Der Nachhauseweg – für mich immer eine gute Gelegenheit, um mit den Schritten auch die Gedanken laufen zu lassen:
„Ein Tag im Dezember. Die Sonne ist schon fast untergegangen, ein Blick auf meine Uhr verrät den Grund: schon sechs Uhr. So war das nicht geplant. Ich war wieder einmal die letzte im Büro. Da spricht keine Leidenschaft, sondern Verantwortungsbewusstsein, innerer Druck, vielleicht auch ein bisschen Schuldgefühle. Der innere Kampf, der sich da in meinem Laptop-Bildschirm abspielte: hin- und hergerissen zwischen „jetzt werde doch endlich mal fertig. Bringe zumindest diese eine Aufgabe, den Aufbau von Mphamvu-now, erfolgreich über die Bühne. Dann hast du was geleistet. Es ist doch auch gar nicht so uninteressant.“ und „ich habe wirklich überhaupt keine Lust. Dieses trockene Lernen, das wollte ich doch hinter mir lassen. Ich träume mich lieber weg. Dieser Moment ist doch mein Leben, der soll doch schön sein!“ Prokrastination aus Motivations- und Inspirationsmangel, das konnte ich auch in Kollegen beobachten. Kein Funding, keine Projekte, keine Team-Meetings, eine Untergangsstimmung hing wie ein Schleier über dem Office. Die Hungerphase einfach aussitzen bis bessere Zeiten kommen, kann eine Strategie sein. Aber doch nicht für eine Freiwillige wie mich, die nur dieses eine Jahr hat, dieses eine Jahr, um all die Erwartungen und Wünsche zu erfüllen, das traditionelle Malawi kennenzulernen, echte Verbindungen zu knüpfen, Denkanstöße und Inspiration zu sammeln. 6 Uhr – wieder einmal hatte die Arbeit meine ganze Zeit geklaut. Keine Zeit, um Veränderung zu bringen. Wo gehe ich gerade etwa hin? – in meine einsame Wohnung, von der ich mich emotional schon vor Monaten verabschiedet hatte. Immer noch. Obgleich ich dadurch interessante Einblicke sammelte, war die Wohnungssuche bisher fruchtlos geblieben. Immer noch. Über all diesen Sorgen und Zweifeln der Versuch, trotzdem positiv zu denken, schließlich entstammt Leiden in erster Linie nicht der Situation, sondern den Gedanken über ebenselbe. Ich fühle mich vielleicht jetzt gerade, als würde die Arbeits- und Wohnsituation meine Flamme zu ersticken drohen, aber am Horizont, da kündigt sich Frischluft an.“
Der erste Windstoß kam kurz nach Weihnachten, als ich mich nach
langem Hin und Her dazu entschloss, authentisch Malawi beiseite zu lassen und
mit anderen Freiwilligen an eine sehr abgelegene Lodge am See zu fahren. Hier,
mit Menschen der gleichen Wellenlänge in den Wellen des Wassers und mit rein
überhaupt keinen Aufgaben und Verpflichtungen, fand ich mich endlich in einem
Umfeld wieder, das mich glücklich macht. Nicht von Dauer natürlich, aber einen
kleinen Aufschwung gab diese Auszeit schon. Die Rückkehr kam mit Frustration,
aber auch einer ernsthaften Entschlossenheit. Es muss sich etwas ändern, so
kommunizierte ich erstmals wirklich offen mit meinem Chef Devine. Doch ich
musste feststellen, dass meine Probleme nicht der Mittelpunkt waren, Renama an
sich steckte wirklich in einer ernsthaften Lage. Ich sah einer Entscheidung ins
Auge: alles dafür tun, das sinkende Schiff wieder ans Laufen zu bringen oder
abspringen? Und ich sah wieder weg. Ich wollte sie nicht verlassen, aber ich
brauchte erstmal ein bisschen Abstand, ein bisschen Luft zum Atmen.
Da kam der nächste Windstoß wie gerufen: ich verbrachte eine
Woche als Art Praktikum auf der ökologischen Ausbildungsfarm Kudzidalira pa
moyo, wo einfache, junge Menschen transformiert werden, die Natur und deren
Ressourcen als Geschenk Gottes zu sehen und sie dementsprechend nachhaltig für
Nahrung und Medizin (Zentrum von Anamed) zu nutzen. Ich fand inspirierende,
liebe Leute meinen Alters, mit denen man einfach eine gute Zeit hat, ich fand
praktisches Arbeiten an der frischen Luft, ich fand kritische
Auseinandersetzung mit der malawischen Kultur, dem Grund und den Verstärkern
von Armut, die ich wiederum hinterfragen konnte. Eine wirklich bereichernde Erfahrung.
„Ende Januar. Ich bin wieder auf dem Nachhauseweg, wenn man es so nennen möchte. Mein Zuhause liegt für eine Woche bei einer Freundin, die mir ein Bett in ihrem Zimmer angeboten hatte. Ich weiß noch nicht, ob ich hierbleibe. Aber das ist egal. Denn für den Moment ist es schön, wieder von Menschen umgeben zu sein, zu erzählen können, wie die Arbeit so war. Und wie war sie denn? Ich hatte Gespräche mit Devine und mit der Gründerin Renamas und Chefin von ecoLODGy Martina. Mphamvu-now hatte ich mehr oder weniger erfolgreich über die Bühne gebracht. Der Abschlussapplaus lässt noch auf sich warten, vielleicht da sich der Regisseur schon während des Stücks langsam rausschlich und deshalb keine Zugabe gibt. Ich sehe wieder Perspektiven. Wir sprachen ein paar überschaubare Projekte an, die ich in Angriff nehmen könnte: eine Woche bei den Farmern auf dem Dorf leben, ein Video zu einem Pilotprojekt drehen, ein Video zu unserem Energiekiosk, ebenfalls mit Aufenthalt auf dem Dorf. Ich weiß noch nicht, ob ich dauerhaft bei Renama bleibe, mehr zu ecoLODGy wechsle oder ganz woanders hin. Aber das ist egal. Denn für den Moment sehe ich interessante Eindrücke, fernab des Büros. Und eine Sache weiß ich: Es wird gut sowieso, denn ich lass es nicht mehr schlecht werden.“
Und so folgte ein Windstoß auf den nächsten. Eine Woche nach
dem beschriebenen Nachhauseweg zog ich probeweise zu Alice und blieb dann
einfach. Wir hatten uns zufällig bei einer Theateraufführung getroffen und
eigentlich vom ersten Zeitpunkt an, eine Schwester und beste Freundin
ineinander gefunden. Ihre ganze Familie gab mir ein unglaubliches Gefühl von
Zuhause: der nahbare Vater mit den traditionellen Gitarrenklängen, die sorgende
Mutter, der liebe, große Bruder zum Pferde stehlen, die interessierte, kleine
Schwester, der noch kleinere Bruder. Endlich zuhause angekommen.
Und schon wieder weg. Denn es standen auch einige Unternehmungen an, die meinen Durst nach Forschen und Fragen stillen sollten. Als „mtsikana wakumudzi“ (Dorfmädchen) bei den Farmern. Als Journalistin eines Newsletters über alles Neue im Kochherd-Sektor in Lilongwe – mit Alice an meiner Seite (sie hatte gerade Semesterferien und wollte sich gerne bei einer NGO engagieren, na, das konnte besser nicht passen). Hier in Lilongwe fand ich nicht nur ein weiteres kleines Zuhause in der Wohngemeinschaft der Mitfreiwilligen Hannah, sondern traf auch eine Vielzahl interessanter Individuen. Als verantwortliche Planerin einer Feldstudie für Gasifier Herde mit einem flexibleren Arbeitsplan. Als forschende Praktikantin bei der lokalen Organisation Hope for Relief ganz im Norden Malawis. Als Kunstinteressierte bei Gedicht- und Musikaufführungen in Blantyre. Als Lenkerin meiner verbleibenden Zeit beim Zwischenseminar auf der Mushroomfarm. Ich war wieder frei, meine innere Flamme leidenschaftlich und optimistisch, liebend und hinterfragend züngeln zu lassen. Ganz unabhängig von einem Aufschwung bei Renama (der die ganze Zeit immer noch auf sich warten ließ. Zwischenzeitlich hatten beide Chefs den Schritt vollzogen, nur noch halbtags ins Büro zu kommen) hatte sich für mich persönlich eine ganz eigene Erfolgsgeschichte entsponnen.
„Anfang April. Die Sonne geht gerade unter. Das tut sie immer in spektakulären Farben hier in Chilomoni. Wenn Kelvin wieder da ist, artet diese Zeit des Tages bestimmt in Foto-Shootings aus. Vielleicht gehen wir ja auch mal wieder zusammen joggen. Ach, ich freu mich ja schon drauf, wenn ich Alice und Kelvin für ein paar Tage auf dem Campus besuchen werde. Um das Video zu schneiden, muss ich schließlich nicht im Büro sitzen. Wie entspannt mein Verhältnis zu Devine geworden ist. Vielleicht sieht er, dass ich am besten Leistung bringe, wenn ich meinen eigenen Weg gehen darf. Die Stimmung im Office war heute anders. Wir hatten das erste Team-Meeting der letzten acht Monate. Funding für ein neues Projekt steht vor der Tür. Und endlich teilten wir Erfahrungen, Erklärungen und Ideen. Die Untergangsstimmung ist jetzt verflogen und es kündigt sich der liebliche Duft von Aufbruch an. Es war aber auch der vorerst letzte Office Tag mit Alice. Sie geht morgen zurück zur Uni. Wir sind in Bewegung. Das Gefühl von Zuhause immer mit im Gepäck. Ich bin glücklich.“
Das wars mit meinem kleinen Lebensupdate. Morgen steht mein Rückflug nach Deutschland im Kalender, mein Nachhauseweg sozusagen. Wie glücklich bin ich, diesen verschoben zu haben. Als ich merkte, dass in Malawi mehr Erfahrungen auf mich warten als in acht Monate passen. Ein Jahr also. Wir sehen uns im August wieder. Und ich hoffe inständig, dass wir uns schon davor wieder hören. Wenn meine Schreiblust nicht wieder vor lauter Abenteuern begraben wird.
Liebe Grüße,
Johanna.
PS.: Das Rehkitz lebt immer noch, keine Sorge. Jedoch, wenn
ich ganz genau hinschaue, irgendetwas stimmt da nicht: was macht es denn da
oben hoch in den Lüften und, seit wann haben Rehe Flügel?! Tja, das ergab sich
folgendermaßen: Das Rehkitz stand voller Anspannung vor dem Zaun. Es könnte
jetzt abspringen, alles hinter sich lassen, noch einmal ganz neu starten. Das
Dickicht war so fremd, so verlockend. Doch was würde dann mit der Erde auf
dieser Seite geschehen, wer würde sich um sie kümmern, wenn nicht seine Hufe?
Und was wäre mit diesen Kräutern, die ihm immer zu fressen gaben, die es so
liebgewonnen hatte? „Du musst dich entscheiden, du kannst nicht auf allen Hochzeiten
tanzen“, tönte die Stimme der alten Nachteule aus einem der Baumwipfel,
„schließlich kannst du nicht fliegen wie unsereins.“ „Na, das wäre doch
gelacht“, der rebellische Spirit unseres Rehkitzes war geweckt. Voller
Optimismus hielt es sich zwei große Blätter an die Seiten, machte die Augen
fest zu und schon trug es der erste Windstoß in die Lüfte. Und einer nach dem
anderen, eröffneten sich ihm mehr Horizonte als es jemals zu Träumen gewagt
hätte.
Für unsere Entsendeorganisation müssen wir regelmäßig Quartalsberichte schreiben und einer ist jetzt vor unserem Zwischenseminar fällig. Da ich viele der in diesem Bericht vorkommenen Dinge sowieso einmal hier schreiben wollte, teile ich den einfach direkt mit euch. Passen zur Hälfte unseres Freiwilligendiesnstes sollte er in Form einer Selbstevaluation gestalltet werden, weshalb sich viele meiner Gedanken und Empfindungen darin finden lassen. Manche Aspekte klingen oder sind sehr stark verallgeminernd, ist aber natürlich nur meine Wahrnehmung, beziehungsweise Meinung.
(Letzteres gilt natürlich auch für all meine anderen Beiträge.)
Falls jemand Interesse an ein paar Fotos hat, ich habe in diesem Album alle meines Freiwilligendienstes gesammelt, bzw. werde auch noch alle anderen hinzufügen, wobei es manchmal dauert bis Google das Ganze aktualisiert: https://photos.app.goo.gl/Y1c4QK17DuTXjeko9
Um ehrlich zu sein weiß ich nicht genau wo ich anfangen soll, schließlich sind es ja doch schon sehr viele Aspekte, die betrachtet werden sollen. Ich versuche also einfach mal irgendeine Art der Struktur einzubauen, kann aber natürlich nichts versprechen.
Grundsätzlich war der Anfang diese Freiwilligendienstes für wahrscheinlich jeden Freiwilligen eine sehr große Umstellung. Weg von der Schule, der Uni oder der Ausbildung, vielleicht auch von einer längeren Zeit nichts tun. Weg von den Eltern, Freunden, Mitbewohnern und wer da nicht noch alles war. Auf jeden Fall weg aus dem uns so gut bekannten Alltag, hinein in ein neues Abenteuer mit einem mehr als nur unbekannten Ausgang als auch einer noch unbekannteren Durchführung.
Bei mir persönlich trifft das sehr stark zu. Nicht nur bin ich das erste Mal richtig im Ausland, dazu auch noch das erste Mal allein unterwegs, sondern auch ist es für mich das erste Mal richtig zu arbeiten und auch, abgesehen von Schule, Haushalt oder Zeitungaustragen, das erste Mal richtig Verantwortung zu tragen. Ich persönlich habe, leider aber auch logischerweise, nicht viel Ahnung davon, wie es bei den anderen Freiwilligen aussieht und wie ihr Arbeits- und Lebensalltag aussieht. Ich selbst hatte gerade erst die Schule abgeschlossen und bin beinahe direkt nach Malawi aufgebrochen. Allein zu leben ist schon echt viel anstrengender und ich würde es liebend gerne wieder gegen das alte Leben eintauschen, einfach weil man viel mehr Zeit für sich hat und nicht alles selbst planen muss, wenn es die ganze Familie zusammen macht. Jetzt ist das natürlich ganz anders und ich bin wirklich fast vollständig für mich selbst verantwortlich. Lediglich um Kleinigkeiten wie Strom und Wasser muss ich mich nicht selbst kümmern, das machen noch meine Vermieter.
Wenn ich aber so drüber nachdenke, fällt mir auf, dass es eigentlich gar keine Kleinigkeiten sind. In Deutschland ist beides mehr als nur selbstverständlich, aber hier in Malawi sieht das einfach anders aus. Ich kann mich froh schätzen in einem der am besten ausgebauten und versorgten Gebieten des Landes zu leben, so dass ich beinahe nie Probleme mit Strom, geschweige denn Wasser habe. Viele andere Freiwillige müssen sich was das angeht noch viel stärker umstellen und anpassen, von den Einheimischen möchte ich gar nicht erst sprechen. Was mir hierbei klar wird ist, wie selbstverständlich wir, damit meine ich viele Menschen in gut entwickelten Gebieten wie Deutschland, viele Dinge sehen. Leider muss ich mich selber auch zu diesen Menschen zählen, was mir aber erst hier richtig bewusst wurde und was mich beim genaueren drüber nachdenken etwas verärgert. Neben Wasser und Strom gibt es noch Dinge wie zum Beispiel das Internet. Ok, in Deutschland ist die Anbindung an vielen Orten immer noch nicht gut, aber hier in Malawi ist das nochmal ganz anders. In deutschen Großstädten wird nur noch darüber geredet, wie schnelles Internet man den hat oder haben möchte. Dass es aber da ist, ist völlig normal. Und dazu ist es auch noch unbegrenzt, wovon man hier eigentlich nur träumen kann, es sei denn man ist in der Lage, Geld zum Fenster raus zu werfen, so teuer wird das dann hier. Und zwar an deutschen Standards gemessen ist das teuer, für den Großteil der Bevölkerung also unbezahlbar.
Diese Selbstverständlichkeit ist es, was für mich inzwischen nicht mehr selbstverständlich ist. Man erkennt einfach, dass sich so viele Dinge bezüglich des Internets nur an gut entwickelte Länder richten. Einfach mal so Filme anschauen oder Musik hören ist hier nicht so leicht, wobei ich sogar glaube, dass es einige Einheimische hier in Malawi gibt, die nicht einmal wissen, dass das Internet überhaupt existiert, oder zumindest nicht wissen, was genau es ist und wozu man es nutzen kann. Diese Erkenntnis wird bei mir selbst jetzt nicht dazu führen, dass ich mein Leben komplett umstelle und auf solche Dinge verzichte oder so, ich erde aber definitiv mit anderen Augen auf sie schauen. Wenn ich mich das nächste Mal in Deutschland über das „langsame“ Internet aufrege, muss ich mir einfach nur in Gedanken rufen, wie es in anderen Ländern wie beispielsweise Malawi aussieht.
Trotz der bereits genannten Umstellung von meinem Alltag vor dem Freiwilligendienst bin ich mit der Situation aber trotzdem mehr als zufrieden. Ich bin nicht völlig vom Internet abgeschnitten, habe eine kleine aber feine Wohnung und habe auch noch kein Heimweh oder so, von ein paar kleinen Dingen, die ich vermisse, mal abgesehen. Auch über meine Arbeit kann ich mich nicht beschweren. Jetzt, wo die erste Hälfte des Freiwilligenjahres um ist, hat sich auch meine Arbeit, beziehungsweise meine Aufgaben etwas verändert. In den vergangenen Monaten habe ich sehr viel im Office gesessen und auch viel „Büroarbeit“ gemacht. Vom gestallten einer Website über das Organisieren von Workshops, einen kleinen Einblick in das Thema Finanzen und was man im Office nicht alles machen kann, verschiedenste Dinge waren schon meine Aufgabe. Da ich die meisten meiner Projekte soweit fertig habe, werde ich in den nächsten Monaten an ein paar anderen, etwas aktiveren Aufgaben arbeiten. Neben dem Gestallten und letztendlich auch Bauen eines Spielplatzes soll ich auch noch einige langfristige Sachen planen, zum Beispiel Lernpfade über das Gelände unsere Lodge. Alles in Allem finde ich diese neuen Aufgaben sehr schön, nicht nur da ich zum größten Teil eigenständig arbeiten darf beziehungsweise sogar soll, sondern auch weil es ganz andere Aufgaben sind. Nach einem halben Jahr etwas großartig anderes zu tun fühlt sich sehr gut und motivierend an. Besonders, da ich andererseits auch mit vielen kleinen und meist uninteressanten Aufgaben überschwemmt werden könnte, da von diesen mehr als genug da sind.
Auch habe ich für die nächsten Monate noch ein Praktikum bei einem der Anderen Freiwilligen geplant, worauf ich mich auch schon sehr freue, auch wenn noch nichts genau feststeht. Im Nachhinein ist der Motivationsverlust, denn ich in den letzten Monaten hatte, nicht unbedingt schlecht. Es hat mir geholfen zu sehen was ich gerne machen würde, beziehungsweise was nicht und beim darüber Nachdenken glaube ich, dass es ein normaler Teil des Arbeitsalltages ist, mit dem man lernen muss umzugehen.
Auch ist die Frustration, die ich manchmal verspüre, wenn ich mit einigen Malawiern zusammenarbeite, wahrscheinlich mehr oder weniger normal. Mit deutschen Standards kommt man in Malawi nicht allzu weit, was ich auch schon bei meiner (deutschen) Chefin bemerkt habe. Genau das macht die Zusammenarbeit mit zum Beispiel unserem Gartenteam recht schwer, einfach weil sie ganz andere Ansichten haben und viele Dinge einfach anders machen würden als meine Chefin oder auch ich. Hier sehe ich sehr stark, wie schwer es ist sich richtig oder gar überhaupt anzupassen. Meine Chefin lebt jetzt seit acht Jahren hier und manche Ansichten sind immer noch so wie man sie in Deutschland gebrauchen kann, in Malawi allerdings nicht unbedingt. Das Anpassen fällt einfach schwerer als man denkt, auch als ich dachte.
Die Position als „Weißer“ nehme ich selbst nur ungerne an, man wird aber leider immer wieder in diese Rolle hineingesteckt. Obwohl ich mit 18 Jahren eigentlich so gut wie keine Lebenserfahrung habe, werde ich so wahrgenommen, als wäre ich der Chef vieler meiner Kollegen. Was auch immer ich sage, die Leute nehmen es oft einfach hin und denken selbst nicht mehr viel darüber nach, ganz egal ob es nur ein Vorschlag war oder so etwas wie eine Nachfrage. Es stimmt zwar, dass ich in manchen Situationen über einigen Angestellten stehe was gewisse Aspekte angeht, im Allgemeinen bin ich aber auch nur ein einfacher Mitarbeiter und muss mich den Entscheidungen meiner Chefin beugen. Doch anscheinen vergessen oder verdrängen das viele meiner Mitarbeiter, sowie auch leider viele Malawier. Ich werde einfach als etwas Besonderes betrachtet und behandelt, einfach nur weil ich eine hellere Hautfarbe habe.
Okay, ich durfte zwar im Gegensatz zu den meisten Malawiern eine gute und dazu sogar kostenlose Schulzeit genießen, was vielleicht zu einer anderen Ansichts- und Denkweise geführt hat, aber irgendwie verstehe ich nicht, wie die Menschen hier eine so starke Polung haben können. Ich fühle mich manchmal so, als wäre es überhaupt kein Problem hier eine Revolution oder so etwas zu starten und dass das dann auch funktionieren würde, einfach nur weil ich eine hellere Hautfarbe habe. Würde ich Chichewa sprechen und es wirklich wollen, könnte ich wahrscheinlich eine ganze Menge an Leuten um mich scheren, die glauben, ich hätte recht mit dem was ich sagen würde. Es wirkt auf mich einfach so, als wäre die Kolonialisierung hier erst ein paar Jahre her und dass die Leute sich immer noch in dieser Rolle fühlen, in die sie damals leider gesteckt wurden.
Zwar verstehe ich wie gesagt, dass ich und die meisten Malawier unter komplett anderen Umständen aufgewachsen sind, in zwei nicht nur kartografisch gesehenen anderen Welten leben, aber eine gewisser Unverständlichkeit ist trotzdem da. Dinge einfach hinzunehmen, ohne sie wirklich zu hinterfragen, ist für mich einfach unvorstellbar.
Was die anderen Freiwilligen angeht finde ich die Situation echt super. All die knapp 40 Freiwilligen aus Deutschland in Malawi sind super nett, man kann beinahe ohne Probleme überall im Land für ein oder zwei Nächte unterkommen und falls man Fragen hat, bekommt man meistens schnell eine gute Antwort. Ich persönlich fühle mich dadurch nicht ganz so allein oder hilflos, schließlich haben auch die anderen ihre Probleme und leben auch zum ersten Mal auf sich gestellt in Malawi. Zwar treffe ich sie nicht allzu häufig, aber wenn dann ist es immer eine schöne Zeit.
Wenn ich im August wieder nach Deutschland zurückkehren werde, bin ich definitiv nicht in der Lage direkt einen professionellen Job zu machen. Zwar lerne ich über bestimmte Sachen schon einiges, aber im Allgemeinen kriege ich hier eigentlich nur einen Einblick in das Arbeitsleben an sich. Meine Aufgaben sind nicht nur Kleinigkeiten, sondern manche meiner Projekte sind schon echt wichtig. Wäre ich nicht hier, müsste ecoLODGy jemanden für all die Aufgaben anstellen, jemanden der sich jede Woche um den Gemüse Verkauf kümmert, eine Website designen kann, Workshops vorbereitet und anleitet, zwischendurch etwas Babysitten macht, zu jeder Zeit erreichbar ist und auch mal ein paar nicht so schöne Aufgaben übernimmt. So ein Mischpaket findet man hier in Malawi glaube ich nur recht schwer, dazu auch noch jemanden unbezahlten. Ich belege also eigentlich mehr als nur eine Arbeitsstelle, aber diese würden ohne mich zum größten Teil niemals entstehen, da dafür einfach das Geld fehlt. Im Gegensatz zu den anderen Freiwilligen habe ich zwar glaube ich sehr viel Arbeit und auch sehr viel Verantwortung, allerdings ist das auch nicht direkt schlecht. Etwas mehr Entspannung zwischendurch schadet zwar nie, wird man im späteren Arbeitsleben aber wahrscheinlich auch nicht einfach so bekommen. Und außerdem sind meine nächsten Projekte so gemacht, dass es nicht ganz so viel Zeit auf einmal konsumieren wird. Zudem fällt jetzt in den nächsten Wochen oder sogar Monaten eine meine Haupt-Beschäftigungen weg, denn den Gemüse Verkauf müssen wir wahrscheinlich bis auf Weiteres erst einmal unterbrechen. Dadurch werde ich fast zwei ganze Tage mehr in der Woche für meine anderen Aufgaben haben. Richtig durchstarten können wir damit dann erst wieder kurz vor dem Ende meines Aufenthaltes, sodass mein Nachfolger/in diesen dann übernehmen wird.
Auch kriege ich hier von der Kultur nicht unbedingt so viel mit, wie vielleicht der Ein oder Andere denken mag. Im Büro arbeite ich hauptsächlich mit Menschen aus Deutschland, Frankreich oder auch Indien zusammen, meine Vermieter kommen auch aus Indien und sonst habe ich nur meine Arbeitskollegen auf der Baustelle der Lodge, die Malawier sind. Viele andere Leute, die ich kennen gelernt habe, sind auch nicht aus Malawi. Zwar leben die meisten schon etwas hier, aber richtig viel Kontakt mit Einheimischen habe ich hier nicht. Es stimmt zwar, es ist etwas schade, aber so richtig vermisse ich es nicht, da mich viele dieser halt einfach zu anders behandeln. Und um richtig Kultur zu erleben bin ich in der wirtschaftlich größten Stadt des Landes wahrscheinlich eh falsch.
Wenn ich mich hier so im Alltag befinde, treffen dann aber ab und zu doch noch die ein oder anderen Herausforderungen auf mich. Ein Beispiel ist etwa die Umwelt hier in Malawi. Ich persönlich könnte hier fast jeden Tag das Kotzen bekommen. Wohin man auch blickt, man sieht überall Müll. Die Menge an Plastik, das in der Landschaft herum liegt, ist einfach abartig und ich kann es einfach nicht in meinen Kopf bekommen, dass das keinen hier stört. Auch ist das Leben hier eine Herausforderung an sich, nicht ständig in Wutausbrüchen zu enden. Ob beim Fahrradfahren, beim im Minibus sitzen oder einfach beim durch die Straßen Laufen, die Menge an Respekt der Leute geht gefühlt manchmal gegen Null. Auch wenn ich es inzwischen darf, selbst Autofahren würde ich hier, zumindest in der Stadt, niemals machen. Ich fahre ja mit dem Fahrrad nur die Strecke von meiner Arbeit nach Hause, circa 15 Minuten bergauf und bergab, aber schon hier muss ich extrem vorsichtig sein nicht jeden Tag überfahren zu werden. Ein deutscher Student, der hier zeitweise ein Praktikum gemacht hat, hat es mit den Worten ausgedrückt, dass man in Deutschland bei der Fahrschule zuerst lernt die Bremse zu betätigen, hier in Malawi als aller Erstes die Hupe und die Bremse auch nur eventuell am Ende irgendwann. Diese Aussage trifft meiner Meinung nach zu mindesten 99% zu und daraus kann man sich auch gut ableiten, wie es hier in der Stadt auf den Straßen ungefähr zugeht. Spiegel sind anscheinend auch nur modetechnisch existent und Fahrradfahrer sind auch mehr Legenden als wirklich existent. Ich muss mich manchmal echt beherrschen nicht meine ganze Wut und Verzweiflung heraus zu lassen und dass, obwohl ich eigentlich ein sehr ruhiger und offener Mensch bin (zumindest sehe ich mich so).
Das ist zwar jetzt sehr stark verallgemeinernd und trifft auf keinen Fall auf alle Menschen hier zu, aber so erlebe ich es halt so gut wie jeden Tag. Auch fehlt mir hier in Malawi einfach etwas an Struktur. Die deutschen öffentlichen Verkehrsmittel sind zwar nicht unbedingt der Traum, aber sie fahren zumindest ungefähr zu den Zeiten, zu denen sie es sollen. Und dann auch eigentlich immer ohne Probleme. Ein Bus der mitten auf der Strecke aus Benzinmangel liegen bleibt findet man in Deutschland selten, hier aber leider doch das ein oder andere Mal. So richtig verlässlich sind hier leider nicht so viele Dinge oder auch Menschen, Zuspätkommen könnte auch gut zur malawischen Kultur gehören. Auch fehlt es mir an Verständnis bei Dingen wie dem Geld in Malawi. Manche Produkte kosten im Laden wie auch bei uns zum Beispiel 99,99. Allerdings wird hier nicht wie bei uns neben Euro mit etwas wie dem Cent gerechnet, sondern einfach nur mit Kwacha. Warum schreibt man dann noch die ,99 Kwacha dahinter? (Ähnliche Verständnislosigkeit habe ich aber auch an deutschen/europäischen Tankstellen.) Problem ist auch, dass man häufig nicht einmal Beträge kleiner als 20 Kwacha als Rückgeld bekommt, selbst wenn die entsprechenden Münzen vorhanden sind. Die 1 Kwacha Münze existiert zwar, wird aber auch beinahe nicht mehr benutzt, genauso wie die meisten anderen Münzen, was wahrscheinlich an den Herstellungskosten liegt, die um einiges höher sein werden als die Münzen dann danach.
In den nächsten Monaten möchte ich auf jeden Fall noch einiges von Malawi sehen, ich habe noch 20 Urlaubstage über und die werde ich auch alle gut nutzen. Noch in andere Länder zu reisen lohnt sich für mich nicht unbedingt, aus extremem Sightseeing würde ich dort nichts machen und für die Visa würde recht viel Geld draufgehen, welches ich lieber spare oder wenn dann hier in Malawi nutze. Auch ist das geplante Praktikum noch etwas, worauf ich sehr freue. Das Einverständnis meiner Chefin habe ich bereits, ich muss also nur noch die richtige Stelle finden und dort alles absprechen. Bei den Reisen durch das Land kommen dann vielleicht auch noch andere Freiwillige mit, ein paar Sachen stehen sogar jetzt schon fest. Wenn irgendwie möglich würde ich super gerne auch die nächsten Freiwilligen noch treffen und hier in Malawi willkommen heißen, was aber wahrscheinlich nichts wird. Meine Aufgaben in den nächsten Monaten sind mehr als nur spannend, ich kann so wirklich etwas hinterlassen, das Umherreisen wird noch super und bisher weiß ich nichts Schlimmes, das noch kommen wird, weshalb sich die ab und an aufkommenden Gedanken an Deutschland doch recht schnell wieder vertreiben lassen.
In den letzten Monaten ist einiges passiert, sodass ich mit dem Berichte schreiben gar nicht hinterher kam. Nun ein schon längst überfälliges Update.
Zu aller erst fange ich damit an, dass ich seit den Weihnachtsferien (Dezember-Januar) in der Grundschule in Chipunga mithelfe. Nachdem ich nun ein halbes Jahr die Vorschule begleitet habe, fand ich, dass es an der Zeit für einen Wechsel wäre. Nun versuche ich den Lehrer/innen von 6:45 Uhr bis ca. 14:00Uhr so gut es geht zur Hand zu gehen, wodurch ich einfach auch mehr ausgelastet bin. In der Grundschule unterstütze ich die Kids, wenn sie Hilfe brauchen bei ihren Übungsaufgaben und korrigiere Arbeitsaufträge.
Nun möchte ich euch kurz das Schulsystem von Malawi erklären.
Die Grundschule (Primary School) geht insgesamt 8 Jahre. Man nennt die Klassen Standard 1-8. Hier wird teilweise auf Englisch und teilweise in Chichewa, der Landessprache, unterrichtet. Die Grundschule ist für alle kostenlos.
Ein Schuljahr besteht aus drei Terms, wobei am Ende jedes Terms eine Art zusammenfassendes Examen geschrieben wird, natürlich gibt es auch zwischendrin einige Tests, wobei der/die Lehrer/in die Häufigkeit und Inhalt entscheiden darf. Am Ende des Schuljahres wird daraus die Note berechnet, welche dann im Zeugnis steht.
Anschließend gehen die Kinder für 4 Jahre in die Secondary School, hier wird jedoch ausschließlich in Englisch unterrichtet, was für einige zum Problem werden kann, wenn sie nicht gut in Englisch sind. Zudem müssen die Familien hierfür Schulgebühren bezahlen (meistens nur so zwischen 10.000-15.000MKW (=12,00-18,00€) pro Term, trotzdem kann es für die Familien hier sehr viel Geld sein).
Wenn die Familie genug Geld hat, kann sich der/die Schüler/in anschließend bei einem College oder Uni bewerben. Der Unterschied dazwischen ist, dass ein staatliches College um die 35.000 MKW pro Term kostet, während eine Uni mehrere 100.000MKW kosten kann. Zudem kann man auf dem College nur ein Degree erwerben, während man auf der Uni auch ein Diploma abschließen kann. Natürlich spielen die Noten der Secondary Schule auch eine große Rolle, für die Bewerbung an einem College oder einer Uni, so wie wir das auch aus Deutschland kennen.
Um in Malawi Grundschullehrer/in zu werden muss man nach der Secondary Schule für ein Jahr auf ein College gehen. Anschließend arbeitet man ein Jahr an einer Grundschule praktisch mit, wobei man von den Dozenten noch unterstützt wird. Als ausgebildete/r Grundschullehrer/in muss man sich bei der Regierung bewerben, diese stellt Lehrer/innen an und bezahlt das Gehalt von 100.000MKW mtl., was ca. 115€ sind. Es ist obligatorisch, dass die Lehrer/innen irgendwann von der Regierung angestellt werden, allerdings kann das manchmal etwas dauern, wodurch dann eine Lücke zwischen Ausbildung und Job entsteht. Natürlich wechseln einzelne auch an eine private Schule.
Im Unterschied zu Deutschland, unterrichten die Grundschullehrer/innen alle Schulfächer, da es keine spezialisierten Fachlehrer/innen gibt. Natürlich findet etwas Absprache unter den Lehrkräften statt, denn jedem liegt ein anderes Unterrrichtsfach besser, trotzdem ist es eine große Belastung so viele verschiedene Fächer unterrichten zu müssen. Von Mathe, Englisch, Chichewa, bis zu Naturwissenschaften, Bibelwissen, Expressive Arts, Social Skills und Landwirtschaft, wird alles unterrichtet. Zweimal die Woche gibt es nachmittags ein Sportangebot für die Schüler/innen, Fußball für die Jungs und Netball für die Mädchen.
Natürlich ist auch die Größe der Klasse eine zusätzliche Belastung (in Chipunga sind es in den jüngeren Klassen um die 40 Kids, in anderen Schulen können es auch mal mehr sein).
Außerdem sind die Klassenräume in Chipunga recht dunkel, es gibt keine großen Fenster und auch keine Lampen, da es keinen Strom gibt.
Für die Abschlussklasse (Standard 8) wurde eine Solarlampe gekauft, da sie auch abends noch lernen müssen und bis zu ihren Examen im Mai oft in der Schule übernachten.
Ein Problem speziell bei der Grundschule in Chipunga ist, dass es nicht genügend Klassenräume für alle 8 Grundschulklassen gibt. Die dritte und vierte Klasse haben keine Klassenräume. Zuerst wurden sie draußen unter einem Wellblechdach unterrichtet, nun in der Regenzeit, werden die dritte und vierte Klasse mit anderen Klassen in einem Klassenzimmer unterrichtet, z.B. die erste und vierte Klasse werden im gleichen Raum unterrichtet, wodurch dann im Endeffekt um die 80 Kinder in einem Klassenraum sind.
Zudem gibt es nicht genügend Schultische für alle Kinder. Die jüngeren Klassen müssen alle auf dem Boden sitzen.
In Chipunga gibt es 9 Lehrer/innen und einen Assistent Lehrer, für alle 8 Schulklassen. Gar nicht so selten kommt es vor, dass aus verschiedenen Gründen, einige Lehrer/innen fehlen, wodurch dann oftmals ein/e Lehrer/in für zwei Klassen zuständig ist.
Gründe für das Fehlen der Lehrkräfte sind: Jede(r) Lehrer/in muss einmal im Monat nach Mzuzu fahren, um ihr/sein Gehalt abzuholen, wodurch sie einen kompletten Tag im Monat nicht unterrichten können. Auch wenn eine Lehrkraft krank ist und ins Krankenhaus möchte, um medizinisch versorgt zu werden, muss sie erstmal über eine Stunde ins Nachbardorf laufen, da erst dort das nächste Krankenhaus ist. Auch dies beansprucht sehr viel Zeit. Eine weitere Möglichkeit für Fehltage der Lehrkräfte sind Beerdigungen. In Malawi sind Beerdigungen eine sehr große Angelegenheit. Viele Menschen kommen aus den herumliegenden Dörfern und trauern und singen mit den Angehörigen. Auch ich begleitete einmal meine Gastfamilie zu einer Beerdigung im Nachbardorf. Dort waren rund 400 Leute. Es wurden viele Reden gehalten und viel gesungen. Obwohl ich kaum etwas verstehen konnte, da Chitumbuka gesprochen wurde, war es sehr berührend.
Auch die Kinder fehlen oder verspäten sich regelmäßig aus verschiedenen Gründen, z.B. wegen einem zu weiten Schulweg oder Regen. Manchmal bekommen die Kinder auch von Zuhause keine Unterstützung, die Eltern möchten, dass sie auf dem Feld mitarbeiten oder auf die Geschwister aufpassen. Ein weiteres Problem ist, dass die Kinder manchmal zuhause kein Frühstück bekommen und dadurch dann aufgrund von Hunger irgendwann wieder nach hause gehen. Nun hat der Chipunga Förderverein Grace ein School Feeding Programm gestartet, wodurch die Kinder einmal am Tag Brei bekommen.
Zudem kann für die Mädchen ihre Menstruation zum Problem werden, da sie sich keine Tampons oder Binden leisten können und dann einfach während dieser Zeit zuhause bleiben. Natürlich kommen noch die Gründe hinzu, welche wir auch aus Deutschland kennen, wie Krankheit und fehlende Motivation.
Dennoch geben sich die Lehrer/innen viel Mühe den Kindern den Lernstoff, auch mit nur wenigen Mitteln, beizubringen. Ohne Beamer, Laptop, Internet, Strom, Experimentiergeräte,… Nur eine verblasste Tafel, Kreide und die Lehrbücher, welche die Regierung zur Verfügung stellt. Zudem haben die Kinder auch nicht 10 verschiedene Hefte mit verschiedenen Umschlägen und ein super gut ausgestattetes Mäppchen mit HD und 2D Bleistiften, Radiergummi, Füller, Textmarker, Buntstifte, Lineal,…. Ein DIN A5 Heft für alle Fächer und meistens ein Stift. Oft bricht allerdings vor den Übungsaufgaben eine Unruhe im Raum aus und die halbe Klasse verschwindet, um sich von den anderen Klassen einen Stift auszuleihen, da sie selbst keinen haben.
Es wird auf eine andere Art und Weise als in Deutschland unterrichtet. Regelmäßig hört man aus einem Klassenzimmer lauten Gesang oder Gelächter. In Kunst werden z.B. mit dem lokalen Lehm Küchengegenstände nach gebaut (Topf, Löffel,…) oder aus Bananenrinde Seile hergestellt.
In Social Skills wird über Drogen, Alkohol, HIV/AIDS, … gesprochen.
Mein eigenes Projekt:
Zudem habe ich nun ein eigenes Projekt ins Leben gerufen. Es handelt sich um eine Brieffreundschaft zwischen der Grundschule in Chipunga und der Staudinger Schule in Freiburg.
Leider gestaltete sich das alles etwas komplizierter, als ich erwartet hatte. Es dauerte überraschenderweise lange, bis die Briefe in Chipunga verfasst wurden. Als ich dann Bilder von jedem/r Schüler/in machen wollte, war über die Hälfte der Kinder nicht anwesend, weil es der letzte Schultag vor den Ferien war. Natürlich kommt mir das aus meiner Schulzeit bekannt vor…
Die geschriebenen Briefe, einige Bilder von dem Schulgebäude und einen erklärenden Text gab ich meinen Eltern mit, welche sie weiterleiteten. Nun heißt es auf eine Antwort von den deutschen Kids zu warten, damit es dann möglichst bald in die nächste Runde des Austauschs gehen kann. Demnächst kommen ehemalige Freiwillige zu Besuch, wobei ich hoffe, dass diese die Briefe aus Deutschland nach Malawi bringen können.
Diese mit der Post zu schicken wäre zu teuer, außerdem dauert das zu lange und es besteht ein Risiko, dass sie vielleicht gar nicht ankommen.
Zu Besuch bei einer anderen Organisation:
Eine weitere Neuigkeit ist, dass ich Anfang Februar 2019 mit der NGO namens „Hope for Relief“ unterwegs war. Ich begleitete diese lokale Organisation für drei Tage bei ihrer Arbeit. Dafür reiste ich in den nördlichsten Teil Malawis, nach Chitipa. Tansania und Sambia sind von dort aus zum Greifen nahe. Mein Handy empfing sogar tansanisches Netz.
Gemeinsam besuchten wir das. PMTCT-START FREE HIV AND AIDS PREVENTION PROJECT, in dem ländlich gelegenen Kameme. Dort ist ein Health Center, welches ca. 25.000 Menschen versorgt, darunter auch Patienten aus Sambia und Tansania. Da in dieser Gegend über die hohe Rate an HIV/Aids geklagt wurde, hat „Hope for Relief“ dieses Projekt ins Leben gerufen.
Dabei geht es hauptsächlich um die Aufklärung der Bevölkerung über HIV/Aids, PMTCT (Mother-To-Child-Transmission und Geldsparmöglichkeiten (Villagebank). Um diese Themen der Bevölkerung nahe zu bringen, hat „Hope for Relief“ 20 Freiwillige aus dieser Gegend geschult, jeder Freiwilliger hat sich eine eigene, seinem Geschlecht entsprechende, Selbsthilfegruppe zusammengestellt, wo über diese Themen diskutiert wird. Diese Selbsthilfegruppen werden regelmäßig von Hope for Relief Mitarbeitern/innen besucht, um über bestehende Probleme zu sprechen.
Während der Regenzeit gestaltet sich diese Besuche etwas schwieriger, da die Straßen sehr schlecht sind. Auch wir sind fast eine Stunde auf dem Gelände einer Grundschule im Schlamm festgesteckt. Für die Schüler/innen war das natürlich das Highlight des Tages. Die Lehrer und älteren Schüler halfen uns das Auto wieder aus dem Schlamm zu befreien. Bei solchen Pannen findet man immer sofort Hilfe.
Ein weiteres Hindernis, womit „Hope for Relief“ bei diesem Projekt zu kämpfen hat ist, dass im Chitipa Distrikt mehrere verschiedene Sprachen gesprochen werden, sodass selbst die Einheimischen manchmal untereinander Kommunikationsprobleme haben.
Beeindruckend fand ich, dass eine Frauenselbsthilfegruppe, welche wir besucht hatten, sich von ihren eigenen Ersparnissen eine Art Uniform gekauft haben (einfarbige T-Shirts). Zwar sind sie sehr einfach, trotzdem zeigt es Engagement und dass die Gruppe als eine Einheit angesehen werden möchte. Zudem präsentierten sie uns ein Theaterstück, welches sie sich selbst ausgedacht hatten. Sie spielen regelmäßig Theaterstücke über die Themen, welche sie in ihrer Selbsthilfegruppe ansprechen, dadurch sollen sie den Bewohnern, egal ob groß oder klein, näher gebracht werden.
Am nächsten Tag besuchten wir eine ländlich gelegene Secondary Schule, an welcher das Projekt DREAM IT BE IT für Mädchen durchgeführt wird.
Hierbei wird über Fragen gesprochen, wie z.B.
Was für Berufe gibt es eigentlich? Was möchte ich später machen? Was sind meine Ziele im Leben und wie sind diese zu erreichen? Auf welche Probleme könnte ich stoßen und wie kann ich sie bewältigen? Die Mädchen sollen sich über ihre Zukunft Gedanken machen und an ihren Zielen hart arbeiten. „Hope for Relief“ möchte, das die Mädchen unabhängig werden. Das Projekt hat ein Curriculum, welches sehr einfach verfolgt werden kann.
Ich finde es gut, dass gerade die Mädchen unterstützt werden, denn gerade sie haben es oft schwer aus den kulturellen Zwängen auszubrechen, anstatt daheim sich um Mann, Haus und Kinder zu kümmern, selbst erstmal Karriere zu machen und eigenes Geld zu verdienen.
Zudem besuchte ich ein weiteres Projekt von dieser noch sehr jungen NGO in Rumphi, wo sie ihr Hauptbüro haben. Es heißt KEEP GIRLS SAVE IN SCHOOL. In einer Secondär Schule haben wir
wiederverwendbare Binden an die Mädchen einer Klasse verteilt. Zudem wurden sie darüber aufgeklärt, wie sie diese zu benutzen haben und was sie sonst noch beachten müssen, wenn sie ihre Periode bekommen. In Malawi ist es ein sehr großes Problem, dass die Mädchen während ihrer Menstruation einfach zuhause bleiben, da sie sich keine Tampons oder Binden leisten können. Dies bedeutet, dass wenn sie jeden Monat eine Woche daheim bleiben, weil sie ihre Periode haben, es auf das Jahr hoch gerechnet 12 Wochen, also 3 Monate sind, welche sie die Mädchen nicht zur Schule gehen und dadurch wichtigen Unterrichtsstoff verpassen, dies ist eindeutig zu viel…
„Hope for Relief“ hat zudem bereits drei Waschräume gebaut, in welchen sich die Mädchen während ihrer Menstruation unauffällig waschen können.
Außerdem sprechen die Mitarbeiter/innen von „Hope for Relief“ Themen wie HIV/Aids, Verhütung, Schwangerschaft und frühe Heirat, an. Sie versuchen die Mädchen zu motivieren ihre Schulbildung zu beenden, um später bessere Chancen auf einen guten Job und Unabhängigkeit zu haben.
Nun mein Eindrücke von Chitipa:
In und um Chitipa ist mir aufgefallen, dass es nochmal um einiges mehr Bäume gibt als in der Gegend um Mzuzu. Zudem gibt es wunderschöne bewaldete Hügel.
Die Stadt ist sehr übersichtlich, es gibt eine große geteerte Straße, wovon mehrere kleine Dreckstraßen abgehen. Zudem gibt es nur begrenzt Einkaufsmöglichkeiten (Peoples und Chipiku Store) und natürlich einen lokalen Markt.
Besonders hatte es mich überrascht, dass es hier üblich ist, abends gemeinsam als Ehepaar in die lokalen Bars zu gehen. Sonst kann man meistens nur die Männer in Bars oder Clubs antreffen, während die Frauen zuhause die Kinder und das Haus hüten. Natürlich macht alleine dieser Fakt die gesamte Stadt um einiges attraktiver. Nirgends anders in Malawi konnte ich dieses Phänomen beobachten.
Überraschungsbesuch im Internat meiner Gastschwester:
Eine Tochter der Kasambalas besucht eine Secondary School in Chitipa. Zufälligerweise war während meines Aufenthalts Besuchstag in ihrem Internat, sodass ich die Möglichkeit ergriff und ihr einen Überraschungsbesuch abstatte, worüber sie sich sehr freute.
Umzug in Mzuzu:
Eine weitere Neuigkeit ist, dass ich Mitte Februar umgezogen bin. Im Mzuzu wohne ich nicht länger in der Mzoozoozoo Lodge, sondern teile mir ein Haus mit einer Freiwilligen aus Mexiko auf der anderen Seite der Stadt. Vor allem die Steckdose im Zimmer, den Kühlschrank und die eigene Küche genieße ich in vollen Zügen.
Hier ein paar Eindrücke meiner neuen Wohnsituation:
Reise in den Süden:
Nach über sechs Monaten in Malawi schaffe ich es auch endlich mal den Süden zu besuchen.
Mit dem großen Überlandbus Sososo reiste ich nach Blantyre/Limbe. Es war ungefähr eine 11 stündige Busfahrt, jedoch hat es sich gelohnt, Blantyre/Limbe ist wirklich sehr schön. Die Mittelstreifen der Straße sind mit Palmen und Blumen verziert, zudem kann man immer wieder im Hintergrund der Stadt gewaltige Berge erblicken.
Abgesehen von den riesigen Filialen, worin man echt fast alles bekommt (z.B. in Shoprite, Game, …), gibt es auch unzählige Dapps (Secondhand Kleidungsläden, worin ich mal meine Klamotten Kollektion erneuern konnte) und sehr große interessante lokale Lebensmittel-, Kleinkrams- und Klamotten-Märkte, welche ihren ganz eigenen Flair ausstrahlen.
Zudem ergatterte ich einige schöne Kunsthandwerkstücke, welche nun mein neues Zimmer schmücken.
Es machte einfach Spaß sich in den großen Läden satt schauen zu können und wie ein kleines Kind von Regel zu Regal zu rennen, aus dem Staunen nicht mehr raus zu kommen, und am Ende trotzdem nicht zu kaufen, da alles viel zu teuer ist. Überraschend wieviel mehr Blantyre zu bieten hat und erst nach meinem Aufenthalt in Blantyre bemerke ich so richtig, dass es in Mzuzu wirklich ein nur eingeschränktes Warensortiment gibt. Trotzdem ist mir Mzuzu noch um einiges lieber.
Die die Kriminalität ist in Blantyre um einiges höher, als in Mzuzu. Ich wurde des Öfteren gewarnt, dass ich auf mein Handy und weitere Wertgegenstände besonders aufpassen sollte. Zudem fielen mir die vielen bettelnden Straßenkinder auf, welche ich aus Mzuzu gar nicht gewöhnt bin.
Blantyre ist sehr groß, wenn man irgendwo hin möchte muss man mit dem Minibus oder Auto fahren. Dieser Punkt liebe ich an Mzuzu, dass man fast überall hin einfach laufen kann, ohne groß Ausgaben für Transportmittel zu haben.
Nachdem ich Blantyre und Limbe etwas erkundet hatte ging meine Süden-Erkundungstour weiter nach Zomba. Dort checkte ich zuerst einige Lodges für die Reise meiner Mutter ab, was oft ganz schön ermüdend sein kann. Trotzdem konnte ich dadurch schon viele Orte kennen lernen, welche ich sonst gar nicht gesehen hätte.
Am nächsten Tag ging es weiter in den Liwonde National Park, dort verbrachte ich mit einigen Freunden ein paar Nächte in der Kutshire (bush, jungle) Lodge. Da gerade Nebensaison ist bekamen wir ein Upgrade und konnten für den Preis der Dorms in jedem uns beliebigen Zimmer schlafen. Wobei es echt eine riesen Auswahl gab, Baumhaus, Aussichtspattform oder luxuriöses Chalet?. Meine Wahl fiel für eine Nacht auf das Baumhaus und für die restlichen Nächte auf die Aussichtsplattform, da man von dort aus nachts mit einer starken Taschenlampe wilde Tiere beobachten konnte.
Das Essen war auch einfach fantastisch. Es gab keine Menükarte, wie man es aus anderen Lodges oder Restaurants gewohnt ist, sondern man wurde zu jeder Mahlzeit von neuem Überrascht. Abends gab es dann eine Art Buffet, wobei es vegetarisch und nicht vegetarisch gab. Den Tag ließen wir entspannt am Lagerfeuer ausklingen, während die Besitzer uns spannende Geschichten über ihre Erlebnisse mit den wilden Tieren im Park erzählten, gleichzeitig lauschten wir den Nilpferd und Löwen Rufen, welche gar nicht so weit weg zu sein schienen.
Eine wichtige Regel in dieser Lodge ist, dass man sobald die Dunkelheit hereinbricht nicht mehr alleine zu seinem Zimmer laufen darf, aufgrund der wilden Tiere, welche manchmal dem Camp einen Besuch abstatten.
Wir nahmen auch an einer Safari Bootstour teil. Dabei konnten wir viele Nilpferde aus der Nähe beobachten, was sehr beeindruckend war. Zudem sahen wir Krokodile, Elefanten, verschiedene Antilopenarten und viele Vögel.
Auf dem Rückweg nach Blantyre besuchten wir noch den Chilema Tree in Malosa. Es ist ein 200x50m großer Baum, welcher eine in Indien beheimatete epiphytisch wachsende Feige ist. Es ist das einzige Exemplar in Malawi und echt beeindruckend. Man kann es kaum glauben, dass es sich wirklich nur um einen einzigen Baum handelt. An mehreren Stellen wächst der Stamm in den Boden und kommt an einer anderen Stelle wieder aus dem Boden heraus. Es wirkt wie ein Labyrinth aus Stämmen.
Zudem statteten wir dem Zomba Plateau einen Besuch ab. Es ist ein Berg von den Shire Highlands und am höchsten Punkt 2.087 m hoch. Schon bereits die Straße nach oben bietet hin und wieder atemberaubende Ausblicke. Zudem konnten wir dort Früchte finden, welche ich in Mzuzu nicht finden kann, z.B. Physalis.
Zu dem Thema hatte ich mich schon einmal kurz geäußert und angekündigt, das ich dazu noch einmal etwas schreibe. Das habe ich erfolgreich dann nochmal verschoben und so sitze ich jetzt an meinem Computer um 08:39 pm und will euch jetzt berichten was ich herausgefunden habe.
Der Weg des Mülls.
Der Weg des Mülls ist je nach Ort und Erzeuger unterschiedlich, wer hätte das gedacht. Viele Häusergruppen, aber auch kleinere Organisationen (wozu RICE eigentlich nicht zählt) errichten einfach einen Hügel, in einem Bereich des ihnen zur verfügung stehenden Geländes oder in einer Kuhle und ihn später verbrennen. Doch was machen Hotels mit ihrem Müll und wohin wird der Müll aus den Mülltonnen in der Stadt gebracht. Der kann ja nicht einfach so rumliegen oder verbrannt werden, mitten in den Straßen der Stadt.
Wird er auch nicht. Er wird abtransportiert, und zu einer Müllhalde gebracht. Tatsächlich landet auch dort der Müll von Hotels und jedem der sich den Service leistet/ leisten kann, denn das ganze wird durch eine staatliche Organisation geregelt. Damit davon auch immer mehr Menschen erfahren, werden Trainings veranstaltet, wo sich die Müllentsorgung und Verarbeitung nicht nur vorstellt, sondern auch vermittelt, was Müll ist, in welche Kategorien man ihn unterteilen kann und in welche Sie diesen unterteilen. Auch wird die Bildung eines Entsorgungssystems unterstützt, Erfahrungen sind ja anscheinend vorhanden. Zum Schluss ging es dann noch zu einer kurzen Führung über die Müllhalde.
Dort wurde uns auch erklärt, was mit dem Müll genau passiert.
Nachdem jeglicher Müll, je nach Abmachungen mit den entsprechenden Erzeugern, abgeholt wurde, wird er auf der Müllhalde erstmal unsortiert abgeladen. Nach 3 Monaten wird der Haufen mit den Älteren umgelagert, nach einem System, was uns der Führer aber auch nicht näher erklären konnte. Nach dem ein Jahr vergangen ist, der Müll also 3 mal umgelagert wurde, und er nun zum großteil zu Erde geworden sein sollte, wird das Gemisch in Schleudern nach Plastik und anderen größeren Teilen gesiebt. Danach wird das Restgemisch, auf einen etwas sumpfigen Gebiet hinter den Hallen vorerst endgelagert. Abgesehen davon fehlt den Arbeiter*n*innen jegliche Schutzausrüstung, nicht mal Handschuhe gegen die Glasscherben.
Ich weiß nicht mehr was ich dazu sagen soll. Mir fehlt jeglicher Vergleich zur Müllverarbeitung, sowohl hier in Uganda, Afrika oder Deutschland, da ich diese auch nie besucht habe, also kann ich mir hier kein Urteil erlauben. Dennoch schockiert mich das Gesehene. Und das wir, als RICE-WN nicht mit gutem Beispiel vorangehen, wundert mich doch. Dazu kommt das der Müll den wir produzieren, zum Teil ja noch nicht mal da ankommt wo er hin sollte, auch wenn diese Grube, wo wir ihn dann verbrennen, nicht unbedingt eine gute Lösung ist. Stattdessen landet er bei Veranstaltungen auf dem Boden und auch wenn ein Mülleimer in der Nähe ist.
Das Training, so hatte ich gehofft, sollte zumindest die, die mit mir dort waren etwas wachrütteln, dies war auch der Fall. Das aber die Nachricht nicht den Rest meiner Kollegen erreichte, enttäuschte mich doch, ist Nachhaltigkeit doch ein für uns wichtiges Schlüsselthema. Als ich meinen Supervisor deswegen ansprach, wurde ich sogleich Verantwortlicher zur Erstellung eines Müllentsorgungs-, bzw. verwaltungsplans.
Das wird Spaßig?
Das wars jetzt erstmal zum Müll.
Ansonsten bringe ich zwei Kollegen bei, mit einem Digitalen Multimeter und einem Lötkolben und Lötzinn, Dinge zu reparieren, von Verlängerungen und Verteilern bis zu unseren Solar Home Systemen. Im Gegenzug lerne ich von ihnen etwas mehr über ihre Projekte. Fieldtrips stehen noch aus sind aber quasi geplant.
Ich hoffe ihr hattet einen guten Rutsch ins neue Jahr
Am 11. Februar vor genau 6 Monaten habe ich das erste Mal Fuß auf malawischen Boden, den afrikanischen Kontinent und die Südhalbkugel gesetzt. Seitdem habe ich viel Neues gelernt und erfahren, Freundschaften geschlossen, Malawi als ein wunderschönes, authentisch naturbelassenes Reiseland kennengelernt und einige Tief- doch zum Glück zum größten Teil Höhepunkte erlebt.
Das Jahr erscheint mir wie das Erklimmen eines Berges: am Anfang ging es sachte bergauf, alles war neu und aufregend und bei all‘ den fremden Eindrücken blieb bloß Zeit zum Aufnehmen und Staunen und wenig Zeit zum Hinterfragen und Nachdenken. Im Laufe des Weges wurden viele Dinge normal und zum Alltag und mit der Zeit stellte sich immer mehr ein Gefühl von Zuhause ein, so wie man sich im Laufe einer Wanderung an das Gehen gewöhnt. Doch mit der Gewöhnung wurden einige Dinge auch nervig und kulturelle Unterschiede wurden deutlicher Trotzdem war ich glücklich mit meinem Leben hier und freute mich, was für ein gutes Leben ich in Malawi führen kann, obwohl ich glatt von einem der reichsten Länder der Welt in einem der ärmsten Länder der Welt gelandet war. Reichtum ist eben nicht nur an wirtschaftlicher Entwicklung und Geld zu messen!
Im November und Dezember schien der Anstieg zum Gipfel langsam steiler zu werden. Ich vermisste immer mehr Dinge aus meinem Leben in Deutschland und die Kompliziertheit, mit der vieles hier verbunden ist, ging mir immer öfter auf die Nerven. Privilegien, die ich mein Leben lang in Deutschland hatte, wurden mir immer stärker bewusst und über diese Erkenntnis bin ich sehr froh. Das Kusamala stellte sich als nicht sonderlich geeignete Einsatzstelle heraus und ich wurde immer genervter davon, dass ich mich dort nicht wirklich willkommen und wertgeschätzt fühlte und von einer allgemeinen Desmotivation umgeben war, während ich mich in meiner Freizeit von engagierten Menschen umgab. Immer öfter versuchte ich Zeit für YSD zu finden, da ich dort immer freudig empfangen und direkt mit zahlreichen Aufgaben überhäuft wurde. Auch sonst war mein Leben außerhalb des Kusamalas eigentlich toll: Carl war zu Besuch, ich machte mir eine schöne Weihnachtszeit und unser Silvesterausflug war ein richtiges Highlight. Und dennoch spürte ich zeitweise eine gewisse negative Grundstimmung bei mir.
Anfang Januar sehnte ich dann dem Gipfel des Berges immer mehr entgegen. Ein Jahr kam mir plötzlich sehr lang vor, vor allem mit dem Wissen, gerade noch nicht einmal die Hälfte geschafft zu haben. Anfang Januar fing ich auch endlich an ernsthaft über einen Projektwechsel nachzudenken. Viele Menschen hier halfen mir die Probleme am Kusamala deutlicher zu sehen und aufzuhören die Situation schön zu reden. Der Projektwechsel kam dann rasanter als geplant und stellte in gewisser Hinsicht den letzten steilen Anstieg zum Gipfel des Berges da. Am 5. Februar, fast genau 6 Monate vor meinem Rückflug nach Deutschland am 6. August hatte ich also meinen letzten Tag am Kusamala. Die Erleichterung, die sich darüber bei mir einstellte, machte mir noch einmal deutlich bewusst, wie sehr mich die Situation eigentlich doch gestört hatte.
Dann kam das Bergfest, die Halbzeit, die „zombanische Wende“! Vom 7.-15. Februar war ich in Zomba, eine wunderschöne kleine Stadt im Süden Malawis und ein absoluter Höhepunkt meiner Zeit hier. Passend, dass diese schöne Woche gleichzeitig mit dem Erreichen des Gipfels, also der Halbzeit und der erleichternden Wende in Bezug auf mein Projekt zusammenfiel. In Zomba wollte ich in der Pakachere Backpacker Lodge einen 5-tägigen Permakulturworkshop geben, den ich basierend auf meinen Erfahrungen während des PDC selbst gestaltet hatte. Der Workshop wurde ein großer Erfolg, die 8 Gärtnern aus Zomba lernten begeistert über Permakultur und setzten das Gelernte direkt praktisch im Pakachere Garten um. Wir pflanzten Bananen und Moringa-Bäume, legten Beete an und bauten eine schöne Kräuterspirale. Die Gärtner waren wohl begeistert, denn der Kurs hat sich rumgesprochen und ich bin eingeladen, den Workshop noch einmal zu geben für weitere interessierte Gärtner.
Auch sonst war meine Zeit in Zomba nur von lauter positiven Momenten geprägt. Ich wohnte in der Pakachere Lodge und genoss die tolle Atmosphäre, die netten Menschen um mich und das leckere Essen. Zomba ist eine kleine Stadt, viel entspannter als Lilongwe. Ich ging gerne auf den Markt und freute mich vor allem, dass es hier leckere Macadamianüsse zu kaufen gab. Am Samstag erklommen wir zusammen mit einer Gruppe an Freunden das Zomba-Plateau, einen platten Berg, von dem wir eine unglaubliche Aussicht auf die Umgebung hatten. Zomba hat einen botanischen Garten, alte noch aus der Kolonialzeit stammende Häuser und einen grünen Golfplatz, sodass sich im Gegensatz zu allen anderen mir bekannten malawischen Städten tatsächlich Möglichkeiten für Spaziergänge ergaben. Zusammen mit Julia (eine Medizinstudentin aus Deutschland, die gerade ein Praktikum am Krankenhaus in Zomba macht und mit der ich mich direkt einfach nur super verstanden habe) drehte ich also am Sonntag eine schöne Runde in Zomba. Meinen letzten Abend feierten wir in einem italienischen Restaurant mit hausgemachter italienischer Pasta, italienischem Rotwein und richtigem italienischen Eis, ein absoluter Traum!!
Jetzt bin ich zurück in Lilongwe und auf einmal scheint die Zeit zu rennen. Vom Gipfel geht es nun bergab, und der Weg nach unten ist bekanntlich leichter zu beschreiten. Das Ziel der Wanderung ist in Sicht und vor allem die Aussicht auf meine geplanten Aktivitäten in den verbleibenden Monaten rücken das Ende der Wanderung, den 6. August, den Rückflug nach Deutschland zusätzlich näher. Ein halbes Jahr erscheint plötzlich sehr kurz! Das Gefühl hier so richtig angekommen zu sein wird immer stärker. Ich freue mich auf Deutschland, freue mich aber genauso, wenn nicht mehr, das halbe Jahr hier noch zu haben und zu genießen. Ein gutes Gleichgewicht hat sich eingependelt. Ich sehe es als etwas ganz Besonderes, dass ich hier so ein gutes Zuhause gefunden habe. Mein Mitbewohner Deus und seine Freundin Vitta sind zu meinen besten Freunden hier geworden. Mit Deus kann ich einfach über alles reden und ich merke immer wieder wie unfassbar glücklich mich das macht! Zusammen haben wir sogar vor kurzem angefangen an jedem Wochenende einen Harry Potter Film zu schauen, dieses Wochenende ist die Nummer 5 dran!
Gerade mache ich für 3 Wochen ein Praktikum am Lilongwe Wildlife Center. Ich habe spannende Aufgaben und bin sehr glücklich endlich einen tollen Arbeitsort gefunden zu haben. Zum einen bin ich für die tree nursery verantwortlich und daher gerade dabei das Pflanzen von zahlreichen Samen und Setzlingen zu organisieren. Zum anderen bringe ich ein bisschen Struktur in die zahlreichen Komposte und baue einige verschiedene Komposthaufen und –arten und bereite das Ganze für die Bildungsarbeit auf. Weiterhin versuche ich einer anderen Praktikantin im Bereich Waste Management zur Hand zu gehen. Nach nur 5 Tagen habe ich gefühlt schon mehr erreicht und mehr Verantwortung übernommen als am Kusamala in 5 Monaten. Das ist ein bisschen frustrierend, gleichzeitig aber auch bestätigend, den richtigen Schritt gegangen zu sein. Es ist wunderbar, von so vielen netten und motivierten Menschen umgeben zu sein, die meine Ideen aufnehmen und die Umsetzung fördern. Die zahlreichen Affen, die in den Bäumen herumturnen und mich immer wieder zum Schmunzeln bringen, tragen natürlich auch maßgeblich zur Arbeitsatmosphäre bei!
Offiziell werde ich mein Projekt zum 1. April wechseln und mich dann an die Entwicklung eines neuen Waste Management Projekts machen, mehr dazu, wenn es soweit ist! Bis dahin habe ich im März noch eine Reise in den Norden Malawis geplant, wo wir auch unser Zwischenseminar haben werden.
So weit, so gut! Ganz liebe Grüße aus der Regenzeit!
Es ist Sontag der 27. Januar und ich sitze im Igar Café in der Innenstadt Jinja, direkt an der Main Street. Feiertags ist kaum etwas los und die Stadt scheint unter der Mittagshitze vor sich hin zu dösen. Als einer der wenigen Cafés bietet das Igar kostenloses WLAN an, ist also ideal zum Internet schnorren. Neben mir liegt eine Ausgabe des Sunday Monitor und ich blättere gelangweilt durch die Seiten. Und siehe da: Auf einer Seite, auf der es um den bedauernswerten Zustand des ugandischen Gesundheitssystems geht, wurde groß ein Foto einer unserer Fahrradambulanzen in Budondo abgebildet. Schon vor ein paar Wochen waren wir im Monitor, jetzt haben sie das Bild nochmal gebracht. Gute Werbung für uns! Was gibt’s sonst noch Wichtiges und Unwichtiges aus Uganda? In Kampala malen Motorraddiebe einfach neue Nummernschilder auf das Diebesgut und kommen damit anscheinend bei den Behörden durch. Die diesjährige Miss Africa heißt Quinn Abenakyo und kommt aus Jinja. Und gestern war Befreiungstag, d.h. vor 33 Jahren hat die National Resistance Movement (NRM) unter Yoweri Museveni die Macht in Uganda übernommen. Das bedeutet auch: Seit 33 Jahren ist Uganda nun unter der Herrschaft Musevenis. Anlässlich dazu hat die Zeitung Leser befragt, was sie von der NRM-Regierung halten. Interessant dabei ist, dass alle behaupten, viele Menschen im Land seien unzufrieden mit der Regierung, da zum Beispiel Arbeitsplätze fehlten, Korruption das Land beherrsche und man allgemein frustriert von dem fehlenden Fortschritt sei. Dass er oder sie persönlich unzufrieden mit der Regierung ist, sagt keiner.
Seit zwei Wochen bin ich nach unserer Rundreise wieder in Jinja und alles hat sich wieder mehr oder weniger eingependelt. Dieses Wochenende war Jakobs Familie zu Besuch und hat uns wieder allerlei gute Sachen aus Deutschland mitgebracht, darunter Parmesan, Speck, und sogar Weißwürstl und süßen Händlmeier-Senf! Jakob wird die nächsten zwei Wochen mit der Familie Uganda bereisen, was für mich bedeutet, dass ich erstmal allein daheim bin.
So einiges ist wieder geschehen, seitdem ihr das letzte Mal von mir gehört habt. Ich werde mal da weiter machen, wo ich das letzte Mal aufgehört habe.
Eine besonders interessante Erfahrung war das Vorbereitungsseminar für die Südfreiwilligen. Das Weltwärts-Programm, mit dem ich auch unterwegs bin, ermöglicht ja auch Freiwilligen aus dem globalen Süden, einen Freiwilligendienst in Deutschland zu absolvieren. Meine Entsendeorganisation Artefact beteiligt auch an diesem Projekt und wird dieses Jahr 15 junge Frauen und Männer aus Uganda, Tansania und Ruanda nach Deutschland entsenden. Die meisten werden zeitgleich mit mir im August nach Deutschland fliegen, für ein paar beginnt der Freiwilligendienst bereits Ende Februar. Zu diesem Zweck haben Rose und Domi, die Artefact-Koordinatoren für Uganda und Ruanda, zu einem einwöchigen Vorbereitungsseminar geladen, das wir deutsche Freiwillige durch Beiträge über deutsche Kultur, Geschichte und Sprache bereichern sollen.
Also mache ich mich eines Morgens auf nach Lweza, ca. 12 Kilometer südlich von Kampala. Auf der Fahrt bin ich schon sehr gespannt: Wie bereitet man afrikanische Freiwillige auf Deutschland vor? Als ich den Seminarraum betrete, sind die Wände schon gespickt mit Zetteln, auf denen die künftigen Freiwilligen ihre Erwartungen, Hoffnungen, Ängste, Sorgen, etc. aufgeschrieben haben. Ich werfe einen Blick auf die Wand mit den Ängsten. Sorgen macht den jungen Leuten vor allem Rassismus und das schlechte Wetter in Deutschland. Während des Vorbereitungsseminars reden wir dann ausführlich über alle möglichen Themen, die mit Deutschland zu tun haben. Auch geht es viel um praktische Tips zum Leben in Deutschland: Wie kaufe ich ein Bahnticket, an welche Verkehrsregeln muss ich mich beim Radfahren achten, wie kann ich meine Ausgaben minimieren, wie begegne ich Rassismus, etc. Für mich ist es ziemlich interessant, mit diesen Leuten über mein Heimatland zu reden, vor allem, da ich mich recht gut in ihre Situation hineinversetzen kann. Das schöne am Seminar ist aber, dass ich mich richtig zurückversetzt fühle an unsere Vorbereitungsseminare in Glücksburg vor einem halben Jahr: Ein bunt zusammengewürfelter Haufen von aufgeschlossenen jungen Menschen, die gerne mehr von der Welt sehen wollen.
Bevor das Jahr zu Ende geht, gibt es dann noch einiges zu tun in der Arbeit. Zum einen muss ich einen Abschlussreport über das Fahrradambulanz an die deutsche Botschaft in Kampala anfertigen, auch der interne ausführliche Report muss fertig werden. Für das geplante Lastenrad-Projekt und das SoccAfrica-Projekt gibt es auch noch ein paar Dinge fertigzustellen.
Beendet wird das Arbeitsjahr bei FABIO dann mit einem Mittagessen beim Rolex Joint, bei dem es den besten Rolex Jinjas, wenn nicht Ugandas gibt. Wir reden noch ein bisschen über das alte Jahr mit seinen Herausforderungen und Erfolgen und teilen den anderen mit, was wir uns für das neue Jahr wünschen. Alle Mitarbeiter bekommen dann noch ein bisschen Reis und Posho (weißes Maismehl) als Geschenk mit in die Ferien. Für mehr hat es angesichts der gähnend leeren FABIO-Kasse nicht mehr gereicht. Egal, nächstes Jahr verspricht ja der Beginn der Zusammenarbeit mit einer britischen Stiftung finanzielle Entlastung.
Ein paarTage vor Heiligabend brechen mein Mitbewohner Jakob und ich auf zu unserer großen Ostafrika-Rundreise. Geplant ist erst Ruanda, dann weiter Tansania und Sansibar und schließlich wollen wir über Kenia wieder zurück nach Uganda. Ich bin schon unheimlich aufgeregt, schließlich werden wir ja knapp 3 Wochen unterwegs sein! Also quetschen wir uns mit unseren großen Rucksäcken ins Matatu nach Kampala. Dort muss ich erst noch den Abschlussreport des Fahrrad-Ambulanzprojekts bei der deutschen Botschaft vorbeibringen. Nach einem hervorragendem Pilau bei unserem Lieblingsrestaurant und mehreren Stunden Wartezeit, die wir als Puffer eingeplant haben, geht es dann im Nachtbus nach Kigali.
Wir erreichen die ruandische Hauptstadt am nächsten Tag um ca. 10 Uhr morgens. Anders als beim ersten Mal finden wir uns jetzt schon besser zurecht und haben von unserem letzten Besuch auch noch Ruanda-Franc dabei. Mit einem der flotten „Motos“, wie man hier die Motorradtaxis nennt, geht es zum Kimisagara, wo wir mehrere Mitfreiwilligen treffen. Die nächsten Tag sind dann geprägt von Weihnachtsvorbereitungen. Es wird geputzt, eingekauft, gekocht, gebacken, gewaschen. Auch besuchen wir den Markt am Kimironko. Neben allerlei sonstigem gibt es hier eine riesige Abteilung für Näherinnen und Näher, die einem alles Mögliche anfertigen können. Dafür gibt es eine schier unendliche Auswahl an Kitenge, dem traditionellen Stoff, der heutzutage aber in China hergestellt wird. Ich lasse mir zum stolzen Preis von 17.000 Franken einer Jacke schneidern, das entspricht etwa 17 Euro. Arbeitszeit scheint hier teurer zu sein, in Uganda würde ich dafür bestimmt nur einen Bruchteil zahlen.
Zusammen mit Adrine und Benjamin, zwei Ruandern, die ich beim Vorbereitunsseminar in Uganda kennengelernt habe, machen wir auch einen Ausflug auf den Mount Kigali. Obwohl Ruanda ja grundsätzlich etwas kühler ist als Uganda, ist der Aufstieg doch ganz schön schweißtreibend! Aber es lohnt sich, oben werden wir mit einem wunderbaren Blick auf Stadt und Umgebung belohnt.
Heiligabend ist für mich ein Datum im Jahr, das wie kein anderes mit Zuhause und Familie verbunden ist. Insofern ist das schon eine ganz neue Erfahrung für mich, jetzt in einem fremden Land tausende Kilometer entfernt von Daheim zu feiern. Immerhin sind mir meine Mitfreiwilligen inzwischen schon sehr vertraut und so wird es ein netter Abend mit viel gutem Essen, netten Menschen und vielen Geschenken.
Am ersten Weihnachtsfeiertag hat uns Adrine eingeladen, mit ihr zum Gottesdienst zu gehen. Ich und Anna fahren also morgens zur beschriebenen Kirche, der größten katholischen Kathedrale Kigalis. Drinnen ist der Gottesdienst bereits in vollem Gange und wir befürchten schon, irgendetwas falsch verstanden zu haben. Adrine kommt uns mit einer roten Kirchenchor-Robe entgegen und erklärt uns, dass dies nur der erste Gottesdienst auf Kinyarwanda ist, gleich wird der zweite auf Englisch beginnen. Direkt im Anschluss wird es wohl nochmal einen Gottesdienst auf Kinyarwanda geben und abends dann einen auf Französisch. Wie auch immer, der englische Gottesdienst entspricht ziemlich genau dem, was ich von zuhause gewöhnt bin, sogar Orgelmusik strömt aus den Lautsprechern. Manche Weihnachtslieder kann ich sogar mitsummen, wenngleich ich den englischen Text nicht kenne. Für die Wandlung steht vor der Kirche eine fünfköpfige Trommlergruppe bereit und sorgt für Dramatik. Abgehalten wird der Gottesdienst von niemand geringerem als dem frisch ernannten Bischof der Erzdiozöse Kigali.
Obwohl es für mich der zweite Besuch in Ruanda ist, bin ich wieder erstaunt, wie viele Regeln es hier gibt. Verboten ist zum Beispiel: Essen und Trinken in der Öffentlichkeit, Benutzen und Besitzen von Plastiktüten, Street Food, Fotografieren von öffentlichen Gebäuden und Brücken, Anschauen der Präsidentenresidenz, Betreten der Rasenflächen auf Verkehrsinseln, Bodafahren ohne Helm oder zu zweit, Müll auf den Boden werfen (in Uganda gibt es nicht einmal öffentliche Mülleimer). Das ganze wird akribisch überwacht, in Kigali stehen an jeder Straßenecke Angehörige von Militär, Polizei und Sicherheitsdiensten. Das ist nämlich der Unterschied zu Uganda: Außer der Sache mit dem Streetfood und dem Essen und Trinken auf der Straße existieren alle diese Vorschriften auch in Uganda. Nur dass sie eben kaum durchgesetzt werden. Warum ein Plastiktütenverbot umsetzen, wenn dem Bruder des Präsidenten die größte Plastiktütenfabrik des Landes gehört? Was man allerdings auch in Uganda beachten sollte, ist das Fotografierverbot von Brücken. Man befürchtet, dass andere Nationen diese militärisch wichtigen Bauwerke auskundschaften und so einen Angriff vorbereiten könnten. Dumm nur, dass das Internet gespickt ist mit Bildern von ugandischen Brücken. Und mein Mitbewohner Jakob hat im Markt sogar eine Upcycling-Papiertüte erstanden, die aus den Bauplänen von Jinjas neuer Nilbrücke gefertigt wurden.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag geht es weiter für unsere Reisegruppe, die nun um 5 Mitreiwillige erweitert wurde. Um vier Uhr morgens steigen wir in den Bus nach Daressalam. Was uns bevorsteht sind nicht weniger als 40 Stunden Busfahrt! Ich habe mir im Vorfeld oft Gedanken gemacht, wie ich das Überstehen soll. Im Endeffekt stellt sich die Fahrt aber als weit weniger schlimm heraus, als erwartet. Vormittags erreichen wir die Grenze nach Tansania. Man fährt über einen Gebirgsbach, dann schwenkt der Bus auf die linke Straßenseite (Tansania hat wieder Linksverkehr) und wir kommen zum Grenzposten. Noch dösend warten wir am auf unser Visum, bis uns der ruandische Grenzbeamte aus unseren Tagträumen reißt: Jakob und mir wird die Einreise nach Tansania verweigert! Na toll. Wir diskutieren mindestens eine halbe Stunde mit dem Mann bis wir einigermaßen verstehen was das Problem ist. Dazu muss man folgendes Wissen: Drei Staaten der Ostafrikanischen Union (EAC) haben ein Abkommen unterzeichnet, das deren Bewohnern und Residenten einen kostenlosen Verkehr zwischen den Staaten garantiert. Diese Staaten sind Ruanda, Uganda und Kenia. Die anderen drei Mitgliedstaaten der EAC, Burundi, Südsudan und Tansania, sind dem Abkommen nicht beigetreten. Nun sind wir aufgrund dieser Regelung zwar kostenlos nach Ruanda gekommen. Da wir das Land aber nicht über die Grenze zu einem Abkommenspartner verlassen, müssen wir das Einreisevisum gezahlt haben, um ausreisen zu können. Klingt logisch, oder?
Also nehmen wir beide ein Moto zurück über den Fluss zur ruandischen Einreisebehörde, zahlen dort 30 Dollar für unser Einreisevisum, bekommen dann einen Ausreisestempel, fahren zurück und können für weitere 50 Dollar nach Tansania einreisen. Ärgerlich, aber immerhin mussten wir nicht die ganze Reise abblasen.
Nun also Tansania. Das Land begrüßt uns erstmal mit einer Schlagloch-Holperstraße vom allerfeinsten, ein Durchrüttlungs- und Durchschüttlungserlebnis, wie man es in Uganda nicht schöner haben könnte. Und dann kommen wir auf einmal auf einen nagelneuen Highway, auch das könnte Uganda sein. Überhaupt fühle ich mich viel mehr an meine Heimat auf der anderen Seite des Viktoriasees erinnert, als das in Ruanda der Fall war. Ein paar Unterschiede gibt es aber doch. Da ist einerseits die beeindruckende Landschaft, die durch immer neue Attraktionen dafür sorgt, dass uns die Busfahrt nicht zu langweilig wird. Schluchten, Berge, Savanne, riesige Pyramiden aus überdimensionalen Kieselsteinen. Was ist ansonsten noch anders? Es gibt erstaunlich wenige Boda-Bodas, dafür umso mehr sogenannte Bajajis, diese Auto-Rikschas auf drei Rädern, in Asien auch Tuk-Tuks genannt. Außerdem fällt auf, dass so gut wie die ganze Außenwerbung und auch alle Straßenschilder auf Suaheli verfasst sind. Eine Lokalsprache, die als Verkehrssprache genutzt wird und von jedem verstanden wird, so wie es in Tansania mit Suaheli der Fall ist, gibt es in Uganda nicht. Zwar können auch viele Ugander außerhalb des zentralen Königreichs Buganda die Sprache Luganda sprechen und auch viele beherrschen Suaheli, als Verkehrssprache bleibt Englisch aber unangefochten auf Platz 1.
Als wir nach fünfstündiger Pause in Tansanias Hauptstadt Dodoma und vielen weiteren Stunden Fahrt endlich Daressalam erreichen, ist die Erleichterung groß. An der Bank holen wir uns Tansania-Schilling und nehmen dann ein Taxi direkt zum Hafen, da wir versuchen wollen, noch die Fähre am selben Tag zu erreichen. Eigentlich hatte ich mir die Metropole mit ihren über 5 Millionen Einwohnern wie ein Kampala in sehr groß vorgestellt. Tatsächlich aber erscheint zumindest das Zentrum recht aufgeräumt und organisiert, entlang großer Straßen sind für ein Bus Rapid System zwei eigene Busspuren reserviert, auf der die Busse von einer Station zur nächsten sausen. Warum gibt es so ein System denn im staugeplagten Kampala nicht schon längst? FABIO hat dies schon vor Jahren vorgeschlagen, nun soll das BRT-System mithilfe der Regierung Tansanias demnächst auch in der ugandischen Hauptstadt eingeführt werden.
Auf den letzten Drücker bekommen wir dann tatsächlich noch Plätze auf der Fähre, auch wenn wir dafür stolze 35 Dollar hinblättern müssen. Verhandeln hilft hier nicht, die Firma hat feste Preise. Immerhin handelt es sich um eine komfortable Schnellfähre, mit der wir Sansibar schon nach gut zwei Stunden erreichen. Dort müssen wir dann erst nochmal durch eine Grenzkontrolle, Sansibar ist ja immer noch teilautonom.
Die nächsten Tage verbringen wir in Stone Town, der historischen Altstadt von Sansibar Stadt. Alte hohe Gebäude, enge Gassen und historische Bauten arabischen, indischen, persischen, swahilischen und europäischen Stils prägen das Stadtbild und zeugen von einer den vielen verschiedenen Einflüssen, denen die Stadt ausgesetzt war. Vor allem der Handel mit Gewürzen und Sklaven machte Stone Town zu einer wohlhabenden Stadt. Besonders bemerkenswert sind auch die reichhaltig mit Schnitzereien verzierten Holztüren. Die Stadt erinnert mich ein bisschen an Venedig aber auch an Bethlehem. Und sie steht in einem krassen Gegensatz zu den meisten anderen ostafrikanischen Städten mit ihren meist langweiligen Gebäuden aus den 80ern und 90ern und den breiten Straßen. Stowe Town selbst ist aber nur ein kleiner Teil von Sansibar-Stadt mit ca. 500.000 Einwohnern. Besonders interessant: verlässt man die Altstadt, seht man auf einmal völlig unvorbereitet vor riesigen Plattenbauten im DDR-Stil. Tatsächlich hat die DDR hier in den 70ern „Entwicklungshilfe“ geleistet und dabei die Stadt um einen weiteren Baustil „bereichert“.
Wir verbringen also viel Zeit in Stowe Town und am Strand direkt vor der Altstadt. Es ist immer wahnsinnig heiß und noch dazu ist die Luft richtig feucht. Über die Länge des gesamten Aufenthalts komme ich mir vor wie in einer Saune: schon bei der kleinsten Bewegung läuft einem der Schweiß in Bächen vom Körper. Es fühlt sich an, als wäre man immer von einer Schicht aus Sand, Schweiß, Sonnencreme und Salz bedeckt.
Zweimal machen wir auch Ausflüge an die Ostküste. Dort findet man diese sogenannten Traumstrände: Weiße Strände, Palmen, türkisblaues Wasser. Das Bild könnte direkt aus einem Reisekatalog stammen. Auch gehen wir einmal schnorcheln. Wirklich faszinierend, was wir dabei alles hautnah sehen können, von Korallen über Doktorfische, Aale, Clownfische bis zu fußballgroßen Seeigeln, Seesternen mit über einem Meter Durchmesser und hunderten weiteren Arten von bunten Lebewesen. Außerdem geht das Wasser bei Ebbe an manchen Teilen der Insel mehrere hundert Meter zurück und legt zahlreiche weitere Seeigel, Seesterne, Muscheln und Korallen frei, die man wunderbar bei Wattwanderungen beobachten kann.
Silvester verbringen wir dann bei einer großen Party im Norden der Insel. Das Feuerwerk ist mit einer Länge von ca. zehn Sekunden zwar ziemlich enttäuschend, ansonsten ist die Stimmung aber wunderbar und wir feiern das neue Jahr gebührend.
Am Strand von Stone Town schaffe ich es auch leider, mir Handy und Geldbeutel klauen zu lassen, darin auch meine Kreditkarte. Der Dieb muss uns beim Verstauen der Wertsachen beobachtet haben und in einem Moment, an dem wohl keiner aufmerksam war, zugeschlagen haben. Mit Insgesamt drei Handys und zwei Geldbeuteln, einer davon mit viel Bargeld, hat er eine gute Beute gemacht. Für den Rest meine Urlaub bedeutet das leider, dass ich meinen Mitfreiwilligen auf der Tasche sitze. Aber davon will ich mir den Urlaub nicht verderben lassen.
Nach gut einer Woche auf Sansibar wollen wir wieder die Fähre aufs Festland nehmen. Wir entscheiden uns für eine Nachtfähre, da diese wohl günstiger ist und kommen um kurz vor knapp am Ticketschalter an. Eigentlich, so der Verkäufer, sei die Fähre schon ausgebucht, für Ausländer reserviere man aber immer ein paar Sitze die wir nun haben könnten. Nachdem wir sogar noch weniger als gedacht zahlen mussten, werden wir an Bord automatisch in die VIP-Loge geführt. Wir sind komplett baff: ein klimatisierter Raum mit breiten Sitzen, die wirklich nichts an Komfort vermissen lassen. Und wir dachten, wir reisen low-budget…
Da wir so viel für das tansanischen Visum zahlen müssen, entscheiden wir uns spontan, noch länger in Tansania zu bleiben und dafür in Kenia Abstriche zu machen. Das Land können wir später theoretisch immer noch leicht bereisen. Also nehmen wir morgens den Bus von Daressalam nach Moshi, einer Stadt direkt am Kilimanjaro, dem höchsten Berg Afrikas. Entweder sieht unser Bus aber äußerst verdächtig aus, oder die tansanische Polizei ist besonderskontrollierfreudig, jedenfalls werden wir auf der Fahrt sage und schreibe sechs mal kontrolliert! Und jedes mal ruft der Busfahrer den Passagieren vorher zu: Anschnallen! Der Anschnaller funktioniert bloß dummerweise nicht mehr und ich lege mir die Gurte einfach immer so um die Schultern.
Auf der Fahrt kommen wir auch in Same vorbei, also der Stadt, in der mein Bruder vor zwei Jahren seinen Freiwilligendienst verbracht hat. Es ist irgendwie ein schöner Moment nun hier zu sein und mit eigenen Augen die bergige Landschaft sehen zu können, die ich immer nur von Fotos meines Bruders kannte. Damals, als ich noch in der 12. Klasse und Afrika ganz weit weg war…
Am Busbahnhof von Moshi holt uns schon unser Couchsurfing-Host Victor mit dem Auto ab. Er meint zu uns, er wohne ca. eine halbe Stunde außerhalb der Stadt. Tatsächlich rumpeln wir mit seinem alten Toyota aber bestimmt über eine Stunde bergauf, bis wir ins kleine Dorf Shimbwe gelangen. Irgendwann ist die „Straße“ zu ende und wir halten vor einen großen, noblen Tor. Wir sind erstaunt, hier werden wir wohnen? Einer sagt zum Spaß, dass das Tor jetzt wahrscheinlich von einem Bediensteten geöffnet wird und dieser dann auch noch gleich unsere Rucksäcke aufs Zimmer trägt. Und dann wird das Tor von einem Bediensteten geöffnet und nachdem wir ausgestiegen sind, trägt er unsere Rucksäcke aufs Zimmer, zumindest soviel er tragen kann. Wir bringen den Mund vor Staunen gar nicht mehr zu: Das ist kein Haus, sondern eine große Villa und wir schlafen nicht auf irgendeiner Couch im Wohnzimmer, sondern haben ein eigenes Zimmer mit vier Betten und eigenem Bad! Victor meint noch, dass man vom Balkon den Kilimanjaro recht gut sehe. Und tatsächlich: als ich am nächsten Morgen einen Blick aus dem Fenster wage, steht er direkt vor mir, der höchste Berg Afrikas. 5.895 Meter hoch, ein wahrer Gigant.
Die nächsten Tage verbringen wir in Shimbwe bei Victor. Wie sich herausstellt, ist Victor Guide für Kilimanjaro-Touren und vermietet Zimmer dieser Villa normalerweise für viel Geld an Gäste. In der Off-Season holt er sich aber gern Couchsurfer ins Haus. Wir sind auch, wie sich bald herausstellt, dazu angehalten, einen kleinen Unkostenbeitrag beizusteuern, aber der ist nur allzu gerechtfertigt angesichts dieses Komforts und dieser Lage. Zusammen machen wir eine Wanderung zu einem 90 Meter hohen Wasserfall, in dessen Becken man wunderbar schwimmen und duschen kann. Und wir fahren durch Masai-Land zu einem sogenannten „Hot Spring“. Das ist ein Bach, dessen Wasser zwar nicht ungewöhnlich warm, dafür aber kristallklar ist. Ein absolutes Paradies mitten in der trockenen und kargen Ebene. Außerdem kommen wir noch in den Genuss einer Kaffeevorführung. Der Vorführer, ein liebenswürdiger älterer Mann, der sich selbst „Dr. Coffee“ und sich verhält, als hätte der den Kaffee gerade geraucht, erklärt uns die Geschichte des Kaffees und lässt uns danach die Bohnen selbst stoßen, rösten und malen. Als Gegenleistung kaufen wir ihm seinen Kaffee ab, laut ihm den besten der Welt.
Nach zwei wunderschönen Tagen am Kilimanjaro geht es für uns weiter Richtung Kenia. Der Bus nach Nairobi fährt in Moshi um 5 Uhr morgens ab. Leider geht es an der Grenze wieder nicht ganz ohne Komplikationen, unsere Mitreisenden aus Ruanda müssen ein Transitvisum für Kenia bezahlen, Jakob und ich können aber aufgrund unseres Interstate Passes, den wir an der ugandisch-ruandischen Grenze bekommen haben, kostenlos einreisen.
Als wir die kenianische Hauptstadt erreichen, ist es bereits Mittag. Da wir keine sonderlich große Lust auf eine weitere afrikanische Großstadt haben und wir uns sowieso vorgenommen haben, Kenia nochmal zu besuchen, buchen wir gleich den Nachtbus nach Jinja für denselben Abend. Viel kann ich deshalb an dieser Stelle noch nicht sagen über Nairobi, auf den ersten Blick ist nicht unähnlich zu Kampala, nur etwas organisierter, größer und westlicher. Was aber positiv auffällt, sind die zahlreichen öffentlichen Parks und Grünanlagen, an denen wir vorbeikommen. Die scheint man in Kampala irgendwie vergessen zu haben. Interessant ist auch die starke kenianische Währung. Ein Euro entspricht nur etwa 100 Schilling! In Uganda sind es ja 4300. Mir kommt es vor, als würde ich mich die ganze Zeit in Nairobi nur mit Cent-Beträgen in der Tasche bewegen und als wäre alles spottbillig. Tatsächlich aber ist Kenia das mit Abstand teuerste Land, das wir in Ostafrika bereist haben.
Die Reise und der Grenzübertritt läuft weitgehend reibungslos ab. Nur leider bin ich wohl der einzige im Bus, der Ohrenstöpsel benutzt, weswegen ich den „Anschnallen“-Ruf diesmal überhöre und mitten in der Nacht nach langen Verhandlungen 2 Euro an einen korrupten kenianischen Beamten zahlen muss.
In Jinja zeigen wir Linus und Letizia noch für ein paar Tage die Stadt und Umgebung und verbringen dann noch einen gemeinsamen Tag in Kampala. Nachdem die beiden nach Ruanda weitergereist sind, ist auch für uns der Urlaub nun endgültig zu Ende. Aber ich kann sagen: nachdem ich drei Wochen durch Ostafrika gereist sind, merke ich erst, dass Uganda inzwischen wirklich zu meiner zweiten Heimat geworden ist.
Zurück in der Arbeit bei FABIO scheint die Luft momentan gerade etwas draußen zu sein, jedenfalls gibt es nicht sonderlich viel für mich zu tun. Einmal fahren wir nach Budondo und in die umliegenden Dörfer und besuchen unsere Fahrrad-Ambulanzen im Rahmen des Monitoring und Evaluation. Es gibt zwar noch zahlreiche Herausforderungen, z.B. dass das Konzept einfach noch nicht bekannt genug ist in der Bevölkerung. Aber es ist schön zu hören, dass im Endeffekt schon wirklich vielen Menschen geholfen werden konnte.
Außerdem habe ich mit Begeisterung festgestellt, dass wir unser Fundraising-Ziel für das Lastenrad-Projekt inzwischen bereits erreicht haben! Vielen herzlichen Dank an alle Spenderinnen und Spender an dieser Stelle! Ihr seid großartig! Wir haben bereits Preise für Materialien ausgecheckt, Budgets geschrieben und Pläne studiert. Sobald das Geld da ist, werden wir mit dem Bau beginnen. Ich freue mich schon sehr und werde euch auf dem Laufenden halten!
Ein Schritt vor und zwei zurück
Nach dem Preschool Meeting vor zwei Wochen hatte ich echt ein gutes Gefühl, dass sich nun etwas in die positive Richtung verändern wird. Dass das Bewusstsein für die Bedeutsamkeit der Preschool für die Kids wächst und die Schulgebühren und dadurch der Porridge für die Pause bezahlt wird.
Zu Beginn lief es auch gut, es waren viele Kinder in der Preschool. Es wurden bis zu 36 Kinder gezählt, was eindeutig eine der Höchstzahlen ist.
Doch schnell wurde ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Eine Woche nach dem Meeting tauchte der Headman, welcher uns keinerlei Unterstützung geboten hatte, in der „Preschool at the Church“ auf und schickte alle Kinder nach Hause. Dies konnte nur geschehen, da die Preschoollehrer sich etwas verspätet hatten. Ich war an diesem Tag in der anderen Preschool (at the Compound) und bekam das alles nur durch Erzählungen mit.
Anschließend liefen die Preschoollehrer ins Dorf, um die Kinder wieder einzusammeln, doch natürlich konnten sie nicht alle wieder auftreiben.
Ich persönlich finde so etwas erschreckend, wenn nicht mal der „Chef“ eines Dorfes versteht, wie wichtig Bildung ist.
Nun, nach den Ferien, sind es wieder nur ca. 15 Kinder, welche in die Preschool „at the Church“ kommen. Leider…
Nun aber mal noch zu etwas positiven Neuigkeiten:
Sehr bemerkenswert in Malawi finde ich die Leichtigkeit und Spontanität der Menschen. Sehr schnell kann sich ein Plan ändern.
So auch eines Samstagsvormittags. Ich erhielt eine Nachricht eines Freundes, welcher auf die Universität in Mzuzu geht (Mzuni), dass abends eine Talentshow stattfinden wird und sie noch Jurymitglieder bräuchten. Melina, eine deutsche Studentin, welche gerade an der Uni eine Forschung über Baobab-Pflanzen durchführt, wurde ebenfalls gefragt. Natürlich war ich erst skeptisch, doch es lockte mich auch eine solche neue Erfahrung machen zu können und wo kann man das besser als hier, wo kaum jemand einen kennt?
Also gingen wir zu der Vorbesprechung, welche nachmittags stattfand. Dort bemerkten wir, dass die Planungen des Ablaufs noch sehr am Anfang standen. Aber naja das Planungsteam hatte ja immerhin noch 3 Stunden Zeit, bis die Show anfangen sollte. In Deutschland wäre solch eine Veranstaltung bereits Wochen zuvor organisiert gewesen.
Die Show war auf 18 Uhr angesagt, doch wir kamen erst um 19:30 Uhr, da wir ganz genau wussten die Show würde niemals um 18 Uhr starten. Mittlerweile haben wir uns wohl schon etwas an das malawische Zeitdenken angepasst. Trotz unserer Verspätung mussten wir nochmal eine halbe Stunde warten, bis die Talentshow starten konnte. Der Saal war rappelvoll und die Lautsprecher auf volle Lautstärke gedreht.
Als der Moderator die Jury Mitglieder vorstellte, wurden Melina und ich als: „Sie verfolgen öfters Talentshows und verstehen Tanz und Gesang“, vorgestellt. Natürlich hatten wir schon mal „DSDS“ oder „Voice Of Germany“ im Fernsehen geschaut :D, das war dann aber auch schon alles was wir an Erfahrung in diesem Bereich aufweisen konnten. Glücklicherweise gab es noch vier weitere Jury Mitglieder, welche wirklich eine Ahnung von Gesang hatten.
Insgesamt sangen 20 Studenten vor, wovon 10 in die nächste Runde kommen sollten.
Nach jedem/r Teilnehmer/in mussten wir unseren Kommentar abgeben, während sich das bei Melina und mir auf: „gute Performance, sehr emotional, tolles Outfit“, beschränkte, gaben die anderen Jurymitglieder konstruktive Kritik und Tipps.
Trotzdem war es eine tolle Erfahrung.
Als es dann zur Entscheidung kam, war plötzlich Stromausfall. Aufgrund dessen verließen etwa ¾ der Zuschauer den Saal, denn kein Strom bedeutet kein Licht, keine Mikros und keine Musik. Immerhin bekamen die verbleibenden Beobachter die Entscheidung mit.
In den nächsten Entscheidungsrunden nahmen Melina und ich nicht mehr teil, da wir leider immer andere Pläne hatten.
Weihnachten
Am 22. Dezember 2018 kamen meine Eltern und mein Bruder mich hier in Malawi besuchen.
Heiligabend feierten wir im Zoo. Wir organisierten einen „malawischen“ Weihnachtsbaum, welcher aus Ästen und Gebüsch bestand, und schmückten ihn mit Weihnachtskugeln aus Altpapier und Chitenje (so werden die bunten Stoffe genannt, welche hier die Frauen zum Babytragen oder als Rock benutzen).
Die Krippe bastelte ich auch ausschließlich aus Naturmaterialien, Chitenjeresten und Altpapier.
Unsere KrippeDen 25. Dezember verbrachten wir in Chipunga mit meiner Gastfamilie. Der Gottesdienst war leider etwas enttäuschend, da er aufgrund des regnerisch wirkenden Wetters in ein Klassenzimmer der Grundschule verlegt wurde, da die Kirche noch kein Dach hat. Dort waren nur ca. 15 Leute. Trotzdem wurde wunderschön gesungen. Auch wir wurden aufgerufen etwas vorzusingen, unsere Wahl fiel auf „Oh du Fröhliche“, was sich aber wohl eher etwas erbärmlich angehört haben muss.
Anschließend zeigte ich meinen Eltern Chipunga und mein Gastvater führte uns über die Kaffee und Macadamianuss Farm, welche der Diözese Karonga gehört.
Danach gab es Mittagessen. Die Söhne und Töchter der Kasambalas waren über die Ferien in Chipunga, somit waren wir echt viele. Es gab eine große Auswahl an Essen, von Nsima, Kartoffeln, Hühnchen, Reis, Salat, Gemüse, Eier, war alles dabei.
Nachdem wir einige Weihnachtsmitbringsel verteilt hatten, welche meine Eltern aus Deutschland mitgebracht hatten, gingen wir auch schon wieder, da ein Unwetter auszuziehen schien und die Straße von Chipunga nach Mzuzu meistert man lieber noch vor dem Regen.
Am 26. Dezember fuhren wir dann noch etwas weiter in den Norden, zur sogenannten Mushroomfarm. In meinem ersten Blogbeitrag hatte ich bereits über die Lukwe Lodge und Mushroomfarm berichtet. Dies sind zwei Lodges, welche bei Livingstonia liegen und einen grandiosen Ausblick auf den Malawi See und Chitimba haben. Überraschenderweise wird gerade die Straße von Chitimba zur Mushroomfarm und Lukwe Lodge neu gebaut, sie ist echt in einem sehr schlimmen Zustand und hat es dringend nötig! Doch, da wir das „angebliche Schild“ unten an der Straße nicht bemerkt hatten standen wir plötzlich vor einer Baustelle, wo kein Durchkommen schien.
Nach einer kurzen Diskussion erlaubte uns der Bauleiter einfach durch den noch nassen Beton zu fahren, was wir auch machten, da wir keine andere Möglichkeit hatten. Wir gaben 2.000 MKW als Aufwandsentschädigung. Oben in der Mushroomfarm lernten wir andere deutsche Freiwillige kennen, welche erzählten, dass jeder von ihnen 2.000 MKW zahlen musste, um durch den Beton fahren zu dürfen. Da haben die Bauarbeiter wahrscheinlich einen kleinen Nebenverdienst gerochen.
Am 27. Dezember erkundeten wir die Manchewe Falls, welche die höchsten Wasserfälle Malawis sind. Anschließend Livingstonia, diese Stadt stammt noch aus der frühen Kolonialzeit, dort entwickelte sich auf dem Bergplateau die bedeutendste Missionsstation mit Krankenstation und technischer Schule. Heute ist dort ein Museum, Universität und von dem Kirchturm aus kann man bis zum See blicken.
Danach wanderten wir auf das Chombe Plateau. Von dort hat man eine 360° Aussicht zum Malawisee, Nyika Nationalpark und den Bergen die
bis nach Tansania und Mosambik reichen. Natürlich hatte ich bei der Kleidungswahl nicht bedacht, dass wir vor hatten wandern zu gehen. Somit hatte ich meine Flipflops an und musste mit ihnen das Chombe-Plateau besteigen. Als ich dann jedoch auf die Füße unseres Führers schaute und bemerkte, dass dieser nur noch einen Flipflop trug, schöpfte ich neuen Mut.
Nach 2 Nächten in der Mushroomfarm fuhren wir zum Vwaza Marsh Game Reserve, dies ist ein Wildschutzgebiet. Dort schliefen wir in Hütten direkt an einem Wasserloch, in welchem Nilpferde badeten.
Leider sahen wir keine Elefanten, da gerade Regenzeit ist und somit im gesamten Park genug Wasser verteilt ist, dass sie nicht zu dem großen Wasserloch kommen müssen, um zu trinken.
Silvester feierten wir am Malawisee in Nkhata Bay. Am 31. starteten wir nachmittags zu einer Bar Tour mit dem Boot, wobei wir 3 Bars abklapperten.
Abends gab es Pizza, anschließend ging die Party los. Es war eine typische malawische Party mit riesigen Boxen und sehr lauter Musik.
Für meine Familie war es vielleicht nicht die optimale Silvesterparty.
Hier in Malawi ist eine Party nur eine Party, wenn die Musik laut genug ist, dass man sich kaum noch unterhalten kann und man am Ende denkt, dass man taub wäre. Nächstes Jahr darf meine Familie wieder in aller Ruhe feiern, trotzdem muss man mal die Erfahrung gemacht haben, denke ich, ob sie das wohl auch so sehen???
Über die zwei Wochen, die meine Familie zu Besuch war, konnte ich ihnen auch Mzuzu etwas zeigen.
Zudem konnte meine Mutter sehr viele Lodges und Ideen sammeln für ihre Reise im Juni. Manchmal dachte man, dass es für sie gar kein Urlaub ist, sondern Arbeit, jeden Tag gab es etwas neues herauszufinden, wie viele Zimmer hat diese Lodge, wieviel kostet das, was kann man hier anbieten,… Dadurch konnte auch ich noch viele neue Plätze und Angebote hier im Norden kennen lernen.
Für alle, die an dieser Reise teilnehmen sage ich nur: Ihr könnt euch wirklich drauf freuen!
Bei Anna und mir ist ein klarer Arbeitsethos eingekehrt. Doch heute unterscheidet sich der Tag von den anderen. Aus Amerika haben wir von einer Vorfreiwilligen eine Spende von Thinx bekommen. Das ist eine Organisation aus den USA, die Unterhosen für Frauen herstellt, in denen bereits Binden integriert sind. Die 200 Unterhosen die wir bekommen haben sollen wir nun an die Mädchen und Lehrerinnen der Primary School von APAX verteilen. In diesem Zuge haben wir eine kleine Präsentation erstellt, die noch näher auf die Menstruation eingeht. Denn das ist hier leider immer noch ein sehr verschwiegenes Thema.
Für die meisten sind gute Hygiene Artikel viel zu teuer, daher benutzen sie einfache Stoffe, die sie zerknüllt in ihre Unterwäsche stecken. Wenn es aber nicht die richtigen Stoffe sind, saugen diese das Blut nicht gut auf. Das kann zu einem Disaster werden und führt dazu das die Mädchen sich schämen und lieber in dieser Zeit zu Hause bleiben. Dadurch verpassen sie aber wichtige Bildung und das einmal im Monat.
Um 3 soll es los gehen. Wir bauen den Beamer im Essensaal der Boardingschool auf, wo ab und zu auch Filmabende veranstaltet werden.Um kurz nach drei ist noch niemand da. Wir warten auf 36 Mädchen und die Lehrerinnen. Unsere leichte Nervosität verfliegt mit der Zeit die wir warten. Um kurz vor 4 haben wir die Hoffnung, das sie noch kommen fast aufgegeben.
Afrika halt, denken wir.. Schade
Plötzlich hören wir Stimmengewirr und schnelle Schritte und innerhalb von 1 Minute sitzt der ganz Haufen vor uns.Freudig springen wir auf und beginnen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten, wie Beispielsweise der Verständigung, geht uns das Thema sogar leichter über die Lippen als erwartet. Triffin, eine gute Freundin und Lehrerin übersetzt. Als wir am Ende die Mädchen bitten nun ihre Fragen zu stellen bleibt es Muchsmäuschen still. Keine Fragen? Kann sein, aber mindestens ein paar müssten welche haben. Wir hatten uns das fast gedacht, denn es ist ein heikles Und ein wenig peinliches Thema. Jeder bekommt also einen Stift und ein Blatt und ausnahmslos alle fangen an zu schreiben!Voller Erfolg. Wir werden die Fragen in den nächsten Tagen beantworten, aufgrund von Zeitmangel nach dem Vortrag.
Wir stellen nun noch die verschiedensten Artikel vor, die man als Frau während der Menstruation verwenden kann.
Tampons und Binden, Mooncups und wiederverwendbaren Binden.
Von den herkömmlichen always Binden und O.B. Tampons bin ich selbst schon länger nicht mehr überzeugt. Tampons verursachen oft eine trockene Intimzone und beides produziert zu viel Müll. Deshalb habe ich mir jetzt einen Mooncup angeschafft und bin sehr überzeugt. Für alle interessierten Leser füge ich am Ende des Artikels einen Link ein, der die Mooncups näher beschreibt.Leider bekommt man dieses Produkt in Rwanda noch nicht.Aber die wiederverwendbaren Binden lassen sich ganz einfach selbst Nähen.
Abschließend zu der Präsentation teilen wir die Unterhosen von Thinx aus und bieten den Mädchen jeden Freitag Nachmittag einen Girls Club an. In diesem wollen wir mehr über Menstruation sprechen, die Angst und die Sprachbarrieren brechen und gemeinsam mit ihnen ihre eigenen reusable sanitary pads nähen. Wenn sie gut werden und wir genug herstellen können habe ich geplant an alle Frauen im Umkreis Janja‘s diese Binden zu verteilen.
Nach dem Vortrag bedanken sich alle ganz herzlich bei uns.Das zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht!
Im Moment befinde ich mich auf dem Weg nach Musanze. Auf der Ladefläche eines LKW’s:D In Musanze werde ich nach allen Nötigen Materialen für die sanitary pads suchen. Ich hoffe ich werde alles finden.
Wenn Interesse besteht veröffentliche ich gerne eine Anleitung zum Nähen der Pads.
Abagabuzi b’amahoro ya kristu umwami-Missionairies of peace of Christ the King
Vier Monate ist es nun her, das ich hier in Janja, im Norden Rwandas bei APAX mein neues zu Hause gefunden habe. Im Moment lebe ich wie eine Sister von APAX auf ihrem Compound. Esse mit ihnen und arbeite mit ihnen. Der Bereich bietet Platz für drei Klassenzimmern für die Special Needed Education, ein Office mit angebundener Physiotherapy, in der ich ebenfalls arbeite, einem Zimmer für unsere Näher, vielen Domitories und damit Platz für die Internatsschüler, deren zu Hause zu weit weg ist oder die schlicht keines mehr haben. Einem Raum zum Essen für uns und die Sisters, einer Küche, einem Garten in dem ein Teil unseres Essens angebaut wird wie zum Beispiel amashu (Kohl), Papaya, Dodo (Ekeliges Grünzeug), Baumtomaten und andere Sachen wie z.B. ganz viele bunte Blumen. Mein Zimmer liegt am hinteren Ende des Compounds neben drei ähnlichen Zimmern, die auf einen offenen Gang führen. Anna wohnt seit nun 4 Wochen direkt neben mir, was die Abende die wir nicht mit den Sisters verbringen nochmal versüßt. Doch, das Grundstück sah nicht immer so belebt und dicht bebaut aus.
Lesen sie jetzt: The history of APAX.
Am Anfang war…
Sister Donata Uwimanimpaye fasste 2001 gemeinsam mit Father Ubolt den Entschluss die Mentalität in Rwanda grundlegend zu verändern. Nach den Schrecken des Genozids von 1994 herrschten immer noch Unruhen. Es fehlte an allen Ecken und Enden an Frieden und Wohlgesinung. Die beiden Gründer von APAX Sister Donata und Father Ubolt setzten sich das Ziel durch die neue Generation mit Hilfe des Glaubens wieder eine Kultur des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe zu verbreiten. Dazu gehörte auch die Akzeptanz gegenüber körperlich und geistig behinderten Menschen. Das ganze sollte über ‚inclusive education‘ geschehen. So begannen die beiden, hier in Janja, die Gemeinde APAX aufzubauen. Gemeinsam mit einer Gruppe von Helfern, die sich selbst die Missionaries of Peace nannten und aus einem kleinen Kreis Sisters und Brothers* bestand und bis heute besteht. 2003 begannen sie ihre Idee umzusetzen. Am 3. Spetember eröffnetten sie eine improvisorische inclusive primary school auf dem heutigen Compound der Sisters, der damals nur zwei kleine Häuser fasste. In einem schliefen die Sisters und Brothers gemeinsam. In dem anderen wurde tagsüber unterichtet. Ein Jahr später wurde dann der Bereich special needed education, für lernschwache und geistig behinderte Kinder angeboten. Aufgrund von Platzmangel fand der Unterricht in den Räumen des kleinen Krankenhauses von Janja statt.Weil die Anzahl der Anmeldungen für diese neue Art zu unterrichten weiter stieg, wurde 2006 die primary school in das Elite Gymnasium Saint Jerome verlegt und auf dem compound der sisters wurden Klassenräume für die special needed education erreichtet. Erst 2009 kamen so viele Spenden zusammen, das APAX seine eigenen Schulgebäude bauen konnte. Bis heute ist die Geimschaft unglaublich gewachsen. Die Brothers, die bisher mit den Sisters in einem winzigen Haus gelebt hatten, haben sich in Janja, ein Stück weiter den Berg hinauf, zurück gezogen, in Reichweite der primary school, die jetzt noch zuwachs von einer nursery school (Kindergarten) bekommen hat.In dieser Zeit haben sich in allen Ecken des Landes Missionairies of Peace niedergelassen und Communities mit verschiendenen Zielen gegründet. In Muramba gibt es beisielsweiße eine Einrichtung für behinderte Menschen, in der sie Nähen lernen, um später ihrer Familie zur Hand gehen zu können oder vielleicht bei anderen Einrichtungen von APAX angestellt werden zu können, um dort als Schneider zu arbeiten. Oft schicken wir Kinder aus der special Needed Education in die Enrichting in Muramba, wenn sie Schwirigkeiten haben in der inclusive education untergebracht zu werden. Also nach der special needed education in der primary zusammen mit allen anderen Kindern unterrichtet zu werden. So ist eine meiner Schülerinnen ab nächsten Jahr in Muramba und lernt Pulover zu stricken und Klamotten zu nähen. Ich werde sie vermissen, aber bestimmt einmal besuchen gehen.
Seit dem Genozid hat sich Ruanda in eine sehr positive Richtung entwickelt. Die Menschen sind zurückhaltend, aber unglaublich freundlichund warmherzig. Alle versuchen die schreckliche Zeit hinter sich zu lassen und das beste aus dem zu machen was ihnen als Mensch gegeben wurde, nämlich Liebe und Wärme zu verbreiten. Dank Einrichtungen wie APAX, die eine Ausnahme in ganz Afrika darstellen war es Möglich diesen Punkt zu erreichen an dem Rwanda heute steht.
Für meine vielleicht ein wenig irritierten Leser:
* “Sisters und Brothers” kann man allgemein als “Nonne und Mönch” ins deutsche übersetzten, doch da man eine deutsche Nonne nicht mit einer Rwandischen Sister vergleichen kann spreche ich gerne weiterhin von Sister und Brother.
Wir schreiben das Jahr 2018, vorletzter Tag des Jahres, 01:29 Uhr Ortszeit in Nkhata Bay, Malawi. Ich sitze auf dem Deck einer Fähre, welche in ca. 3 bis 4 Stunden losfahren wird, während die Meisten meiner Mitstreiter es sich neben mir gemütlich gemacht haben und schlafen. Mich persönlich locken die Holzplanken nicht so richtig und irgendwie bin ich gerade auch nicht so richtig müde, obwohl der Tag echt schön, aber auch anstrengend war. Eine gewisse Müdigkeit zerrt schon an mir, aber der Lärm der Schiffsmotoren (welche durchgehend laufen, obwohl die Fähre die ganze Nacht im Hafen liegt) auf der einen Seite und die Mischung aus Musik und Durchsagen von irgendeiner Party auf der anderen Seite halten mich komischer Weise doch wach, obwohl ich bei Geräuschen, wie die Motoren sie jetzt lautstark von sich geben, normalerweise sehr gut schlafen kann.
Jetzt gerade, kurz bevor wir richtig zu dem Ort aufbrechen, wo wir acht zusammen Silvester verbringen (und eventuell auch feiern) wollen, habe ich irgendwie das Bedürfnis, das Jahr nocheinmal Revue passieren zu lassen.
„Ich weiß, das Jahr 2018 war offenbar wieder kurz, ja, 365 Tage im Jahr ist wohl der Standard geworden mittlerweile.“
Malternativ
Zu aller Erst muss ich einmal sagen, dass das Jahr 2018 in meinem bisherigen Leben definitiv das Aufregendste und gleichzeitig wahrscheinlich auch das Bedeutsamste war.
Vor knapp 50 Wochen hat das Jahr damit angefangen, dass ich meine erste Vorabi-Klausur schreiben musste. Die folgenden paar Wochen waren ein nicht zu vernachlässigender Teil meines Abiturs und bekamen demnach auch entsprechende Aufmerksamkeit. Mitte März war es dann aber auch schon wieder vorbei. Das zwei einhalb monatige „Halbjahr“ ging zu Ende und die letzten Schulferien meines Lebens begannen. Diese waren, soweit ich mich zurück erinnern kann, recht unspektakulär und dienten eigentlich auch dem lernen und vorbereiten auf die richtigen Abitur Klausuren, was ich aber etwas „vergessen“ habe, wenn ihr versteht was ich meine. Direkt nach den Ferien ging es dann mit den Prüfungen los, wobei ich mit Kunst schon am zweiten Tag ran musste. Auch hierfür habe ich nicht allzu viel Zeit zum Lernen aufgewendet, was bei Kunst auch recht eintönig werden kann. Um ehrlich zu sein habe ich für meine gesamte Abitur, Also die fünf Prüfungen am Ende, nur knappe zehn Stunden gelernt. Ja ich weiß, das ist nicht unbedingt die richtige Einstellung, aber was soll ich sagen, ich hatte halt meine Gründe.
Der erste und natürlich der Ausschlaggebendste war, dass ich einfach faul bin. Aber mal ganz ehrlich, wer ist das nicht? Meiner Meinung nach ist das tief in jedem Menschen verankert und diese Theorie hat sich hier in Malawi auf jeden Fall weiter bestätigt.
Der andere Grund war, dass ich / man für meine fünf Prüfungsfächer eigentlich auch nicht richtig lernen konnte. Klingt jetzt dumm, aber in gewisser Weise ist es so. Nehmen wir Physik und Mathe, zwei meiner Leistungskurse auf erhöhtem Niveau. Beide Fächer sind extrem komplex und wenn man etwas im Unterricht, wo man es von jemandem, der etwas davon versteht, mehrere Male erklärt bekommen hat, nicht verstanden hat, kann man es sich alleine nur sehr schwer selber beibringen.
„Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“
Galileo Galilei
Zwar bin ich eigentlich ein sehr starker Vertreter dieser Meinung, aber bei manchen Dingen sind Lehrer echt nicht schlecht. Ein guter Krieger weiß schließlich, wann eine Schlacht verloren ist.
Zum Anderen hätten wir da noch das Fach Kunst, welches ich auch auf erhöhtem Niveau hatte. Der Spruch „Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ ist nicht nur ein wahrer Spruch, sondern in gewisser Weise auch der Inhalt unserer zwei Jahre Kunstunterricht während des Abiturs. Alles, was man hier noch hätte lernen können, war pure Theorie, von dem man dann auch nur knappe 20% gebraucht hätte und was im Endeffekt eigentlich auch immer wieder genau das Gleiche ist. Hat man das Prinzip der Kunst Kritik und Analyse erst einmal verstanden, vergisst man es so schnell nicht wieder. (Ich möchte hiermit nicht behaupten, dass ich in einem der beiden Gebiete ein Profi oder soetwas bin.)
Zu guter Letzt hätten wir noch Englisch und Erdkunde, beides auf grundlegendem Niveau. Für letzteres musste man eigentlich relativ weniger über irgendwelche Themen wissen, vielmehr war Hauptbestandteil des Unterrichts das Analysieren, Beurteilen und Erschaffen von verschiedensten sozialen, ökologischen und ökonomischen Situationen von Städten, Ländern oder Gebieten. Ähnlich wie in Kunst muss man das Prinzip nur einmal verstanden haben und kann es dann auf beinahe jedes Beispiel anwenden.
Englisch dagegen war dort schon viel anspruchsvoller. Gut, zwar war der Großteil der Anforderung das immer gleiche System aus Analysieren, Zusammenfassen und Beurteilen, wobei die immer gleichen Operatoren wie Erläutern oder Erörtern verwendet wurden, aber man musste schon noch die im Unterricht gelesenen Bücher und gesehenen Filme im Kopf haben. Allerdings war auch genau das der Grund, warum Lernen nicht allzu viel Notwendig war. Eines der Halbjahre beschäftigte sich nämlich unteeanderem mit dem Thema kriminal Romane, besonders mit Sherlock Holmes. Nicht nur haben wir einen alten Film über, beziehungsweise mit ihm gesehen, auch haben wir das moderne Gegenstück dazu aus der noch nicht allzu alten BBC Serie „Sherlock“ gesehen. Sowohl im Film, als auch in der entsprechend angeschauten Folge der Serie, ging es, zumindest mehr oder weniger um den gleichen Fall, wobei wir dann die alte und die neue Version miteinander verglichen haben.
Wie es der Zufall will, bin ich absoluter Fan dieser Serie und hatte sie dementsprechend vorher schon gesehen. Ich war also schon im Unterricht schon total im Thema drin. Aufgrund der enormen Menge an Zeit, die nur für Sherlock Holmes mit seinen beiden Versionen drauf ging, habe ich schon damit gerechnet, dass eine der beiden Wahlmöglichkeiten in der Prüfung über dieses Thema sein könnte. Auch wenn es vielleicht so klingen mag, ich habe mir das nicht als Entschuldigung genommen, um nicht mehr lernen zu müssen, ich habe mir natürlich nocheinmal alle anderen Themen, Bücher, Filme und Geschichten in den Kopf gerufen, die wir im Unterricht behandelt hatten. Die Mappe noch ein letztes Mal durchblättern habe ich logischerweise in allen Fächern gemacht.
Und allem Anschein nach hatte ich in diesem Fall auch eine gewisse Mischung aus Glück und guter Vorahnung, denn einer der beiden Vorschläge in der Prüfung ging über genau diese moderne Neuverfilmung von Sherlock Holmes. Entgegen meiner Erwartungen wurde Englisch dadurch sogar meine beste Prüfung, mit 14 Punkten stand sie schon etwas im Kontrast zu meinen normalerweise 10 Punkten im Schriftlichen in Englisch.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass zehn Stunden Lernen vielleicht doch nicht die beste Idee war, mehr hätte definitiv nicht schaden können. Aber ich darf mich auch nicht beschweren, es war schließlich meine Entscheidung und mein finaler Schnitt kann sich eigentlich schon sehen lassen.
Schon während der Zeit der letzten Prüfungen begann die Vorbereitungen auf einen neuen Abschnitt meines Lebens. Schon vor dem ersten Vorbereitungsseminar Mitte Mai bekam ich meine ersten Impfungen. Anfänglich noch beim Hausarzt, sind wir danach zum Tropeninstitut gegangen und ich habe Impfungen bekommen gegen Krankheiten, von denen ich zum Teil noch nie zuvor gehört hatte. Mit dem ersten Seminar begann es dann für mich erst so richtig. Das erste Mal all die anderen Freiwilligen treffen, das erste Mal detaillierte Informationen enthalten und auch zum ersten Mal von Malawi hören, wo ich mich nun schon seit fast fünf Monaten befinde. Zwar hatte ich den Namen Malawi vorher schonmal gehört, aber das es ein Land in Afrika ist, war mir (und auch vielen anderen Freiwilligen) nicht bewusst.
In der Zeit bis zum zweiten Seminar gab es dann auch nochmal sehr viel zu tun. Zum einen gab es das Fundraising, was ich nie zuvor gemacht hatte. Alleine in dieser Zeit habe ich so unendlich viel gelernt, bin mehrmals über meinen eigenen Schatten gesprungen und bin an der Sache ein gutes Stück gewachsen. Zwar hätte ich jetzt nicht nocheinmal Lust drauf, aber ich sehe sowohl die Notwendigkeit dahinter, als auch die Schwierigkeiten dabei.
Zum Anderen hatte ich noch meinen Führerschein vor mir. Schon vor einiger Zeit angefangen, hatte ich es immer noch nicht geschaft ihn zu beenden. Ende Juli, nur knapp zwei Wochen vor Ausreise, habe ich es dann letztendlich doch noch geschafft. Sehr viel eigene Praxis habe ich danach nicht mehr sammeln können.
Und letztendlich mussten dann ja auch noch alle anderen Vorbereitungen abgeschlossen werden. Es mussten noch Dinge besorgt, Andere, wie etwa mein Reisepass, organisiert und manche Sachen geregelt werden. Eine Abschieds- / Geburtstagsfeier war natürlich auch noch dabei.
Beim zweiten Seminar wurde es dann langsam ernst. Ich kannte meine Einsatzstelle, hatte so gut wie alle notwendigen Informationen erhalten und die Abreise rückte auch immer näher.
Mit der Abreise begann für mich und alle anderen Freiwillige ein neuer Abschnitt unseres Lebens und damit endete logischerweise auch einer, einer, den ich sehr gerne gemocht habe und auch immer noch hinterher trauere, wie ich ja bereits in einem anderen Beitrag erwähnt habe.
Allerdings ist dieser neue Abschnitt ein schöner und einfach nur einmaliger Teil meines Lebens, der immer größer und besonderer wird. Alleine in der Zeit, die ich jetzt schon hier bin, sind so viele einzigartige Dinge passiert, dass ich sie hier garnicht alle aufzählen kann. Das Eine oder Andere wird sicherlich noch einen eigenen Beitrag bekommen und definitiv auch noch viele Erfahrungen, die ich erst noch machen werde.
Es ist inzwischen 04.23 Uhr. Ich sitze mit zwei anderen Solivol Freiwilligen auf einer Bank oben auf dem Deck, alle eingewickelt in Decken, denn es ist nicht nur windiger, sondern auch kälter geworden. Mit Hannah hatte ich ja von Anfang an gerechnet, aber das Antonia auch dabei ist, war schon eine Überraschung. Denn eigentlich wohnt sie derzeit in Ruanda, mehr als 1.000 Kilometer von Malawi entfernt, aber sie hat sich entschieden über Silvester zu uns in den Süden und mit zu einer Lodge am Rande des Lake Malawi zu fahren. Wir sind also nun acht Reisende, auf dem Weg zur Zulunkhuni Lodge, fünf davon schlafen und allesamt warten wir darauf, dass die Fähre unter unseren Füßen in vorraussichtlich einer Stunde losfährt und dass die Nacht langsam zu Ende geht.
Wir werden auf jeden Fall eine sehr schöne Zeit haben und hiermit wünsche ich das auch jedem, der das hier liest. Genießt Silvester (wenn möglich ohne viel „Lärm“, aber natürlich jedem das Seine), kommt ein bisschen runter und habt einen guten Rutsch ins neue Jahr.