Amakuru

Amakuru, bedeutet so viel wie “was geht” oder “was gibts neues”? Und wird als Begrüßung auf der Straße benutzt. Amakuru, kommt literarisch von dem adjektiv -kuru was alt bedeutet und das je nach den 16 Klassen in Kinyarwanda an dessen Beginn verändert wird. Wenn man also Amakuru sagt, meint man damit alte Informationen, die bereits vergangen sind.

Das Jahr neigt sich so langsam dem Ende zu. Knapp ein Monat bleibt mir noch in Rwanda. Ganz realisiert habe ich das noch nicht. Immer noch wächst unsere Innenaustattung zu Hause und wir sind vertieft in unsere Arbeit.

Gerade sind Examen, da am 19.07. das zweite Trimester abgeschlossen wird. Jean-Paul und ich prüfen unsere Schüler in allen Schulfächern und über die Themen die wir das letzte Trimester unterrichtet haben. Beispielsweiße in pre-writing das schreiben von ba, be, bo, bu, bi und fa,fe,fo,fu,fi, da damit viele Wörter in kinyarwanda gebildet werden. Im Französisch Unterricht erlernten die Schüler gerade die Körperteile und ich bringe ihnen die Farben bei und sie lernen kleine Taschen zu nähen. All das müssen sie nun in den Examen in Einzelprüfungen wiedergeben. Diejenigen die gut bis sehr gut abschneiden werden für den nächsten Term oder das nächte Schuljahr dann eventuell in die Nursery oder Primary school geschickt.

Neben der Schule habe ich für alle Interessierten einen Deutschkurs gestartet. Ich wurde in letzter Zeit immer wieder darum gebeten und es freut mich total das meine Freunde und Arbeitskollegen Interesse an meiner Sprache haben. Auch einen Englischkurs habe ich gestartet auf die Bitte der little Sisters, nachdem wir das reusable sanitary pad Projekt mit ihnen beendet hatten. Denn viele lernten bis vor ein paar Jahren noch intensiv Französisch in der Schule und nicht Englsich und da sie sich gerne besser mit uns verständigen wollen, möchten sie nun Englisch lernen. Grundsätzlich könnte ich auch mit ihnen auf kinyarwanda sprechen. Da mache ich immer noch Fortschritte und habe unglaublich viel Spaß daran weiter zu lernen. Doch ist die Sprache echt nicht einfach. Man kann sagen sie ist ungefähr genau so schwierig wie deutsch.

Neben dem reusable sanitary pads Projekt, das wir mit den kleinen Sisters und den Mädchen der Primary school begonnen und erfolgreich beendet haben, sind wir nun auf dem Weg ein neues Projekt mit Menstruationstassen zu beginnen. Dieses wurde von Studenten der Uni Lünneburg aufgezogen und nennt sich Poculum. Wir finden es eine super Sache und sind gespannt wie es bei den Einwohner von Janja ankommt. Unsere erste Sitzung werden wir diesen Freitag halten.

Eine unserer letzen Aufgaben ist es für APAX eine neue Website zu erstellen. Das ist gar nicht so einfach, aber mit ein bisschen rumprobieren bekommen wir das schon hin. Sie soll all die vielen Bereiche von APAX miteinschließen. Denn im Moment gibt es für alle Orte an denn APAX eine Community besitzt eine separate Website, auf die wir auch nicht mehr zugreifen können, um sie zu bearbeiten. Auch sind die Websiten nicht so leicht zu finden. Als Anna und ich vor unserem Freiwlligen Jahr bei APAX nach Informationen gesucht haben, fanden wir nicht viel. Das wollen wir ändern. Wir freuen uns reisig, wenn auch du nun unsere neue Website besuchst und dich noch mehr über APAX informierst. Hier einemal der Link zu unserer Website:

https://apaxmissionariesofpeace.wordpress.com

Wir brauchen auch möglichst viele Besucher, damit die Website bei Googlesuchen ganz oben angezeigt wird. Wir freuen uns auf deinen Besuch:)

Und jetzt bin ich schon fast am Kofferpacken, denn nächste Woche ziehe ich schon aus meinem Haus in Janja aus. Am Wochenende fahren nämlich alle mit großen Bussen nach Kigali, denn eine ehemalige Peacecore Frewillige aus Janja heiratet und das gibt mir die Möglichkeit meine Koffer mit einzuladen. Nach der Hochzeit mache ich mich dann mit Freunden nochmal auf eine Ostafrika Reise, da Schulferien sind. Und am 6. August bin ich schon wieder auf dem Weg nach Deustchland.

Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht…

Links: Mein Kollege Jean-Paul. Die beiden Rechts von ihm zwei gute Freunde von mir 🙂

Ndashaka gutembera i Vunga

„Und was machst du am Wochenende?“, frage ich unseren Kinyarwandalehrer, „Ich laufe nach Vunga, besuche einen  Freund und kaufe Kartoffeln. Die hier in Janja sind mir zu teuer.“

„Aber sind es nicht nur 250rwf für den Kilo (umgerechnet 0,25ct)?“

„Das stimmt, das ist aber verhältnismäßig teuer. Und die Qualität wird besser je näher du zu Musanze kommt, das kann nur  an der dunklen Vulkanerde liegen!“

„Das heißt, du wanderst nach Vunga, was im gemütlichen Tempo 1,5h dauert,  kaufst mehrere Kilo  Kartoffeln und trägst sie den ganzen Wanderweg wieder bergauf? Und das um 100rwf zu sparen (umgerechnet 10ct)?“

„Ja klar, ist doch nicht so schlimm.“

Diese Unterhaltung mit Paul hat mich sehr beeindruckt und mir wieder einmal gezeigt, wie sehr ich als Hergezogene diese kleinen Geldbeträge unterschätz habe. Paul ist mittlerweile ein sehr guter Freund geworden, der uns gerne viel zur ruandischen Kultur oder bestimmten Umgangsformen erzählt. Und auch sein Einkaufverhalten hat mich wieder umdenken lassen. Insgeheim spart er dann doch nur auf sein Feierabendbier (;

Schon mehrere Male bin ich zum Markttag nach Vunga gewandert und wusste also was Paul da vorhat. Die meisten gehen sehr früh am Morgen los um die Mittagshitze oder den Nachmittagsregen zu vermeiden. Durch die Wärme morgens kondensiert nämlich überall das Wasser und ein Regenschauer ist sehr wahrscheinlich. Tageszeitenklima eben. Aber der Weg zum Markt ist nicht nur ein Einkaufsausflug. Es ist eine Abwechslung für die Menschen zur täglichen Arbeit und den Feldarbeiten am Wochenende. Denn neben der Kirche am Sonntagvormittag und gelegentlichen Sportwettkämpfen unter den Schulen passiert kaum etwas Unterhaltendes für die Bürger_innen. Auf dem Weg habe ich schon so viele Gespräche geführt, wurde begleitet und war sogar schon Teil einer Hochzeitsprozedur! Ich habe mit getanzt und angetäuscht die Lieder zu kennen, denn dummerweise wurde ich gleich als Ehrengast die die Mitte gleich hinter die Braut gezogen … Und tatsächlich habe ich sogar eine Anastasia getroffen. Mich über eine Stunde mit ihr unterhalten und gesungen – mein Kinyarwanda wird besser!

Auch wurde mir letztens ein schönes Perlenarmband geschenkt. Da war ich dann sehr skeptisch, ob ich das nun zahlen soll. Denn bevor ich das Band in die Hand gedrückt bekommen habe, sagte mir die Frau sie würde sie auf dem Markt verkaufen gehen, um neue Flipflops zu kaufen. Den ganzen restlichen Weg überlege ich also insgeheim wie ich mich für das Geschenk bedanke und es wieder zurückgeben kann, als ich den Blick der Frau auf meine Handgelenke bemerke: Ich habe zwei schwarze Haargummis dabei. Da dachte ich an kommerzielle Hintergedanken der Frau, dabei war sie einfach nur neugierig und hat auf einen Tausch gehofft. Bereitwillig  gebe ich also den schwarzen Haargummi ab der die Braids der Frau schön zusammenbindet und sie glücklich strahlen lässt. Manchmal  habe ich auch schon meine Schüler_innen getroffen. Beeindruckend welchen Schulweg sie jeden Tag haben!

Und für Abenteurer wie mich kommt am Ende des Weges noch eine sehr kurze aber lohnenswerte Überfahrt: In einem Einstammboot über den Fluss. Bei Wind und Wetter wartet der Steuermann, und stößt das Boot sachte an die andere Uferseite.  Ich wollte nicht zugeben, dass ich auch etwas faul bin. Es führt ein Weg über eine 1km weit entfernte Brücke, aber auf der anderen Straßenseite müsste ich wieder den Kilometer zurück laufen um auf Zivilisation zu treffen … Und außerdem ist diese Hängebrücke nicht ganz so unwackelig wie sie erscheint.

Liebe Grüße aus einem ruandischen Wochenende,

Anna

Menstruation ohne Tampons und Binden-Was tun?

Wir schreiben den 28. Januar im neuen Jahr. 

Bei Anna und mir ist ein klarer Arbeitsethos eingekehrt. Doch heute unterscheidet sich der Tag von den anderen. Aus Amerika haben wir von einer Vorfreiwilligen eine Spende von Thinx bekommen. Das ist eine Organisation aus den USA, die Unterhosen für Frauen herstellt, in denen bereits Binden integriert sind. Die 200 Unterhosen die wir bekommen haben sollen wir nun an die Mädchen und Lehrerinnen der Primary School von APAX verteilen. In diesem Zuge haben wir eine kleine Präsentation erstellt, die noch näher auf die Menstruation eingeht. Denn das ist hier leider immer noch ein sehr verschwiegenes Thema.

Für die meisten sind gute Hygiene Artikel viel zu teuer, daher benutzen sie einfache Stoffe, die sie zerknüllt in ihre Unterwäsche stecken. Wenn es aber nicht die richtigen Stoffe sind, saugen diese das Blut nicht gut auf. Das kann zu einem Disaster werden und führt dazu das die Mädchen sich schämen und lieber in dieser Zeit zu Hause bleiben. Dadurch verpassen sie aber wichtige Bildung und das einmal im Monat. 

Um 3 soll es los gehen. Wir bauen den Beamer im Essensaal der Boardingschool auf, wo ab und zu auch Filmabende veranstaltet werden. Um kurz nach drei ist noch niemand da. Wir warten auf 36 Mädchen und die Lehrerinnen. Unsere leichte Nervosität verfliegt mit der Zeit die wir warten. Um kurz vor 4 haben wir die Hoffnung, das sie noch kommen fast aufgegeben. 

Afrika halt, denken wir.. Schade

Plötzlich hören wir Stimmengewirr und schnelle Schritte und innerhalb von 1 Minute sitzt der ganz Haufen vor uns. Freudig springen wir auf und beginnen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten, wie Beispielsweise der Verständigung, geht uns das Thema sogar leichter über die Lippen als erwartet. Triffin, eine gute Freundin und Lehrerin übersetzt. Als wir am Ende die Mädchen bitten nun ihre Fragen zu stellen bleibt es Muchsmäuschen still. Keine Fragen? Kann sein, aber mindestens ein paar müssten welche haben. Wir hatten uns das fast gedacht, denn es ist ein heikles Und ein wenig peinliches Thema. Jeder bekommt also einen Stift und ein Blatt und ausnahmslos alle fangen an zu schreiben! Voller Erfolg. Wir werden die Fragen in den nächsten Tagen beantworten, aufgrund von Zeitmangel nach dem Vortrag. 

Wir stellen nun noch die verschiedensten Artikel vor, die man als Frau während der Menstruation verwenden kann. 

Tampons und Binden, Mooncups und wiederverwendbaren Binden. 

Von den herkömmlichen always Binden und O.B. Tampons bin ich selbst schon länger nicht mehr überzeugt. Tampons verursachen oft eine trockene Intimzone und beides produziert zu viel Müll. Deshalb habe ich mir jetzt einen Mooncup angeschafft und bin sehr überzeugt. Für alle interessierten Leser füge ich am Ende des Artikels einen Link ein, der die Mooncups näher beschreibt. Leider bekommt man dieses Produkt in Rwanda noch nicht. Aber die wiederverwendbaren Binden lassen sich ganz einfach selbst Nähen. 

Abschließend zu der Präsentation teilen wir die Unterhosen von Thinx aus und bieten den Mädchen jeden Freitag Nachmittag einen Girls Club an. In diesem wollen wir mehr über Menstruation sprechen, die Angst und die Sprachbarrieren brechen und gemeinsam mit ihnen ihre eigenen reusable sanitary pads nähen. Wenn sie gut werden und wir genug herstellen können habe ich geplant an alle Frauen im Umkreis Janja‘s diese Binden zu verteilen.

Nach dem Vortrag bedanken sich alle ganz herzlich bei uns.Das zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht! 

Im Moment befinde ich mich auf dem Weg nach Musanze. Auf der Ladefläche eines LKW’s:D In Musanze werde ich nach allen Nötigen Materialen für die sanitary pads suchen. Ich hoffe ich werde alles finden.

Wenn Interesse besteht veröffentliche ich gerne eine Anleitung zum Nähen der Pads.

Hier noch die Links:

https://www.shethinx.com/

https://www.mooncup.co.uk/

Im DM ist ein sehr ähnliches Produkt erhältlich von der Marke Selenacup. Diese benutze ich.

AMIS APAX Janja

Abagabuzi b’amahoro ya kristu umwami-Missionairies of peace of Christ the King

Vier Monate ist es nun her, das ich hier in Janja, im Norden Rwandas bei APAX mein neues zu Hause gefunden habe. Im Moment lebe ich wie eine Sister von APAX auf ihrem Compound. Esse mit ihnen und arbeite mit ihnen. Der Bereich bietet Platz für drei Klassenzimmern für die Special Needed Education, ein Office mit angebundener Physiotherapy, in der ich ebenfalls arbeite, einem Zimmer für unsere Näher, vielen Domitories und damit Platz für die Internatsschüler, deren zu Hause zu weit weg ist oder die schlicht keines mehr haben. Einem Raum zum Essen für uns und die Sisters, einer Küche, einem Garten in dem ein Teil unseres Essens angebaut wird wie zum Beispiel amashu (Kohl), Papaya, Dodo (Ekeliges Grünzeug), Baumtomaten und andere Sachen wie z.B. ganz viele bunte Blumen. Mein Zimmer liegt am hinteren Ende des Compounds neben drei ähnlichen Zimmern, die auf einen offenen Gang führen. Anna wohnt seit nun 4 Wochen direkt neben mir, was die Abende die wir nicht mit den Sisters verbringen nochmal versüßt. Doch, das Grundstück sah nicht immer so belebt und dicht bebaut aus.

Lesen sie jetzt: The history of APAX.

Am Anfang war…

Sister Donata Uwimanimpaye fasste 2001 gemeinsam mit Father Ubolt den Entschluss die Mentalität in Rwanda grundlegend zu verändern. Nach den Schrecken des Genozids von 1994 herrschten immer noch Unruhen. Es fehlte an allen Ecken und Enden an Frieden und Wohlgesinung. Die beiden Gründer von APAX Sister Donata und Father Ubolt setzten sich das Ziel durch die neue Generation mit Hilfe des Glaubens wieder eine Kultur des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe zu verbreiten. Dazu gehörte auch die Akzeptanz gegenüber körperlich und geistig behinderten Menschen. Das ganze sollte über ‚inclusive education‘ geschehen. So begannen die beiden, hier in Janja, die Gemeinde APAX aufzubauen. Gemeinsam mit einer Gruppe von Helfern, die sich selbst die Missionaries of Peace nannten und aus einem kleinen Kreis Sisters und Brothers* bestand und bis heute besteht. 2003 begannen sie ihre Idee umzusetzen. Am 3. Spetember eröffnetten sie eine improvisorische inclusive primary school auf dem heutigen Compound der Sisters, der damals nur zwei kleine Häuser fasste. In einem schliefen die Sisters und Brothers gemeinsam. In dem anderen wurde tagsüber unterichtet. Ein Jahr später wurde dann der Bereich special needed education, für lernschwache und geistig behinderte Kinder angeboten. Aufgrund von Platzmangel fand der Unterricht in den Räumen des kleinen Krankenhauses von Janja statt.Weil die Anzahl der Anmeldungen für diese neue Art zu unterrichten weiter stieg, wurde 2006 die primary school in das Elite Gymnasium Saint Jerome verlegt und auf dem compound der sisters wurden Klassenräume für die special needed education erreichtet. Erst 2009 kamen so viele Spenden zusammen, das APAX seine eigenen Schulgebäude bauen konnte. Bis heute ist die Geimschaft unglaublich gewachsen. Die Brothers, die bisher mit den Sisters in einem winzigen Haus gelebt hatten, haben sich in Janja, ein Stück weiter den Berg hinauf, zurück gezogen, in Reichweite der primary school, die jetzt noch zuwachs von einer nursery school (Kindergarten) bekommen hat.In dieser Zeit haben sich in allen Ecken des Landes Missionairies of Peace niedergelassen und Communities mit verschiendenen Zielen gegründet. In Muramba gibt es beisielsweiße eine Einrichtung für behinderte Menschen, in der sie Nähen lernen, um später ihrer Familie zur Hand gehen zu können oder vielleicht bei anderen Einrichtungen von APAX angestellt werden zu können, um dort als Schneider zu arbeiten. Oft schicken wir Kinder aus der special Needed Education in die Enrichting in Muramba, wenn sie Schwirigkeiten haben in der inclusive education untergebracht zu werden. Also nach der special needed education in der primary zusammen mit allen anderen Kindern unterrichtet zu werden. So ist eine meiner Schülerinnen ab nächsten Jahr in Muramba und lernt Pulover zu stricken und Klamotten zu nähen. Ich werde sie vermissen, aber bestimmt einmal besuchen gehen.

Seit dem Genozid hat sich Ruanda in eine sehr positive Richtung entwickelt. Die Menschen sind zurückhaltend, aber unglaublich freundlichund warmherzig. Alle versuchen die schreckliche Zeit hinter sich zu lassen und das beste aus dem zu machen was ihnen als Mensch gegeben wurde, nämlich Liebe und Wärme zu verbreiten. Dank Einrichtungen wie APAX, die eine Ausnahme in ganz Afrika darstellen war es Möglich diesen Punkt zu erreichen an dem Rwanda heute steht.

Für meine vielleicht ein wenig irritierten Leser:

* “Sisters und Brothers” kann man allgemein als “Nonne und Mönch” ins deutsche übersetzten, doch da man eine deutsche Nonne nicht mit einer Rwandischen Sister vergleichen kann spreche ich gerne weiterhin von Sister und Brother.

Von Rollstuhlrennen, Fantas und einer Lebensmittelvergiftung

Eines schönen Nachmittages, ich sitze grade in der Sonderschule, hielt mir Mana ein Bild vor mein Gesicht und rief laut „Fanta!“. Das Bild ist Teil eines Wörter-lern-Sets und im ersten Moment war ich einfach nur stolz, dass er das Wort korrekt ausgesprochen hat. Doch im zweiten Moment sah ich meine Kinder an und fragte sie, ob sie alle Fanta mögen würden. Die Reaktion war eindeutig: Hände wurden in die Luft geworfen und die Frage lautstark bejaht. Und während wir den Nachmittag weiterspielten, formte sich so langsam eine Idee in meinem Kopf. Die Kinder verlassen unser Center selten, um nicht sagen zu müssen nie. Und um für 26 Kinder eine Fanta auszugeben reicht das Geld des Centers lange nicht. Gleich am nächsten Morgen besprach ich meine Idee mit dem Teacher. Dieser nickte und sagte: „But we will need help“. Gesagt, getan: Linus und ich erwarteten sowieso Besuch aus der Hauptstadt und diesen weihten wir sogleich in unseren Plan ein. Allesamt zeigten sie sich bereit, uns zu unterstützen und so war es beschlossene Sache. Wir würden am Samstag mit einigen Kindern in die Stadt fahren und gemeinsam eine Fanta trinken. Die Vorfreude war groß – nicht nur bei den 17 Kindern, die wir mitnehmen würden, sondern auch bei mir. Es sollte für viele das erste Mal sein, das Center zu verlassen.

Samstagmorgen, 10 Uhr. Amelie, Pauline, Freddy, Jakob, Linus und ich stapfen zu meinem Center und werden von unglaublich fröhlichen und aufgeregten Kindern begrüßt. Kaum eine Stunde später sind wir alle auf dem Weg durch die Stadt in unser Lieblingsrestaurant. Die Sonne verbrennt uns, aber es werden fröhlich Lieder gesungen und gelacht. Im Restaurant bei Peter, der mittlerweile ein guter Freund von uns geworden ist, organisieren Linus und ich Amandazi (Teigbälle), Fanta und Tee. Ich helfe beim Füttern und alle essen fröhlich drauf los.

Ich sehe mich um und bin glücklich. Ich bin glücklich, weil die Kinder es sind. Was für uns eine Kleinigkeit ist, hat es geschafft all diesen Kindern ein strahlendes Lächeln in ihr kleines Gesicht zu zaubern. In Windeseile sind die Amandazi verputzt und der letzte Tropfen Fanta in ihren Bäuchen. Es wird noch ein bisschen erzählt und gelacht, doch schließlich heben wir unsere verbrannten Schultern wieder der Sonne entgegen und verlassen den Hinterhof des Restaurants.

Auf dem Weg nach Hause starren uns alle unablässig an. Sechs weiße und 17 behinderte Kinder. In einem kleinen Dorf wie Ngarama sorgt das für Aufsehen und ich bin mir bis heute nicht sicher, ob man meine Aktion gut fand, oder mich dafür vielleicht sogar verurteilte. Im Grunde spielt das aber gar keine Rolle – ich würde es jede Zeit wieder tun. Der Rückweg dauert nicht so lange wie der Hinweg, was zum einen daran liegt, dass es bergab geht, sodass man sich beinahe an die Rollstühle hängen muss und zum anderen daran, dass die Jungs die Zeit kurzerhand reif für ein Rollstuhlrennen befunden haben. Was mir zunächst aufgrund eines so gut wie nicht vorhandenen Weges mein Herz stoppen lässt, wird kurz später auch von mir für sicher befunden und zum Spaß für jeden von uns, auch für die Kinder, die nicht im Rollstuhl sitzen. Alle rennen, springen und die Kinder lachen den ganzen Weg. Zurück im Center bedanken sich sie sich bei uns und wir trommelten und tanzten zum Abschied. Es geht mir nahe, wie dankbar und fröhlich jedes Kind ins Center zurückgekehrt ist. Ein Ausflug in die Stadt war für sie ein großes Abenteuer. Und ich bin nicht sicher, ob mich das glücklich oder traurig machen soll. Ein schöner Tag neigt sich dem Ende entgegen, der jeden zum Lächeln bringen konnte. Und das ist es, was ich wollte. Auf dem Rückweg setzen wir sechs uns erschöpft aber durchaus zufrieden in die Bar unseres Dorfes und bestellen Bruchette (Ziegenfleischspieße), während wir Blackstories spielen. Am nächsten Tag verlässt der Besuch uns und fährt zurück nach Kigali. Linus und ich fallen in unseren Alltag und sind eine Woche später selbst auf dem Weg nach Kigali für unseren Kinyarwanda Kurs. Dort angekommen finden wir fast alle mit Bauchschmerzen, Übelkeit und Magenproblemen vor und Jakob wird noch am selben Abend mit einer Lebensmittelvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Die Ursache ist für die Stadtmenschen schnell gefunden – das Dorf. Linus und ich lachen. Für das Dorfleben ist eben nicht jeder geschaffen.

Von Bierdeckeln, alten Sitzpolstern und der Plastikflasche

Nach dem Öffnen der Flasche rücksichtlos in die Ecke gepfiffen, unauffällig im Regal verstaut, ein sinnloser Platzhalter, wartend auf die nächste Müllabfuhr: Was hätte ich in Deutschland mit diesem Müll angefangen? Nicht beachtet wahrscheinlich, nicht die Zeit gehabt darüber nachzudenken, einfach weggeworfen. Jedoch ist das „Wegwerfen“ hier in Ruanda nicht so einfach. Der Müll wird nicht sortiert und recycelt, sondern einmal im Monat im Vorgarten abgebrannt. Alte Matratzen der Kinder liegen bei uns herum, die Plastikflaschen häufen sich an und die Bierdeckel werden wie in Deutschland erst gar nicht beachtet.

Die Stelle im Garten, an der verbrannt wird

Dabei muss ich jedoch hier anmerken, dass ich auf sehr hohem Niveau meckere. Denn die Mengen an Müll halten sich für die fast 200 Kinder sehr strak in Grenzen! Auch wird hier in Ruanda nichts auf die Straßen geworfen, die Menschen sind im Bezug auf Plastik in ihrer Umgebung super fortschrittlich. Natürlich gibt es Unterschiede vom sauberen Kigali zu unserer ländlichen Region. In den Beeten sind häufig noch Reste von der Müllverbrennung, aber lange nicht so viel, dass es unangenehm wäre.

Diedonne und Mutoni beim Schälen der Ibijumbo

Eine Schneiderin am Kimironko

Da Toni und ich viel mit Kindern zu tun haben, viel von diesen „Mengen“ an Müll umgeben sind und auch beide gerne kreativ sind, hat sich ein kleine Produktion ergeben:   Wir verarbeiten den „Müll“  allerdings nicht nur zu zweit, ein paar wenige Mädchen sind über die Ferien hinweg auf dem Gelände geblieben. Die Schwestern haben sie vor Jahren aufgenommen, da sie Waisen sind und es keine näheren Familienangehörigen gab, die sich um sie kümmern konnten. Die Mädels helfen den ganzen Tag über mit beim Kultivieren im Garten, beim Kochen, Waschen, Nahrungsmittel vom Markt holen und so weiter, was eben am Tag anfällt. Aber neben der Arbeit spielen wir auch am Sportplatz, tanzen beim Kochen zu amerikanischer, deutscher und ruandischer Musik, unterrichten uns gegenseitig in Englisch – Kinyarwanda, etc. Und nun haben Toni und ich begonnen mit den Mädels und manchmal auch ein paar Schwestern den besagten „Müll“ weiter zu verarbeiten.

Die umnähten Bierdeckel

Auf dem Kimironko Markt  in Kigali (ein großer Markt mit vielen Verkaufsständen von dem traditionellen Kitenge) haben wir Bierdeckeluntersetzer entdeckt, die mit Kitenge umnäht sind. Dazu werden die Reststoffe hergenommen, die nach dem Nähen der Kleidungsstücke übrig bleiben. Es geht in ganz bunt, oder wie wir es versucht haben, in einem bestimmten Muster.

Die alten Sitzpolster und das neue Kuscheltier

Auch habe ich letztens aus alten Sitzkissen einen Fisch genäht. Das war mein erstes Mal, deswegen habe ich für das nächste Mal noch viel dazugelernt, aber es ist ein Anfang (: Toni traut sich demnächst auch an Taschen und Federmäppchen heran, Kitenge haben wir genug auf Vorrat aus Kigali geholt (:

Basteln mit den Waisenmädchen und neugierigen Besuchern

Und aus den Plastikflaschen haben wir Kerzenlichter gebastelt. Die 1,5 Liter Flaschen müssen ringförmig aufgeschnitten werden und dann mit Papierkleister und Transparentpapier umklebt werden. Das Papier ist um jede Klopapierrolle gewickelt, da sammeln alle Schwestern eine Zeit lang. Das ist immer so süß, wenn mir im geheimen eine Schwester ihren Vorrat immer zusteckt. Die Gräßer und Blumen hier sind wunderschön, die haben wir mit hineingeklebt, bei Dunkelheit ist es wunderschön! Oder Papierkraniche gefaltet aus dem Transparentpapier, das ist ein schönes Windspiel. In den Schlafzimmern der Kinder könnten wir Sie an der Decke befestigen, vielleicht basteln wir da ein bisschen wenn die Ferien vorbei sind.

Die Klopapierrollen und die Verpackung

Da in Ruanda die Plastiktüten verboten sind, bekomme ich jedes Mal beim Einkaufen Papiertüten. Manche Verkäufer falten dafür auch gebrauchtes Papier und kleben es. Vor diesem Upcyclen habe ich großen Respekt, fast jeder nimmt zum Einkaufen auch seine eigenen Taschen mit. Im Übrigen gilt es als unhöflich und rücksichtslos gleich nach dem Einkauf etwas auf der Straße zu essen. Deswegen kriege ich eigentlich immer eine Tüte, wenn ich nichts zum Einpacken dabei habe.

Soviel zum Müll, dem Upcyceln, dem Umweltbewusstsein – sehr vielseitig und an verschiedenen Orten ganz unterschiedlich ausgeprägt.
Vermutlich fallen mir im Laufe des Jahres noch viele andere Bastelsachen ein, ich werde bestimmt wieder darüber schreiben.  Genießt die Adventszeit, ich vermisse sie hier ein wenig.

Eure Anna (:

Peace – Amahoro

Missionaries of Peace
1994 herrschte kein Frieden in Ruanda, fast eine Millionen Menschen starben in Folge des grausamen Genozids. 2001 wurde der Brüder- und Schwesterorden „Missionaries of Peace“ gegründet, um den Folgen der Brutalen Ermordungen entgegenzuwirken. Viele Waisen brauchten ein Zuhause, Verwundete brauchten Unterstützung und die Schwestern boten psychische Rehabilitierung an, waren also Zuhörer und versuchten schwere familiäre Situationen zu verarbeiten.

Bei einem Ausflug mit der behinderten Klasse

In ganz Ruanda verbreitete sich der neue Orden, dabei ist unsere Schule das ˃Hauptquartier˂, denn hier begann alles. In Janja stand nur eine Kapelle in der ein paar Brüder und Schwestern gemeinsam schliefen und beteten. Jahr für Jahr bauten sie mehr auf, die Brüder und Schwestern sind in der Physio tätig, arbeiten in der Küche, pflegen den Garten und kümmern sich um die Bürokratie der gesamten Schule.

AMIS APAX
Meine Schule „AMIS APAX“ liegt ca. 100km von Kigali entfernt. Bei klarem Wetter kann ich die Vulkane sehen, die in demselben Nationalpark

Ein Ausblick auf die Vulkan

stehen in dem die Forscherin Dian Fossey ihre Gorillas beobachtete. Ich arbeite in einer Klosterschule für ˃inclusive education˂. Das bedeutet, dass körperlich und geistige Kinder in einer separaten Klasse aufgenommen werden und je nachdem, wie schnell sie lernen und sich entwickeln, werden sie in der Grundschule und in die weiterführende Schule aufgenommen. Das Konzept ist so erstaunlich groß ausgebaut, dass das gesamte Gelände mit Rollstühlen befahrbar ist, häufig sehe ich Kinder mit Krücken und auch Erwachsene die z.B. Taubstumm sind. Für alle findet sich hier eine Arbeit!

Ein Teil unseres Schulgeländes

Das Gelände umfasst Schlafräume für Kinder, die unter der Woche hier bleiben, Essenssäle, eine Küche, eine Physiotherapie und einen Sportplatz. Für Gäste gibt es eigene Zimmer mit Bad, nicht weit von den Schwestern wohnen die Brüder und natürlich gibt es viele Klassenzimmer. Es gibt einen Garten, in dem die Schwestern dieses Jahr beginnen Oragen- und Avocadobäume zu pflanzen. Mit Toni haben wir auch schon einen Kompost bauen dürfen, ein paar Kinder haben uns super assistiert! Denn die Erde hier ist ziemlich lehmig rot, vielleicht wird sie auch durch den Regen immer so stark ausgewaschen. Allerdings haben uns die Cowboys die im Garten, mit

Das Grundgerüst unseres Kompostes

den Kühen und in der Küche arbeiten, stark in den Schatten gestellt. Denn neben den Kühen haben wir noch Ziegen und Hühner, für die die drei Cowboys letztens einen Käfig gebaut haben – wahnsinnig stabil und groß!

Das erste Mal für mich eine Kuh zu melken!

Meine Aufgaben hier sind vielfältig, hauptsächlich betreue ich die Kinder im Unterricht, wenn sie kreativ sind oder Sport haben. Hier im Unterricht geht nichts ohne Lieder – zum Aufwärmen im Sport, als Pause im Unterricht, als
Begrüßung für Gäste stimmen alle gerne freudig ein und das schafft eine tolle Atmosphäre! Zum anderen lerne mich in der Physiotherapie ein. Meine Mentorin überlässt mir und Toni vorerst die Kinder, die nicht laufen können, um es mit ihnen zu üben. Schritt für Schritt lerne ich dazu und freue mich über jeden Fortschritt!Manchmal haben wir auch Bürodienst, da ziehen wir uns zurück und verfassen Berichte. Wir können beim Kochen helfen, jedoch reicht unser Kinyarwanda für das Verständigen mit dem Küchenpersonal noch nicht aus. Da die Ferien nächst Woche beginnen, können wir keine größeren Projekte

Unser Pizzabacktag

in der Schule mehr starten. Aber für das nächste Schuljahr sammeln wir bereits Ideen, besprechen Projekte mit den Sisters und helfen im Alltag mit. Als Schulabschluss wollen wir z.B. Lampions mit den Kids basteln – Als Materialien nehmen dafür abgeschnittene Plastikflaschen her, von den Papierverpackungen des Klopapiers die weißen Transparentstreifen und Kleister – ich bin sehr gespannt!

Liebe Grüße aus den Bergen Ruandas, Anna

Von Kindern, Ziegen und Avocados. Ngarama – mein neues Zuhause

Ngarama. Ein kleines, wunderschönes Dorf im Nordosten Ruandas, 4,5 Stunden von der Hauptstadt entfernt. Ein Dorf, in dem Ziegen noch Ziegen und Kinder noch Kinder sein dürfen. Wer morgens nicht von einer brüllenden Kuh geweckt wird, wacht spätestens auf, wenn die Schüler der Benebikira-School anfangen für mehrere Stunden lauthals zu singen. Dieses Schicksal ereilt auch mich jeden Morgen, mein Wecker ist mittlerweile überflüssig.

Schnappschuss auf meinem Weg zur Arbeit

So beginnt mein Tag um 6 Uhr, während ich auf dem Weg zum Bad hoffe, dass wir Strom haben. Beim Verlassen des Hauses greife ich mir meinen Schreiblock und den Regenmantel (Das Irische Sprichwort „1 Tag 4 Jahreszeiten“ könnte auch aus Ruanda stammen) und beginne mit meiner morgendlichen Wanderung zu der anderen Seite des Dorfes.
Auf den Straßen von Ngarama riecht es nach Feuer, Schweiß und süßen Speisen. Ein paar Kinder spielen auf dem Rasen und ein „Good Morning“ tönt aus ihren Kehlen, wenn sie mich sehen. Schnell beschließt auch die restliche Kinderschar von Ngarama, in den Chor einzusteigen und ein stetiges, auch gerne aus 200 Metern Entfernung gerufenes „Umuzungu“ (eine Bezeichnung für wohlhabende Weiße) begleitet mein Gehen.

Weiteres spontanes Foto

Nach heißen und vor allem lauten 45 Minuten erreiche ich das Wikwiheba Mwana Center. Die kleine Sandrine öffnet mir das Tor, umarmt mich und versucht mit einem Lächeln mehr schlecht als recht meinen Namen auszusprechen. Doch auch ich lächele und bin stolz und heilfroh, dass sie mich nicht mehr „Anna“ nennt. Auch die anderen Kinder kommen auf mich zugestürmt und ein wilder Austausch von Begrüßungen beginnt. Mit lautem Lachen setzen nun auch die Mothers des Centers (eine Art Ersatzmütter für die Kinder hier) und ich die Begrüßung fort. Jeden Morgen eine harte Probe für meine Kinyarwandakenntnisse (Kinyarwanda ist die Landessprache in Ruanda), denn ein englisches Wort erreicht hierbei nur ungern mein Ohr.

In den frühen Morgenstunden ist noch nicht viel los. In wenigen Minuten wird Lachen und Geschrei über den Platz tönen

Pünktlich um 9 Uhr nach ruandischer Zeitrechnung (ich sitze auch gerne mal bis 10.30 Uhr alleine im Klassenzimmer und versuche hilflos 15 lachende und erwartungsvolle Kinder zu bändigen), beginnt der Sonderunterricht. Der Stundenplan an der Wand sieht hübsch aus und anscheinend ist dies auch seine einzige Aufgabe. Der Teacher, dessen wirklicher Name unbekannt ist, und ich denken uns leichte Matheaufgaben aus und malen mit den Kindern, für die Rechnen zu anspruchsvoll ist. Nach einer Stunde Matheunterricht, bei dem mehr gelacht wurde als bei manch einem in der gesamten Schulzeit, schlage ich ein „easy English“- Lernbuch auf und wiederhole mit ein paar Kindern die bereits gelernten Tierbegriffe. Die Kinder, die der Sprache mächtig sind, zeigen großen Ehrgeiz ihr Sprachrepertoire auch auf die englische Sprache zu erweitern. Doch der beliebteste Zeitvertreib ist und bleibt, mir Kinyarwanda beizubringen: es wird gelacht, wenn meine Aussprache, mal wieder typisch Deutsch – zu hart – ist und jeder möchte der Nächste sein, der mir die Übersetzung für „Ziege“ zuschreit.

Unser kleiner Klassenraum im Center

Gegen 12 Uhr ist Essenszeit. Wenn meine Chefin Mediatrice, oder von allen nur Mama Kiki genannt, bei der ich jeden Tag zum Lunch geladen werde, noch nicht aus ihrem Büro in die Sonne getreten ist, helfe ich noch beim Füttern der Kinder. Nach dem monotonen aber äußerst schmackhaften Mahl bei Mama Kiki bestehend aus Nudeln, Bohnen und Maisbrot geht es zurück ins Center. Den Nachmittag verbringen wir mit Ballspielen, Memory oder dem sehr beliebten Mensch ärgere dich nicht, bei dem es wichtiger ist, mir die Farben beizubringen als wirklich zu spielen.

Unsere Physiotherapeutin Fabienne bei der Arbeit

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Er war laut, anstrengend und ereignisreich aber vor allem voller Lachen und Freude. Erschöpft aber glücklich komme ich zuhause an. Den späten Nachmittag verbringen Linus und ich unglücklicherweise mit Waschen und Geschirrspülen, den Abend mit Kochen. Mit einem seufzen lassen wir uns auf die harten Sessel im Esszimmer sinken. Ich schaue nach draußen, während ich auf meinem Reis kaue und die Schüler der Benebikira-School zu ihren Abendgesängen ansetzen, um mit den Vögeln und Fröschen den nächtlichen Wettkampf um die lautesten Geräusche auszutragen. Hier in Ngarama, wo die Avocado besser schmeckt als irgendwo sonst, aber das Fleisch ungenießbar ist. Hier, wo die Leute dich immer am interessantesten finden und der Verkäufer auf dem Markt dein bester Freund ist. Ein Dorf in dem du dir bei Regen oder Dunkelheit alle Knochen brichst, das aber die Idylle aus einem Märchenbuch besitzt.
Ich lächele. Dieses Dorf ist eigen, es ist laut und bunt, aber vor allem ist es mein Zuhause geworden.

Eine Stadt der Sterne in einem Land der Berge

Es ist das erste Mal für mich den afrikanischen Kontinent mit eigenen Füßen zu berühren. Davon habe ich geträumt seit ich das erste Mal über die Globalisierung nachgedacht habe, den ständigen Fortschritt, der in jedem Land unterschiedlich verläuft. Dazu meinte Präsident Trump einst: „ (…) Viele Länder dieser Welt wie Indien oder Afrika sind immer noch sehr arm (…)“. Denn was Donald Trump da anspricht habe ich während meinen Ausreisevorbereitungen äußerst häufig gehört. Du gehst nach Afrika? Ist das nicht gefährlich?

Die Hauptstadt Kigali

Da fragte ich mich: Ein gesamter Kontinent soll ohne Unterschiede in zwei Kategorie passen, nämlich ˂gefährlich˃ und ˂arm˃? Warum ist Afrika für so viele Menschen nur ein Land? Nicht ein Kontinent mit so großartiger Vielfalt, durchaus auch sehr fortschrittlichen Ländern und alternativen Lebensweisen zur europäisch-westlichen, die genauso gut funktionieren können?

Ich habe bereits Antworten gefunden, aber auch dreimal so viele neue Fragen. Dabei bitte ich dich als Leser aber auch kritisch mit meinem Text umzugehen, denn ich schreibe aus meiner Perspektive. Und die Wirklichkeit entsteht erst durch die Auseinandersetzung mit sehr vielen unterschiedlichen Sichtweisen!

Das Motofahren

Aber jetzt los nach Ruanda:
Ich komme in der Hauptstadt Kigali an, die nicht vom Sternenhimmel zu unterscheiden ist. Auf den Hügeln auf denen die weitläufige Stadt erbaut ist funkeln überall Lichter – wunderschön! Ich werde mit einem Auto abgeholt, was sehr bequem ist für mich und die Koffer, jedoch ist das wesentlich weniger gebräuchlich als das MOTO! Du verhandelst den Preis, steigst auf und überholst im Straßenverkehr jeden Bus und jedes Auto. Aber aufgepasst, nur die mit den roten Laibchen sind auch offizielle Motofahrer! Es finden Motorennen statt, manchmal bleibt eins wegen Benzinmangel liegen, ein anderer verfährt sich oder weiß gar nicht genau welchen Ort du ihm genannt hast, fährt aber trotzdem einmal los. Mir ist dennoch bewusst wie gefährlich so etwas sein kann, deswegen bin ich froh nur in Kigali darauf angewiesen zu sein, nicht bei mir im ländlichen Janja.

Kitenge – Stoffe auf dem Kimironko – Markt

Nach den ersten Tagen lerne ich das Regenwetter kennen (bis November dauert die Regenzeit an). Es ist durchgängig warm, wir haben mehr ein Tageszeitenklima als ein Jahreszeitenklima. Toni, meine Mitfreiwillige, zeigt mir alles, nimmt mich mit zum Sprachkurs, auf den Kitenge-Kleidermarkt und zu leckeren Restaurants, denn sie ist bereits seit zwei Monaten hier unten. Oder oben, wir leben ja auf ca. 1700 Höhenmetern (:

 

Was ist meine Einsatzstelle und was muss ich machen? Das kommt in meinem nächsten Beitrag!

APAX Janja – Peace Organisation

The first thing is, to love them all, no matter what“

Blick vom höchsten Punkt Janja´s ins die Berge

Die Sonne steigt langsam über die Spitzen der Hügel und lässt alles um einen herum in sanftem Gelb erstrahlen. Der Morgennebel dämpft das Licht und die Geräusche. Die Luft ist frisch, doch das wird sich im Laufe des Tages stark verändern. Steht die Sonne am Himmel, könnte man denken man sei in der Wüste. Ist sie verschwunden, beginnt man zu frösteln.

 

Seit zwei Wochen bin ich nun in Janja und lebe gemeinsam mit den Sisters von APAX auf ihrem Compound. Diesen teilen wir mit circa 200 Kids. 30 von ihnen sind geistig behindert. Die starken Temperaturschwankungen und die Höhe machen mir zu schaffen. Eine Erkältung hat sich direkt breit gemacht. Geschwächt beginne ich an diesem Morgen den Unterricht gemeinsam mit Jean-Paul. Er ist Lehrer für den Bereich „Special Needs Education“. In unserer Klasse sind 15 Kinder unterschiedlichsten Alters, Behinderungen, Bedürfnissen und Lernniveaus. Wo die einen bereits beginnen zu rechnen, fällt es den anderen schwer einen Stift zu halten und sich auszudrücken. Jeden einzelnen seinem Niveau entsprechend zu unterrichten ist damit keine leichte Aufgabe. Neue Sachverhalte beizubringen dauert dadurch seine Zeit und man muss damit rechnen, dass man den ein oder anderen dabei auf der Strecke lässt. Der Unterricht ist sehr musikalisch gestaltet. Vieles wird von Jean-Paul in ein Lied verpackt, damit es den Kindern leichter fällt, sich den Inhalt zu merken. Doch trotz aller Schwierigkeiten ist das erste und eigentlich auch das einfachste, alle Kinder lieb zu haben, ungeachtet des Grades ihrer Behinderung. Dies war das Erste, was mir Jean-Paul gesagt hatte, als ich begann die Kinder zu unterrichten und bisher habe ich das sehr beherzigt. Ich finde teilweise auch, man kann nicht anders, als diese Kinder ins Herz zu schließen, denn Behinderte sind die herzlichsten Menschen, die es gibt. Sie stellen keine Fragen über den Stand des anderen und lieben dich, wenn du sie liebst.

Ein paar Kids aus meiner Klasse. Als sie mich mit meiner Kamera sahen mussten sie direkt für mich posen 😀