Update: Es wird doch kein Live steam geben, sondern ein nachträglich hochgeladenes Video
Um den ganzen Globus arbeiten junge Entwickler nun seit fast 48h an Lösungen für globale Herausforderungen auf der Erde (und im All). Seit diesem Jahr sind jetzt auch erste ostafrikanisches Teams stolz mit dabei und zwar hier in der Hauptstadt Äthiopiens. Die besten zwei Teams werden in die internationale Auswertung kommen. Um 13:00 Uhr (12:00 Uhr in Deutschland) werden wir wieder einen Livestream auf dem Youtube Channel NASA Space Apps Challenge Addis Abeba haben: https://www.youtube.com/channel/UCv0xvhGaWQ-Pl6StIVcZ5eQ
Ihr seid herzliche eingeladen rein zu schauen und die Challenges auf der NASA Space Apps Challenge 2018 Webseite anzusehen.
Warum bin ich in Malawi gelandet? Malawi, ein kleines, kaum bekanntes Land. Zufall? Tatsächlich nicht!
Vor mittlerweile mehr als 2 Jahren hat Carl, ein Freund von mir, Joseph auf der Klimakonferenz 2015 in Paris kennengelernt. Joseph ist Malawier, studierter Umweltwissenschaftler und unglaublich engagiert dabei Malawis Natur zu schützen, Ernährungssicherheit zu gewährleisten und über die Ursachen und Folgen des Klimawandels aufzuklären, der vor allem die Landwirtschaft und somit die Ernährungssicherheit in Malawi stark bedroht. Mit seiner NGO ‚Youth for Environment and Sustainable Development‘ (YSD) setzt sich Joseph gemeinsam mit einem Team aus jungen Aktiven – Jekapu, Pilirani und Esnart – für die Zivilgesellschaft in Malawi ein und bringt Klimaschutz und Klimawandelanpassung in die politische Debatte des Landes.
Joseph zeigte Carl gegenüber großes Interesse an einer Kooperation mit Engagierten aus dem Globalen Norden, da der Klimawandel ohne Frage ein globales Phänomen ist und Folgen und Ursachen des Klimawandels idealerweise in globalen Partnerschaften angegangen werden sollten, um eine ganzheitliche Betrachtung der Probleme und Herausforderungen zu gewährleisten. Da Carl Joseph in Sachen Engagement beinahe in nichts nachsteht, bildeten die beiden das ideale Team, um so eine Idee tatsächlich in die Tat umzusetzen.
So beschlossen wir – Carl, Annika, Miriam, Sabina und ich – 5 Studierende aus Lüneburg, eine Kooperation mit YSD Malawi einzugehen und sie bei deren Projekten in Malawi zu unterstützen und gleichzeitig in Deutschland Bildungsarbeit zum Thema Klimaschutz und globale Gerechtigkeit zu machen. Nach einem zunächst schleppenden Anfang gab ein Universitätsprojekt zum Thema Biodiversität und Ernährungssicherheit in Malawi Anlass für den Startschuss der Kooperation. Nachdem wir im Rahmen des Projekts viel über Malawi gelernt hatten, wollten wir nicht länger warten, sondern endlich aktiv werden. Das erste gemeinsame Projekt mit YSD Malawi wurde geplant, Fördergelder beantragt und nachdem die Förderung gesichert war, führte YSD in Malawi Workshops zum Thema Klimawandel und Landwirtschaft durch. Das Projekt war ein voller Erfolg und die Kooperation kam ins Rollen. In Deutschland haben wir noch 2 weitere Mitglieder dazu gewonnen, Amelie und Henrik, und sind als Projektgruppe des Janun Lüneburg e.V., ein Zusammenschluss von jungen Engagierten in Niedersachsen, aktiv.
Mittlerweile haben wir eine gute Partnerschaft und Freundschaft zwischen den beiden YSD-Gruppen in Malawi und Deutschland entwickelt. Joseph war von 2017 bis 2018 für ein Jahr als Klimabotschafter für JANUN e.V im Rahmen eines Süd-Nord-Freiwilligendienstes in Deutschland und so kam die Idee auf, dass auch jemand aus unserer Gruppe einen weltwärts-Freiwilligendienst in Malawi machen könnte. Uns ist es wichtig, die Kooperation vor allem auf freundschaftlicher Ebene voranzubringen – denn es ist schöner, sich auch über Dies und Das auszutauschen und nicht immer nur über Organisatorisches zu sprechen und das ist erfahrungsgemäß einfacher, wenn man sich gegenseitig kennt. Da ich sowieso seit einigen Jahren vorhatte, nach meinem Bachelor einen weltwärts-Freiwilligendienst zu machen, entschied ich mich nach einer Einsatzstelle in Malawi zu suchen. Als ich dann auch noch eine Einsatzstelle im Bereich Landwirtschaft und Ökologie in Malawi fand, die thematisch ideal zu meinen Studienschwerpunkten passt, schien alles einfach zu gut zu passen, um wahr zu sein!
Und jetzt ist es tatsächlich wahr geworden… Ich bin in Malawi, bin mit meinem Projekt am Kusamala Institute sehr zufrieden und freue mich, dass ich über den weltwärts-Freiwilligendienst hinaus auch noch die Projekte von YSD Malawi besser kennenlernen kann und mit den Leuten von YSD ein paar schöne Momente erleben kann, die unsere Partnerschaft stärken werden.
Wie angekündigt geht’s dieses Mal um Arbeitsplatz: Das Tegbare-id ist ein staatliches TVET (Technical and Vocational Education and Training) College und das älteste seiner Art in Äthiopien. Es umfasst mehrere Departments wie beispielsweise Textilverarbeitung, Automobile, Biomedizin und Manufaktur, die jeweils Kurse für verschiedene Berufsbilder anbieten. Das Konzept der TVETs ähnelt dem einer deutschen Berufsschule: Der Unterricht besteht zu 30% aus einem theoretischen Teil, die restlichen 70% sollen in Betrieben erlernt werden.
Ergänzend und aus Mangel an ausbildenden Unternehmer stehen im College viele Maschinen und Geräte für Übungen zur Verfügung. Manche davon wurden aus Mitteln der GIZ (Gesellschaft für international Zusammenarbeit) und KfW finanziert. In Besprechungen und Visiten mit verschiedenen Vertretern dieser beiden deutschen Institutionen, zu denen mich mein (ebenfalls deutscher) Mentor und Qualitätsmanager des Tegbare-id mitgenommen hat, konnte ich einen Eindruck von der staatlichen Deutschen Entwicklungszusammenarbeit auch auf höherer Verwaltungsebene gewinnen.
Meine eigene Arbeit findet aber an der Basis im Tegbare-id statt. Mein derzeitiges Reich ist das Technology Transfer Center. (TT-Center) Hier bietet ein sehr großer Tisch die Möglichkeit zu werkeln, bestehende Technologien zu untersuchen und an hiesige Gegebenheiten zu adaptieren. Im hinteren Bereich befindet sich die Recherche-Ecke und im (internetfreien) Trainingsbereich kann die Arbeit am Computer geübt und am Beamer demonstriert werden. Alle PCs sind mit einem lokalen Server verbunden, auf dem ich gerade an einem Studentenverwaltungsprogramm arbeite. Dieses wurde bereits von einem meiner Vorvorfreiwilligen aufgesetzt, ist dann aber nicht weiterentwickelt worden und daher nie in die aktive Nutzung geraten. Nun ist das Thema Digitalisierung der Collegedaten wieder auf den Schirm der Collegeverwaltung gerückt. Durch die Integration von Studentendaten (inkl. Notfallkontakte, Noten, usw.), Daten über kooperierende Betriebe, Erstellung von Transkripten, Zertifikaten und Statistiken, Bezahlung, etc. erhoffen wir uns neben der Effizienzsteigerung, Attraktivitätssteigerung der Verwaltungsjobs und Fehlerreduzierung, die Erschwerung korrupten Handelns, indem alle Änderungen (z.B. Noten) protokolliert werden und Zugriffe technisch Beschränkt werden. Ein dringendes Anliegen ist uns dabei die Integration von Informationen über die Ausbildungshistorie und Anforderungen von Firmen zu den Studentenprofilen, um zukünfig mehr Schüler in tatsächliche Ausbildungsplätze in der Industrie zu vermitteln.
Während ich weiter an der Funktionalität arbeite, unterstützt mich das ICT-Department (Information and Communication Technology) dabei wieder einen Server in das Netzwerk der Registrar-Officer, den im ersten Schritt hauptsächlichen Nutzern der Software, zu integrieren. Die Registrar-Officer sind eine nette Truppe, zu denen ich schon eine ganz gute Beziehung aufgebaut habe. Ich habe jetzt immer häufiger mein Mittagessen dort (also immer irgendwas Wechselndes mit Injera), gefolgt von ein bis zwei Runden ቡና („buna“ = Kaffee). Viele aus dem Team sprechen nicht gerne Englisch, haben aber großen Spaß an meiner Überforderung, wenn sie mich auf Amharisch ansprechen. Sie sprechen mir aber immer wieder geduldig neue Wörter vor, sodass ich die Kaffeerunden mittlerweile weniger als Trödelei, sondern meinen persönlichen Sprachkurs ansehe. Mit dem ICT-Department hatte ich allgemein bisher noch fast gar keinen Kontakt und möchte das in Zukunft ändern.
Am Samstag wurden einige Vertreter anderer TVET Colleges oder regionaler TVET-Verwaltungen und Unternehmer empfangen, um sich unser Tegbare-id anzusehen, auch wenn sich dieses (dem Hörensagen nach) qualitativ eher im Mittelfeld des Landes bewegt.
Nach der Eröffnungsrede haben sich die Gäste in Gruppen verschiedene Stationen angesehen und so haben mein Mentor und ich als Teil dessen das TT-Center vorgestellt. Einige haben auch Interesse an der Software gezeigt, an der ich arbeite. Das freut uns, da wir damit auf der TVET-Ebene ein Vorreiter in der Digitalisierung wären und auch wir die Vision haben, am Ende unser Programm an andere Colleges weiterzugeben.
Im TT-Center habe ich auch am Data Carpentry Day (als Teilnehmer) mitgemacht. Auch eine Führungskraft aus dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie war anwesend und hat sich beteiligt. Es war der zweite von drei solcher Workshops, um Interessierte im Umgang mit Daten zu schulen. Das Thema des Tages war, warum so wenige Menschen in Äthiopien ihre eigenen Unternehmen gründen bzw. eher was ihnen dazu fehlt. Die auszuwertenden Daten waren vorgegeben und wurden nach Schritt-für-Schritt-Anleitung separiert, visualisiert und mit der Fragestellung in einen Kontext gebracht und abschließend präsentiert. Insgesamt schien mir den Teilnehmern der Mut zu fehlen, kreativ zu sein und eigene Ideen zu vertreten, was wie mir gesagt wurde, ein generelles Problem in Äthiopien sei. Die Hauptinitatorin kommt von der GIZ (siehe oben) und mein Mentor und ich haben mit ihr mehrmals gesprochen. Beim nächsten Workshop wollen wir ein paar Kreativitätsübungen zwischendurch einbauen. Dieser Workshop wurde auch insbesondere dazu veranstaltet, Talente für die Nasa Space Apps Challenge zu finden, einem internationalen Innovationswettbewerb, an dem Äthiopien in diesem Jahr erstmals als eines von drei afrikanischen Ländern teilnimmt und für den ich mich nun persönlich auch als Unterstützer angemeldet habe.
In dieser Woche sind einige Lehrer aus dem Ingenieursbereich auf mich zugekommen und haben gefragt, ob ich ihnen die Programmiersprache C++ oder Java beibringen könnte, sodass ich mit meinem Mentor plane ein wöchentliches öffentlich Training daraus zu machen. Am gleichen Tag ist schon zuvor der Leiter des Kleidungs- und Textildepartments auf mich zu gekommen, da er in einem Unternehmen Gantt-Charts gesehen hat und nun die Prozesse seines Departments ebenfalls auf diese Weise dokumentieren und strukturieren möchte. Ich habe ihm meine Unterstützung dafür zugesagt und auch daraus mit meinem Mentor den Plan gefasst, im Erfolgsfall auch den anderen Departments so etwas vorzustellen.
Wie ihr merkt, scheint es für mich so schnell nicht langweilig zu werden. Und auch von außerhalb der Schulmauern gibt es noch einiges zu erzählen und einige Fotos hochzuladen, was ich möglichst bald nachreichen werde. Liebe Grüße nach Deutschland
Es ist schon weit nach Mitternacht als ich endlich den Flughafen verlasse und erstmals afrikanischen Boden betrete. Hier, 2334m über dem Meeresspiegel, sind es noch angenehme 15°C. Es ist das Ende der Regenzeit und solange es nicht regnet, kühlt die Temperatur nachts nur wenig ab. Ein unscheinbarer Mann kommt mir entgegen und ich erkenne ihn als meinen neuen Mitbewohner Yaye vom Foto wieder. Er sucht mit mir im Schlepptau nach einem günstigen Taxi ohne Ausländerzuschlag und kurz darauf rasen wir in Need-for-Speed-Manier durch leere Straßen nach Hause. Dort angekommen treffe ich auf einige Freunde und Bandkollegen von Yaye und erfahre, dass die Leere auf den Straßen den derzeitigen Spannungen (https:orf.at/stories/3021781) zwischen verschiedenen Volksgruppen geschuldet ist. Man sagt mir, dass etwa eine Stunde vor meinem Eintreffen von unserem Haus aus Schüsse zu hören waren. Wie ich später aus einer E-Mail des deutschen Auswärtigen Amtes erfahre, haben wohl fünf Personen versucht Polizisten ihre Waffen zu entwenden und sind dabei erschossen worden.
Keine drei Tage ist das nun her. Doch es kommt mir schon viel länger vor, so vieles habe ich gesehen, so viele Leute sind mir vorgestellt worden, und so schnell hat sich die sicherheitspolitische Lage zumindest dem Anschein nach wieder komplett entspannt (wozu vielleicht auch die hohen Präsenz an unterschiedlich bewaffneten Polizisten beiträgt).
Ähnlich wie viele andere Grundstücke in der Gegend ist unseres von einer hohen Mauer umgeben (andere haben stattdessen oft auch mannshohe Wellblechzäune) und hat einen zentralen Innenhof, das von einem Haupthaus und einem kleineren Nebengebäude umringt ist. Yaye, mein Äthiopischer Mitbewohner, Musiker, Musiklehrer, Umweltschützer und vieles mehr, und ich teilen uns das Grundstück mit einem in der afrikanischen Union tätigen Franzosen, einer deutschen Praktikantin, die bei der UNESCO arbeitet, einer Äthiopierin, die irgendwas mit Finanzen macht, und einem Hund. Bisher habe ich von denen aber urlaubsbedingt nur Yaye und die Deutsche kennengelernt.
Wir haben ein geräumiges Wohnzimmer, Küche, Bad (wie es auch in einer europäischen Studenten-WG aussehen könnte), eine weitere Dusche, jeder einen eigenen Schlafraum, eine Waschmaschine und seit neuestem auch WLAN (das gerade besonders praktisch ist, da momentan zeit- und stadtteilweise die mobilen Internetdaten gesperrt werden). Die Lage ist auch schön, ich fühle mich sehr wohl hier.
Mein erster Tag beginnt mit einem späten Frühstück mit Yaye und seinen Freunden. Wie später noch viel häufiger, gibt es Injera in einem kleinen Restaurant. Man reißt sich (mit einer vorher in einem Hinterzimmer frisch gewaschenen Hand) ein Stück vom leicht gesäuerten Fladenbrot ab, greift damit nach Fleisch, Salat oder Ähnlichem und steckt es sich in den eigenen Mund oder in den Mund eines anderen, wenn man seinen Respekt vor ihm ausdrücken möchte. Dazu gibt es traditionell Leitungswasser und Kaffee.
Mit dem Magen hatte ich bisher entgegen aller Warnungen vor dem Leitungswasser noch überhaupt keine Probleme, obwohl ich es auch überall außerhalb von Restaurants trinke, um unnötigen Plastikmüll zu vermeiden und weil es sowieso auch bequemer und günstiger ist. Der Wasserfilter, den ich eigentlich extra dafür in Deutschland gekauft habe, kann also weiterhin im Koffer bleiben. Die viel größere Überraschung für alle, die mich besser kennen, wird eher sein, dass mir der äthiopische Kaffee schmeckt (könnte natürlich an meinen zwei Löffeln Zucker darin liegen, aber die sind hier auch nicht unüblich), sodass ich jetzt also nicht nur den einen Kaffee getrunken habe, sondern regelmäßig einen.
Schon während des ganzen Tages bis dorthin telefoniert Yaye herum und bespricht sich mit seinen immer anwesenden Freunden, weil ich mit ihm schon mal zu meiner neuen Arbeitsstelle am Mexico-Square fahren wollte und nicht klar war, ob es dort zu neuen Demonstrationen kommt. Schließlich entscheiden wir uns dagegen und nach dem Kauf einer äthiopischen Sim-Karte für mich (für die mein Reisepass gescannt und mein Gesicht von einer Webcam aufgenommen wird) erklimmen wir nachmittags einen kleinen Berg, um den sich einige äußere Stadtteile formieren, und kehren auch erst in der Dunkelheit zurück.
Meine Befürchtung in der Millionenstadt zwischen Häusern und Verkehr zu ersticken ohne ein Erholungsgebiet erreichen zu können (durch die ganzen alten stinken Autos kann man das Ersticken fast wörtlich nehmen), hat sich als daher als falsch erwiesen. Denn der Berg hat viel Natur zu bieten und ist von unserem Haus aus schnell fußläufig erreichbar.
Am zweiten Tag nach meiner Ankunft ist auch mein aus Deutschland stammender Mentor, der Quality Manager, am Tegbare-id wieder in Addis Abeba angekommen. Ich fahre mit Yare zu ihm, wobei wir die Bustaxis benutzen. Wir müssen einmal umsteigen, wobei wir jeweils eine Kurzstecke fahren, und daher nur 1,50Birr (weniger als 0,05€) pro Person bezahlen. Eigentlich dürfen dort immer nur maximal 12 Personen mitfahren, doch für Kurzstrecken scheint die Regel nicht so streng ausgelegt zu werden und ich habe nicht nur einmal auch schon 16 Passagiere gezählt, den Fahrer und den (manchmal noch nicht ausgewachsenen) Kassierer nicht mitgezählt. Mit meinem Mentor laufen wir zu meiner neuen Arbeitsstelle, aber das Thema Arbeit hebe ich mir für den nächsten Artikel auf. Zurück muss ich alleine fahren und finde prompt beim Umsteigen nicht die Stelle, von wo aus die Bustaxis zu meinem Block fahren. Ich frage ein paar Leute danach, die mir jedoch auch nicht weiterhelfen können, bis ich auf einen Polizisten treffe, der immerhin versteht, wo ich hin möchte und ein vorbeifahrendes Auto herbeiwinkt. Der freundliche Fahrer nimmt mich bis fast nach Hause mit und möchte nicht einmal Geld dafür von mir annehmen. Dafür habe ich jetzt zwei Visitenkarten von ihm, einmal fürs Anmieten von Wohnungen und Häusern und einmal für Stadtrundfahrten. Er erzählt, dass er erst zwei Tage zuvor aus Deutschland zurückgekommen ist, und es beschämt mich ein bisschen, dass er dort nicht nur positive Erfahrungen mit den Menschen gemacht hat.
Der dritte Tag war bisher nicht mehr so ereignisreich: Ein recht ruhiger Arbeitstag, die bekannte Fahrtstrecke (außer, dass ich auf dem Rückweg anstatt des zweiten Taxis diesmal gelaufen bin), zu essen wieder gutes Injera und Sambusa(in meinem Fall mit Linsen gefüllte frittierte Teigtaschen)vom Straßenverkauf, und dem Lauschen nach amharischen Tischgesprächen, wenn den anderen englisch zu anstrengend wird.
ich bin nun meine fünfte Woche in Arua. Ich habe inzwischen Wanderungen durch die Stadt gemacht und dabei die unterschiedlichsten Dinge gesehen. Supermärkte und Märkte, Stände am Rand der Straße zum Verkauf von metallenen Toren und Türen, die keine zwei Meter dahinter geschweißt werden und direkt daneben einen riesigen Haufen Kissen welchem gegenüber wiederum ein stand für Küchenutensilien. Ging ich um zwei Ecken, landete ich auf einem Markt, der überdacht wurde von Kleidungsstücken, gebrauchten Jeans bis zu Anzügen, alles auf engstem Raum aufgehängt und lautstark angepriesen. Keine zwei Meter konnte ich gehen, ohne das jemand der Verkäufer oder Verkäuferinnen mir hinterher rief und versuchte mich für die Ware zu begeistern, sei es Kleidung oder wie auf anderen Märkten Fische, Tomaten, Zwiebeln, Reis oder Mais in unterschiedlichen Farben, Süßkartoffeln und noch vieles weiteres.
Ich besuchte einen Friseur wo ich nicht nur einen Haarschnitt erhielt, von einem Mann welcher nicht weniger Pingelig als ich es bin (so schien es mir zumindest), sondern auch eine kleine Massage meines Gesichtes und Halses, mit ein paar Cremes, die gefühlt mit Sand vermischt waren. Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube das soll so sein. Vielleicht damit beim einreiben und anschließendem Abwaschen die toten Hautzellen abfallen? Was soll’s. Ist nicht mein Interessengebiet, etwas gewöhnungsbedürftigt aber letztendlich angenehm.
Aktuell gibt es hier viele Ananas und Melonen zu kaufen, Avocados nicht zu vergessen. Die Mangosaison habe ich gerade verpasst. Nicht Schlimm, ich mag Ananas sowieso mehr. Bei meinen Kochversuchen, die immer noch sehr an meine heimische Küche erinnern habe ich diese auch eingebunden, nicht ohne Erfolg. Die gebratenen Ananasstücke in der Tomatensoße mit Zwiebeln und ein wenige Paprikapulver zu den Nudeln, gaben dem ganzen ein süßes, exotisches (ich kann nicht glauben das mir dieses Wort dazu einfällt wo es doch einfach nicht hierher passt, bin ich doch hier der Exot in der Gegend und nicht diese Frucht) Aroma.
Was aber immer wieder toll anzuschauen ist, ist der Schwarm Fledermäuse, welche in unzählbarer Menge (Naja. Sicherlich ist es möglich herauszufinden wie viele es sind aber das habe ich noch nicht und es ist auch nicht so wichtig) über dem Golfplatz und der Umgebung fliegen.
Was etwas länger dauert als erwartet sind die Möbel. Aber das verstehe und akzeptiere ich, hat der Schreiner doch gerade eine harte Zeit. Ein Gedanke, der mir immer häufiger kommt, vor allem durch das kaufen dieser und auch anderer Dinge, ist der, das ich immer noch mehr habe als manch anderer. Ein wichtiger Punkt, von unserer Sendenden Organisation, ist das wir möglichst auf einer Augenhöhe mit den Menschen hier leben sollen. Es ist keine Regel, sodass wir auch uns hier im Luxus sonnen könnten. Deshalb bin ich aber nicht hier und das möchte ich auch nicht tun.
Ich hatte euch ja versprochen, etwas mehr über die Sache mit dem Müll rauszukriegen. Das habe ich nicht vergessen und bin weiter an dem Thema dran….
Natürlich habe ich aber auch die Umgebung meiner Wohnung etwas bewandert, diesmal aber nicht allein. Ich bin mit meiner Mitbewohnerin/ Mitfreiwilligen bei RICE WN und unserer Nachbarin, ebenfalls eine Mitarbeiterin von RICE WN, unterwegs gewesen. Wir sind an einem kleinen Fluss und einem Fußballfeld vorbei, auf Trampelpfaden und an Straßen entlang gelaufen und quatschten ein wenig.
Das letzte Bild ist nicht nur wildes Grün. Hier hat sich ein Chamäleon versteckt. Wo ist es?
Uganda. Seit einem halben Jahr habe ich mich auf diesen Freiwilligendienst gefreut, bin drei mal quer durch Deutschland zu den Vorbereitungsseminaren gereist, habe mich für alles Mögliche impfen lassen, habe Visa beantragt, Sachen gekauft, probegepackt… Und jetzt ist das alles Realität. Für mich ein riesiger Schritt nach vorne in meinem Leben. So viel Veränderung in so kurzer Zeit – das hatte ich bisher noch nie.
Ich sitze in unserer Wohnung in Jinja und bin jetzt richtig froh, endlich angekommen zu sein und etwas zur Ruhe kommen zu können. Jakob, mein Mitbewohner, mit dem ich mich glücklicherweise sehr gut verstehe, ist gerade beim „Connection Day“ seiner Organisation „X-Suba“, bei dem sich die Kinder und Jugendlichen aus vielen Schule treffen, um miteinander Sport zu machen. Jetzt sitze ich also daheim und habe endlich Zeit, ein bisschen zu schreiben.
Die letzten Wochen war wahnsinnig ereignisreich und aufregend. Der Hinflug klappt einigermaßen problemlos. Von München aus fliege ich sinnvollerweise erst nach Brüssel, wo ich meine Mitreisenden Jakob, Rika und Tilman treffe, die ebenfalls einen Freiwilligendienst in Uganda absolvieren werden. Von dort aus geht es erstmal nach Bujumbura, was einen Umweg von immerhin 400 Kilometer bedeutete. Bujumbura ist die Hauptstadt von Burundi, einem Land, das für uns Weltwärts-Freiwillige aufgrund von Konflikten eigentlich strengstens gesperrt ist. Dort wird erstmal der Flieger neu betankt und es kommen ein Haufen Putzkräfte an Bord, die den Flugzeug wieder auf Vordermann bringen. Durch die hinten geöffnete Tür strömt schonmal etwas afrikanische Luft ins Flugzeuginnere. Ich versuche, einen Platz am Fenster zu ergattern, um den Viktoriasee sehen zu können, werde aber sofort von zwei französisch sprechenden Burundierinnen (Burundesen? Burundinen?) verdrängt. Naja, inzwischen ist es schon Nacht, da würde ich wahrscheinlich eh wenig sehen. Immerhin war ich jetzt mal kurz auf der Südhalbkugel, bevor ich mich wieder in Richtung Norden bewege, wenn auch nur ca. 20 Kilometer überhalb des Äquators. Um ca. 23:00 Uhr landen wir mit einer Verspätung von 40 Minuten in Entebbe, der direkt am Viktoriasees gelegenen ehemaligen Hauptstadt Ugandas, die durch die Flugzeuggeiselnahme eines israelischen Flugzeugs durch palästinensiche Terroristen und RAF 1976 zu trauriger Berühmtheit gelangte. Bis heute liegt hier der einzige internationale Flughafen Ugandas. Nachdem wir dutzende bewaffnete Soldaten und einen Checkpoint mit einem gestressten Beamten passiert haben, werden wir von Raphi, meinem Vorgänger bei FABIO, und Rose, unserer Regionalkoordinatorin, begrüßt. „Welcome to Uganda!“ Sie haben ein Taxi, auch genannt Matatu, gemietet, mit dem wir in Richtung der ca. 40 km entfernten Hauptstadt Kampala rasen. Ja, „rasen“ ist wirklich der richtige Ausdruck, denn seit meiner Ankunft in Uganda bin ich selten so schnell und komfortabel gereist, was hauptsächlich an der hochmodernen Straße liegt, mit der nicht einmal deutsche Autobahnen mithalten können. Angeblich handelt es sich um die teuerste Straße der Welt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich der in Entebbe lebende ugandische Präsident Yoweri Museveni damit eine komfortable Verbindung in die Hauptstadt bauen ließ. Ich sitze vorne, esse geröstete Erdnüsse und Minibananen, die uns Raphi und Rose mitgebracht haben, lasse mir die feuchtwarme Luft aus dem offenen Fenster ins Gesicht strömen und kann einfach nicht glauben, dass ich nun endlich hier bin, in Afrika, in Uganda.
In Kampala erwartet uns erstmal der ultimative Kulturschock. Die 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt empfängt uns mit Lärm, kaputten Straßen und beißendem Smog. Es ist immer etwas los hier, selbst um ein Uhr nachts bekommt man noch Essen an den Straßenständen am Busbahnhof. Überall stehen, sitzen, liegen handeln, arbeiten und schlafen Menschen. Über den Dächern prangen riesige Plakate, die für Benzin, Handys oder Mobilfunkanbieter werben. Am einprägsamsten ist der Verkehr: die Straßen sind voll von Taxis, Autos, Bodas und Bussen, überall wird gehupt und gedrängelt. Wie geregelt wird, wer Vorfahrt hat, habe ich immer noch nicht ganz begriffen. Meist läuft es darauf hinaus, dass zwei Fahrzeuge mit ungeminderter Geschwindigkeit aufeinander zusteuern und wenn der Zusammenstoß schon fast unvermeidbar erscheint, stoppt doch noch einer der zwei Fahrer in allerletzter Sekunde. Aus irgendeiner Bar dringt immer laute Musik, meist entweder afrikanische Popmusik oder Remixe europäischer und amerikanischer Hits, bei denen das Original fast nicht mehr herauszuhören ist. Die ganze Stadt pulsiert, viel mehr als ich das von europäische Großstädten gewöhnt bin. Und der ganze Trubel, der mir anfangs wie ein riesiges Chaos erscheint, entpuppt sich als außerordentlich funktional: jeder kann seinem Geschäft nachgehen, jeder kommt von A nach B.
Hier mal ein paar Eindrücke aus Kampala:
Das Aponye Hotel, in dem wir wohnen, ist das günstigste der Stadt, der Aufzug funktioniert nicht, aber ansonsten macht es einen guten Eindruck. Da wir nach unserer Ankunft immer noch Hunger haben, gehen wir nochmal raus zum Busbahnhof, um Essen zu kaufen. Der Busbahnhof besteht aus einer nicht asphaltierten, großen Fläche für das man gefühlt einen Geländewagen mit Allradantrieb braucht, um nicht in irgendwelchen Gräben oder Löchern steckenzubleiben. Oder eben ein Matatu. Wie sich diese mit bis zu 25 Menschen vollgestopften, klapprigen Kleinbusse in der Größe eines VW-Busses hier fortbewegen können, ist mir ein Rätsel. Tagsüber ist es hier gestopft voll mit Matatus, jetzt, um 1 Uhr nachts sind diese aber fast alle verschwunden. An einem kleinen Stand gönnen wir uns erst einmal eine Rolex. Nein, es handelt sich hier keineswegs um eine Luxusarmbanduhr, sondern um das beliebteste und günstigste Streetfood Ugandas. Der Name ist eine Verballhornung aus den englischen Wörtern „Rolled Eggs“, also gerollte Eier. Ein Omelett wird zusammen mit einem Chapati, einem schmackhaften Pfannkuchen, gerollt und mit allerlei gefüllt, z.B. Tomaten oder Bohnen, machmal auch Fleisch. Dafür zahlen wir gerade einmal 3000 Ugandische Shilling, also knapp 70 Cent.
Nachdem wir endlich satt und müde in unsere Zimmer zurückgekehrt sind, tauchen schon die ersten Alltagsfragen auf. Sollte ich mit dem Wasser aus dem Hahn Zähne putzen? Sollte ich die Malariaprophylaxe noch um diese Uhrzeit einnehmen? Und wie funktioniert das jetzt eigentlich mit dem Moskitonetz? Jaja, daran werde ich mich gewöhnen müssen…
Die nächsten zwei Tage verbringen wir in Kampala. Wir kämpfen uns durch den afrikanischen Großstadtdschungel und besuchen verschiedene Sehenswürdigkeiten, wie z.B. die große Nationalmoschee. Diese wurde komplett vom libyschen Diktator Muammar al-Gadafi gesponsert, weshalb sie im Volksmund auch einfach „Gadafi-Moschee“ genannt wird. Es handelt sich um einen relativ neuen, weiß und beige angemalten Prachtbau auf einem Hügel, der mit einem hohen Minarett und einem gigantischen halbkreisförmigen Bogen geschmückt ist. Vom Minarett aus genießen wir die tolle Aussicht auf die Stadt, die auf mehreren Hügeln erbaut ist. Der Führer erklärt uns, was wir da sehen, aufgrund des starken Windes verstehe ich aber nur Bruchstücke.
Auch ein Besuch der deutschen Botschaft in Kampala steht an. Dort treffen wir Birgitta, die sich in der Botschaft unter anderem um die deutschen Freiwilligen im Land kümmert. Zusammen reden wir über formale Angelegenheiten unseres Aufenthalts in Uganda, aber auch über Themen wie Sicherheit und Kultur im Land.
Nach zwei intensiven Tagen in der ugandischen Hauptstadt geht es für unsere kleine Reisegruppe nach Jinja, der Stadt, in dem ich das Jahr lang wohnen und arbeiten werde. Erste Station ist dabei das Büro von FABIO, meinem künftigen Arbeitsplatz. Meine Chefin Najjiba Katesi begrüßt uns alle herzlich und im Anschluss bekommen wir eine geführte Fahrradtour durch Jinja, zum Fischermarkt am Viktoriasees, zum größten Hindi-Tempel der Stadt (der an diesem Tag leider geschlossen ist) und zur Nilquelle, wo ein Denkmal daran erinnert, wie hier der Brite John Henning Speke 1857 als erster Europäer die Nilquelle erblickte. Mein erster Eindruck der Stadt: genauso staubig wie Kampala, dafür aber wesentlich grüner, ruhiger und kleinstädtischer. Auch wenn hier an vielen Ecken Müll verbrannt wird, so ist die Luftqualität alles in allem doch wesentlich besser. Ein bisschen fühle ich mich an Rosenheim erinnert: Wir wohnen in einem, abgesehen von den diversen Bars und Clubs in der Nähe, eher ruhigen Wohngebiet, das relativ klar definierte Zentrum rund um die Main Street ist mit dem Fahrrad in rund 5 Minuten erreichbar. Da die Stadt vor allem mit der Industrialisierung Anfang des Jahrhunderts groß geworden ist, sind noch viele, teilweise sehr gut erhaltene Kolonialbauten zu sehen. Im Norden der Stadt befindet sich der Taxipark und Busbahnhof mit vielen Verbindungen ins Umland sowie der „Jinja Central Market“, ein erst vor ein paar Jahren fertiggestelltes riesiges Gebäude, in dem über drei Etagen alles Mögliche zu bekommen ist, von der Banane zum Fahrradsattel, vom lebenden Huhn zum im Markt genähten Kleid. Nur industriell verarbeitete oder aus anderen Ländern importierte Produkte gibt es hier nicht, dafür muss man in einen der Supermärkten, die fast an jeder Ecke im Zentrum zu finden sind. Während hier die Preise festgelegt sind, wird im Markt und auf der Straße immer verhandelt. Zugegeben, damit hatte ich am Anfang Schwierigkeiten, vor allem weil mir die genannten Preise eh schon so billig erschienen. 500 Shilling für eine Banane? Das sind gerade mal 12 Cent! Inzwischen wissen wir aber, dass eine Banane eigentlich nicht mehr als 3 Cent kostet. Und es gelingt mir immer besser, die anfangs völlig überhöhten „Mzungu-Preise“, also die auf uns Weiße zugeschnittenen Preise, runterhandeln zu können. Natürlich tut es uns in keiner Weise weh, 12 Cent für eine Banane auszugeben. Aber wenn ich hier für ein Jahr lang lebe, ist es mir auch wichtig, nicht immer als der weiße, reiche Tourist gesehen zu werden, der sowieso jeden Preis zahlt.
Freitag, 17. August
Es ist 8 Uhr abends und schon stockdunkel. Die Sonne geht hier schon um ca. 19:00 Uhr Ortszeit unter, nach ca. 30 Minuten ist es Nacht. Wenn ich daran denke, dass sich die Sonne in Deutschland erst ungefähr drei Stunden später verabschiedet, kommt ein bisschen Wehmut in mir hoch. Andererseits kühlt die Luft nun endlich auf eine erträgliche Temperatur ab. In den letzten Tagen hatte es hier meistens um die 30 Grad, egal ob die Sonne schien, oder nicht. Ich hoffe mal, dass ich mich daran gewöhnen werde.
Von draußen dringt sanft das Zirpen der Grillen in unsere Wohnung. Auch Stimmen und das Wummern eines Basses tönen aus der Entfernung. Gestern sind unsere Vorfreiwilligen in Jinja, Simon und Raphael, nach Deutschland zurückgekehrt und wir konnten in unsere neue Wohnung einziehen.
Der Tag begann für mich heute leider schon um 5 Uhr morgens, als mich der Gockel mit seinem Geschrei aus dem Schlaf riss. In den folgenden Stunden wechselte er sich dann mit den Ziegen im Nachbarstaaten ab, deren Meckern stark an das Geschrei eines Kleinkindes erinnert, nur mit dreifacher Lautstärke. Das Frühstück konnte sich sehen lassen: Toastbrot, zweierlei Marmelade, eine Nutella-artige Schokocrème und – nicht zu vergessen – die unfassbar saftige Ananas und die leckeren Passionsfrüchte. Tropenfrüchte sind hier wirklich viel besser als in Deutschland und auf dem Markt zu Spottpreisen erhältlich. Nach dem Frühstück machten wir uns auf in die Stadt, um Trinkwasser (das hier in 20-Liter-Pfandflaschen verkauft wird) und Wandfarbe zu kaufen, da wir vorhaben, manche unserer Innenwände neu zu streichen. Zu Fuß sind es ca. 15 Minuten bis zur Main Street. Dort angelangt, missachtete ich allerdings die die essentielle Grundregel, nie den Boden aus den Augen zu lassen. Denn während die Fahrbahn der Main Street in einem vergleichsweise gutem Zustand ist und nur sehr wenige Schlaglöcher aufweist, gerät der „Gehweg“ zu einer echten Herausforderung: über wackelige Platten balancieren, über Straßengräben springen und aus dem Boden herausragenden Metallteilen ausweichen sind hier die Disziplin. Und so kommt es, dass ich mir sofort den Zehen blutig anhaute und wir unverrichteter Dinge mit dem Boda, also dem Motorradtaxi, zur Wohnung zurückfuhren, um mich zu verarzten.
Den restlichen Tag verbrachten wir mit Putzen und Ausmisten. Abgesehen davon, dass sie etwas dreckig und vollgestellt ist, ist unsere Wohnung echt super. Ein geräumiges Wohnzimmer mit Tisch, Couch und einem Ersatzbett, auf dem ich gerade sitze, bilden den Eingangsbereich. Daneben gibt es noch ein großes und ein kleines Schlafzimmer, eine gut ausgestattete Küche und ein Bad. Dessen Ausstattung– bestehend aus einem Loch im Boden und einem Duschhahn, der von der Decke ragt – ist minimalistisch, aber funktional. Die ugandische 500-Shilling-Münze hat entschieden, dass ich im kleinen Zimmer schlafen muss. Der Plan ist, nach einem halben Jahr zu wechseln, mal schauen, ob wir das durchziehen.
Am Montag, acht Tage nach meiner Ankunft in Uganda, ist dann schon der erste Arbeitstag. Ich bin schon total gespannt und motiviert. Um 9 Uhr beginnt das wöchentliche Meeting. Da die Chefin Katesi heute nicht da ist, leitet unsere Buchhalterin Phiona das Treffen. Als erstes ist Beten angesagt. Freiwillige Vorbeter? Alle Blicke wandern zu mir. Also beginne ich, das Vaterunser auf Deutsch vorzubeten, einmal komme ich ins Stocken (ist doch schon wieder ein bisschen her, dass ich das letzte mal in der Kirche war), dann kriege ich aber noch die Kurve. Im Endeffekt könnte ich ja auch alles mögliche sagen, es versteht eh keiner Deutsch. Beim Meeting werden dann auf Englisch über den Arbeitsfortschritt der letzten Woche aus den verschiedenen Bereichen und die Aufgaben der kommenden Woche geredet. Es wird vereinbart, dass in den kommenden Wochen bis Mitte Oktober vor allem mit Brian und Georg an den neuen Fahrrad-Ambulanzen arbeiten soll. Danach wollen wir beraten, welche Jahresprojekt für mich infrage kommen könnte. Mal schauen, was das wird.
Die Arbeit in den ersten Wochen ist sehr abwechslungsreich. Ich gestalte Flyer und Sticker, schreibe Monitoring-Formulare für Projekte, kümmere mich um FABIOs Facebookpräsenz, arbeite beim Fahrradverleih von FABIO und helfe natürlich beim Bau der Fahrradambulanzen mit. Eine davon stand schon am Tag meiner Ankunft fast fertig im Office, es müssen aber noch vier weitere gebaut werden. Diese sollen zusammen mit Fahrrädern und Ausrüstung an sogenannte VHTs, also Village Health Teams, im ländlichen Gebiet von Budondo, einem Vorort von Jinja, gegeben werden. Der Plan ist, dass damit dann kranke Menschen und schwangere Frauen zum nächsten Health Center gebracht werden. Diese liegen relativ dezentral, so dass keine langen Strecken zurückgelegt werden müssen. Die Ambulanzen sollen in flach gelegenen Gegenden zum Einsatz kommen, für eine Ambulanz, die in einer etwas hügeligere Gegend verwendet werden soll, wurde ein E-Scooter gekauft.
Für den Bau der Ambulanzen haben wir einen (leider teilweise fehlerhaften) Bauplan, der von einer NGO in Namibia entwickelt wurde. Also werden Rohre gekauft, zugeschnitten, gebogen und geschweißt. Da FABIO keine eigene Werkstatt besitzt, müssen wir dafür woanders hin fahren. Die externe „Werkstatt“ ist eigentlich ein Areal, auf dem alte LKWs und Busse zusammengeschraubt werden. Auch wenn wir die Arbeiten vom Personal verrichten lassen, sind wir doch immer dabei, um zu schauen, dass alles richtig gemacht wird. Das bedeutet, dass ich oft 6 Stunden am Tag in der prallen Sonne stehen muss, was wirklich ziemlich anstrengend ist, vor allem weil die Sonne mittags ja senkrecht von oben kommt. Dazu kommen noch andere Schwierigkeiten. Denn wie sich herausstellt, haben Brian und Georg auch nicht viel mehr Erfahrung in der Metallbearbeitung als ich und ich habe das in meinem Leben noch nie gemacht. Also schleichen sich immer wieder Fehler ein, von denen wir aber für die nächsten Ambulanzen lernen können. Inzwischen sind zwei weitere Exemplare fast fertig.
Ich muss zugeben, dass ich nach dem ganzen Leerlauf nach dem Abitur gar nicht mehr gewöhnt bin, so wenig Freizeit zu haben. Tagsüber komme ich meist um halb 6 von der Arbeit nachhause, dann ist meistens noch Einkaufen, Kochen und Abspülen angesagt. Und daneben muss natürlich auch der ganze Haushalt samt Putzen und Wäsche waschen geschmissen werden. Das alles macht Spaß und ich lerne total viel dazu, was es heißt, nicht mehr zuhause zu leben. Trotzdem genieße ich die Freizeit an den Wochenenden sehr. Wir haben schon einen Ausflug gemacht zu den Itanda-Fällen, ca. 20 Kilometer Nilabwärts, gemacht. Auch am Nyege Nyege waren wir, einem riesigen Festival in Jinja, das größte Ostafrikas. Über 200 Künstler gab es da zu sehen und trotzdem war es eine total entspannte Veranstaltung, idyllisch in einem Wäldchen direkt am Nil gelegen.
So, nun habe ich genug geschrieben! Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in meine ersten Wochen in Uganda geben. Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, könnt ihr mich jederzeit per Mail erreichen. Ich freue mich über Rückmeldungen!
mein Name ist Letizia und im Moment lebe ich, wie wir alle hier, in Afrika 🙂
Ich arbeite als kleine Unterstützung im Wikwiheba Mwana Center. Das Center beherbergt und betreut geistig und körperlich behinderte Kinder. Es befindet sich in Ngarama Sektor, Gatsibo District Eastern Province in Ruanda.
In Ruanda gibt es keine Altersversorgung oder Sozialhilfe. Alleinstehende alte oder behinderte Menschen sind daher in hohem Maße auf Hilfe angewiesen. Immerhin hat sich, seit das National Paralympic Committee of Rwanda (NPC) existiert, die Situation von Kindern, Frauen und Männern mit Behinderung in Ruanda deutlich verbessert. Vor einiger Zeit noch wurden behinderte Menschen ausgegrenzt, von der Politik, der Gesellschaft und der eigenen Familie. Heute gibt es in Ruanda viele Interessenverbände für Menschen mit Behinderung. Doch noch immer ist die Geburt eines behinderten Kindes für viele Familien, grade auf dem Land, ein negatives Stigma.
Das Wikwiheba Mwana Zentrum begann seine Aktivitäten im April 2007. Es wurde auf Initiative eines Elternteils mit drei Kindern mit Epilepsie gegründet. Ursprünglich war es eine Vereinigung von Eltern von Kindern mit Behinderungen verschiedener Art. Das Center beherbergt heute Kinder, die keine Familien haben, deren Familien nicht genau bekannt sind oder Unterstützung benötigen.
Das Wikwiheba Mwana Centre und die 16 Mitarbeiter versuchen Kindern alles zu bieten, was sie für ihr Wohlergehen benötigen, einschließlich Unterkunft und Ernährung, Kindergesundheit, Bildung, Erholung, medizinische Versorgung… – alles was ein Mensch braucht, um jeden Tag ein normales Leben zu führen. „Ich sage ein normales Leben, denn vor der Gründung des Zentrums von Wikwiheba Mwana wurden die betreffenden Kinder fast ihrer gesamten Grundrechte beraubt“, schreibt Mukasharangabo Mediatrice, Koordinatorin des Centers und Gründerin der Wikwiheba Mwana Organisation.
Die Arbeit in dem Center ist eine große Herausforderung für mich, der ich mich jedoch gerne stelle. Ich bin gespannt was ich in meiner Zeit in Afrika noch lernen kann und ob ich mein Wissen praktisch einsetzen kann, um den Informationsaustausch voranzubringen.
Vor allem aber freue ich mich auf eine spannende und schöne Zeit.♡
Heute ist es soweit, vier Wochen sind rum. Einen Monat alleine gelebt, einen Monat im Ausland.
Für viele mag das nichts Besonderes sein, schließlich geht eigentlich jeder irgendwann mal seinen eigenen Weg. Ob zum Studieren, für eine Ausbildung oder für ein Auslandsjahr, irgendwann kommt dieser Moment eigentlich immer. Und das ist ja auch nicht schlecht.
Aber halt trotzdem eine Umstellung.
Ich bin mir sicher, dass sich viele noch an die Zeit erinnern, wo sie zum ersten Mal langfristig das Elternhaus verlassen und ihr Leben fortan selber geregelt haben. Wie oft hat man es sich als Jugendlicher nicht gewünscht, endlich alleine und ohne die nervigen Eltern zu leben. Endlich unabhängig und frei zu sein.
Das komische ist nur, jetzt wo es soweit ist, klingt das doch nicht mehr ganz so schön wie damals. Versteht das bitte nicht falsch, ich habe mich ja auch freiwillig für das Jahr in Malawi entschieden, aber es sind die Kleinigkeiten, bei denen man anfängt, das ganze wieder zu hinterfragen und sich sein altes Leben zumindest in Teilen wieder zurück zu wünschen beginnt.
Auch wenn es sich vielleicht so anhört, unter Heimweh leide ich (soweit ich weiß) noch nicht.
„Ist es nicht irgendwie normal, wenn man sich nicht von seinem gewohnten Alltag trennen möchte, von all den Sachen, an die man sich gewöhnt und die man zu lieben gelernt hat?
Ich denke die Antwort ist ja.“
Samuel Grabowski
Und ja, mir ist selber bewusst, dass das die ganze Zeit so klingt als würde ich wieder zurück nach Deutschland wollen und mein altes Leben zurück haben wollen, und irgendwie muss ich sagen, dass das auch stimmt. Ich fürchte nur, dass das nicht mehr richtig möglich ist.
Mein altes Leben bestand aus einem mehr oder weniger festen Ablauf. Unter der Woche stand ich jeden Morgen gegen 6.40 Uhr auf, hatte 10 Minuten um mich fertig zu machen und danach (freiwilliger Weise) ohne Frühstück zum Bus zu gehen. Einmal in der Schule angekommen habe ich noch meine Hausaufgaben gemacht, schließlich hatte man ja noch 30 Minuten bevor der Unterricht begann, daraufhin dann den Tag in der Schule verbracht und zwischendurch dann meistens noch ein Brötchen oder Ähnliches als „Ersatz Frühstück“ geholt. Der Rückweg war dann auch wieder sehr entspannt, denn genauso wie auf dem Hinweg habe ich die 20 Minuten Busfahrt damit verbracht, etwas Energie in Form eines kleinen Schläfchens zu regenerieren.
Zuhause angekommen gab es dann meistens eine Kleinigkeit zum Mittagessen, wobei Kleinigkeit eigentlich oft nur aus ein paar Schnitten Brot bestand. Wenn etwas gekocht wurde, dann meist Abends für die ganze Familie. Die Zeit nach dem „Mittag“ habe ich dann oft damit verbracht, den Schultag mit Computerspielen, Videos oder Fernsehen hinter mir zu lassen. Mit dem Hund raus zu gehen hat dabei auch für eine Menge Bewegung und frische Luft gesorgt, sodass mein Tag dann meiner Meinung nach doch recht ausgewogen war.
Natürlich darf man dabei das ganze im Haushalt mitarbeiten nicht vergessen. Geschirrspüler ein- und ausräumen, Wäsche waschen und aufhängen, Staubsaugen oder mal den Rasen mähen, es gab schon einige Dinge, die sich nicht von alleine erledigt haben. Sogesehen war der Tag so gut wie nie richtig einseitig.
Aufgrund meiner Leidenschaft lange auf zu bleiben, habe ich auch sehr häufig die späte Runde mit dem Hund gedreht. Nachts noch einmal zu entspannen und etwas frische Luft zu tanken, war eigentlich garnicht so schlecht. Dabei war man nämlich so gut wie immer ungestört, weil komischer Weise um und kurz nach Mitternacht niemand mehr mit dem Hund rausgeht. Verstehe ich bis heute nicht.
Als Besonderheit zu meinem Alltag kamen dann noch ein paar Kleinigkeiten dazu. Mittwochs beispielsweise habe ich jede Woche für ca drei Stunden Zeitungen ausgetragen. Ich weiß nicht, ob ich der Einzige bin, aber für mich persönlich war das auch eine Art Sport. Klar, in erster Linie ging es dabei um das selbst verdiente Geld, auch wenn das anfangs nicht sehr viel war. 12 Euro für drei Stunden Arbeiten ist eigentlich nicht sehr fair, auch die 14 Euro, die ich aus „Fairness“ nach dem 18. Geburtstag meines Bruder bekommen habe, sind da auch nicht besser. Er hatte die gleiche Tour, nur halt am Samstag. Und als Volljähriger bekommt er halt Mindestlohn. Ab dann lohnt sich das erst richtig, leider bin ich nur halt kurz nach meinem Geburtstag nach Afrika aufgebrochen, konnte also nur zwei Monate das Zeitungen austragen richtig ausnutzen.
Wie gesagt, in meiner Empfindung ist Zeitungen austragen in gewisser Weise ein Sport. Drei Stunden am Stück mit dem Fahrrad fahren und zwischendurch etwas gehen, klingt jetzt vielleicht nicht sehr anstrengend, aber man hat ja auch die ganzen Zeitungen dabei. Zusammen mit dem Anhänger bin ich an manchen Tagen auf gute 100 Kilo gekommen, die ich zeitweise hinter mir herziehen musste.
Und dazu kommt dann ja auch noch das Wetter. Das eine mal musste ich natürlich am heißesten Tag des Jahres die Tour für meinen Bruder übernehmen, an manchen Tagen im Winter war es so kalt, dass ich meine Finger fast nicht mehr gespürt habe oder wenn ich nach nur fünf Minuten schon bis auf die Socken durchgeweicht war. Definitiv eine unvergessliche Zeit.
Vor knapp zwei Jahren habe ich mich dann noch entschieden, jeden Freitag Abend für ein bis zwei Stunden Badminton zu spielen. Also „jeden“ Freitag Abend, ich hatte ja eh nichts Anderes, um die Zeit besser zu nutzen.
Und das ist dann sozusagen mein Alltag gewesen. Mein altes Leben, was sich leider auch für das erste verabschiedet hat. Und zwar nicht nur für das eine Jahr, das ich jetzt hier in Malawi bin, sondern sehr wahrscheinlich auch für die Zeit danach. Zwar habe ich geplant zu studieren, aber ich werde in der Zeit wohl kaum weiterhin so gut versorgt werden wie bisher, schließlich werde ich dann vermutlich nicht mehr Zuhause wohnen.
Genau aus dem Grund sehe ich das Jahr in Malawi als den Anfang eines neuen Abschnittes meines Lebens an. Schon jetzt bin ich größtenteils auf mich alleine gestellt und das wird sich wahrscheinlich auch nie mehr so richtig ändern. Das richtige Leben beginnt jetzt, auch wenn ich noch keine Ahnung habe, was genau das ist, aber die entspannte und sorglose Zeit ist wohl für das erste vorbei.
Aber das ist ja gerade auch das Gute. Für mich ist jetzt fast alles neu, neben dem Land und der Kultur auch mein Alltag. Die alten Strukturen meines Lebens sind aufgebrochen und jetzt ist es die Zeit, neue zu entwickeln. Diese vier Wochen haben mir gezeigt, dass es nicht leicht wird, sich aber definitiv lohnt und dass sicherlich noch einige Überraschungen auf mich warten werden.
An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Leuten bedanken, die mich bis zum jetzigen Tage begleitet haben. Ob Freunde oder Verwandte, ob Nachbarn oder flüchtige Bekanntschaften, ob Lehrer oder Schulkameraden, all diese und definitiv noch viel mehr Leute waren und sind Bestandteil meines Lebens. Es gibt auf jeden Fall Dinge, die anders oder vielleicht auch besser hätten verlaufen können, aber so wie es ist, ist es gut. Denn genau dadurch bin ich zu dem geworden, der ich heute bin. Ein Junge, der glaubt er sei erwachsen, gerade die Welt entdeckt und sich aus einem unerklärlichen Grund für einen Philosophen hält.
Das ist die Frage, der ich seit letztem Mittwoch intensiv auf den Grund gehe. Mit der Rückkehr Tionge’s habe ich tatsächlich eine Aufgabe bekommen und noch dazu eine sehr schöne, die mir großen Spaß macht: Ich soll die Umgebung um unser neues Bürohaus nach Permakulturprinzipien designen. Wir ziehen bald in ein neues Haus ca. 500m von unseren jetzigen Büros um, da diese Räume anderweitig genutzt werden sollen. Dieses Haus wird derzeit gebaut und drum herum ist es kahl und trostlos und sieht noch ein bisschen wie Baustelle aus. Und da ist nun meine Kreativität gefragt, um die Umgebung zu begrünen und schön, logisch, praktisch, kurz permakulturmäßig zu gestalten. Um mir die Aufgabe zu erleichtern, hat Tionge mir einen Ordner mit tausenden Dokumenten über alle möglichen Aspekte der Permakultur zur Verfügung gestellt. Seit Mittwoch habe ich also erstmal viel, viel Zeit am Computer verbracht, habe mich durch das Gewirr an Dokumenten gearbeitet, vieles über Permakultur gelesen und alles was mir wichtig erschien für mich aufgeschrieben und zusammengefasst. Ich kam mir fast ein bisschen vor, wie an der Uni, eigentlich ganz schön und vertraut!
Nachdem ich gelernt hatte, dass man für ein Permakultur-Design erstmal die zu planende Fläche gut erkunden und kennenlernen soll und alles, was man sieht auf einer sogenannten „Base Map“ darstellen soll, unterzog ich das neue Gebäude also einer intensiven Erkundung, setzte mich auf eine Bank und versuchte das Gebäude inklusive Umgebung auf einer Karte abzubilden… Nach zahlreichen Versuchen, bei denen die Proportionen einfach nicht so richtig stimmen wollten, hatte ich irgendwann doch eine ganz gute „Base Map“ erstellt und war mit dem ersten Ergebnis meines Projekts zufrieden.
Jetzt hieß es, kreativ werden und Ideen entwickeln, wie man die Umgebung gestalten könnte. Ich veranstaltete also ein großes Brainstorming in meinem Kopf und sammelte viele Ideen, was man so alles machen könnte: Insektenhotels, Kräuterspirale, Moringabäume, Hühner, Solartrockner für Früchte, Sitzecke mit Weinranken, Gemüsebeete mit Bewässerung vom Dach und vieles mehr. Nun geht es darum, die ganzen Ideen in ein sinnvolles Konzept zu bringen. Wassermanagement und Bodengegebenheiten müssen unbedingt beachtet werden und ich muss noch lernen, welche Pflanzen gut zusammen wachsen und welche nicht.
Auf jeden Fall habe ich jetzt alle Hände voll zu tun und bin mit meiner abwechslungsreichen Aufgabe, die einerseits intensives Lernen, praktisches Erkunden und kreatives Ideenfinden beinhaltet, überaus zufrieden. Wie mein Design am Ende aussieht und in die Tat umgesetzt wird, erzähle ich dann später…
Nun war ich also schon mehr als 2 Wochen in Malawi und mein Koffer stand immer noch gepackt und verschlossen in der Ecke, ich lebte aus meinem Rucksack, und auch wenn es mir in 18b gefiel, konnte ich nicht so richtig ankommen. Dieser Zustand wurde irgendwann anstrengend und schlug in Kombination mit der Magenverstimmung etwas auf meine Stimmung… Zum Glück war Nadja noch da, die auch in 18b wohnte, eine Freiwillige, die 6 Monate in Malawi gewesen war und am Dienstag abreisen würde. Wir versuchten die Langeweile zu vertreiben und unternahmen ein paar schöne Sachen.
Wir gingen auf den Chitenge-Markt, ein wunderbarer Ort mit vielen wunderschönen Stoffen. Aus den Stoffen wollte ich mir Röcke schneidern lassen und ein Kleid, denn ich war am nächsten Wochenende auf einer Hochzeit eingeladen. Nadja hatte in dem Projekt Taste of Malawi gearbeitet, eine kleine NGO, in der Frauen eine Schneiderausbildung machen und dann damit ihr eigenes Geld verdienen. So wusste ich also schon, wem ich meine Schneiderwünsche in Auftrag geben würde!
Nadja zeigte mir auch das Wildlife Center, ein traumhafter Ort, mein absoluter Lieblingsort in Lilongwe, wo es ein Cafè mit super leckerem Essen gibt. Ich trank das erste Mal seit 2 Wochen einen Cappucchino und war überglücklich! Am Sonntagabend gingen wir zum Four Seasons, eine schöne Gärtnerei mit Park, wo es jeden Sonntag Live Jazz gibt. Wir setzten uns ins grüne Gras auf ein Chitenge und genossen die Musik.
Am Montag war es dann soweit und der Umzug stand vor der Tür. Alex, mein zukünftiger Mitbewohner und Nadjas ehemaliger Chef, hatte einen Transport für 16 Uhr organisiert und so hätte der Umzug nicht lange dauern sollen… Hätte, wenn die Korbsofas nur nicht so groß gewesen wären und wir nicht 4 Betten hätten mitnehmen müssen! So musste der Transport zweimal fahren und blieb auf dem Rückweg im Feierabendstau stecken, sodass wir mit der zweiten Ladung erst gegen 20 Uhr in Area 3 ankamen! Und dann standen wir vor der Herausforderung ein Bett in mein Zimmer zu kriegen. Nach vielem Hin und Her blieb nur noch die Option das Kopfteil abzusägen, danach ging es zum Glück ganz einfach! Wir hatten mittlerweile alle einen Riesenhunger und so fuhren wir in die Stadt und aßen bei Mimoza, einem typisch malawischen Restaurant, etwas zu Abend. Für Nadja ein letztes malawisches Essen am letzten Abend, für mich ein erstes gemeinsames Essen mit meinen neuen Mitbewohnern. Ich wohne bei Alex, ein sehr netter und offener Malawier, Anfang 30 und seinem Bruder Deus, auch super nett, Ende 20. Ich fühle mich sehr wohl und wir kommen gut miteinander aus. Jeder macht sein Ding, aber wenn es passt, essen wir auch mal zusammen, quatschen oder unternehmen was zusammen. Eigentlich nicht viel anders als WG-Leben in Deutschland.
Als ich am Mittwoch endlich auch ein Regal in meinem Zimmer hatte, konnte ich meine Sachen einräumen und war mit meinem Zimmer bald sehr zufrieden. Endlich ein Ort zum Ankommen, an dem ich mich zu Hause fühlen konnte… Das Bett mit dem Moskitonetz ist sehr gemütlich, das Regal mit Büchern und allem möglichen Zeugs macht den Raum wohnlich und mein Kleiderschrank ist auch eingeräumt. An der Wand hängt eine Malawi-Karte und ein Poster mit Pflanzen aus den Tropen (Fundstücke aus 18b), ich habe Fotos und einen Kalender aufgehängt und ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Als ich am Donnerstag das erste Mal von der Arbeit in dieses Zimmer „nach Hause“ kam, war ich sehr glücklich.
Der Garten um das Haus ist groß und schön, und auf den Sofas auf der kleinen Terrasse genieße ich nach der Arbeit eine Stunde Ruhe, trinke entspannt einen Tee, esse einen Apfel, lese ein bisschen, bis es um 6 dann dunkel ist. Das ist etwas, woran ich mich noch gewöhnen muss, dass es so früh einfach dunkel ist…
Das Schöne ist, dass Area 3 eine sehr zentrale Gegend von Lilongwe ist. Ich laufe jetzt jeden Morgen und Nachmittag eine halbe Stunde durch Area 3 und bin dann in Town, dem zentralen Punkt Lilongwes. Von dort nehme ich ein Share Taxi, um ins City Centre und von dort zum Kusamala zu kommen. Es ist zum Einkaufen schon sehr praktisch, einfach auf dem Rückweg von der Arbeit vom Markt, Supermarkt oder den Straßenständen das Abendessen mitbringen zu können und die halbe Stunde Fußweg jeden Morgen und Abend bringen mir meine Bewegung. Und auch um in meiner Freizeit Lilongwe zu erkunden, ist es sehr praktisch, dass ich das Stadtzentrum fußläufig erreichen kann.
Ein Highlight der ersten Woche in Area 3 war noch, als ich herausgefunden habe, dass Deus eine Gitarre hat (aber noch nicht wirklich spielen kann) und Deus herausgefunden hat, dass ich ein bisschen Gitarre spielen kann und ihm etwas beibringen kann. Dienstagabend haben wir dann den ganzen Abend auf der Terrasse gesessen und Gitarre gespielt!
Nun bin ich also endlich angekommen und habe ein kunyumba (Zuhause) hier in Malawi!