. zehn Sekunden zwar ziemlich enttäuschend, ansonsten ist die Stimmung aber wunderbar und wir feiern das neue Jahr gebührend.

Am Strand von Stone Town schaffe ich es auch leider, mir Handy und Geldbeutel klauen zu lassen, darin auch meine Kreditkarte. Der Dieb muss uns beim Verstauen der Wertsachen beobachtet haben und in einem Moment, an dem wohl keiner aufmerksam war, zugeschlagen haben. Mit Insgesamt drei Handys und zwei Geldbeuteln, einer davon mit viel Bargeld, hat er eine gute Beute gemacht. Für den Rest meine Urlaub bedeutet das leider, dass ich meinen Mitfreiwilligen auf der Tasche sitze. Aber davon will ich mir den Urlaub nicht verderben lassen.

Nach gut einer Woche auf Sansibar wollen wir wieder die Fähre aufs Festland nehmen. Wir entscheiden uns für eine Nachtfähre, da diese wohl günstiger ist und kommen um kurz vor knapp am Ticketschalter an. Eigentlich, so der Verkäufer, sei die Fähre schon ausgebucht, für Ausländer reserviere man aber immer ein paar Sitze die wir nun haben könnten. Nachdem wir sogar noch weniger als gedacht zahlen mussten, werden wir an Bord automatisch in die VIP-Loge geführt. Wir sind komplett baff: ein klimatisierter Raum mit breiten Sitzen, die wirklich nichts an Komfort vermissen lassen. Und wir dachten, wir reisen low-budget…

Da wir so viel für das tansanischen Visum zahlen müssen, entscheiden wir uns spontan, noch länger in Tansania zu bleiben und dafür in Kenia Abstriche zu machen. Das Land können wir später theoretisch immer noch leicht bereisen. Also nehmen wir morgens den Bus von Daressalam nach Moshi, einer Stadt direkt am Kilimanjaro, dem höchsten Berg Afrikas. Entweder sieht unser Bus aber äußerst verdächtig aus, oder die tansanische Polizei ist besonders  kontrollierfreudig, jedenfalls werden wir auf der Fahrt sage und schreibe sechs mal kontrolliert! Und jedes mal ruft der Busfahrer den Passagieren vorher zu: Anschnallen! Der Anschnaller funktioniert bloß dummerweise nicht mehr und ich lege mir die Gurte einfach immer so um die Schultern.

Auf der Fahrt kommen wir auch in Same vorbei, also der Stadt, in der mein Bruder vor zwei Jahren seinen Freiwilligendienst verbracht hat. Es ist irgendwie ein schöner Moment nun hier zu sein und mit eigenen Augen die bergige Landschaft sehen zu können, die ich immer nur von Fotos meines Bruders kannte. Damals, als ich noch in der 12. Klasse und Afrika ganz weit weg war…

Die Usambaraberge auf dem Weg nach Moshi

Am Busbahnhof von Moshi holt uns schon unser Couchsurfing-Host Victor mit dem Auto ab. Er meint zu uns, er wohne ca. eine halbe Stunde außerhalb der Stadt. Tatsächlich rumpeln wir mit seinem alten Toyota aber bestimmt über eine Stunde bergauf, bis wir ins kleine Dorf Shimbwe gelangen. Irgendwann ist die „Straße“ zu ende und wir halten vor einen großen, noblen Tor. Wir sind erstaunt, hier werden wir wohnen? Einer sagt zum Spaß, dass das Tor jetzt wahrscheinlich von einem Bediensteten geöffnet wird und dieser dann auch noch gleich unsere Rucksäcke aufs Zimmer trägt. Und dann wird das Tor von einem Bediensteten geöffnet und nachdem wir ausgestiegen sind, trägt er unsere Rucksäcke aufs Zimmer, zumindest soviel er tragen kann. Wir bringen den Mund vor Staunen gar nicht mehr zu: Das ist kein Haus, sondern eine große Villa und wir schlafen nicht auf irgendeiner Couch im Wohnzimmer, sondern haben ein eigenes Zimmer mit vier Betten und eigenem Bad! Victor meint noch, dass man vom Balkon den Kilimanjaro recht gut sehe. Und tatsächlich: als ich am nächsten Morgen einen Blick aus dem Fenster wage, steht er direkt vor mir, der höchste Berg Afrikas. 5.895 Meter hoch, ein wahrer Gigant.

Die nächsten Tage verbringen wir in Shimbwe bei Victor. Wie sich herausstellt, ist Victor Guide für Kilimanjaro-Touren und vermietet Zimmer dieser Villa normalerweise für viel Geld an Gäste. In der Off-Season holt er sich aber gern Couchsurfer ins Haus. Wir sind auch, wie sich bald herausstellt, dazu angehalten, einen kleinen Unkostenbeitrag beizusteuern, aber der ist nur allzu gerechtfertigt angesichts dieses Komforts und dieser Lage. Zusammen machen wir eine Wanderung zu einem 90 Meter hohen Wasserfall, in dessen Becken man wunderbar schwimmen und duschen kann. Und wir fahren durch Masai-Land zu einem sogenannten „Hot Spring“. Das ist ein Bach, dessen Wasser zwar nicht ungewöhnlich warm, dafür aber kristallklar ist. Ein absolutes Paradies mitten in der trockenen und kargen Ebene. Außerdem kommen wir noch in den Genuss einer Kaffeevorführung. Der Vorführer, ein liebenswürdiger älterer Mann, der sich selbst „Dr. Coffee“ und sich verhält, als hätte der den Kaffee gerade geraucht, erklärt uns die Geschichte des Kaffees und lässt uns danach die Bohnen selbst stoßen, rösten und malen. Als Gegenleistung kaufen wir ihm seinen Kaffee ab, laut ihm den besten der Welt.

Der Kilimanjaro

Nach zwei wunderschönen Tagen am Kilimanjaro geht es für uns weiter Richtung Kenia. Der Bus nach Nairobi fährt in Moshi um 5 Uhr morgens ab. Leider geht es an der Grenze wieder nicht ganz ohne Komplikationen, unsere Mitreisenden aus Ruanda müssen ein Transitvisum für Kenia bezahlen, Jakob und ich können aber aufgrund unseres Interstate Passes, den wir an der ugandisch-ruandischen Grenze bekommen haben, kostenlos einreisen.

Als wir die kenianische Hauptstadt erreichen, ist es bereits Mittag. Da wir keine sonderlich große Lust auf eine weitere afrikanische Großstadt haben und wir uns sowieso vorgenommen haben, Kenia nochmal zu besuchen, buchen wir gleich den Nachtbus nach Jinja für denselben Abend. Viel kann ich deshalb an dieser Stelle noch nicht sagen über Nairobi, auf den ersten Blick ist nicht unähnlich zu Kampala, nur etwas organisierter, größer und westlicher. Was aber positiv auffällt, sind die zahlreichen öffentlichen Parks und Grünanlagen, an denen wir vorbeikommen. Die scheint man in Kampala irgendwie vergessen zu haben. Interessant ist auch die starke kenianische Währung. Ein Euro entspricht nur etwa 100 Schilling! In Uganda sind es ja 4300. Mir kommt es vor, als würde ich mich die ganze Zeit in Nairobi nur mit Cent-Beträgen in der Tasche bewegen und als wäre alles spottbillig. Tatsächlich aber ist Kenia das mit Abstand teuerste Land, das wir in Ostafrika bereist haben.

Die Reise und der Grenzübertritt läuft weitgehend reibungslos ab. Nur leider bin ich wohl der einzige im Bus, der Ohrenstöpsel benutzt, weswegen ich den „Anschnallen“-Ruf diesmal überhöre und mitten in der Nacht nach langen Verhandlungen 2 Euro an einen korrupten kenianischen Beamten zahlen muss.

In Jinja zeigen wir Linus und Letizia noch für ein paar Tage die Stadt und Umgebung und verbringen dann noch einen gemeinsamen Tag in Kampala. Nachdem die beiden nach Ruanda weitergereist sind, ist auch für uns der Urlaub nun endgültig zu Ende. Aber ich kann sagen: nachdem ich drei Wochen durch Ostafrika gereist sind, merke ich erst, dass Uganda inzwischen wirklich zu meiner zweiten Heimat geworden ist. 

Zurück in der Arbeit bei FABIO scheint die Luft momentan gerade etwas draußen zu sein, jedenfalls gibt es nicht sonderlich viel für mich zu tun. Einmal fahren wir nach Budondo und in die umliegenden Dörfer und besuchen unsere Fahrrad-Ambulanzen im Rahmen des Monitoring und Evaluation. Es gibt zwar noch zahlreiche Herausforderungen, z.B. dass das Konzept einfach noch nicht bekannt genug ist in der Bevölkerung. Aber es ist schön zu hören, dass im Endeffekt schon wirklich vielen Menschen geholfen werden konnte. 

Außerdem habe ich mit Begeisterung festgestellt, dass wir unser Fundraising-Ziel für das Lastenrad-Projekt inzwischen bereits erreicht haben! Vielen herzlichen Dank an alle Spenderinnen und Spender an dieser Stelle! Ihr seid großartig! Wir haben bereits Preise für Materialien ausgecheckt, Budgets geschrieben und Pläne studiert. Sobald das Geld da ist, werden wir mit dem Bau beginnen. Ich freue mich schon sehr und werde euch auf dem Laufenden halten!

Viele liebe Grüße

Franz

Was kommt als nächstes?

Hello again,

a lot has happened since I told you something so I should do it now. Oh, sorry. Bin im Englischen hängen geblieben. Spreche das wohl ein bisschen viel seit ich hier nur noch von Afrikanern*innen umgeben bin. Ugander*innen passt  nicht. Sind schließlich auch noch andere dabei (Kenianer/innen, etc.). Also musste ich ein wenig verallgemeinern. Ich könnte es auch andersherum sagen. Ich treffe hier zu wenig Personen die Deutsch mit mir sprechen könnten. Wie dem auch sei, um das soll es hier jetzt nicht gehen.

„Was kommt als nächstes?“, habe ich gefragt, aber die Antwort kommt später, möchte ich doch erstmal berichten was in letzter Zeit so geschehen ist.


Wo ich anfangen soll weiß ich diesmal auch schon. Bei meiner Möblierung. Die ist jetzt fürs erste Vollständig, denn der Schrank da. Kam ein paar Tage nach meinem letzten Blogeintrag.

Alles abschließbar. Warum auch nicht.

Das ist aber nicht alles. Kann es ja nicht sein bei dieser vergangenen Zeitspanne.

War es auch nicht.


Eine weitere Sache von der ich euch berichten möchte ist der Empfang in der deutschen Botschaft. Man waren da viele Leute. Hatte ich doch gewusst das viele Freiwillige hier irgendwo unterwegs sind, war ich dennoch überrascht, um die 30 weitere Freiwillige neben mir und meinen Kollegen dort anzutreffen.  Das waren wie erwartet nicht alle, was ich später auch von anderen erfahren durfte, die nicht hineingelassen wurden. Warum ist jetzt aber nicht weiter wichtig.

Jeder war auch aufgefordert jemanden von seiner Partnerorganisation mitzubringen. Hat nicht bei allen (unter anderem bei mir) geklappt. Hat mich aber dennoch nicht daran gehindert, die Grüppchen aus den Leuten die sich schon kennen, zu sprengen und jede menge Leute kennenzulernen. Leider habe ich kaum Kontakte ausgetauscht, aber dazu kann ich nur sagen „Selbst schuld.“. Auch viel mir auf das Quasi keiner aus der West Nile Gegend kam. Quasi, weil ich eine fand. Aber diese ist auch zwei Stunden von hier (Arua) entfernt. Großartig.

Nicht mit negativen Gedanken den Kopf zumüllen, Positiv denken.

Danach war dann für geraume Zeit nicht viel los. Ich holte mir ein paar Wochen später das neue Visa ab und dann musste ich mit denen noch meine Simkarten verlängern, was aber nicht funktionierte (zumindest bei einem der Anbieter). Erst letzte Woche konnte auch das geklärt werden. Man man man. Manchmal ist das „ß“ wirklich ein Fluch. Nachdem das Ministerium schon Probleme hatte zu akzeptieren, dass dieses mit einem „ss“ ersetzt wird, muss ich nun akzeptieren das ich bei MTN wohl für die Dauer meines Aufenthaltes Kiebig heiße, dürfen sie ja, wie auch das Ministerium, nichts verändern an dem, was abgebildet und geschrieben ist auf den Originaldokumenten. Naja. Was solls. Ist jetzt auch nicht so schlimm.


Das war es auch schon.

Moment mal. Stimmt gar nicht. Da war ja noch was.

Der Urlaub mit meiner Familie, um genau zu sein, mit einer meiner Tanten, einer Cousine, einer guten Freundin aus deren Heimatstadt und einer weiteren Frau die ich bis dato noch nicht kannte. Der begann damit das ich im Bus nach Kampala erfuhr, dass ein paar Tage zuvor ein Nachtbus einen Menschen auf der Straße umfuhr und damit tötete, woraufhin der Bus von, vermutlich, Bekannten angegriffen, der Conductor (so etwas wie der Fahrkartenkontrolleur und Verantwortliche für die Insassen) umgebracht und der Bus abgefackelt wurde, während die Reisenden und das restliche Team entkam. Gut das ich dieses mal am Tag fuhr?

Angekommen verbrachte ich ein paar stunden in der Stadt bevor ich mich dann auf den Weg nach Entebbe, zum Flughafen machte, wo ich die Restliche Wartezeit verbrachte und schließlich von meiner Tante Manuela, aus meinen Gedanken gerissen wurde. Bin ich gut in Empfangen oder nicht :-D? Mit den Vieren und der anderen Empfangsgruppe aus Lwamagwa und Masaka, bestehend aus Pater Peter, der Tochter der unbekannten Vierten, und deren Freundin, ging es in eine Unterkunft eines Ordens. Bevor es dann ins Bett ging, wurden erste Mitbringsel ausgetauscht und übergeben, und dann noch ein wenig geschwatzt. Huch. Geschwatzt. Seit wann nutze ich denn solche Wörter.

Nach einer kurzen Nacht ging es dann weiter in Richtung der Seese Islands. Bei der Fähre angekommen mussten wir noch ein wenig warten in strahlendem Sonnenschein am See. Klingt schlimm nicht wahr? Auf Seese angekommen wurde die geplante einmalige Übernachtung auf zwei verlängert und dann ging es nochmal zu einer Kirche weiter in der Insel, zu einem Kollegen und bekannten von Peter. Nach einem Abendbrot, viel Gerede und vielen „Kale Kale“ (Rechtschreibung könnte da Falsch sein (Comments ;-)) was unter anderem Okay bedeutet ging es zurück zum Hotel und ins Bett.

Am nächsten Tag wurde uns die Insel gezeigt, vom Regenwald bis zu den Fischern und den Farmen von einer Pflanze deren Namen mir entfallen ist, welche benutzt wird um Öle fürs Kochen und Seifen fürs Waschen herzustellen. Abends ging es in der Pool und nach einem langen Abend am Strand mit Lagerfeuer war dann auch wieder Schluss.

Aufstehen, packen und weiter ging es nach Lwamagwa. Nicht ganz. Denn wir stoppten für eine Nacht in Masaka, um uns ein paar Orte uns anzusehen. Unter anderem das Transitory, wo die beiden Mädels, mit vielen anderen Freiwilligen untergebracht sind und die Orte an denen sie Arbeiten, einem Krankenhaus und Schulen. Mit zwei einer weiteren Person von dort ging es dann weiter.

In Lwamagwa wurden wir begrüßt auf eine Weise die ich noch nie so erlebt habe. Unzählige Kinder und Erwachsene warteten ein nahezu am Fuße des Berges den es zu einem Stück hochging bis zu unserer Unterkunft und geleiteten den Bus in den Peter fuhr den ganzen Weg mit Gesang und Gejubel. Anstrengend war es auf jedenfall, das konnte man sehen, aber sie wurden einfach nicht müde. Kaum aus dem Fahrzeug wurde man umringt, gedrückt, Hände wurden einem gereicht und es ging nur langsam aber immer noch mit Gesang in die Kirche. Dort wurden wir begrüßt, und wir grüßten zurück, und stellten uns vor. Dann ging es in die Zimmer, ein wenig Sachen auspacken und dann zu einer kurzen Führung durch die Stadt. Bzw. durch das gegenüber, fast komplette Krankenhaus. Ein Abendbrot mit Heuschrecken als Nachtisch und einer kleinen Vorstellungsrunde, nach welcher die pläne für die nächsten Tage gemacht wurden, später ging es ins Bett.

Für die die dabei waren, nicht wundern, Reihenfolge der nun geschilderten Ereignisse möglicherweise nicht richtig.

Wandern, stand unter anderem auf dem Plan. Naja, wandern ist was anderes aber einen Trip über die umliegenden Berge und dann zurück, war die Idee. Wurde auch umgesetzt. Die unterschiedlichen Tempi waren entspannend, so bin ich mal hinterher, mal vorneweg mit leichten Abwegen gelaufen. Von der Höhe aus, konnte man vieles sehen. Unsere Unterkunft, einen großteil der Stadt, die Schulen, die Plantagen als auch das Gefängnis. Wieder zurück, haben ein paar von uns mit ein paar aus der Umgebung Volleyball gespielt. Der neue Ball wurde anfangs nicht genutzt, ist er zwar weich aber zu leicht. Jedoch ging der andere Kaputt => kamen wohl nicht drum ;-). Auch ging es einmal mit dem Arzt der Stadt und seinem Team, in ein Nachbardorf um dort die Bewohner zu schulen, HIV Tests zu unterziehen sofern sie wollten und Medikamente auszuteilen falls welche diese Brauchten. Ein anderes Mal brachten wir den Lehrerinnen und den Schülern*innen bei, wie man Fröbelsterne bastelt. Eine Messe bei welcher wir am Ende „We are the world“ sangen und viele Briefe die ich schrieb. Und ein Besuch des in der nähe liegenden Naturparkes, wo wir sehr viele Nilpferde aber auch anderes beobachten konnten. Hier kommen die Bilder, ungeordnet. Kümmere ich mich noch drum…

Kann sein das noch mehr war, erinnere mich nicht mehr. Auf dem Rückweg stoppten wir nochmal für eine Nacht an einem See und feierten in Andreas Geburtstag rein. Dann ging es auch schon zurück. In Masaka teilte sich die Gruppe. Helena und Elisa verabschiedeten wir in Masaka, am 0 Meridian

machten wir noch ein paar Fotos und dann wurde ich in Kampala ausgeladen. Nun hieß es Tschüss. Abends ging es nach Arua und in den Alltag zurück.

Seitdem ist in meinem privaten Bereich nicht mehr so viel passiert, dafür aber auf Arbeit. Dort habe ich auch mehr über die Sache mit dem Müll rausgefunden. Geht also da weiter mit dem Thema.

Ich wünsche euch ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch.

Achso, zum Thema was kommt; Das weis ich zwar grob, verraten davon werde ich nichts. Müsst ihr wohl nochmal vorbei kommen 😉

Hier auch nochmal Danke an die, die bereits gespendet haben. Dank euch ist schon über die Hälfte zusammengekommen.

Bis zum nächsten mal.

Tilman

Von Fußball und Lastenrädern: Meine aktuellen Projekte

Liebe Leserinnen und Leser,
Heute gibt es mal einen Blogeintrag der anderen Art. Heute werde ich mich mal ganz auf meine Arbeit bei FABIO fokussieren. Wie schon geschildert, haben wir das Fahrrad-Ambulanz-Projekt, das von meinem Vorgänger angefangen und nun von mir und meinem Kollegen Brian betreut wurde, vor gut zwei Wochen abgeschlossen. Hauptsächlich zwei neue Projekte beschäftigen mich nun, für eines davon benötige ich eure Unterstützung.

SoccAfrica
Die Initiative zu SoccAfrica ging von einer langjährigen deutsche Partnerorganisation aus. Die Idee dahinter ist, dass deutsche Fußballer und Fußballerinnen Fahrräder an junge Spielerinnen und Spieler in Uganda, Burkina Faso und Namibia spenden.
Fußball erfreut auf dem gesamten afrikanischen Kontinent großer Beliebtheit, besonders bei Kindern und Jugendlichen. Viele von ihnen haben aber Schwierigkeiten, zu Spielen und zum Training zu gelangen, da die Distanzen oft groß und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln teuer ist. Ein Fahrrad kann jungen Menschen nicht nur dabei helfen, besser zum Fußballplatz zu gelangen, sondern wäre auch wertvoll bei der Fahrt in die Schule oder bei der Verrichtung anderer täglicher Aufgaben.
Vonseiten FABIOs bin ich nun der Ansprechpartner. Momentan arbeiten wir noch an einem Konzept zur Verwirklichung des Projekts. Ich habe bereits einen Flyer erstellt, mit dem wir später an die deutschen Clubs herangehen wollen. Hauptsponsor soll möglichst ein Bundesligaspieler mit afrikanische Wurzeln werden.

Lastenräder für Uganda
Dieses Projekt habe ich selbst initiiert. Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen bei FABIO haben wir ein Konzept dafür entwickelt. In „Lastenräder für Uganda“ geht es um den Bau zweier Lastenrad-Prototypen, die für Uganda geeignet sind, ein gewöhnliches Modell und eines für Menschen mit Behinderung.

Arbeitslosigkeit oder ein sehr geringes Einkommen ist in Uganda weit verbreitet, vor allem unter jungen Menschen. Neben fehlenden Arbeitsplätzen und mangelnder Bildung macht vielen Menschen auch der schwierige Transport von Waren zu schaffen. Günstige Transportmittel wie Fahrrad und Motorrad können nur sehr wenig Güter transportieren, Minibusse und Lastwagen sind wiederum sehr teuer. Menschen mit körperlicher Behinderung haben es besonders schwer. So sind Unternehmer/innen meist gezwungen, ihre Waren an einem Ort zu verkaufen, anstatt sie flexibel an Plätzen anzubieten, an denen gerade Nachfrage herrscht. Verkäufer/innen müssen oft 30 bis 35 Prozent ihres Gewinns für Transport zum Markt aufwenden.

Schon vor Beginn meines Freiwilligendienstes hatte ich die Idee, ein Projekt mit Lastenrädern zu starten. Durch Gespräche mit meinen Kollegen und durch eigene Erfahrungen habe ich dann erst gemerkt, wie gut diese Idee zu Uganda passt. Auch FABIO hat schon länger vor, Lastenräder zu bauen und es gibt bereits mehrere erfolgreiche ähnliche Projekte, z.B. in Ruanda, Äthiopien und Tansania. Also haben wir gemeinsam ein Konzept entwickelt. FABIO will Lastenräder für Menschen mit und ohne Behinderung bauen, um ihnen eine stabile und ausreichende Einkommensquelle zu verschaffen. Wir wollen die Lastenräder sowohl an Einzelunternehmer/innen als auch an Gruppen von Verkäufern und Verkäuferinnen geben, die damit z.B. gesammelt ihre Waren zum Markt transportieren und so ihr Einkommen verbessern können.
Da das Wissen zum Bau von Lastenrädern in Uganda nicht verbreitet ist, wollen wir von FABIO mit diesem Projekt zwei Prototypen bauen und testen, bevor wir Lastenrad-Projekte im größeren Stil planen. Durch den Bau der Fahrrad-Ambulanzen sind schon Erfahrungen beim Arbeiten mit Metall (biegen, flexen, schweißen) vorhanden. Die zum Bau benötigten Materialien sind in Jinja leicht zu bekommen. Konkret geht es um den Bau eines gewöhnlichen Lastenrads mit drei Rädern und einer Ladefläche vorne sowie um die Konstruktion eines handbetriebenen Modells (evtl. mit elektrischem Unterstützungsmotor) für Menschen mit körperlicher Behinderung.
Die zwei Prototypen sollen bereits gegen einen kleinen Betrag an junge Unternehmer/innen ausgegeben werden und diesen helfen, ein besseres Einkommen zu erwirtschaften. Ist dieses Pilotprojekt erfolgreich, erhoffen wir uns dadurch Gelder von größeren Organisationen und Stiftungen für weitere Lastenrad-Projekte.
Auch sind wir für dieses Pilotprojekt noch auf externe Werkstätten und Arbeitskräfte angewiesen. Langfristig planen wir aber den Bau einer eigenen Werkstatt, in der mehr Lastenräder und auch Fahrradambulanzen gebaut werden können. Ist das Pilotprojekt erfolgreich, können wir uns mit dieser Idee leichter an größere Geldgeber wenden.

Für Entwicklung und Bau der für dieses Pilotprojekt benötigten zwei Lastenräder benötigen wir ca. 1.600 Euro. Dieser Betrag beinhalten sowohl Material- und Transportkosten, als auch Löhne für Arbeitskräfte, die uns beim Bau unterstützen, und für meinen Kollegen, der das Projekt zusammen mit mir umsetzen wird.

Falls euch das Projekt zusagt und ihr uns bei der Umsetzung unterstützen wollt, würden wir uns sehr über eine Spende freuen! Dies läuft über das Portal betterplace.org. Zum Spendenformular geht es hier.
Betterplace wird euch eine Spendenquittung ausstellen.

Ihr habt noch Fragen? Ihr hättet gern eine Druckversion der Projektbeschreibung? Schreibt mir einfach: franz@la-stiegler.de

Vielen Dank!

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht
Franz

Franz in Uganda 3: Advent im Hochsommer

Es ist Montag der 10. Dezember, ein Tag nach dem zweiten Advent, und ich sitze draußen auf unserer Veranda. Es ist ausnahmsweise mal kühl, ein Blitz erhellt die Dunkelheit und ein paar Sekunden später fängt es an, wie aus Eimern zu schütten. Ich flüchte mich nach drinnen. Kurz ist der Strom weg, nach 5 Minuten gehen die Lichter aber wieder an. Von fern tönt Musik von irgeindeiner Veranstaltung. Hier ist gerade die Festival-Hochsaison, überall stehen Bühnen, so gut wie jedes Wochenende ist irgendetwas los in Jinja. Morgen fängt hier dann die Landwirtschaftsmesse an, anscheinend eine ziemlich große Sache. Richtig ruhig ist es hier zur staaden Zeit irgendwie nicht. Aber trotzdem und auch trotz der sommerlichen Temperaturen kommt bei mir so langsam Weihnachtsstimmung auf, befördert auch durch die Plätzchen, die mir meine Familie geschickt hat. Gestern waren wir im Mabira Forrest, einem kleinen Regenwald ganz nahe an Jinja gelegen. Auch wenn der Wald mit seinen riesigen Brettwurzelbäumen, Lianen und seltsamen Pflanzen sehr aufregend  war, irgendwie war die Wanderung auch ein bisschen besinnlich und passte für mich gut zum Advent.

Es ist ziemlich viel passiert, seit ihr das letzte Mal von mir gehört habt. Das liegt einerseits daran, dass ich dem örtlichen Volleyballclub beigetreten bin und so fast jeden Tag direkt nach der Arbeit ins Training fahre und so weniger Zeit zum Schreiben habe. Zum anderen Teil liegt es daran, dass ich arbeitstechnisch einfach viel mehr eingespannt war als bisher. Neben dem Fahrrad-Ambulanzprojekt, das mich weiterhin beschäftigt hat, haben sich auch noch zwei weitere Projekte entwickelt. Einmal das von mir initierte Lastenrad-Projekt, für das ich ein Konzept verfasst habe und für das ich derzeit das Fundraising vorbereite. Und dann „SoccAfrica“, ein von einer deutschen Partnerorganisation gestartetes Projekt, bei dem deutsche Bundesligaprofis Fahrräder an junge Fußballerinnen und Fußballer in Uganda, Namibia und Burkina-Faso spenden sollen. Vonseiten FABIOs bin ich jetzt der Hauptverantortliche für das Projekt und helfe bei der Entwicklung des Konzepts und beim Fundraising. Über diese beiden Projekte werde ich aber in Kürze nochmal einen Blogartikel verfassen.

Und was ist sonst noch so passiert?

Am 9. Oktober war Independence Day. Dieses Jahr jährt sich die Unabhängigkeit von Großbritannien zum 56. Mal. Der Feiertag kommt irgendwie unerwartet und wir wissen nicht so recht, was wir damit anfangen sollen. Was macht man denn als Ugander da? Auf Facebook jedenfalls häufen sich patriotische Botschaften und Bildchen, die „Happy Independence Day!“ wünschen. Als wir so etwas ratlos am Frühstückstisch sitzen, ruft Joel, ein Kollege meines Mitbewohners Jakob an und fragt uns, ob wir Lust auf eine Bootstour auf dem Viktoriasee haben. Das haben wir natürlich und 20 Minuten Boda-Fahrt später stehen wir am Strand von Walukuba/Maseese, einem nördlichen und etwas ärmlichen Stadtteil Jinjas. Am alten Kai sind Sessel aufgebaut, auf denen man sich mit dem See im Hintergrund und Uganda-Flaggen links und rechts fotografieren lassen kann. Für die Bootstour ist es natürlich äußerst praktisch Joel dabeizuhaben, der den Preis auf einen Bruchteil dessen verhandeln kann, was wir als „Mzungus“ zahlen würden. Also geht es los, vorbei an den Unterwasser-Käfigen für Viktoriabarsche, der Gefängnishalbinsel, die der König von Busoga extra für diesen Grund hat aufschütten lassen, vorbei an den Fischermärkten bis hin zum alten Hafen aus der Kolonialzeit. Der Guide erklärt uns, die Schiffe dort kämen aus Tansania und Kenia und brächten Waren aus China und anderen Ländern. Inzwischen habe ich aber erfahren, dass heutzutage so gut wie alle Waren von den Häfen Mombasa und Daressalam über LKWs ins Land kommt und der Hafen schon lange nicht mehr genutzt wird.

Eine Woche später geht es mal wieder nach Kampala. Zusammen mit meinem deutschen Kollegen Georg aka „George“ wollen wir uns das Länderspiel Uganda vs. Lesotho ansehen. Es handelt sich um ein Qualifikationsspiel zur Afrikameisterschaft nächstes Jahr in Kamerun. Auf der Hinfahrt erläutert uns Georg die fußballerischen Verhältnisse in Afrika. Angeblich sind die „Uganda Cranes“ eine der besten Mannschaften Ostafrikas, letztes Jahr wäre um ein Haar die erste WM-Qualifikation geglückt, man scheiterte aber knapp an Ägypten.
Das „Nelson Mandela National Stadium“, oder einfach „Namboole Stadium“ steht etwas außerhalb im Westen der Stadt auf einem Hügel und ist von weitem sichtbar. Schnell kaufen wir uns noch Tickets aus irgendeinem mysteriösem Auto mit abmontiertem Nummernschild für schlappe 15.000 Schilling (ca. 3,50€) und reihen uns in den Zug hoch zum Stadion ein. Auf dem Weg dorthin muss ich gefühlt 100 Personen abwehren, die mir irgendwelche Fanartikel verkaufen wollen. Als mir ein Mann mit Pinsel und schwarzer, roter und gelber Farbe auf mich zukommt, überlege ich kurz, mir spaßeshalber statt der ugandischen die deutsche Fahne aufmalen zu lassen, lasse es dann aber bleiben. Als wir kurz vor Spielbeginn am Gate ankommen, ist der Andrang schon groß. Wir werden förmlich eingequetscht in den drängelnden Menschenmassen. Ich kann sogar meine beiden Füße hochheben und werde allein von dem Druck der Menschen um mich herum in der Luft gehalten! Als wir endlich durch die von Soldaten durchgeführten Ticketkontrollen sind, fühlen wir uns, als wären wir einmal durch den Fleischwolf gedreht worden. Später erfahren wir noch, wie es anderen Freiwilligen beim Einlass zu diesem Spiel ergangen ist. Bei den einen erklärten die Soldaten die Tickets aller Anwesenden für ungültig woraufhin die Menschen versuchten, über die Zäune zu klettern und das Militär Wasserwerfer einsetzte. In dem darauf folgenden Chaos gelang es ihnen, doch noch ins Stadion zu kommen. Die anderen Freiwilligen wählten dagegen den ganz eleganten, wenn auch etwas fragwürdigen Weg: 5000 Schilling an den Polizeibeamten und schon war man durch den Hintereingang im Stadion…
Als wir endlich drinnen sind, läuft das Spiel schon seit 5 Minuten und kaum haben wir uns hingesetzt, steht es auch schon 1:0 für die Cranes. In den folgenden 90 Minuten hat Lesotho den Ostafrikanern wenig entgegenzusetzen und nach einem munteren Spiel gewinnt Uganda verdient mit 3:0 gegen die Mannschaft aus der südafrikanischen Enklave.

Am darauffolgenden Montag hat der deutsche Botschafter in Uganda alle im Land tätigen deutschen Freiwilligen zu einem Empfang in seiner Residenz im Kampaler Nobelviertel Kololo geladen. Jeder von uns soll möglichst mit einem Vertreter seiner Organisation in Uganda kommen. Da die deutsche Botschaft auch Projekte meiner Organisation FABIO sponsert, lässt es sich meine Chefin Katesi nicht nehmen, persönlich aufzutauchen. Ich hatte eigentlich mit einem Haufen von vielleicht 50 Freiwilligen gerechnet. Als wir dann aber ankommen, befinden sich dort bestimmt schon 200 junge Deutsche. So viele Muzungus habe ich seit zwei Monaten nicht mehr gesehen! Zu Beginn der Veranstaltung begrüßt uns der Botschafter Dr. Conze, danach stehen wir eigentlich nur noch die ganze Zeit im gepflegten Residenzgarten, reden mit fremden Leuten deutsch, trinken fränkischen Wein aus Boxbeuteln und lassen uns Bratwursthäppchen reichen. Afrika ist in diesem Augenblick gefühlt sehr weit weg. Der Abend hat anscheinend nur die Vernetzung von Freiwilligen, Organisationen und der Botschaft zum Zweck. Das gelingt meiner Meinung nach eher mäßig. Irgendwie ein bisschen absurd dieser Abend, aber auch schön!

Im letzten Jahr hat FABIO ein Projekt namens „Cycle to School“ durchgeführt, bei dem Kinder einer Schule in Budondo mit Fahrrädern ausgestattet wurden. Nun ist es wieder an der Zeit, eine Umfrage bei Kindern, Eltern und Lehrern über die Nutzung und die Auswirkungen der Räder durchzuführen. Das gehört zum „Monitoring and Evaluation“, das FABIO nach Projekten standardmäßig durchführt.
Also fahre ich eines Tages zusammen mit Brian, Georg nach Budondo. Auch Georgs Bruder und dessen Freundin aus Deutschland sind dabei. Sie organisieren in Deutschland maßgeblich den FABIO Deutschland e.V., der Fundraising für uns betreibt.

Die Schule ist relativ groß, die Gebäude bilden einen weitläufigen Innenhof. Als wir ankommen, findet gerade die Essensausgabe statt und die Schüler und Schülerinnen sitzen im Gras und essen. Da die Lehrer die Fragebögen später im Unterricht ausfüllen lassen wollen, bleibt uns zwei Stunden eigentlich nichts zu tun. Wir beschließen, eine nahegelegene Weberei zu besuchen, von der Georg mal gehört hat. Dort angekommen bekommen wir eine kleine Führung. In der Weberei wird wirklich alles von Hand gemacht, benutzt werden alte Webstühle. Die erzeugte Ware ist wirklich sehr hochwertig und wird im kleinen Laden nebenan verkauft. Es ist sehr interessant, den Leuten zuzusehen und es erinnert mich gleich daran, wie wir in der Schule mal gewebt haben. Schade, dass es hier nur so wenig solcher Initiativen gibt.
Zurück an der Schule sind alle Bögen fertig ausgefüllt und es geht zurück nach Jinja. Nun müssen wir diese nur noch auswerten.

Auch die „Organization Assessment Meetings“ von FABIO finden noch ein paarmal statt. Wieder treffen wir uns mit unserer Beraterin und reden viel über die Organisation, seine Ziele, Werte, Mission und Vision. Das ist manchmal sehr interessant, zieht sich auf die Dauer aber auch ganz schön in die Länge. Immerhin steht nun, nach Abschluss des Prozesses, ein neuer Organization Development Plan sowie ein Strategieplan für die Zukunft.

Mitte November machen wir zusammen mit Tashina, Joana und Pia, drei anderen Freiwilligen in Jinja, einen mehrtätigen Ausflug zu den Murchison Falls, einem der größten Nationalparks Ugandas. Es ist für uns eigentlich das erste Mal, dass wir mal mehr sehen von dem Land, bis jetzt sind wir immer zwischen Jinja und Kampala gependelt. Der Park liegt im zentralen Westen Ugandas, direkt an der Grenze zum Kongo. Hier fließt der Viktoria-Nil in den Albertsee und verlässt diesen als Albert-Nil wieder. Ein Kollege von Jakob hat uns einen Guide organisiert, der uns direkt aus Jinja mit dem Auto abholt, was die ca. achtstündige Anreise wesentlich komfortabler macht.
Wir uns darauf eingestellt, großen und sehr großen Tieren zu begegnen. Was wir aber nach dem Einritt in den Park als erstes sehen ist: eine kleine Schildkröte, die vor uns gemächlich die Straße überquert. Doch schon kurz darauf ruft irgendjemand „Elefant“! Tatsächlich. Da steht er also, keine zwanzig Meter entfernt und glotzt uns fassungslos an und wir glotzen fassungslos zurück. Es ist wirklich erstaunlich, wieviel Tiere wir allein am ersten Tag sehen: Giraffen, Elefanten, Antilopen, Büffel, Wildschweine, Affen. Und in der Nacht in der Lodge im Park besucht uns Gloria, ein riesiges Nilpferd und ihre Tochter und grast friedlich auf dem Zeltplatz.
Der nächste Tag beinhaltet dann nochmal einen Gamedrive bis zum Albertsee und eine Bootstour zu den imposanten Wasserfällen, wo wir nochmal wahnsinnig vielen Nilpferde, ein paar Krokodilen, vor allem aber wahnsinnig vielen Touristen begegnen. Am schönsten in Erinnerung bleibt mir von dem Ausflug aber die abendliche Fahrt zurück in die Unterkunft. Abendrot, endlose Savanne, Akazien, Giraffenherden am Horizont… Es entspricht so sehr diesen ganzen Afrika-Klischees und den Bildern von diesem Kontinent in unserem Köpfen, dass es schon fast schon kitschig wirkt.

In der Woche danach verkündet mir meine Chefin eines Tages, dass uns MUBS, die „Makerere University Business School“ in Jinja zu einer Konferenz im Rahmen der „Global Entrepreneur Week“ geladen hat. Es sollen dort innovative Beispiele von Unternehmertum vorgestellt werden. Auf FABIO wurden die Organisatoren über die Facebook-Posts über unser Fahrrad-Ambulanz-Projekt aufmerksam. Auch wenn wir die nicht verkaufen, war man wohl von der Idee beeindruckt. Das ganze soll mit einer abendlichen Auftaktveranstaltung beginnen. Also holt mich Georg abends ab und wir kommen pünktlich um sieben Uhr am Veranstaltungsort an. Und sind dort so gut wie allein. Nach einer halben Stunde kommen die anderen FABIO-Leute, nach einer Stunde trudeln die anderen Gäste ein und erst um halb zehn treffen die Ehrengäste aus Kampala ein. Irgendwie weiß keiner so recht, was an dem Abend eigentlich passieren soll und im Endeffekt passiert dann eigentlich auch nichts, außer dass gegessen und getanzt wird. Interessant dabei: Während sich die Studenten im Hintergrund halten und bald wieder gehen, feiern und tanzen die Professoren und Professorinnen ausgiebig!
Die eigentliche Konferenz am nächsten Tag findet in einer „Berufsschule für den öffentlichen Sektor“ statt, in riesiges Gebäude mit großem Eingangsbereich und klimatisierten Räumen. Nur scheint hier eigentlich nicht wirklich etwas los zu sein, alles wirkt ziemlich ungenutzt. Bei der Veranstaltung reden dann vor allem Unternehmer vor ca. 50 Studenten über ihre Erfahrungen, auch wir dürfen das Fahrrad-Ambulanz-Projekt kurz vorstellen. Auch dabei ist ein Professor aus Kampala der das Franchising-Konzept in den Himmel lobt und alle Anwesenden auffordert, auch Franchising-Unternehmen zu gründen. Auch wenn des in den ganzen Vorträgen hauptsächlich um mehr Profit und Wachstum geht und wenig um Soziales, verstehe ich jetzt doch, warum man auch uns eingeladen hat. Denn im Grunde ist das ja genau das, was wir als FABIO in vielen Projekten machen: wir unterstützen Menschen durch Fahrräder, ihr eigenes Geld durch Verkauf und Transport von Waren zu verdienen. Also fördern wir Unternehmertum, auch wenn die Menschen nicht gleich zu Franchise-Unternehmern werden.

Auch beim vorletzten Gruppenspiel der ugandischen Fußball-Nationalmannschaft gegen Cap Verde sind wir in Kampala im Stadion. Diesmal kommen wir zum Glück weniger problemlos ins Stadion. Theoretisch würde den Cranes heute ein Unentschieden genügend um sich sicher für den Afrika-Cup in Kamerun zu qualifizieren. Das Spiel ist auf einem weit höheren Niveau als die Partie gegen Lesotho, die Westafrikanischer erweisen sich als deutlich schwererer Gegner. Am Ende gewinnt Uganda aber verdient mit 1:0 und ist somit Gruppenerster.

Am 17. November gibt die Hamburger Organisation „Viva con Agua“ ein Wohltätigkeitskonzert in Kampala, bei dem zahlreiche ugandische Rapper und Rapperinnen auftreten. Aus Deutschland ist niemand geringerer als Samy Deluxe angereist, ebenso wie der Newcomer Horst Wegener. Als wir in das Gebäude eintreten, sagt man uns, das Konzert finde im obersten Stockwerk statt. Und welche Überraschung: Es gibt einen funktionierenden Aufzug! Ein absolutes Novum für mich in Uganda. Als wir oben aus dem Aufzug treten, befinden wir uns auf einer weitläufigen Dachterasse, von der man einen großartigen Blick auf die leuchtende Hauptstadt hat. Da man nur eine Bühne hat und über 30 Künstler, ist das Program wahnsinnig eng getaktet, jeder Künstler erhält nur ca. 10 Minuten, zu unserem Bedauern auch Samy Deluxe. Trotzdem ein unvergesslicher Abend, auch weil wir viele neue Bekanntschaften machen konnten.

Samy Deluxe in Kampala

Über unsere Entsendeorganisation Artefact kennen wir Mitfreiwillige in Ruanda, die wir unbedingt mal besuchen wollen. Also nehmen wir uns ein paar Tage frei und stopfen uns Dienstag Nachmittags ins Matatu nach Kampala. Dort angekommen müssen wir erstmal ca. eine halbe Stunde durch die völlig überfüllte Downtown laufen, bis wir endlich den Busbahnhof von Modern Coast erreichen. Mit unseren großen Rucksäcken in der Dunkelheit ist das alles andere als entspannt, einmal versucht jemand, von hinten meinen Rucksack zu öffnen, was Jakob gerade noch verhindern kann. Wir sind froh, endlich im Bus zu sitzen, einem großen komfortablen Reisebus wie man ihn aus Deutschland kennt. Der Bus nimmt fahrt auf, da wir fast allein im Bus sitzen, können wir uns ausstrecken und schon bald fallen mir die Augen z… BUMM! BUMM! BUMM! Ich fliege gefühlt zwei Zentimeter nach oben. Oje. An Schlaf ist bei den brutalen ugandischen Geschwindigkeitsstoppern, die sich in jeder Ortschaft befinden, leider nicht zu denken. Das kann ja lustig werden. Zusätzlich wird es mit der Zeit immer eisiger im Bus. Ich fange schon an, auf die dumme Klimaanlage zu schimpfen. Um ca. drei Uhr morgens erreichen wir dann die ruandische Grenze. Als ich aus dem Bus steige, verkrampf sich alles in mir. Nicht die Klimaanlage war so kalt, sondern draußen ist es so zapfig! Wahrscheinlich hat es um die acht Grad, aber ich bin nichts mehr gewöhnt und stehe mit zwei Pullovern und Jacke bibbernd in der Eiseskälte. Da wir unsere ugandische Work-Permits erhalten haben, dürfen wir wie alle anderen Bürger Ugandas kostenlos nach Kenia und eben auch Ruanda reisen. Nachdem wir zwei Stunden gefroren haben, unsere Rucksäcke auf Plastiktüten durchsucht wurden (die sind in Ruanda genauso wie in Uganda verboten, nur dass das Gesetz in Ruanda auch durchgesetzt wird) und dem Grenzbeamten viele dumme Fragen beantworten haben, geht es endlich wieder weiter. Und welch Glück: In Ruanda gibt es auf den Schnellstraßen keine Speedbraker und ich kann endlich etwas schlafen.

Als ich um 7 Uhr aufwache, steuern wir gerade auf die Ruandische Hauptstadt Kigali zu. Wir sind umgeben von grünen Hügeln und Teefeldern, vor uns auf dem Hügel erhebt sich die Kulisse der Stadt. Drei Dinge, die ich aus Uganda nicht kenne, fallen mir sofort auf. Erstens haben wir hier wieder Rechtsverkehr. Zweitens schauen die Boda-Bodas hier anders aus. Und drittens ist es unfassbar sauber! Durch der Innenstadt Kigalis ziehen Putzkolonnen und heben jeden noch so kleinen Schmutz. Dagegen ist Kampala ein einziges Schmutzloch. Überhaupt ist das kleine Nachbarland wirklich viel organisierter als Uganda. Es gibt z.B. Linienbusse mit festen Abfahrtszeiten, bezahlen kann man dafür bargeldlos mit einer speziellen Karte, die man beim Ein- und Aussteigen des Busses an einen Sensor hält. Sind wir hier noch in Afrika? Auf jedem Fall nicht in dem, das man sich in Europa vorstellt. Dabei macht Ruanda lediglich vor, wie es laufen kann, wenn es eine kompetente Regierung gibt. Vielleicht liegt das ja auch an den zahlreichen Frauen in der Regierung. In Sachen Geschlechtergleichheit ist Ruanda auch den meisten europäische Staaten weit voraus, das Parlament hat mit über 50 % den höchsten Frauenanteil der Welt.

Nachdem wir eine zeitlang ein Café suchend durch das Bankenviertel gelaufen sind (im Gegensatz zu Uganda gibt es in Ruanda kein Streetfood, Essen ist aus Respekt vor den Armen auf der Straße verboten), finden wir endlich ein kleines Restaurant, in dem wir auf Freddy treffen. Er ist auch deutscher Freiwilliger und zeigt uns den Weg zum Bus, den wir für die Weiterreise nehmen müssen. Und siehe da: Trotz der festen Abfahrtszeiten gilt auch in Ruanda „african time“, sodass wir erst eine Stunde später losfahren. Nach 5 Stunden Geschaukel durch die ruandische Pampa und ohrenbetäubender Gospelmusik aus dem Lautsprecher kommen wir dann endlich in Ngarama an, dem Dorf, in dem unsere Freunde Linus und Letizia wohnen. Dort verbringen wir insgesamt zwei Nächte. Die beiden zeigen uns ihre Arbeitsprojekte, ein Einrichtung für Menschen mit Behinderung und eine Schule. Hier auf dem Land ist von dem Glanz Kigalis nicht mehr wirklich viel übrig. Lediglich die hügelige Landschaft und die schlechten Englischkenntnisse der Einwohner erinnern uns daran, dass wir uns nicht in Uganda befinden. Meine Französischkenntnisse helfen mir durchaus weiter, da ich ja nicht mal mit meinen kleinen Luganda-Wortschatz weiterkomme. Die ehemalige deutsche und dann belgische Kolonie hat vor ein paar Jahren die Amtssprache von Französisch in Englisch umgestellt, trotzdem scheint das hier noch nicht durchgedrungen zu sein. Auf dem ruandischen Land wird meist Kinyarwanda und Französisch gesprochen.

Jakob, Letizia ich und Linus am Markt in Ngarama

Zwei Tage später fahren wir zusammen mit Letizia und Linus wieder zurück nach Kigali und schauen uns zusammen die Stadt an und erkunden vor allem auch das Nachtleben. Zusammen mit Jakob besuche ich auch das Genozide Memorial Centre. Es ist tief schockierend und bewegend, was in diesem Land vor gerade einmal 24 Jahren passiert ist. Die erste Ausstellung berichtet eindringlich über den Völkermord in Ruanda, der Schätzungen zufolge 800.000 bis einer Million Menschen das Leben gekostet hat. Im zweiten Teil geht es unter Anderem um Völkermorde in Kambodscha, Namibia, Bosnien Herzegowina und natürlich auch um den Holocaust. Und im dritten Teil werden Kinder vorgestellt, die 1994 in Ruanda ihr Leben verloren haben. Draußen befindet sich dann das eigentliche Denkmal, eine Anlage mit Gräbern, Rosengarten und Wasserbecken.

Zurück in Uganda gibt es gleich wieder einiges zu tun. Die Vorbereitungen für die Übergabe der Fahrradambulanzen befindet sich auf den letzten Metern. Am Samstag mieten wir einen kleinen LKW, packen alle Ambulanzen sowie Fahrräder, Werkzeug und vieles weitere darauf und fahren nach Budondo im Norden Jinjas. Dort schrauben wir alle Ambulanzen zusammen und lagern sie für den nächsten Tag im Verwaltungsgebäude von Budondo Sub-County. Am nächsten Tag radeln wir die Ambulanzen dann zum Health Center, wo die Übergabe stattfinden wird. Helfer stellen Zelte, Stühle und eine Soundanlage auf, während wir alles weitere vorbereiten. Es treffen um die 50 Leute ein, hauptsächlich Mitglieder der ehrenamtlich arbeitenden Village Health Teams, die die Fahrrad-Ambulanzen betreuen sollen. Der deutsche Botschafter in Kampala, der sich eigentlich angekündigt hatte, muss leider kurzfristig absagen. Meine Kollegen meinen daraufhin, dass einfach ich den deutschen Botschafter machen soll, woraufhin ich höflich ablehne.

Los geht das ganze obligatorisch mit den Nationalhymnen Ugandas und des Königreichs Busoga sowie einem Gebet. Es folgen zahlreiche Reden von meiner Chefin und lokalen Politikern. Im Anschluss erklärt dann Brian genau, wie die Ambulanzen funktionieren, was im Erste-Hilfe-Set enthalten ist und dass wir zusätzlich zu den Ambulanzen noch Regenmäntel, Gummistiefel, Warnwesten und Werkzeug verteilen. Es ist wirklich interessant, denn die Reden gleichen eher einem Frage-Antwort-Spiel, bei dem die Zuhörer immer einzelne Wörter ergänzen müssen. Es ist mir schon früher aufgefallen, dass die Ugander gerne einzelne Wörter mit „was?“ ersetzen, woraufhin der Gesprächspartner den Satz ergänzen muss. Ich bin meistens aufgeschmissen und habe keine Ahnung, was mein Gegenüber hören will, aber die versammelte Gemeinde in Budondo erweist sich als außerordentlich textsicher und ruft die Wörter wie aus einem Mund zum Redner. „Bulensi zaffe ziyamba kuleta bantu ku ki?“ „Mu Eddwaliro!“ antortet die Menge. Unsere Ambulanzen helfen, die Menschen wohin zu bringen? Ins Krankenhaus.
Am Ende der Veranstaltung dürfen die Fahrradambulanzen dann ausprobiert werden, was zu allgemeiner Erheiterung führt. Meine Aufgabe während der ganzen Übergabe ist, alles fotographisch zu dokumentieren. Bis jetzt ein rundum gelungenes Projekt, mal sehen, wie es in der Praxis funktionieren wird.

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal!
Euer Franz

Was gibt es für mich zu tun?

Hallo beisammen,

etwas lang her seit meinem letzten Eintrag. Wie lang? Keine Ahnung. Zu lang anscheinend, denn ich werde ständig aufgefordert mal wieder was zu schreiben. Ich bin es euch schließlich auch schuldig. Hier also etwas Neues zu RICE.

Nachdem wir die Orientierungsphase mehr recht als schlecht hinter uns gebracht hatten ging es los. Langweiliges digitalisieren von Tabellen. Klar, man erhofft sich größere Aufgaben wenn man hierher kommt. Aber alles fängt klein an. Denke ich mir und arbeite mich durch den gefühlt nicht kleiner werdenden Stapel durch. So vergingen die Tage und Wochen. Bis heute.

So. Das wars. Ich hoffe es hat euch gefallen und hat euch einen Einblick in meinen Alltag gegeben.


Nein. Das kann ich nicht stehen lassen, schließlich ist noch mehr passiert, wie manche von euch wissen. Wie erkennbar an der Art der Aufgaben, bin ich in keinem Projekt wirklich eingebunden. Und das wird auch schwer zu ändern sein, sind die Projekte doch schon im vorhinein durchgeplant, was auch die Mitarbeiter die mitwirken einschließt aber wir schauen wie wir das hinkriegen. Das ich nicht Teil eines Projektes bin, hindert mich allerdings nicht mit aufs Feld zu fahren. Da wir aber zu zweit sind und meistens nur einer mitfahren kann schon. Da lass ich meiner Kollegin Vortritt, hat sie hier doch nur 3 Monate.

Von den Trips wo ich mit war, war zwar nur einer zu einem Projekt, aber ich werde hier mal kurz von allen erzählen.


Zum Ersten:

Der erste Trip begann damit das uns (meine Mitfreiwillige und mich) Pax Sakari, der ED (Exekutive Director), am Eingang zum Office abpasste und uns bat, ins Auto einzusteigen.  Zusammen ging es erst zu einem Hotel, wo Christoph Waffenschmidt, ein Deutscher und Vertreter von World Vision, zustieg. Mit einem weiterem Zwischenstopp in der Stadt, bei welchem Comfort (Nachnahme gerade nicht im Kopf), Managerin der Programme von RICE-WN, mit einer Packung Toast einstieg, ging es zum Heimatdorf Aripea von Joseph Abitya, einem ehemaligen Pfarrer aus Köln, der jetzt Programme zur Unterstützung von Dörfern in Uganda organisiert. Früchte seiner Arbeit sind in seinem Heimatdorf zu sehen, und nach einem Frühstück zeigt er sie uns natürlich alle und erzählt was es mit ihnen auf sich hat.

Danach ging es noch in das Heimatdorf von Pax. Hier wird gerade ein Brunnensystem für das Dorf wie auch die Umliegenden gebaut. Die Pumpe an sich ist schon installiert, allerdings muss noch das Rohrsystem um die Dörfer zu versorgen gebaut werden. Bilder hiervon finde ich gerade nicht, obwohl ich ganz sicher welche machte.

Dann hieß es Tschüss sagen, denn Christoph startet seine Heimreise nach Deutschland. Ein paar Tage später bekamen wir dann ein Foto, von einem Ausschnitt der Zeitung, in welcher ein gemeinsames Foto von ihm und Joseph vor dem Brunnen zu finden war, mit einem kurzen Text über die beiden und ihre Projekte.


Der nächste:

Dieser zweite Trip fand zwar großteilig im Sitzen statt war aber dennnoch  nicht weniger interessant. Wir fuhren raus in ein Dorf, in welchem, in einem größerem Gebäudekomplex, ein Solarsystem installiert worden war und nun eingeweiht werden sollte. Die ganze Veranstaltung wurde allerdings nicht von uns organisiert, sondern von WWF , einer Partnerorganisation von uns, unterstützt durch die EU und den Staat. Dementsprechend waren diese Parteien, alle eingeladen dem beizuwohnen. Die meisten hatten auch einen Beitrag für die Veranstaltung vorbereitet. Dazu kamen die District Leader der Region, Beiträge umliegender Schulen und ein Vortrag von einer Person welche ihre positiven Erfahrungen von der Umstellung von Petroleumlampen auf ein Solarsystem erzählte und somit letztendlich andere ermutigen sollte es ihr gleich zu tun. Das Ganze dauerte mehrere Stunden. Die Beiträge der Schulen waren zwischen die Vorträge geschoben und waren eher unterhaltender Natur, aber hatten auch einen passenden Inhalt.


Ach so. Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war Dokumente zu digitalisieren, haben Fred und ich uns an der Website zu schaffen gemacht.  Auch da geht es langsam aber stetig voran.

So. Wahrscheinlich habe ich noch was vergessen aber das wars mit Geschichten über die Arbeit. Oder habt ihr noch Fragen?

Stellt sie mir ruhig.

Melde mich bald wieder im „Privaten“ Bereich.

 

Tilman

Franz in Uganda 2: Ein bisschen Alltag

Es ist Samstag. Ich sitze auf unserer kleinen Terrasse und genieße die Ruhe und den leichten Wind, der vorbeizieht. Nun bin ich also schon über zwei Monate hier und inzwischen fühle ich mich schon sehr zuhause. War anfangs alles immer fremd und aufregend, wirkt nun alles viel vertrauter und alltäglicher. Eine gewisse Routine pendelt sich ein, sowohl in der Arbeit als auch zuhause. Arbeiten, Kochen, Einkaufen, Putzen, Wäsche waschen, Freizeit – langsam komme ich in den Rhythmus. Daneben haben wir nun schon seit einem Monat Unterricht in der Sprache Luganda. Die Sprache an sich ist nicht besonders kompliziert, trotzdem ist sie einfach komplett anders als alle anderen Sprachen, die ich bisher kannte, sowohl im Satzbau als auch bei den Vokabeln. Erst jetzt fällt mir auf, wieviele Parallelen es z.B. zwischen Englisch und Französisch gibt, zwei Sprachen, die ich bisher doch als ziemlich unterschiedlich betrachtet habe. Wir machen aber auf jeden Fall Fortschritte und für einfache Kommunikation wie z.B. Grüßen oder das Verhandeln über Preise reicht es schon. Das ist sehr praktisch, denn sobald man ein paar Luganda-Wörter in das Englische einbaut, merken die Menschen, dass man nicht komplett neu hier ist und beim Preis nicht so leicht übers Ohr gehauen werden kann.

Außerdem haben ich und Jakob immer noch große Pläne für unser neues Zuhause. So suchen wir z.B. momentan nach günstigen Paletten, um uns auf unserer Veranda eine Couch zu bauen. Außerdem soll die die Veranda mit Passionsfrucht-Pflanzen begrünt werden, die wir gerade in Töpfen heranziehen. Neben unserer Wohnung hinter dem Wasserturm befindet sich eine kleine Fläche, die wir beackern wollen, um unsere Tomatenpflänzchen einzusetzen. Letztens haben wir uns aus alten Brettern einen Topf gebaut, in dem ein Orangenbaum und Kräuter sollen. Die Samen haben wir von Samuel, einem ehemaligen Freiwilligen, der uns letztens besucht hat, mitbringen lassen. Und dann ist da natürlich noch das Lehmofenprojekt, das wir mangels eines Ofens demnächst angehen wollen…

Wir befinden uns inzwischen mitten in der Regenzeit, die noch bis November anhalten wird. Es regnet nun häufiger als nach meiner Ankunt in Uganda, vor allem Nachts gibt es öfter Schauer und es kühlt auf ca. 18 Grad ab. Insgesamt ist das Klima hier aber doch relativ ausgeglichen, d.h. es kann auch jetzt in der Regenzeit ziemlich warm und sonnig werden oder in der Trockenzeit wöchentlich regnen. Das liegt nicht zuletzt auch am Viktoriasee, der ausgleichend auf das Klima wirkt und regelmäßig feuchte Luftmassen produziert. Somit hat es ganzjährig warme Temperaturen und trotzdem ist alles um mich herum wunderbar grün.

Hier mal ein paar Eindrücke aus Jinja. Durch Klicken werden die Bilder größer.

Erfreulicherweise ist inzwischen endlich auch Schwung in meine Visum-Angelegenheit gekommen. Wir sind ja mit einem für 90 Tage gültigem Touristenvisum eingereist, das am 10. November auslaufen wird. Da unser Freiwilligenvisum immer noch nicht gestatten wurde, sind wir in letzter Zeit ein wenig unruhig geworden angesichts der ungewissen Lage und der drohenden Ausreise. Nun habe ich aber endlich meinen „Approval Letter“ bekommen, mit dem ich nochmal zu drei Ämtern und zur Einwanderungsbehörde nach Kampala muss, bevor ich endlich mein Visum bekomme. Leider hat Jakob bis jetzt immer noch keine Nachricht von der Behörde bekommen.

Auch in der Arbeit bei FABIO pendelt sich allmählich eine gewisse Routine ein, auch wenn die Aufgaben täglich variieren. Am meisten Zeit nimmt nach wie vor das Fahrradambulanz-Projekt ein. Inzwischen sind alle 5 Ambulanzen so gut wie fertig. Nun müssen noch die vier Fahrräder, mit denen die Ambulanzen gezogen werden sollen, final hergerichtet werden und eine gute Kupplung für den E-Scooter gebaut werden, der eine Ambulanz in einem hügeligeren Gebiet ziehen soll. Für das Handover der Fahrradambulanzen an die VHTs, die Village Health Teams, haben wir eider immer noch keinen endgültigen Termin finden können. Da die deutsche Botschaft in Kampala das Projekt gesponsert hat, soll sich der deutsche Botschafter anwesend sein. Dieser hat aber leider nicht so oft Zeit. Inzwischen habe ich aber schon Einladungen an die Menschen in den Dörfern, die VHTs, Lokalpolitiker und den deutschen Botschafter Dr. Conze verfasst. Für den Übergabetermin gibt es noch viel zu organisieren, deshalb wird mich die Sache wahrscheinlich noch ein bisschen beschäftigen. Wie es danach weitergeht ist noch nicht ganz klar, möglicherweise mit einem eigenen Projekt. In meinem Kopf nimmt derzeit immer mehr die Idee vom Bau von Lastenrädern Gestalt an, die hier in Jinja gut zu gebrauchen wären. Davon werde ich euch aber noch berichten sobald die Pläne konkreter werden.
Insgesamt macht mir die Arbeit immer noch viel Spaß, vor allem die Vielfalt an Aufgaben, die zu erledigen sind. Manchmal würde ich mir aber ein bisschen mehr Kontinuität wünschen, beispielsweise dass es zu bestimmten Uhrzeiten bestimmte Aufgaben gibt, ohne dass man lange überlegen muss. So habe ich relativ viel Freiheit was die eigene Zeiteinteilung angeht. Das ist auf jeden Fall befreiend, manchmal aber auch eine kleine Herausforderung.

Hier ein paar Bilder vom Bau der Amulanzen:

Des Weiteren beginnt FABIO gerade, eine neue Langzeitpartnerschaft mit einer britischen Organisation namens „All We Can“ aufzubauen. Diese wollen uns langfristig mit verschiedenen Ressourcen wie Know-How und Geld unterstützen. Vor allem letzteres wird von FABIO sehr gebraucht, da man eigentlich chronisch unter Geldmangel leidet. Für neue Projekte wie z.B. das Ambulanzprojekt werden normalerweise mittels Proposals Sponsoren gesucht. Da diese aber nur in ganz seltenen Fällen auch für die benötigten Personalkosten aufkommen, muss von den Spendengelder immer ein kleiner Teil abgezwackt werden, der dann hoffentlich einige Zeit für Personal, Strom, Miete, etc. reicht. „All We Can“ hat zum Auftakt der Zusammenarbeit eine Beraterin finanziert, mit der wir einen „Organisation Development Process“ durchlaufen sollen. Dafür treffen wir uns für zwei Tage im Konferenzraum einer benachbarten NGO und reden über allgemeine Fragen wie gute Kommunikation oder was eine Organisation ausmacht. Durch verschiedene Gespräche mit den Mitarbeitern versucht die Beraterin, mehr über FABIO zu erfahren und mögliche Probleme auszumachen. Außerdem werden mehrere Umfragen erstellt, die sich an die Menschen richtet, mit denen FABIO zusammenarbeitet, also z.B. die Menschen in den Dörfern um Jinja. Dieser ganze Prozess wird sich wohl noch eine Weile hinziehen. Am Ende soll ein sogenannter „Organisation Development Plan“ herauskommen. Ich bin mal gespannt, ob das klappt und inwiefern dieser unsere zukünftige Arbeit beeinflussen wird.

Was ist sonst so noch so passiert in letzter Zeit? Zum einen mal der 19. Geburtstag von Jakob, meinem Mitbewohner, den wir gebührend im „Bourbon“ und später im „Office“ gefeiert haben.

Das darauffolgende Wochenende machen wir eine Fahrradtour. Ich habe mir von FABIO ein etwas zu kleines Mountainbike ausgeliehen, Jakob fährt mit einem Damen-Stadtrad. So optimal ausgerüstet wagen wir uns mitten in die ugandische Pampa. Der Plan ist, erstmal den Nil zu überqueren und auf der anderen Seite am Ufer des Viktoriasees entlang zu fahren. Erstmal läuft alles wie geplant: Über den an die alte Eisenbahnbrücke aus der Kolonialzeit angehängten Fußgängerweg geht es in den Vorort Bukaya und weiter entlang der Eisenbahnstrecke. Irgendwann fällt uns aber auf, dass wir uns immer weiter vom See entfernen. Da, wo eigentlich der See sein sollte, sind jetzt Berge. Uns kommt der Gedanke, dass man von dort oben bestimmt einen guten Blick auf den See haben müsste. Also ändern wir unseren Plan und steuern geradewegs auf den höchsten Gipfel zu. Die Gegend wird immer ländlicher, man sieht immer mehr runde Lehmhäuser. Je mehr wir uns von Jinja entfernen, desto exotischer kommen wir uns als Weiße vor. Während wir in der Stadt meist gleichgültig betrachtet werden und nur zur einfacheren Kommunikation „Mzungu“, also Weiße, genannt werden, winken uns hier von überall her Kinder zu, laufen uns hinterher oder stimmen „Mzungu-Mzungu-Mzungu“-Sprechchöre an. Das wird mit der Zeit ganz schön anstrengend, die Erwachsenen uns belustigte und mitleidige Blicke zu. Auch die Wege werden mit der Zeit immer abenteuerlicher, steiler und von Sturzbächen ausgewaschen. Irgendwann finden wir den richtigen Weg, der uns zu einem Gipfel führt. Wir lassen die Fahrräder stehen und gehen die letzten steilen Meter zu Fuß. Die Aussicht ist atemberaubend. Wir sind zwar gar nicht mal so hoch, aber man hat einen wunderschönen Blick über den See, die Inseln, Jinja und die Nilquelle. Die Anstrengung hat sich allemal gelohnt. Das Angenehme ist, dass der Platz touristisch noch kein bisschen erschlossen ist. Sonst wird hier ja für gefühlt jeden Ort, an dem es landschaftlich etwas Besonderes zu sehen gibt, ein Eintritt verlangt und eine Guide zur Verfügung gestellt, ob man will oder nicht. Hier aber können wir in aller Ruhe solange verweilen, wie wir wollen und den Blick genießen.

Und dann war ich eine Woche später auch nochmal in Kampala. Meine Chefin Katesi hatte mir ein paar Wochen vorher berichtet, dass am 27. und 28. September in der ugandischen Hauptstadt eine art Verkehrskonferenz des Ministry of Works and Transport stattfindet. Da sie in meiner Bewerbung gelesen hatte, dass ich mich für verkehrsplanerische Themen interessiere, hat sie mir kurzerhand eine Einladung organisiert. Also breche ich am Mittwoch in Richtung Kampala auf. Mein Plan ist einfach, noch vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen, weshalb man mir rät, schon um drei Uhr nachmittags loszufahren aufgrund des hohen Verkehrsaufkommen. Im Endeffekt dauert die Fahrt dann aber doch nur gute eineinhalb Stunden. Als ich in Kampala ankomme, bin ich erstmal überrascht. Als ich hier vor knapp eineinhalb Monaten war, kam mir die Stadt mit ihrem Verkehrschaos und der Geschäftigkeit so wahnsinnig exotisch und anders vor, als jede Großstadt die ich bisher kannte. Jetzt erscheint mir Kampala im Vergleich zu Jinja auf einmal ziemlich europäisch! Mit dem Boda fahre ich auf breiten Straßen an großen Gebäuden und Ampeln (!) vorbei, von überall her grüßen riesige Plakate, die für den neuen Mercedes, KFC, HIV-Tests und sogar das Oktoberfest werben, das an diesem Wochenende in Kampala stattfindet.

Übernachten kann ich in einer von meiner Entsendeorganisation Artefact gemieteten Wohnung im Stadtteil Ntinda. Da die Stellen von Artefact in Kampala momentan noch vakant sind, wird die Wohnung an Mary, eine Freiwillige, die bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Uganda arbeitet, untervermietet. Sie erzählt mir, dass heute Abend Deena in einem Lokal in der Stadt auftritt und fragt kurzerhand, ob ich ich mitkommen will. Deena, das muss man wissen, ist eine junge Deutsche, die vor mehreren Jahren wie ich einen Freiwilligendienst in Uganda absolvierte, dabei als Singtalent in einer Kampaler Kneipe „entdeckt“ wurde und sich mittlerweile zum lokalen Popstar entwickelt hat. Ich habe von ihr bereits mal zuhause im SZ-Magazin gelesen. Also fahren wir kurzerhand zur besagten Bar und finden schon eine Gruppe von anderen Freiwilligen aus Deutschland und Schweden vor, die sich schon mit der Sängerin unterhalten. Das Konzert selbst ist gut, auch wenn mir ihr Musikstil nicht besonders zusagt. Vor allem die Band hat es in sich.

Am nächsten morgen muss ich früh raus. Die Konferenz findet im südlichen Stadtteil Munyonyo am Viktoriasees statt, ich muss also erstmal quer durch die gesamte Stadt. Erst auf der einstündigen Bootfahrt fällt mir auf, dass ich im Grunde nicht die leiseste Ahnung habe, was mich eigentlich erwartet. Mir wurde gesagt, dass ich mich förmlich kleiden solle, weshalb ich meine Turnschuhe geputzt habe und mein Hemd aus dem Schrank geholt habe. Mit dem, was mich in Munyonyo erwartet, habe ich aber sicher nicht gerechnet. Erstmal die Location: Das Speke Resort ist wohl die teuerste Unterkunft in ganz Uganda. Direkt am See, gigantischer Pool, weitläufige Anlagen, das wohl größte und bestausgestattete Fitnessstudio, das ich je gesehen habe und ein riesiger Konferenzraum, den ich erstmal gar nicht finde. Als ich dann kurz vor knapp eintreffe, erhalte ich ein Namensschild und bekomme einen Platz inmitten rund 500 Anzugträger zugewiesen. Zum Beginn der Veranstaltung begrüßt uns der Minister für Verkehr und Arbeit, die Konferenz selbst wird dann von niemand geringerem als dem ugandischem Premierminister Rahukana Rugunda feierlich eröffnet. Selten habe ich eine Person mit so viel Autorität gesehen. Nicht nur ich, sondern alle 500 Konferenzteilnehmer erstarren in Ehrfurcht. Nachdem man gebetet hat und die ugandische Nationalhymne aus den Lautsprechern gedröhnt ist, kann es losgehen. Erstmal wird über den im letzten Jahr veranstalteten Transportentwicklungsplan berichtet und welche Ziele erreicht bzw. nicht erreicht wurden. Es folgt ein Statement der Entwicklungspartner, der Weltbank und er Europäischen Union. Im folgenden wird viel geredet, vor allem über große Prestigeprojekte, wie dem Ausbau des internationalen Flughafens in Entebbe, der Wiederbelebung der nationalen Fluggesellschaft Uganda Airlines, die vor ein paar Jahren pleite gegangen ist, oder Ugandas Eisenbahnpläne. Geplant und mit den Nachbarländern vereinbart ist der Bau einer internationalen Verbindung von der kenianischen Hafenstadt Mombasa, über Nairobi, quer durch Uganda und Kampala bis zur ruandischen Hauptstadt Kigali sowie einer abzweigenden Verbindung in den Südsudan. Während Kenia mit dem Bau voranschreitet und zwischen Mombasa und Nairobi schon Personenzüge verkehren, hinkt Uganda weit hinterher. Der ugandische Bahnbeauftragte sieht das natürlich anders. Interessant ist ja, dass in der Kolonialzeit bereits eine Bahnverbindung von Kampala zum indischen Ozean bestand, die aber komplett heruntergekommen und schon seit längerem nicht in Betrieb ist. Nun sollen aber parallel zum Neubau der Strecken auch Kolonialstrecken wiederbelebt und alte Wagons restauriert werden.
Auch um den Verkehrschaos in Kampala wird beraten. Anscheinend wurden in den letzten Jahren schon mehrere Versuche für die Einrichtung eines öffentlichen Nahverkehrs durch Busse gestartet, nach kurzer Zeit stellten die Betreiber aufgrund des Konkurrenzkampfes mit den Taxis bzw. Matatus und den Bodas den Betrieb wieder ein. Abhilfe schaffen soll u. a. eine Stadtbahn. Auch um Verkehrssicherheit geht es, vorrangig um den Fährenverkehr auf dem Viktoriasee, wo erst wenige Wochen zuvor in tansanischem Gewässer bei einem tragischem Unfall über 200 Menschen ums Leben kamen. Und natürlich war auch die neue Jinja Bridge ein Thema, eine gigantische Schägseilbrücke, die den Nil in meiner neuen Heimatstadt überqueren soll und damit den maroden Damm ablösen soll. Das Bauwerk wurde fast vollständig von Japan finanziert und soll nächste Woche eingeweiht werden.
Was leider fast gar nicht zur Sprache kommt, ist der nichtmotorisierte Transport, also Fußgänger und Fahrradfahrer. Es scheint als macht Uganda genau die gleichen Fehler, die man bei uns auch gemacht hat: Immer mehr Autoverkehr in den Städten begegnet man mit immer mehr und immer größeren Straßen. Dass neue Straßen mehr Verkehr erzeugen und der Schüssel vielleicht eher in der Förderung der schwachen Verkehrsteilnehmer liegt, hat man hier gefühlt genauso wenig begriffen wie in bei uns in Deutschland. Außer mir, meiner Chefin und einem jungen Professor an der Makarere-Universität in Kampala scheint das auf der Konferenz aber keiner so zu sehen.
Die ganze Veranstaltung endet mit einer Cocktailparty und traditioneller Life-Musik am Ufer des Viktoriasees. Rund 30 Tänzer führen in perfekten Choreographien traditionelle Tänze vor, sogar ein Feuerspucker gibt sein Können zum Besten. Dazu trommelt und fidelt die die circa zehnköpfige Musikgruppe was das Zeug hält. Nachdem jeder der ach so armen Konferenzteilnehmer noch 200.000 Shilling für die Reisekosten erstattet bekommt, geht es nach hause. Unfassbar, wieviel Geld die Regierung für so eine reine Informationsveranstaltung aus dem Fenster wirft.

Dass es beim Thema Verkehr vor allem in Kampala aber wirklich einiges zu tun gäbe, zeigt sich wieder abends bei der Heimfahrt zur Wohnung. Es ist das erste Mal, dass ich nachts Matatu fahre und das Chaos scheint nochmal um einiges größer als tagsüber. Erstmal wäre es für mich allein komplett unmöglich, den Kleinbus zu finden, der in meine Richtung fährt. Anscheinend ist der Matatuverkehr etwas koordiniert, es gibt Stages, an denen sie abfahren und feste Routen, die verfolgt werden. Trotzdem wirkt die Flut der klapprigen Taxis alles andere als organisiert, sie halten gefühlt irgendwo und fahren dorthin, wo es ihnen gerade passt. Als mich meine Chefin dann ins richtige Matatu gesteckt hat, geht das Abenteuer erst richtig los. Es ist im Grunde wie Autoscooter fahren. Sind vor uns 5 Meter frei, gibt der Fahrer Vollgas und bremst 1 cm hinter dem vorderen Fahrzeug ab, bildet sich eine Schlange, schert der Fahrer aus und brettert alle Fußgänger aus dem Weg scheuchend über den schmalen Streifen neben der Fahrbahn, wenige Zentimeter vom Straßengraben entfernt. Wenn es dann dort nicht mehr weitergeht, drängelt er sich wieder in die Schlange. Und mitten in diesem Chaos schlängeln sich auch noch die Bodafahrer und Fußgänger durch die teilweise nur einen halben Meter breiten Fahrzeuglücken. Es ist fast ein Wunder, dass ich persönlich noch keinen Unfall erlebt habe. Deutlich wird aber, dass die ugandische Hauptstadt viel mehr unternehmen muss, um nicht im Verkehr zu ersticken. Zwar spielt die Metropole mit ihren ca. 1,5 Millionen Einwohnern eher im Mittelfeld der afrikanischen Metropolen, zum Großraum gehören aber schon rund 2,8 Millionen. Außerdem gehört Kampala zu den am schnellsten wachsenden Städten der Welt, für das Jahr 2050 rechnet man mit 9,4 Millionen, 2100 schon mit über 40 Millionen Einwohnern.

Am Samstag den 6. Oktober heiratet die Schwester meines Arbeitskollegen Joshua. Er hat deshalb auch die FABIO-Belegschaft eingeladen. Da sich die Begeisterung bei meinen Kollegen aber in Grenzen hält, werde ich und Jeremiah, der lokale Freiwillige bei FABIO, hingeschickt. Erstmal gilt es aber, sich dem Anlass entsprechend einzukleiden. Das heißt, ich benötige schwarze Schuhe, ein Jacket und einen Kansu, das traditionelle Festtagsgewand der Männer in Busoga. Den Kansu kann ich mir von Joshua ausleihen, Schuhe und Jacket bekomme ich auf dem Markt. Fertig kostümiert kommen wir also am Samstag eine halbe Stunde zu spät im Dorf Kyerinda an, wo die Hochzeit stattfinden soll. Als uns Joshua entgegenkommt, bin ich erstmal schockiert: Ausgerechnet er, der sonst im Office immer am meisten auf förmliche Kleidung steht und mir erklärt hat, wie ich für die Hochzeit zu kleiden habe, tritt uns jetzt in T-Shirt, Freizeithose und Flipflops entgegen! Irgendwie kann ich auch sonst niemanden im Kansu finden. Auf einmal komme ich mir ziemlich albern vor in dem langen weißen Gewand. Wie sich dann aber herausstellt, beginnt die Feier um 12 Uhr afrikanischer Zeit, also im Endeffekt nicht vor 14 Uhr. Nach und nach treffen immer mehr Kansuträger ein und auch Joshua zieht sich sein Festtagsgewand an. Die Frauen tragen bunte Kleider mit spitz nach oben stehende Ecken an den Schultern. Auf dem Gelände stehen mehrere Zelte, unter denen Tische und Stühle aufgestellt wurden. Auf der anderen Seite sind hunderte Stühle wie Zuschauerränge aufgestellt. In der Mitte befindet sich eine kleine mit Blumen geschmückte Bühne. Überhaupt ist alles wahnsinnig aufwendig geschmückt, sogar ein eigens für die Veranstaltung etikettierter Rotwein (und der ist hier echt teuer) steht auf den Tischen. Erst jetzt wird mir gesagt, dass das ganze eigentlich gar keine Hochzeit ist, sondern die „Introduction“. Traditionell wird der Bräutigam vor der Hochzeit erst im Heimatdorf der Frau vorgestellt. Die eigentliche Hochzeit findet dann im Dorf des Bräutigams statt.
Natürlich ist die Feier aber viel mehr als eine bloße Vorstellung. Zu Beginn wird natürlich erstmal gebetet, dann dröhnt aus den viel zu basslästigen Boxen erst die Nationalhymne Ugandas und dann die Hymnen der Gruppen Basoga und Langi, denen die beiden Partner angehören. Zwei Moderatoren sorgen für ständige Unterhaltung, es wird viel getanzt, gelacht und geklatscht. Im Gegenzug dazu, dass er die Frau bekommt, muss der Bräutigam Geschenke an die Familie der Braut überreichen: Dutzende Ananas, Bananen und Matoke, fünf lebendige Hühner, ein Flachbildschirm, ein Wandschrank, ein Hinterbein einer Kuh, eine Solarzelle, eine scheußliche Couchgarnitur – der Zug der Geschenketräger scheint kein Ende zu nehmen. Am Ende kommt es dann schließlich zum Höhepunkt des Tages: der Verlobung des Paars. Danach muss die Braut, die im Laufe der Feier drei mal das Kleid gewechselt hat, nochmal zusammen mit dem zukünftigen Mann vortanzen.
Ich bin beeindruckt, welch hohen Stellenwert die Hochzeit für die Menschen hier hat. Allein diese Introduction muss den Familien ein Vermögen gekostet haben. Dazu kommt ja noch die eigentliche Hochzeit. Und dann hat die Braut Diana ja nicht nur Joshua als Bruder, sondern insgesamt rund 10 Geschwister, die ja auch alle unter die Haube gebracht werden müssen…

So, das wars nun endlich von meiner Seite. Für Anregungen, Wünsche oder Fragen bin ich weiterhin unter der gewohnten E-Mail-Adresse erreichbar. Falls ihr diese noch nicht habt, wendet euch bitte an solivol@derian.de.

Viele Grüße oder wie man auf Luganda sagen würde: Siba Bulungi!

Franz

Was gibt es neues?

Hallo,

ich bin nun meine fünfte Woche in Arua. Ich habe inzwischen Wanderungen durch die Stadt gemacht und dabei die unterschiedlichsten Dinge gesehen. Supermärkte und Märkte, Stände am Rand der Straße zum Verkauf von metallenen Toren und Türen, die keine zwei Meter dahinter geschweißt werden und direkt daneben einen riesigen Haufen Kissen welchem gegenüber wiederum ein stand für Küchenutensilien. Ging ich um zwei Ecken, landete ich auf einem Markt, der überdacht wurde von Kleidungsstücken, gebrauchten Jeans bis zu Anzügen, alles auf engstem Raum aufgehängt und lautstark angepriesen. Keine zwei Meter konnte ich gehen, ohne das jemand der Verkäufer oder Verkäuferinnen mir hinterher rief und versuchte mich für die Ware zu begeistern, sei es Kleidung oder wie auf anderen Märkten Fische, Tomaten, Zwiebeln, Reis oder Mais in unterschiedlichen Farben, Süßkartoffeln und noch vieles weiteres.

Ich besuchte einen Friseur wo ich nicht nur einen Haarschnitt erhielt, von einem Mann welcher nicht weniger Pingelig als ich es bin (so schien es mir zumindest), sondern auch eine kleine Massage meines Gesichtes und Halses, mit ein paar Cremes, die gefühlt mit Sand vermischt waren. Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube das soll so sein. Vielleicht damit beim einreiben und anschließendem Abwaschen die toten Hautzellen abfallen? Was soll’s. Ist nicht mein Interessengebiet, etwas gewöhnungsbedürftigt aber letztendlich angenehm.

Das ist er, der Haarschnitt.

Aktuell gibt es hier viele Ananas und Melonen zu kaufen, Avocados nicht zu vergessen. Die Mangosaison habe ich gerade verpasst. Nicht Schlimm, ich mag Ananas sowieso mehr. Bei meinen Kochversuchen, die immer noch sehr an meine heimische Küche erinnern habe ich diese auch eingebunden, nicht ohne Erfolg. Die gebratenen Ananasstücke in der Tomatensoße mit Zwiebeln und ein wenige Paprikapulver zu den Nudeln, gaben dem ganzen ein süßes, exotisches (ich kann nicht glauben das mir dieses  Wort dazu einfällt wo es doch einfach nicht hierher passt, bin ich doch hier der Exot in der Gegend und nicht diese Frucht) Aroma.

Was aber immer wieder toll anzuschauen ist, ist der Schwarm Fledermäuse, welche in unzählbarer Menge (Naja. Sicherlich ist es möglich herauszufinden wie viele es sind aber das habe ich noch nicht und es ist auch nicht so wichtig) über dem Golfplatz und der Umgebung fliegen.

Was etwas länger dauert als erwartet sind die Möbel. Aber das verstehe und akzeptiere ich, hat der Schreiner doch gerade eine harte Zeit. Ein Gedanke, der mir immer häufiger kommt, vor allem durch das kaufen dieser und auch anderer Dinge, ist der, das ich immer noch mehr habe als manch anderer. Ein wichtiger Punkt, von unserer Sendenden Organisation, ist das wir möglichst auf einer Augenhöhe mit den Menschen hier leben sollen. Es ist keine Regel, sodass wir auch uns hier im Luxus sonnen könnten. Deshalb bin ich aber nicht hier und das möchte ich auch nicht tun.


Ich hatte euch ja versprochen, etwas mehr über die Sache mit dem Müll rauszukriegen. Das habe ich nicht vergessen und bin weiter an dem Thema dran….


Natürlich habe ich aber auch die Umgebung meiner Wohnung etwas bewandert, diesmal aber nicht allein. Ich bin mit meiner Mitbewohnerin/ Mitfreiwilligen bei RICE WN und unserer Nachbarin, ebenfalls eine Mitarbeiterin von RICE WN, unterwegs gewesen. Wir sind an einem kleinen Fluss und einem Fußballfeld vorbei, auf Trampelpfaden und an Straßen entlang gelaufen und quatschten ein wenig.

Das letzte Bild ist nicht nur wildes Grün. Hier hat sich ein Chamäleon versteckt. Wo ist es?

Ich wünsche euch noch einen schönen Tag.

Tilman

Franz in Uganda 1: Ankommen

Uganda. Seit einem halben Jahr habe ich mich auf diesen Freiwilligendienst gefreut, bin drei mal quer durch Deutschland zu den Vorbereitungsseminaren gereist, habe mich für alles Mögliche impfen lassen, habe Visa beantragt, Sachen gekauft, probegepackt… Und jetzt ist das alles Realität. Für mich ein riesiger Schritt nach vorne in meinem Leben. So viel Veränderung in so kurzer Zeit – das hatte ich bisher noch nie.

Ich sitze in unserer Wohnung in Jinja und bin jetzt richtig froh, endlich angekommen zu sein und etwas zur Ruhe kommen zu können. Jakob, mein Mitbewohner, mit dem ich mich glücklicherweise sehr gut verstehe, ist gerade beim „Connection Day“ seiner Organisation „X-Suba“, bei dem sich die Kinder und Jugendlichen aus vielen Schule treffen, um miteinander Sport zu machen. Jetzt sitze ich also daheim und habe endlich Zeit, ein bisschen zu schreiben. 

Die letzten Wochen war wahnsinnig ereignisreich und aufregend. Der Hinflug klappt einigermaßen problemlos. Von München aus fliege ich sinnvollerweise erst nach Brüssel, wo ich meine Mitreisenden Jakob, Rika und Tilman treffe, die ebenfalls einen Freiwilligendienst in Uganda absolvieren werden. Von dort aus geht es erstmal nach Bujumbura, was einen Umweg von immerhin 400 Kilometer bedeutete. Bujumbura ist die Hauptstadt von Burundi, einem Land, das für uns Weltwärts-Freiwillige aufgrund von Konflikten eigentlich strengstens gesperrt ist. Dort wird erstmal der Flieger neu betankt und es kommen ein Haufen Putzkräfte an Bord, die den Flugzeug wieder auf Vordermann bringen. Durch die hinten geöffnete Tür strömt schonmal etwas afrikanische Luft ins Flugzeuginnere. Ich versuche, einen Platz am Fenster zu ergattern, um den Viktoriasee sehen zu können, werde aber sofort von zwei französisch sprechenden Burundierinnen (Burundesen? Burundinen?) verdrängt. Naja, inzwischen ist es schon Nacht, da würde ich wahrscheinlich eh wenig sehen. Immerhin war ich jetzt mal kurz auf der Südhalbkugel, bevor ich mich wieder in Richtung Norden bewege, wenn auch nur ca. 20 Kilometer überhalb des Äquators. Um ca. 23:00 Uhr landen wir mit einer Verspätung von 40 Minuten in Entebbe, der direkt am Viktoriasees gelegenen ehemaligen Hauptstadt Ugandas, die durch die Flugzeuggeiselnahme eines israelischen Flugzeugs durch palästinensiche Terroristen und RAF 1976 zu trauriger Berühmtheit gelangte. Bis heute liegt hier der einzige internationale Flughafen Ugandas. Nachdem wir dutzende bewaffnete Soldaten und einen Checkpoint mit einem gestressten Beamten passiert haben, werden wir von Raphi, meinem Vorgänger bei FABIO, und Rose, unserer Regionalkoordinatorin, begrüßt. „Welcome to Uganda!“ Sie haben ein Taxi, auch genannt Matatu, gemietet, mit dem wir in Richtung der ca. 40 km entfernten Hauptstadt Kampala rasen. Ja, „rasen“ ist wirklich der richtige Ausdruck, denn seit meiner Ankunft in Uganda bin ich selten so schnell und komfortabel gereist, was hauptsächlich an der hochmodernen Straße liegt, mit der nicht einmal deutsche Autobahnen mithalten können. Angeblich handelt es sich um die teuerste Straße der Welt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich der in Entebbe lebende ugandische Präsident Yoweri Museveni damit eine komfortable Verbindung in die Hauptstadt bauen ließ. Ich sitze vorne, esse geröstete Erdnüsse und Minibananen, die uns Raphi und Rose mitgebracht haben, lasse mir die feuchtwarme Luft aus dem offenen Fenster ins Gesicht strömen und kann einfach nicht glauben, dass ich nun endlich hier bin, in Afrika, in Uganda.

In Kampala erwartet uns erstmal der ultimative Kulturschock. Die 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt empfängt uns mit Lärm, kaputten Straßen und beißendem Smog. Es ist immer etwas los hier, selbst um ein Uhr nachts bekommt man noch Essen an den Straßenständen am Busbahnhof. Überall stehen, sitzen, liegen handeln, arbeiten und schlafen Menschen. Über den Dächern prangen riesige Plakate, die für Benzin, Handys oder Mobilfunkanbieter werben. Am einprägsamsten ist der Verkehr: die Straßen sind voll von Taxis, Autos, Bodas und Bussen, überall wird gehupt und gedrängelt. Wie geregelt wird, wer Vorfahrt hat, habe ich immer noch nicht ganz begriffen. Meist läuft es darauf hinaus, dass zwei Fahrzeuge mit ungeminderter Geschwindigkeit aufeinander zusteuern und wenn der Zusammenstoß schon fast unvermeidbar erscheint, stoppt doch noch einer der zwei Fahrer in allerletzter Sekunde. Aus irgendeiner Bar dringt immer laute Musik, meist entweder afrikanische Popmusik oder Remixe europäischer und amerikanischer Hits, bei denen das Original fast nicht mehr herauszuhören ist. Die ganze Stadt pulsiert, viel mehr als ich das von europäische Großstädten gewöhnt bin. Und der ganze Trubel, der mir anfangs wie ein riesiges Chaos erscheint, entpuppt sich als außerordentlich funktional: jeder kann seinem Geschäft nachgehen, jeder kommt von A nach B. 

Hier mal ein paar Eindrücke aus Kampala:

Das Aponye Hotel, in dem wir wohnen, ist das günstigste der Stadt, der Aufzug funktioniert nicht, aber ansonsten macht es einen guten Eindruck. Da wir nach unserer Ankunft immer noch Hunger haben, gehen wir nochmal raus zum Busbahnhof, um Essen zu kaufen. Der Busbahnhof besteht aus einer nicht asphaltierten, großen Fläche für das man gefühlt einen Geländewagen mit Allradantrieb braucht, um nicht in irgendwelchen Gräben oder Löchern steckenzubleiben. Oder eben ein Matatu. Wie sich diese mit bis zu 25 Menschen vollgestopften, klapprigen Kleinbusse in der Größe eines VW-Busses hier fortbewegen können, ist mir ein Rätsel. Tagsüber ist es hier gestopft voll mit Matatus, jetzt, um 1 Uhr nachts sind diese aber fast alle verschwunden. An einem kleinen Stand gönnen wir uns erst einmal eine Rolex. Nein, es handelt sich hier keineswegs um eine Luxusarmbanduhr, sondern um das beliebteste und günstigste Streetfood Ugandas. Der Name ist eine Verballhornung aus den englischen Wörtern „Rolled Eggs“, also gerollte Eier. Ein Omelett wird zusammen mit einem Chapati, einem schmackhaften Pfannkuchen, gerollt und mit allerlei gefüllt, z.B. Tomaten oder Bohnen, machmal auch Fleisch. Dafür zahlen wir gerade einmal 3000 Ugandische Shilling, also knapp 70 Cent.

Nachdem wir endlich satt und müde in unsere Zimmer zurückgekehrt sind, tauchen schon die ersten Alltagsfragen auf. Sollte ich mit dem Wasser aus dem Hahn Zähne putzen? Sollte ich die Malariaprophylaxe noch um diese Uhrzeit einnehmen? Und wie funktioniert das jetzt eigentlich mit dem Moskitonetz? Jaja, daran werde ich mich gewöhnen müssen…

Die nächsten zwei Tage verbringen wir in Kampala. Wir kämpfen uns durch den afrikanischen Großstadtdschungel und besuchen verschiedene Sehenswürdigkeiten, wie z.B. die große Nationalmoschee. Diese wurde komplett vom libyschen Diktator Muammar al-Gadafi gesponsert, weshalb sie im Volksmund auch einfach „Gadafi-Moschee“ genannt wird. Es handelt sich um einen relativ neuen, weiß und beige angemalten Prachtbau auf einem Hügel, der mit einem hohen Minarett und einem gigantischen halbkreisförmigen Bogen geschmückt ist. Vom Minarett aus genießen wir die tolle Aussicht auf die Stadt, die auf mehreren Hügeln erbaut ist. Der Führer erklärt uns, was wir da sehen, aufgrund des starken Windes verstehe ich aber nur Bruchstücke.

Auch ein Besuch der deutschen Botschaft in Kampala steht an. Dort treffen wir Birgitta, die sich in der Botschaft unter anderem um die deutschen Freiwilligen im Land kümmert. Zusammen reden wir über formale Angelegenheiten unseres Aufenthalts in Uganda, aber auch über Themen wie Sicherheit und Kultur im Land.

Nach zwei intensiven Tagen in der ugandischen Hauptstadt geht es für unsere kleine Reisegruppe nach Jinja, der Stadt, in dem ich das Jahr lang wohnen und arbeiten werde. Erste Station ist dabei das Büro von FABIO, meinem künftigen Arbeitsplatz. Meine Chefin Najjiba Katesi begrüßt uns alle herzlich und im Anschluss bekommen wir eine geführte Fahrradtour durch Jinja, zum Fischermarkt am Viktoriasees, zum größten Hindi-Tempel der Stadt (der an diesem Tag leider geschlossen ist) und zur Nilquelle, wo ein Denkmal daran erinnert, wie hier der Brite John Henning Speke 1857 als erster Europäer die Nilquelle erblickte. Mein erster Eindruck der Stadt: genauso staubig wie Kampala, dafür aber wesentlich grüner, ruhiger und kleinstädtischer. Auch wenn hier an vielen Ecken Müll verbrannt wird, so ist die Luftqualität alles in allem doch wesentlich besser. Ein bisschen fühle ich mich an Rosenheim erinnert: Wir wohnen in einem, abgesehen von den diversen Bars und Clubs in der Nähe, eher ruhigen Wohngebiet, das relativ klar definierte Zentrum rund um die Main Street ist mit dem Fahrrad in rund 5 Minuten erreichbar. Da die Stadt vor allem mit der Industrialisierung Anfang des Jahrhunderts groß geworden ist, sind noch viele, teilweise sehr gut erhaltene Kolonialbauten zu sehen. Im Norden der Stadt befindet sich der Taxipark und Busbahnhof mit vielen Verbindungen ins Umland sowie der „Jinja Central Market“, ein erst vor ein paar Jahren fertiggestelltes riesiges Gebäude, in dem über drei Etagen alles Mögliche zu bekommen ist, von der Banane zum Fahrradsattel, vom lebenden Huhn zum im Markt genähten Kleid. Nur industriell verarbeitete oder aus anderen Ländern importierte Produkte gibt es hier nicht, dafür muss man in einen der Supermärkten, die fast an jeder Ecke im Zentrum zu finden sind. Während hier die Preise festgelegt sind, wird im Markt und auf der Straße immer verhandelt. Zugegeben, damit hatte ich am Anfang Schwierigkeiten, vor allem weil mir die genannten Preise eh schon so billig erschienen. 500 Shilling für eine Banane? Das sind gerade mal 12 Cent! Inzwischen wissen wir aber, dass eine Banane eigentlich nicht mehr als 3 Cent kostet. Und es gelingt mir immer besser, die anfangs völlig überhöhten „Mzungu-Preise“, also die auf uns Weiße zugeschnittenen Preise, runterhandeln zu können. Natürlich tut es uns in keiner Weise weh, 12 Cent für eine Banane auszugeben. Aber wenn ich hier für ein Jahr lang lebe, ist es mir auch wichtig, nicht immer als der weiße, reiche Tourist gesehen zu werden, der sowieso jeden Preis zahlt.

Freitag, 17. August

Es ist 8 Uhr abends und schon stockdunkel. Die Sonne geht hier schon um ca. 19:00 Uhr Ortszeit unter, nach ca. 30 Minuten ist es Nacht. Wenn ich daran denke, dass sich die Sonne in Deutschland erst ungefähr drei Stunden später verabschiedet, kommt ein bisschen Wehmut in mir hoch. Andererseits kühlt die Luft nun endlich auf eine erträgliche Temperatur ab. In den letzten Tagen hatte es hier meistens um die 30 Grad, egal ob die Sonne schien, oder nicht. Ich hoffe mal, dass ich mich daran gewöhnen werde. 

Von draußen dringt sanft das Zirpen der Grillen in unsere Wohnung. Auch Stimmen und das Wummern eines Basses tönen aus der Entfernung. Gestern sind unsere Vorfreiwilligen in Jinja, Simon und Raphael, nach Deutschland zurückgekehrt und wir konnten in unsere neue Wohnung einziehen. 

Der Tag begann für mich heute leider schon um 5 Uhr morgens, als mich der Gockel mit seinem Geschrei aus dem Schlaf riss. In den folgenden Stunden wechselte er sich dann mit den Ziegen im Nachbarstaaten ab, deren Meckern stark an das Geschrei eines Kleinkindes erinnert, nur mit dreifacher Lautstärke. Das Frühstück konnte sich sehen lassen: Toastbrot, zweierlei Marmelade, eine Nutella-artige Schokocrème und – nicht zu vergessen – die unfassbar saftige Ananas und die leckeren Passionsfrüchte. Tropenfrüchte sind hier wirklich viel besser als in Deutschland und auf dem Markt zu Spottpreisen erhältlich. Nach dem Frühstück machten wir uns auf in die Stadt, um Trinkwasser (das hier in 20-Liter-Pfandflaschen verkauft wird) und Wandfarbe zu kaufen, da wir vorhaben, manche unserer Innenwände neu zu streichen. Zu Fuß sind es ca. 15 Minuten bis zur Main Street. Dort angelangt, missachtete ich allerdings die die essentielle Grundregel, nie den Boden aus den Augen zu lassen. Denn während die Fahrbahn der Main Street in einem vergleichsweise gutem Zustand ist und nur sehr wenige Schlaglöcher aufweist, gerät der „Gehweg“ zu einer echten Herausforderung: über wackelige Platten balancieren, über Straßengräben springen und aus dem Boden herausragenden Metallteilen ausweichen sind hier die Disziplin. Und so kommt es, dass ich mir sofort den Zehen blutig anhaute und wir unverrichteter Dinge mit dem Boda, also dem Motorradtaxi, zur Wohnung zurückfuhren, um mich zu verarzten. 

Den restlichen Tag verbrachten wir mit Putzen und Ausmisten. Abgesehen davon, dass sie etwas dreckig und vollgestellt ist, ist unsere Wohnung echt super. Ein geräumiges Wohnzimmer mit Tisch, Couch und einem Ersatzbett, auf dem ich gerade sitze, bilden den Eingangsbereich. Daneben gibt es noch ein großes und ein kleines Schlafzimmer, eine gut ausgestattete Küche und ein Bad. Dessen Ausstattung  – bestehend aus einem Loch im Boden und einem Duschhahn, der von der Decke ragt – ist minimalistisch, aber funktional. Die ugandische 500-Shilling-Münze hat entschieden, dass ich im kleinen Zimmer schlafen muss. Der Plan ist, nach einem halben Jahr zu wechseln, mal schauen, ob wir das durchziehen.

 

Am Montag, acht Tage nach meiner Ankunft in Uganda, ist dann schon der erste Arbeitstag. Ich bin schon total gespannt und motiviert. Um 9 Uhr beginnt das wöchentliche Meeting. Da die Chefin Katesi heute nicht da ist, leitet unsere Buchhalterin Phiona das Treffen. Als erstes ist Beten angesagt. Freiwillige Vorbeter? Alle Blicke wandern zu mir. Also beginne ich, das Vaterunser auf Deutsch vorzubeten, einmal komme ich ins Stocken (ist doch schon wieder ein bisschen her, dass ich das letzte mal in der Kirche war), dann kriege ich aber noch die Kurve. Im Endeffekt könnte ich ja auch alles mögliche sagen, es versteht eh keiner Deutsch. Beim Meeting werden dann auf Englisch über den Arbeitsfortschritt der letzten Woche aus den verschiedenen Bereichen und die Aufgaben der kommenden Woche geredet. Es wird vereinbart, dass in den kommenden Wochen bis Mitte Oktober vor allem mit Brian und Georg an den neuen Fahrrad-Ambulanzen arbeiten soll. Danach wollen wir beraten, welche Jahresprojekt für mich infrage kommen könnte. Mal schauen, was das wird.

Die Arbeit in den ersten Wochen ist sehr abwechslungsreich. Ich gestalte Flyer und Sticker, schreibe Monitoring-Formulare für Projekte, kümmere mich um FABIOs Facebookpräsenz, arbeite beim Fahrradverleih von FABIO und helfe natürlich beim Bau der Fahrradambulanzen mit. Eine davon stand schon am Tag meiner Ankunft fast fertig im Office, es müssen aber noch vier weitere gebaut werden. Diese sollen zusammen mit Fahrrädern und Ausrüstung an sogenannte VHTs, also Village Health Teams, im ländlichen Gebiet von Budondo, einem Vorort von Jinja, gegeben werden. Der Plan ist, dass damit dann kranke Menschen und schwangere Frauen zum nächsten Health Center gebracht werden. Diese liegen relativ dezentral, so dass keine langen Strecken zurückgelegt werden müssen. Die Ambulanzen sollen in flach gelegenen Gegenden zum Einsatz kommen, für eine Ambulanz, die in einer etwas hügeligere Gegend verwendet werden soll, wurde ein E-Scooter gekauft. 

Für den Bau der Ambulanzen haben wir einen (leider teilweise fehlerhaften) Bauplan, der von einer NGO in Namibia entwickelt wurde. Also werden Rohre gekauft, zugeschnitten, gebogen und geschweißt. Da FABIO keine eigene Werkstatt besitzt, müssen wir dafür woanders hin fahren. Die externe „Werkstatt“ ist eigentlich ein Areal, auf dem alte LKWs und Busse zusammengeschraubt werden. Auch wenn wir die Arbeiten vom Personal verrichten lassen, sind wir doch immer dabei, um zu schauen, dass alles richtig gemacht wird. Das bedeutet, dass ich oft 6 Stunden am Tag in der prallen Sonne stehen muss, was wirklich ziemlich anstrengend ist, vor allem weil die Sonne mittags ja senkrecht von oben kommt. Dazu kommen noch andere Schwierigkeiten. Denn wie sich herausstellt, haben Brian und Georg auch nicht viel mehr Erfahrung in der Metallbearbeitung als ich und ich habe das in meinem Leben noch nie gemacht. Also schleichen sich immer wieder Fehler ein, von denen wir aber für die nächsten Ambulanzen lernen können. Inzwischen sind zwei weitere Exemplare fast fertig.

Ich muss zugeben, dass ich nach dem ganzen Leerlauf nach dem Abitur gar nicht mehr gewöhnt bin, so wenig Freizeit zu haben. Tagsüber komme ich meist um halb 6 von der Arbeit nachhause, dann ist meistens noch Einkaufen, Kochen und Abspülen angesagt. Und daneben muss natürlich auch der ganze Haushalt samt Putzen und Wäsche waschen geschmissen werden. Das alles macht Spaß und ich lerne total viel dazu, was es heißt, nicht mehr zuhause zu leben. Trotzdem genieße ich die Freizeit an den Wochenenden sehr. Wir haben schon einen Ausflug gemacht zu den Itanda-Fällen, ca. 20 Kilometer Nilabwärts, gemacht. Auch am Nyege Nyege waren wir, einem riesigen Festival in Jinja, das größte Ostafrikas. Über 200 Künstler gab es da zu sehen und trotzdem war es eine total entspannte Veranstaltung, idyllisch in einem Wäldchen direkt am Nil gelegen.

So, nun habe ich genug geschrieben! Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in meine ersten Wochen in Uganda geben. Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, könnt ihr mich jederzeit per Mail erreichen. Ich freue mich über Rückmeldungen!

Viele Grüße aus Jinja in den Norden wünscht

Franz