Eine Freiwilligenstelle (fast) wie aus dem Bilderbuch

Ein wichtiger Bestandteil des weltwärts Programmes ist das Lernen. Niemand soll einfach nur in ein anderes Land gehen, um dann dort zu helfen oder zu arbeiten, wir sollen von unserer Reise sehr viel mitnehmen und auch selbst daran wachsen.

Ein Punkt ist dabei natürlich die neue Kultur im Allgemeinen. Schon diese Erfahrung reicht aus, um unsere Sicht auf die Welt hoffentlich zu verändern und sie uns anders wahrnehmen zu lassen. Aber wie bereits gesagt, ein Teil jedes Freiwilligen Jahres ist auch das Arbeiten. Und dass fällt bei eigentlich jedem Freiwilligen sehr unterschiedlich aus.

Das etwas gemütlichere Office

Wo manche zeitweise einfach nichts zu tun hatten, gehen manche in ihren Aufgaben richtig auf. Bei mir ist es, um ehrlich zu sein, ein sehr guter Mittelweg. Ganz am Anfang habe ich von artefact, unserer Entsendeorganisation eine Stelle in Uganda vorgeschlagen bekommen. Bei dieser hätte ich den Großteil der Zeit damit verbringen sollen, wenn ich mich recht erinnere, Schülern und auch Lehrern den Umgang mit PCs beizubringen. Eigentlich auch genau mein Ding, schließlich sitze ich jeden Tag recht viel am PC und habe auch Spaß damit zu arbeiten. Auch habe ich in der elften Klasse, während der Facharbeits-Zeit, vor meinen Jahrgangskammeraden mehrere Vorträge darüber gehalten, wie man das Textprogramm OpenOffice benutzt. Und auch jetzt noch helfe ich gerne, wenn mir beispielsweise meine Mutter oder meine Oma zu Dingen bezogen auf PC oder Smartphone Fragen stellen.

Zwei meiner Arbeitskollegen, Robby und Racka

An sich war der Vorschlag also sehr passen. Aber halt nur eigentlich. Denn wie bereits gesagt, am PC sitze und arbeite ich beinahe jeden Tag und das dann auch noch jeden Tag zu unterrichten, das währe für mich halt nichts Neues. Ok, nicht viel Neues, schließlich unterrichte ich nicht jeden Tag, aber ich würde mich die meiste Zeit mit dem verbringen, was ich eh schon immer mache. Genau aus diesem Grund habe ich mich dann gegen die Stelle in Uganda entschieden. Und ich bereue meine Entscheidung nicht.


Jetzt bin ich hier in Malawi, habe eine super schöne Wohnung und bin bei einem Unternehmen, das dabei ist, eine nachhaltige Lodge zu bauen. Ein fast drei Hektar großes Gelände soll mit Wohnhäusern, einem Restaurant, einem Tagungsgebäude, sowie vielen Beeten und Demonstrationsgärten ausgestattet werden. Später sollen hier nicht nur Touristen, sondern sogar auch möglichst viele Bewohner der Region etwas über Themen wie Permakultur, Bewässerung, organische Dünger und Spritzmittel oder auch die Kompostherstellung lernen. Es sollen regelmäßig Kurse angeboten werden, das Restaurant soll aus eigenem Betrieb komplett vegetarisch betrieben werden und ein Ausflugsziel für Schulklassen soll es auch sein. All das klingt jetzt sehr träumerisch und Zukunftsmusik, aber das Ganze nimmt langsam gestallt an. Und ich bin ein Teil davon. Und auch ein wichtiger.

Auf der Baustelle nehmen langsam die ersten Gebäude Form an

Eigentlich sollen Freiwillige möglichst keine Arbeitsstellen besetzten und damit Anwohnern einen Job wegnehmen, aber bei mir ist das in gewisser Weise der Fall. Die Aufgaben, die ich habe, sind zwar nicht unbedingt für das Unternehmen lebensnotwendig, aber wenn ich nicht hier wäre, müsste entweder eine Person eingestellt werden, oder es würden halt einfach ein paar Dinge wegfallen, bzw. meine Chefin müsste ihre restliche Freizeit auch noch opfern. Eine dieser Aufgaben ist beispielsweise das Aufbauen der Website. Zwar wurde das von meinen Vorfreiwilligen schon angefangen, aber richtig viel gibt es bisher noch nicht. Eine andere Aufgabe ist das Verwalten und Updaten der großen Pflanzendatenbank, auch von meinen Vorgängern angelegt, in der wir versuchen, über mehr als 800 verschiedene Pflanzen, bzw. deren Samen, den Überblich zu behalten. Und schlussendlich, meine wohl aktuell regelmäßigste und auch sehr anspruchsvolle Aufgabe, das Organisieren und Durchführen unseres wöchentlichen Obst- und Gemüseverkaufes. Hierbei kümmere ich mich nicht nur um das Angebot für unsere Kunden, auch nehme ich alle Bestellungen entgegen, frage bei Missverständnissen nach, am Mittwochmorgen leite ich das Packen der Bestellungen, verkaufe diese danach in der Stadt und bin dann auch noch dafür zuständig, den Überblick über das ganze Geld zu behalten. Problem daran ist, bzw. eigentlich ist es ja etwas Gutes, dass wir inzwischen von durchschnittlich 8 Kunden pro Woche auf 20 gewachsen sind. Dadurch wird die Arbeit halt von Woche zu Woche mehr.

So haben wir uns das für den Obst- und Gemüseverkauf zumindest vorgestellt, wie es einestages bei jeden Aussehen soll

Und das sind nur ein paar meiner Aufgaben. Man stelle sich vor, ich (und auch kein anderer Freiwilliger) wäre jetzt nicht hier. Dann würde von diesen Aufgaben entweder fast nichts “existieren”, oder man müsste halt jemanden dafür anstellen. In gewisser Weise nehme ich also doch einen Arbeitsplatz weg.

Leider kein Alltag…

Mir persönlich gefällt die Arbeit aber. Zwar ist es manchmal sehr herausfordernd, manchmal auch nicht sehr spannend, aber sie ist definitiv abwechslungs- und lehrreich. Viele meiner Aufgaben habe ich vorher noch nie richtig gemacht, zumindest nicht in dem Ausmaß, und daran lerne ich echt viel. So wie beispielsweise die Pflanzensamen, die ich schon in der ersten Woche eingepflanzt habe. Vermutlich habe ich sie nicht richtig gewässert, sodass keiner von ihnen jemals aus der Erde gekommen ist. Man lernt halt aus seinen Fehlern.


Und genau das ist auch das Gute an meinen Aufgaben. Wenn ich Fehler mache, geht nicht gleich das ganze Unternehmen unter, aber die Konsequenzen erlebe ich trotzdem, zum Beispiel wenn ich den Kunden erklären muss, dass etwas an ihrer Bestellung nicht da ist. Für den Moment fühle ich mich dann immer schlecht, aber langfristig lerne ich glaube ich sehr viel daran. Es ist also genau so, wie es sein soll.

 

 

 

 

„Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner haben die Zeit“

Inzwischen sind schon über 2 Monate vergangen seit dem ich von Deutschland aus in das mir damals noch unbekannte Malawi gestartet bin.

Die Zeit scheint echt nur so an einem vorbei zu fliegen.

Seit meinem letzten Beitrag ist einiges passiert. Inzwischen hat die Schule angefangen und ich konnte mir schon zumindest so etwas ähnliches wie einen „Alltag“ aufbauen.
Jede Woche fahre ich für drei Tage nach Chipunga. Dort wohne ich, wie schon einmal erwähnt,  bei den Kasambalas und teile deren Alltag, d.h. kochen auf dem offenen Feuer, beten vor dem Essen und wenn man mal eine WhatsApp Nachricht verschicken möchte muss man zum Nachbar oder zum Fußballplatz laufen, denn nur dort hat man mit etwas Glück Internetempfang. Ich genieße oft gerade die Ruhe in Chipunga. Nachts kann man einen wunderschönen Sternenhimmel betrachten und man hört nicht ständig laute Musik aus dem nächstgelegenen Club, wie in Mzuzu.

Dies ist das Haus der Familie Kasambalas.
Hier kochen Doris und ich Nsima. Das Hauptnahrungsmittel der Menschen in Malawi.

Meine Arbeit  in den Preschools in Chipunga macht mir Spaß. Die Kinder sind echt liebenswert und mir gefällt besonders deren Enthusiasmus bei den Kinderliedern und kleinen Spielen. Bereits die kleinen Kinder können die Hüften schwingen, wie die ganz Großen.
Bei den Unterrichtseinheiten sitze ich bisher meistens nur daneben. Es ist echt schwer ihnen etwas beizubringen, wenn man deren Sprache (Chitumbuka) nicht gut spricht. Die Kinder können kaum Englisch. Außerdem haben leider einige immer noch, aufgrund meiner Hautfarbe, Angst vor mir. Ich bin mir jedoch sicher, dass sich das bald legen wird. Mit meiner „Gastmutter“ Doris Kasambala kann man gut über die Lehrmethoden und die bestehenden Probleme in den Preschools reden. Sie ist selbst eine ausgebildete Lehrerin, während die Preschool Educators keine  Ausbildung haben und auch nur eine geringe Aufwandsentschädigung für ihren Einsatz erhalten. Trotzdem sieht man deutlich, dass sie sich sehr bemühen und ihr Bestes geben den Kleinen etwas beizubringen und dadurch einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

 

GRACE hat nun veranlasst, dass Doris Kasambala eine zweite Supervision in den Preschools macht. Die erste war bereits im Juli 2018. Dabei begleitete Doris Kasambala die Preschool Lehrer/innen eine Stunde täglich im Unterricht und brachte ihnen neue Unterrichtsmethoden bei und gab Anregungen. Auch ich profitiere sehr davon. Da ich keine Ausbildung habe kann ich durch Doris viel lernen und sicherer werden.

Mein Chitumbuka verbessert sich von Woche zu Woche. Ich bekomme zwei mal die Woche jeweils eine Stunde Unterricht von meinem Chef Daniel Mthuti. Auch malawische Freunde zu haben erleichtert es einem sehr diese Sprache zu lernen. So langsam hat man auch kleine Erfolgserlebnisse, wenn sich zwei Einheimische unterhalten und man sogar einige Teile davon verstehen kann.

 

Abenteuerliche Fahrten zwischen Mzuzu und Chipunga

Manchmal, wenn ich Glück habe, kann ich mit dem Farm-Auto der Chipunga Farm nach Chipunga fahren. Dieses Auto ist öfters in der Stadt, um Besorgungen zu machen. Doch in letzter Zeit hatte das Auto einige Probleme, entweder gab es kein Geld für Sprit oder es war in der Reparatur…
Also bin ich mittlerweile auch schon einige Male mit dem Public Transport nach Chipunga und wieder nach Mzuzu gefahren. Um nach Chipunga zu kommen muss man zu einem bestimmten Platz in Mzuzu und dort warten, bis einer der Pickups in Richtung Chikwina genügend Gäste hat, damit er losfährt. Chikwina ist das nächst größere Dorf, welches von Mzuzu aus hinter Chipunga liegt. Chikwina kann man auch auf Google Maps finden, während man bei Chipunga schon größere Probleme hat. 😀
In Malawi gibt es keine Buslinien mit festen Abfahrtszeiten, wie in Deutschland (außer bei den großen Überlandbussen), hier muss man immer warten, bis das Fahrzeug voll ist und erst dann fährt es los.
Nach 1-2 h Wartezeit geht dann meistens die Reise endlich los. Manchmal ist es echt faszinierend wie viele Menschen und Gepäck auf so einen „kleinen“ Pickup passen. Zwischen 5 Säcken Dünger, Kartoffeln, Matratzen und anderem Gepäck sitzt man dann mit noch weiteren 25 Menschen eingequetscht auf der Ladefläche des Pickups und hofft, dass es auf der Fahrt keine Panne gibt und man dadurch möglichst schnell ans Ziel kommt. Nach der Fahrt spürt man dann Muskeln, von denen man noch nie wusste, dass man sie überhaupt hat.
Es ist jedes mal eine Belastungsprobe. Ich hoffe, dass ich mich mit der Zeit daran gewöhnen werde und es irgendwann normal für mich wird.
Nach meiner Zeit in Malawi werde ich mich wohl nicht mehr so schnell über den Zug freitags um 13:15 Uhr von Freiburg nach Bad Krozingen beschweren. Dieser ist zwar immer überfüllt, sodass man Leute bitten muss etwas Platz zu machen, um überhaupt zur Türe rein zu kommen, doch wäre dieser in Malawi würden dort nochmal 20 Leute und 10 Düngersäcke reinpassen. 😀

Aber gerade in solchen Situationen, wie z. B. die Fahrten nach Chipunga, fällt mir immer wieder auf, dass die Malawier ein ganz andere Verhältnis zu Körperkontakt mit fremden Menschen haben. Plötzlich spürt man einen Arm auf seiner Schulter von der Frau, welche neben einem sitzt oder man sitzt selbst fast auf dem Schoß einer anderen fremden Person.  An sich begegnen sie fremden Menschen hier viel offener. Es wird getratscht und zusammen gelacht, als ob man sich kennen würde (so empfinde ich es zumindest, das meiste kann ich leider nicht verstehen, da oft  in Chitumbuka oder Chichewa gesprochen wird).  Gerade diese Offenheit der Menschen finde ich hier sehr angenehm. Hier wird sich nicht nur angeschwiegen und abgewartet, bis man endlich an seinem Ziel ankommt, um ohne Worte wieder verschwinden zu können.

Der Rückweg von Chipunga nach Mzuzu mit dem Public Transport ist ebenfalls anstrengend. Man muss von Chipunga aus eine gute Stunde in der prallen Sonne sehr steil bergauf laufen, um ins Nachbardorf Chigwere zu kommen. Von Chigwere (auf deutsch Nilpferd) aus fahren Sharetaxen nach Mzuzu. Das ist wieder ein bisschen ein Glücksspiel, manchmal kommt sofort eines, manchmal muss man warten. Aber in Malawi spielt Zeit keine so große Rolle.

„Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner haben die Zeit“, wie ein Sprichwort so schön sagt.


 

Wenn ich in Mzuzu bin unternehme ich meisten etwas mit Carolin. Sie macht ein dreimonatiges Praktikum im Bereich Stadtplanung und wohnt ebenfalls in der Backpackerlodge Mzoozoozoo.

Mittlerweile waren wir schon öfters in Nkhtata Bay am Malawisee. Es ist nur 46km von Mzuzu entfernt und wegen STRABAG führt eine sehr gute Straße dort hin, sodass man in einer knappen Stunde unten ist. Der See ist echt wunderschön blau und klar. Meistens sind wir im Mayoka Village, einer Lodge welche von einer Südafrikanerin geleitet wird. Dort kann man sich Standup-Padels, Kanus und Taucherbrillen leihen. Wenn man dort unten ist kann man sich gar nicht vorstellen in einem der ärmsten Ländern Afrikas zu sein…

 

Caro und ich haben auch schon unseren ersten „größeren“ Ausflug gemacht. Am 08.09.2018 begleiteten wir Gill, eine Kanadierin, welche wir im Zoo (Mzoozoozoo Lodge) kennengelernt haben, zur Lukwe Lodge. Gill war eine Freiwillige in der Lukwe Lodge, mittlerweile ist sie jedoch irgendwo in Afrika unterwegs.
Um nach Lukwe zu kommen mussten wir ca. 3 Stunden eingequetscht im Minibus nach Chitimba fahren. Dort warteten wir bis eines der Fahrzeuge in Richtung Livingstonia genügend Gäste zusammen hatte, damit es losfahren konnte. Nach einer weiteren Stunde auf sehr schlechter Straße steil bergauf und nochmal stärker eingequetscht, kamen wir dann bei der Lukwe Lodge an.

Die Lukwe Lodge ist einer der schönsten Plätze, die ich jemals gesehen habe. Es ist eine sehr ruhige und familiäre Lodge. Außer uns waren noch zwei weitere Gäste da. Die Einrichtung ist mit viel Geschmack ausgewählt und das Highlight dieser Lodge ist die Schaukel direkt vor dem Abgrund. Man hat einfach einen grandiosen Ausblick auf Berge und den Malawi See.

Am nächsten Morgen konnten wir den Sonnenaufgang vom Bett aus beobachten. Anschließend machten wir uns an den Abstieg. Unterwegs legten wir einen Stopp bei der Mushroom Farm ein. Sie ist auch so ähnlich wie Lukwe, doch noch etwas größer und touristischer. Dort frühstückten wir und haben noch letztes Mal den Ausblick genossen.

Dies ist der Ausblick aus dem Zimmer

Nach 2,5 Stunden in der prallen Sonne bergab kam ein Pickup vorbei, welcher uns die restliche Strecke mitnahm. Den Rückweg nach Mzuzu war echt komfortabel, da wir jemanden fanden, der uns in seinem Auto mitnahm.
Ich würde jedem, der nach Malawi, kommt die Lukwe Lodge empfehlen. Doch man sollte länger als nur eine Nacht oben bleiben, da die Anreise und Abreise mit den Öffentlichen doch sehr Kräfte zehrend ist.

Der Forenji auf dem Fahrrad

Landschaft zwischen Addis Abeba und Debre Zeyit (siehe ganz unten)

Seit mehr als fünf Wochen bin ich nun hier, die Zeit vergeht im Flug. Ich bin bisher kaum zum Schreiben gekommen, sondern war immer irgendwie unterwegs oder verabredet.

Man findet hier schon einige davon, aber ob drei Käfer hintereinander Zufall sind oder nicht, weiß ich nicht

Es fällt hier nicht besonders schwer hier Leute kennenzulernen, zumindest als Forenji (weißer Ausländer). Ich habe jedenfalls bisher um einiges mehr Handynummern gespeichert als ich mir Namen merken konnte und komme erst so langsam mit den oft sehr anders klingende Namen nach. Kennengelernt habe ich ganz unterschiedliche Menschen:  Lehrer (oft sehr junge, die neben oder vor dem Masterstudium am Vocational College unterrichten) aus verschiedenen Departments, Teilnehmer an den Umgang-mit-Daten-Workshops, Leute, die mich auch der Straße oder im Minibus angesprochen haben. In letzterer Gruppe war sowohl jemand, der sich darüber geärgert hat, dass Ausländer immer erwarten würden, dass man nur Geld von Ihnen wolle, als auch Leute, die mich am Ende tatsächlich nach einer finanziellen Leihgabe, einmal aber auch nur eine TripAdvisor-Bewertung, gefragt haben, als auch einer der uns spontan einen Kaffee bezahlt hat, obwohl wir mit dem wir nur ein paar Worte gewechselt haben. Ich sollte dazu sagen, dass das Kennenlernen von den Orten, die man besucht abhängt, und auch eine Einstellungssache ist, denn in Deutschland war ich besonders mit der Herausgabe meiner Kontaktdaten deutlich vorsichtiger. Doch nun sehe ich die Offenheit gegenüber jedem und auch das Suchen nach Kontakt als Zweck meines Aufenthalts hier und empfinde viel Neugier und Freude daran.

Viele Leute auf der Straße sind überrascht, wenn ich Gelegenheiten finde, meine (leider immer noch recht begrenzten) amharischen Wörter fallen zu lassen, und ich merke, dass mir das direkt Sympathien entgegenbringt. Auch wenn hier viele staatliche und nicht-staatliche ausländische Organisationen vor Ort sind, falle ich als Weißer auch in dieser Millionenstadt überall auf. Normalerweise werde ich aber weitgehend in Ruhe gelassen. Das ändert sich jedoch spürbar, wenn ich zum Fahrrad als Transportmittel wechsle, was an sich keine schlechte Wahl ist, um auf den breiten Straßen am dichten Verkehr vorbei zu kommen. Demnächst werde ich dabei aber eine Atemmaske tragen. Scheinbar passt das Bild vom reichen Ausländer und dem armen Radfahrer hier nicht zusammen, jedenfalls kann man sich dabei schon mal wie eine Jahrmarktsattraktion vorkommen: Leute verlieren ihre Scham und rufen mir „Forenji“ oder „China“ nach, rufen mir sogar aus fahrenden Autos zu oder sind bloß belustigt und einmal sammelten sich sogar bis zu zehn Kinder an einer roten Ampel um mich, bis sie auf grün gesprungen ist. 

NASA Space Apps Challenge Addis Ababa

Manchmal finde ich das ganz unterhaltsam mit der Voreingenommenheit mancher Menschen zu spielen. Beispielsweise war das Personal in dem teureren Hotel, in dem die NASA Challenge am letzten Wochenende stattfand (siehe vorherige Posts), stets freundlich, höflich und zuvorkommend, wie man den Service für den Preis halt erwartet. Als ich am Sonntag Morgen jedoch mit dem Rad ankam und auf jemanden vom Personal zugegangen bin, um zu fragen, wo ich mein Rad abstellen kann, wurde ich nicht einmal begrüßt und nur schroff gefragt „where do you want to go?“. Mit zunehmender Erklärung (einfach mehrfach die deutsche finanzkräftige Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GiZ als Organisator nennen) wurde die Miene des Herrn stets freundlicher und am Ende hat er meinen Fahrradschlüssel entgegengenommen und mein Rad auf dem bewachten Autoparkplatz geparkt und mir den Schlüssel anschließenden zu unserem Veranstaltungsraum im ersten Stock hochgebracht.

Abgesehen von dieser Ausnahme empfinde ich den Umgang hier auf der Straße insgesamt als ehrlicher als in Deutschland: Man hört die Menschen wenig Worte wie „Hallo, entschuldigen Sie bitte, vielen Dank, Bitteschön, auf Wiedersehen“ sagen, was sie aber nicht weniger tatsächlich hilfsbereit und aufmerksam macht (nur im Straßenverkehr scheinen manche keine Freunde zu kennen).

Waschbereich des Holland Guest Houses

Dass sich die Leute Zeit für andere nehmen können, kann auch daran liegen, dass ich hier noch nie jemanden gestresst gesehen habe und so werden auch jegliche Formen des Wartens, Verabredungen, Leistungsgedanke bei der Arbeit oder ein neuer Strom-, Wasser- oder Internetausfall gelassen hingenommen. Ich habe recht bald aufgehört, die Stromausfälle zu zählen, die von zehn Minuten bis einmal mehr als 24 Stunden angedauert haben. Manch ein Café, Behörde, etc. hat daher einen eigenen Generator, viele aber auch nicht und so bringt das auch mich als Arbeiter am Computer gelegentlich zur Zwangspause. In der Nähe der meisten Wasserhähne findet sich entweder eine Wassertonne oder eine kleinere Art von Behälter, aus dem man schöpfen kann, wenn gerade mal kein fließendes Wasser vorhanden ist.

Feine Unterschiede zu Deutschland gibt es auch beim Thema Müll. So ist mir nach einiger Zeit aufgefallen, dass der Müll, den ich bei uns zuhause oder bei der Arbeit vom Boden aufsammle und erstmal irgendwo ablege, später absichtlich wieder dorthin heruntergeschmissen wird, weil er von dort, von einer Reinigungskraft schon wieder beseitigt werden wird und nichts auf dem Tisch weniger zu suchen hat. Konsequenterweise finden sich draußen auch wenige Mülleimer, dafür werden die Straßen aber jeden Morgen mit Besen gereinigt. Lobenswert finde ich besonders den Recycling-Wert von Glas. So wird das vergleichsweise hohe Pfand nicht nur auf Flaschen erhoben, sondern auch andere Glasbehälter und mir wurde gesagt, mancherorts bekäme man nur so viele (gefüllte) Bierflaschen, wie man Leergut im Austausch zurückbringt.

Meskel-Fest am Leipzig Sqaure 2012 E.C. (Ethiopian Calender)

Relativ bald nach meiner Ankunft hier fand das Meskel-Fest statt (Meskel = Kreuz), an dem das Auffinden des Kreuzes Jesu mit religiösen Ritualen und Tänzen und mit dem Verbrennen von mit Grasbüscheln geschmückten kegelförmig angeordneten Hölzern zelebriert wird. Nach einer der Theorien hat der Rauch eines Feuers die heilige Helena im dritten oder vierten Jh. nach einen Traum zum wahren Kreuz geführt, mit dem Jesus gekreuzigt wurde. Zehntausende finden sich dazu jedes Jahr am Meskel-Sqare ein. Ich selbst habe jedoch nur eine kleine Version am Leipzig-Square in der Nähe meines hiesigen Zuhauses erlebt.

Straßenverkauf

Wenn mich Leute fragen, wie ich Addis Abeba erlebe, sage ich oft, dass die Stadt wie ein riesiger Markt für mich ist. Denn überall, egal ob Haupt- oder Nebenstraße, gibt es kleine Buden oder auch Verkäufer ohne Fazilitäten, die alle ihre Ware anbieten: Besonders oft Tomaten, Zwiebeln, Bananen, Kartoffeln, Wasser und natürlich Injera. Alles organisch und wenn man aus dem Stadtkern raus fährt, kann man beobachten, wie noch traditionell mit pflügenden Ochsen und viel Handarbeit angebaut wird.

Bäyenet (verschiedenes Gemüse), wie immer mit Injera

Erst durch den Kontrast hier, fällt wirklich auf, wie einheitlich unser Gemüse in Deutschland doch ist. Kaufen muss man oft übrigens in halben Kiloschritten, da die Wagen noch manuell mit kleinen Gewichten funktionieren. Es gibt es aber auch eigene Stände für Reifen oder Wasserhähne und auf stark frequentierten Wegen gibt es immer wieder nervtötend piepsende Personenwagen, auf denen man sich entgeltlich wiegen lassen kann.

In den ersten Wochen habe ich drei Museen der Stadt besucht:

  • Das Red Terror Museum, in dem ein zu der Zeit gefangen genommener Zeitzeuge über die aus einem Militärputsch resultierende kommunistische Schreckensherrschaft von 1974 bis 1987 berichtet hat.
  • Das Ethnologische Museum auf dem Addis Abeba Universitätsgelände, in dem ich aber nur sehr kurz war, da man mich schon fast eine Stunde vor Ende der Öffnungszeiten raus gescheucht hat.
  • Das Nationalmuseum, Heimat der berühmten Lucy, dem vermutlich über 3 Millionen Jahre alten Skelett. Interessanter Weise glaubt hier jedoch niemand, mit dem ich aufs Thema Religion zu sprechen gekommen bin, daran, dass die Evolution mehr als eine Theorie sein könnte, da sie ja dem Bibeltext widerspräche. Das Religion hier im Allgemeinen mehr Bedeutung als in Deutschland zukommt, ist auch im Alltag zu beobachten. Beispielsweise bekreuzigen sich einige Fußgänger aber auch Autofahrer während der Fahrt, wenn sie eine Kirche passieren. Außerdem sind nach der orthodoxen äthiopischen Kirche jeden Mittwoch und Freitag Fastentage (zusammen mit den längeren Fastenzeiten kommt man auf etwa 200 Fastentage im Jahr), an denen bis zum Mittag nicht gegessen und getrunken und danach nur vegetarisch gegessen wird. Danach richtet sich beispielsweise auch das Angebot in unserer College-Kantine.
Ausblick vom Aufstieg auf den Entoto

Außerdem besucht, habe ich bisher den Entoto, den zur Stadt gehörenden Berg, der neben viel Natur und kleinen Siedlungen einige Kirchen beherbergt.

Blick auf einen Kratersee in unserem Ressort in Debre Zeyit

Gestern habe ich an einem Ausflug des Gesamten College-Personals (etwa 250 Lehrer und andere Angestellte) zu einem Ressort zur nahegelegenen Urlaubsort Debre Zeyit teilgenommen, der von fünf Kraterseen umgeben und superschön ist. Dort wurden in Urlaubsatmosphäre Mitarbeiter für besondere Leistungen oder vor dem Ausscheiden aus dem College etc. ausgezeichnet, gegessen, getanzt und getrunken.

Als nächste Ausflüge plane ich am nächsten Wochenende in einer kleinen überwiegend deutschstämmigen Gruppe im ebenfalls von Addis aus gut zu erreichenden Nationalpark Mengesha zu zelten und die soziale nachhaltige Farm, in der mein Mitbewohner Yaye arbeitet, zu besuchen.

Was gibt es für mich zu tun?

Hallo beisammen,

etwas lang her seit meinem letzten Eintrag. Wie lang? Keine Ahnung. Zu lang anscheinend, denn ich werde ständig aufgefordert mal wieder was zu schreiben. Ich bin es euch schließlich auch schuldig. Hier also etwas Neues zu RICE.

Nachdem wir die Orientierungsphase mehr recht als schlecht hinter uns gebracht hatten ging es los. Langweiliges digitalisieren von Tabellen. Klar, man erhofft sich größere Aufgaben wenn man hierher kommt. Aber alles fängt klein an. Denke ich mir und arbeite mich durch den gefühlt nicht kleiner werdenden Stapel durch. So vergingen die Tage und Wochen. Bis heute.

So. Das wars. Ich hoffe es hat euch gefallen und hat euch einen Einblick in meinen Alltag gegeben.


Nein. Das kann ich nicht stehen lassen, schließlich ist noch mehr passiert, wie manche von euch wissen. Wie erkennbar an der Art der Aufgaben, bin ich in keinem Projekt wirklich eingebunden. Und das wird auch schwer zu ändern sein, sind die Projekte doch schon im vorhinein durchgeplant, was auch die Mitarbeiter die mitwirken einschließt aber wir schauen wie wir das hinkriegen. Das ich nicht Teil eines Projektes bin, hindert mich allerdings nicht mit aufs Feld zu fahren. Da wir aber zu zweit sind und meistens nur einer mitfahren kann schon. Da lass ich meiner Kollegin Vortritt, hat sie hier doch nur 3 Monate.

Von den Trips wo ich mit war, war zwar nur einer zu einem Projekt, aber ich werde hier mal kurz von allen erzählen.


Zum Ersten:

Der erste Trip begann damit das uns (meine Mitfreiwillige und mich) Pax Sakari, der ED (Exekutive Director), am Eingang zum Office abpasste und uns bat, ins Auto einzusteigen.  Zusammen ging es erst zu einem Hotel, wo Christoph Waffenschmidt, ein Deutscher und Vertreter von World Vision, zustieg. Mit einem weiterem Zwischenstopp in der Stadt, bei welchem Comfort (Nachnahme gerade nicht im Kopf), Managerin der Programme von RICE-WN, mit einer Packung Toast einstieg, ging es zum Heimatdorf Aripea von Joseph Abitya, einem ehemaligen Pfarrer aus Köln, der jetzt Programme zur Unterstützung von Dörfern in Uganda organisiert. Früchte seiner Arbeit sind in seinem Heimatdorf zu sehen, und nach einem Frühstück zeigt er sie uns natürlich alle und erzählt was es mit ihnen auf sich hat.

Danach ging es noch in das Heimatdorf von Pax. Hier wird gerade ein Brunnensystem für das Dorf wie auch die Umliegenden gebaut. Die Pumpe an sich ist schon installiert, allerdings muss noch das Rohrsystem um die Dörfer zu versorgen gebaut werden. Bilder hiervon finde ich gerade nicht, obwohl ich ganz sicher welche machte.

Dann hieß es Tschüss sagen, denn Christoph startet seine Heimreise nach Deutschland. Ein paar Tage später bekamen wir dann ein Foto, von einem Ausschnitt der Zeitung, in welcher ein gemeinsames Foto von ihm und Joseph vor dem Brunnen zu finden war, mit einem kurzen Text über die beiden und ihre Projekte.


Der nächste:

Dieser zweite Trip fand zwar großteilig im Sitzen statt war aber dennnoch  nicht weniger interessant. Wir fuhren raus in ein Dorf, in welchem, in einem größerem Gebäudekomplex, ein Solarsystem installiert worden war und nun eingeweiht werden sollte. Die ganze Veranstaltung wurde allerdings nicht von uns organisiert, sondern von WWF , einer Partnerorganisation von uns, unterstützt durch die EU und den Staat. Dementsprechend waren diese Parteien, alle eingeladen dem beizuwohnen. Die meisten hatten auch einen Beitrag für die Veranstaltung vorbereitet. Dazu kamen die District Leader der Region, Beiträge umliegender Schulen und ein Vortrag von einer Person welche ihre positiven Erfahrungen von der Umstellung von Petroleumlampen auf ein Solarsystem erzählte und somit letztendlich andere ermutigen sollte es ihr gleich zu tun. Das Ganze dauerte mehrere Stunden. Die Beiträge der Schulen waren zwischen die Vorträge geschoben und waren eher unterhaltender Natur, aber hatten auch einen passenden Inhalt.


Ach so. Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war Dokumente zu digitalisieren, haben Fred und ich uns an der Website zu schaffen gemacht.  Auch da geht es langsam aber stetig voran.

So. Wahrscheinlich habe ich noch was vergessen aber das wars mit Geschichten über die Arbeit. Oder habt ihr noch Fragen?

Stellt sie mir ruhig.

Melde mich bald wieder im „Privaten“ Bereich.

 

Tilman

Oktober-Update aus Lilongwe

Es ist viel passiert seit meinem letzten Beitrag. Heute schaffe ich es endlich ein paar Dinge zu schreiben und hochzuladen: über das Lake of Stars, den Tag der deutschen Einheit, mein Wochenende in Mzuzu, einen Ausflug mit Joseph und einen Besuch in der Kirche. Viel Spaß beim Lesen 🙂

Bananenstaude – ja, so was sieht man hier wirklich 😉

Lake of Stars – Ein Festival am See

Vom 28. bis 30. September fand das Musikfestival Lake of Stars statt, auf das wir uns alle schon lange freuten. Dort wollten wir uns mit allen weltwärts-Freiwilligen von artefact und auch von Kolping, einer anderen Organisation, treffen. Ich freute mich ganz besonders, endlich aus Lilongwe rauszukommen und mal etwas anderes vom Land zu sehen. Das Festival fand in Senga Bay statt und wir hatten das große Glück, dass dort zwei weltwärts-Freiwillige von Kolping stationiert sind und wir in deren Garten zelten konnten. So kamen wir am Freitagnachmittag an, und da der große See bloß einen Steinwurf über die Straße entfernt war, packten wir schnell unsere Badesachen aus und sprangen zur Abkühlung erstmal in den See. Der Lake Malawi ist tatsächlich wunderschön – groß wie ein Meer, die andere Seite kann man gar nicht sehen, mit schönen Sandstränden, kleinen Inseln vor der Küste und da es an diesem Wochenende ziemlich stürmte, riesigen Wellen, die den Spaß im Wasser noch steigerten.

Der Lake Malawi – wie ein Meer

Am Abend machten wir uns auf den Weg zum Festival. Es gab eine große Hauptbühne und eine kleinere Bühne am Strand direkt am Wasser. Es war wirklich eine tolle Atmosphäre und wir tanzten ein bisschen am Strand, obwohl das im Sand, ähnlich wie Laufen, ein bisschen schwieriger ist. Irgendwann beschlossen Andrej und ich eine Runde über das Gelände zu drehen, um alles kennenzulernen. Als wir uns der Hauptbühne näherten, fing gerade eine junge Frau aus Simbabwe mit ihrer Gitarre an zu spielen und zu singen und Andrej und ich blieben stehen, um zuzuhören. Das war eine sehr gute Entscheidung, denn wir waren von dieser Sängerin vollauf begeistert – praktisch, dass wir einen ziemlich ähnlichen Musikgeschmack haben! Wir genossen also die Show von Berita, vor allem „Phakama Africa“ gefiel uns super (ich empfehle sehr, mal bei Youtube vorbeizuschauen und sich diese Sängerin anzuhörenJ). Als dann auch noch der Mond über dem See aufging und richtig schön orange leuchtete, war der Abend einfach perfekt und blieb tatsächlich der schönste Abend des ganzen Wochenendes.

Die Hauptbühne beim Lake of Stars

Am nächsten Tag versuchten wir auszuschlafen, in einem Zelt, vor allem an einem Ort, an dem es schon um 8 Uhr gefühlte 30°C sind, keine einfache Sache. Nachdem ich es im Zelt gegen halb 8 wirklich nicht mehr aushielt, stand ich schließlich auf und konnte ein paar andere begeistern erstmal zur Abkühlung und zum Aufwachen in den See zu springen. Am Morgen war das Wasser tatsächlich kühl und erfrischend. Wir verbrachten den Vormittag im Garten der Freiwilligen, lernten uns alle besser kennen, spielten Karten, gingen nochmal in den See und hatten eine schöne Zeit zusammen. Am Nachmittag machten wir uns dann wieder auf zum Festivalgelände. Dies war leider 20 Minuten mit dem Auto entfernt, und so quetschten wir uns mit viel zu vielen Leuten in ein Taxi (wie man es hier eben macht). Der Abend verging mit Musikhören, Tanzen, am Strand faulenzen und quatschen recht schnell. Eigentlich hatten wir überlegt bis zum Sonnenaufgang zu bleiben, es bahnte sich jedoch ein Sturm an und es wurde immer windiger und windiger, der Sand flog einem um und vor allem in die Ohren und irgendwann wurde die Vorstellung nach ca. 3 Stunden bei diesem Wind auszuharren bis um halb 6 die Sonne aufgehen würde, unerträglich.

Kühe am Strand

Am nächsten Morgen hatte der Wind den See dann in ein stürmisches Meer verwandelt und die Wellen waren wunderbar hoch und wir hatten einen Riesenspaß im Wasser. An diesem Tag fuhr ich schon am frühen Nachmittag zum Festivalgelände, um mir auch die Verkaufsstände nochmal in Ruhe anzuschauen, einen leckeren Kaffee beim Fusion-Café zu trinken und mehr Zeit mit Laura zu verbringen, die ich sonst im Laufe des Wochenendes oft verpasst hatte. Ich verbrachte also einen schönen Nachmittag mit Laura und Caro, einer anderen Freiwilligen, die gerade für 3 Monate in Mzuzu ist. Das Highlight des Nachmittags war wohl die Wassermelonen-Bowle! Ein paar Leute verkauften Wassermelonen, bei denen sie oben eine Art Deckel abschnitten und das Innere der Wassermelone mit einem Mixer zu Saft pürierten. Wir veredelten das Ganze mit gutem Malawi-Gin (wirklich äußert guter Gin!) und genossen diesen leckeren Cocktail gemütlich am Strand.

Zum Abend hin wurde es immer windiger und es wurde noch stürmischer als am Tag zuvor. Schnell waren wir kalt und durchgefroren und der Sand klebte überall… Wer hätte das gedacht, dass einem das Wetter einen Strich durch die Rechnung macht, bei einem Festival in Afrika!? In Deutschland, ok, da rechnet man mit Regen und Kälte, aber in Afrika? Wir warteten auf den Main Act, Major Lazer. Ich kannte diesen DJ zwar nicht, aber die meisten freuten sich riesig darauf und da es der Main Act war, dachten wir uns, wir sollten wenigstens einen kurzen Augenblick bleiben. Der Sandsturm war an der Bühne noch unerträglicher und so hörten wir nur einen kurzen Augenblick zu und machten uns schnell auf den Rückweg… Damit hatte ich kein Problem, denn die sogenannte Musik von Major Lazer fand ich ehrlich gesagt ziemlich schrecklich!

Das Festivalgelände – direkt am Wasser

Der Sturm brachte uns am Morgen wieder traumhafte Wellen, die zum Glück auch einen Großteil des Sandes, der vor allem hartnäckig in Haaren und Ohren steckte, rausspülten. Wir packten in Ruhe unsere Sachen zusammen und machten uns am Vormittag auf den Rückweg nach Lilongwe. Da am 3. Oktober, also in 2 Tagen, eine Feier in der deutschen Botschaft sein würde, zu der wir alle eingeladen waren, begleiteten mich alle anderen artefact-Freiwilligen nach Lilongwe, wo diese in unserem Garten ein Zeltlager errichteten und wir mal wieder ein paar Tage zusammen in Lilongwe verbrachten.

Wie immer mit Spaß bei der Sache 😀

Der Tag der deutschen Einheit

Am 3. Oktober war der Tag der deutschen Einheit. Ich muss gestehen, so richtig gefeiert habe ich diesen Tag in Deutschland noch nie, es war einfach immer ein freier Tag an dem wir oft einen schönen Ausflug ans Meer gemacht haben. Ich musste also erstmal in Malawi leben um mir der Bedeutung dieses Tages während der Rede des deutschen Botschafters in Malawi so richtig bewusst zu werden und den Tag das erste Mal offiziell zu feiern.

Bereit für einen schönen Abend

Der deutsche Botschafter in Malawi, Jürgen T. Borsch, hatte alle Deutschen, die derzeit in Malawi leben, zu einer Feier am 3. Oktober zu sich nach Hause eingeladen. Uns wurde ein Festmahl mit allen möglichen deutschen Leckereien prophezeit und während der Hinfahrt hörte man nur die ganze Zeit entzückte Ausrufe von „Laugenbrezeln“, „Sauerkraut“, „Brot“, „Schwarzwälder Kirschtorte“, „deutsches Bier“! Und unsere Erwartungen wurden sogar noch übertroffen.

Der Botschafter wohnt in einem imposanten Haus in Area 10, eine der reicheren Gegenden in Lilongwe. Nachdem wir uns ein Glas Sekt abgeholt hatten, gingen wir weiter in den Garten und meine Freude über die Einladung und den kommenden Abend wurde immer größer. Ein wunderschöner großer Garten, eine Band für die Livemusik saß schon bereit, es waren mehrere Bars mit Getränken aufgebaut und schnell bemerkten wir in einem der Essenszelte das deutsche Brot, welches unser Herz höher schlagen ließ… Es gab doch tatsächlich Laugengebäck!! Ich fühlte mich wie im Paradies – Laugenbrezeln, leckerste Zimtschnecken, Roggenbrot!

Der Garten des deutschen Botschafters in Lilongwe

Es wurde immer voller und bald wurden Teller mit traumhaften Häppchen gereicht… Kräcker mit Pesto und Brie oder mit Lachs, zartweiches Roastbeef, Sushi, leckerste Samosa… Es wurde immer besser! Nachdem wir uns an den Häppchen und Laugenbrezeln schon fast satt gegessen hatten (nach wochenlangem Nsima essen kann man bei so was einfach nicht wiederstehen), wurde die Feier vom Botschafter offiziell eröffnet. Bei einem Gläschen leckeren Weißwein hörten wir zuerst der Rede des Botschafters zu, dann dem Blasorchester, welches die malawische Nationalhymne spielte, dann einem malawischen Minister, der noch eine Rede hielt und daraufhin wieder dem Blasorchester, welches nun die deutsche Nationalhymne spielte. Damit war der offizielle Teil des Abends auch schon wieder vorbei. Es spielte noch eine Marimba-Band und dann wurde das Buffet eröffnet…

Und der Genuss ging weiter! Kartoffelsalat, Zwiebelkuchen, Sauerkraut, Rotkohl, Schnitzel, Frikadellen – unsere deutschen Geschmacksnerven wurden endlich wieder beansprucht und wir genossen alles mit großer Freude. Zum Nachtisch waren leckerste deutsche Kuchen gebacken worden – Mandelkuchen, Zupfkuchen, Käsekuchen, Schwarzwälder Kirschtorte. Am Ende waren wir fast schon zu satt, aber einfach nur wunschlos glücklich. Ich versuchte meinen vollen Magen mit zahlreichen Espressos zu beruhigen, aber der gewünschte Kräuterschnaps-Effekt trat nicht ganz ein… Naja, so war ich dann immerhin den Rest der Nacht hellwach.

Die Band spielte gute Musik, wir tranken leckeren Weißwein und waren sehr glücklich. Nach der Band legte ein DJ auf und dann ging die Feier so richtig los… Ich habe selten einen so guten DJ gehört und wenn dann auch noch Musik aus den 70ern bis 90ern gespielt wird, kann die Party nur gut werden. Wir tanzten und genossen die ausgelassene Atmosphäre. Gegen 10 Uhr wurde es jedoch immer leerer und bald waren wir Freiwilligen die einzigen, die noch tanzten. Als es immer leerer wurde, machten wir uns gegen 11 Uhr auch auf den Weg nach Hause, nachdem wir uns bei dem Botschafter für diesen traumhaften Abend bedankt hatten.

Wieder gemeinsam in Lilongwe – bei der deutschen Botschaft
Schön, mal ein volles Zimmer zu haben 😉

Mzuzu-Wochenende

Nach der Botschaftsfeier fuhr ich am Donnerstag mit Laura und Caro nach Mzuzu. Während in der Central Region die Landschaft sehr karg aussieht und größtenteils abgeholzt ist, wurde es je höher wir kamen immer bewachsener… Jedoch nicht ganz so, wie ich erwartet hatte. Mit einem Mal säumten lauter Pinienwälder die Straße und ich fühlte mich in diesem Nadelwald ein bisschen wie auf dem Weg nach Nordschweden… Ein etwas komisches Gefühl, das hatte ich nicht erwartet. Später fand ich heraus, dass es sich bei den Wäldern um menschengemachte Pinienplantagen handelt… Aber immerhin um einen der größten menschengemachten Wälder in Afrika. Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir am frühen Abend in Mzuzu und am Mzoozoozoo an. Der Mzoozoozoo ist eine Lodge in Mzuzu, die gerade größtenteils Lauras Zuhause ist. Es war sehr schön, zur Abwechslung mal in einer Kleinstadt zu sein… Mzuzu ist viel überschaubarer und schöner als Lilongwe, alles ist fußläufig zu erreichen und der Markt ist weniger chaotisch.

Am nächsten Morgen gingen wir auf den Chitenge-Markt. Ich war beeindruckt – der Markt ist nochmal um einiges größer als in Lilongwe und somit auch die Vielfalt an Stoffen. Neben den Stoffen, die es auch viel in Lilongwe gibt, hingen hier noch viele Stoffe, die wohl größtenteils aus Uganda kommen und mehr den typischen „Afrika-Stoffen“ ähneln, die ich im Kopf hatte. Bei meiner Begeisterung für Chitenge konnte ich natürlich auch hier viele schöne Stoffe finden, und zu meinem Glück sogar einen Stoff, den ich vor kurzem in Lilongwe auf der Straße gesehen hatte, und von dem ich so begeistert war, dass ich seitdem immer danach Ausschau gehalten hatte… Da habe ich nun also Stoff für ein schönes neues Kleid 😉 Am Nachmittag wollten wir zu Nelson, einem Freund von Caro und Laura fahren und dort Lasagne und Apple Crumble kochen bzw. backen. Am Nachmittag kauften wir also ein, um die gut ausgestattete Küche zu nutzen und dieses Festmahl zu kochen. Es wurde tatsächlich ein Festmahl und ich konnte gar nicht mehr aufhören zu essen.

Für den Samstag hatten wir uns mit Leo und den beiden Lukassen (zwei Kolping-Freiwillige die zusammen in Chinteche sind und zufällig den gleichen Namen haben) am See verabredet. Laura hatte schon von dem See geschwärmt, und nachdem es schon in Senga so schön war, freute ich mich riesig auf den Tag am Wasser. Wir fuhren also nach Nkhata Bay, wo wir in einer schönen Lodge, Mayoka Village, den Tag verbringen wollten. Ich war begeistert – das war definitiv der schönste Ort an dem ich in Malawi bis jetzt war. Glasklares Wasser, Klippen und eine steile Felswand, in die die Lodge hineingebaut war. Die Bucht war idyllisch und ruhig und man konnte traumhaft baden und entspannen. Der leckere Eiskaffee trug noch weiter zu meiner Freude bei und so wurde es ein wirklich traumhafter Tag. Am Abend gingen wir noch in einen Club, denn Mzuzu ist für seine Club- und Feierszene bekannt. Es war ein schöner Abend, ich hatte jedoch aufgrund einer schlimmen Erkältung und meiner Angewohnheit spätestens um 10 Uhr schlafen zu gehen ziemliche Schwierigkeiten wach zu bleiben.

Das Mayoka Village – steil in den Fels gebaut
Eine idyllische Bucht in Nkhata Bay
Die coolste Dusche, die ich bis jetzt gesehen habe… auf jeden Fall mit der schönsten Aussicht

Für den nächsten Tag hatte ich mir ein Busticket für den Sososo-Bus gekauft, ein sehr komfortabler Bus, der jeden Tag zwischen Mzuzu, Lilongwe und Blantyre hin und her fährt. Nach einem leckeren Frühstück machte ich mich also gegen 13 Uhr wieder auf den Weg nach Lilongwe, nach Hause. Es war ein wunderbares Wochenende gewesen, und ich war sehr glücklich, dass ich nun endlich ein paar wirklich schöne Orte von Malawi gesehen hatte.

Bananen und Papayas

Tikondwe Gardens

Bei den Tikondwe Gardens mit Joseph und Daniel

Am 13. Oktober schafften Joseph und ich es endlich uns zu treffen… Nachdem wir uns 2 Monate lang immer wieder verpasst hatten, freute ich mich sehr auf den Tag. Ich hatte vorgeschlagen zu Daniel, einem Freund von Joseph, zu fahren, der einen Permakulturgarten in Dowa, einer Region in der Nähe von Lilongwe hat.

Der schöne Jacaranda Baum – es sieht fast so aus als hätte er lila Blätter

Die Gärten heißen Tikondwe Gardens –  Freedom Gardens – und Daniel erzählte erstmal ein bisschen über die Geschichte der Gärten. Seine Eltern hatten die Gärten schon Ende der 70er angelegt, zu einer Zeit als ökologische Landwirtschaft und Permakultur in Malawi eigentlich noch gar kein Begriff waren. Mit dem Ziel der Ernährungssouveränität gelang es ihnen in einem recht feuchten Gebiet, welches von Gras überwuchert war, langsam aber sicher Gärten für die Nahrungsmittelproduktion anzulegen. Dabei war es ihnen ein besonderes Anliegen, externe Inputs so gering wie möglich zu halten und vollkommen im Einklang mit der Natur und den natürlichen Prozessen zu wirtschaften. So entstand im Laufe der Jahre ein beeindruckender Garten, der mittlerweile von 1 ha auf 10 ha angewachsen ist, viele Arbeitsplätze bietet und Ernährungssicherheit und –souveränität verkörpert. Bei einem Rundgang durch die Gärten zeigte mir Daniel ausführlich und mit viel Freude viele verschiedene Aspekte des Gartens und ich konnte viel Neues lernen und gleichzeitig vieles von dem, was ich in meiner Zeit am Kusamala schon gelernt hatte, wiederfinden. Obwohl sowohl am Kusamala als auch in den Tikondwe Gardens Permakultur im Mittelpunkt steht, war es sehr interessant zu sehen, wie sehr sich die Gärten doch voneinander unterscheiden. Während am Kusamala alles schön durcheinander wächst, konnte ich bei Daniel ganze Felder mit Kohl sehen, die wenig durchmischt waren. Auf der anderen Seite wurden gleiche Arten für Pestmanagement und zur Stickstofffixierung verwendet, Kompost hergestellt, geistreiche Formen des rain water harvesting durchgeführt und vor allem die gleiche Begeisterung für die Arbeit mit den natürlichen Prozessen der Natur vermittelt. Nach dem Rundgang genossen wir noch eine leckere Wassermelone aus eigener Ernte und quatschten noch ein bisschen. Ich drückte meinen Wunsch aus, in der Regenzeit nochmal wieder zu kommen, dann wird bestimmt alles nochmal ganz anders und viel grüner sein. Es war ein sehr schöner Vormittag, den ich aufgrund der vielen neuen Eindrücke und der netten Menschen sehr genoss.

Ein Feld voller Kohl, mit einem schattenspendenden Baum
Ganz viele Papayas

In der Kirche

Joseph hatte mich eingeladen, mit ihm und seiner Familie in die Kirche zu gehen, und an diesem Sonntag, 21. Oktober, schafften wir es endlich. Hier gibt es sehr viele verschiedene Kirchen, keine Ahnung warum alle ihre eigene Kirche haben müssen, denn im Grunde habe ich es so verstanden, dass es eine katholische Kirche gibt, alle anderen aber evangelisch sind, es davon aber einfach tausende unterschiedliche gibt. Anscheinend hatte die Kirche (bzw. alle unterschiedlichen Kirchen) ein Gebiet Irgendwo im Nirgendwo bei Area 49 gekauft, auf dem jetzt viele Kirchen neu gebaut werden sollten, um einen kirchlichen Ort zu schaffen. Die Kirche zu der wir fuhren (ich weiß den Namen ehrlich gesagt nicht, er war lang und kompliziert) war erst letzte Woche dorthin umgezogen und daher war die sogenannte Kirche bloß ein Bretterverschlag in dem ein paar Plastikstühle standen und der notdürftig ein Dach aus irgendwelchen Planen hatte, da es in letzter Zeit tatsächlich schon öfter mal geregnet hatte (obwohl die Regenzeit eigentlich erst Ende November anfangen sollte). Als wir dort ankamen waren schon einige Leute da und es wurde begeistert gesungen und getanzt. Wir stellten uns also dazu und sangen und tanzten mit den anderen. Besonders toll fand ich, dass es vollkommen egal war, dass die Kirche gerade bloß ein Holzverschlag war… Es ging einfach nur um das Zusammensein und das war eine sehr schöne Erfahrung. Nach einiger Zeit kam der Pastor, ich war erstaunt wie jung er war. Er predigte – ziemlich lange – aber es war keine langweilige Predigt. Er sprach von wirklich wichtigen Dingen. Davon, dass man die Chancen, die man im Leben hat nutzen soll, das Beste aus seinem Leben hier auf der Erde machen soll und nicht nur ein guter Christ sein soll in Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Ich war begeistert, und konnte gut verstehen warum Joseph gerne zu diesem Pastor ging. Zudem vermittelte dieser eine Begeisterung für das Gesagte, dass einem beim Zuhören gar nicht langweilig wurde – auch nicht, weil es sehr witzig war, wie er seine Predigt auf Englisch hielt, nach jedem Halbsatz aber eine Pause machte und das Gesagte von einem anderen ins Chichewa übersetzt wurde. Es war ein schöner Morgen, und ich war froh, dass ich die Chance hatte, diese Erfahrung zu machen und eine Kirche hier in Malawi kennenzulernen.

 

Soweit erstmal ein Update von mir, ich hoffe es waren nicht zu viele Infos auf einmal! Auf jeden Fall geht es mir weiterhin super hier, ich komme immer mehr an, fühle mich in meinem Zuhause immer wohler und lebe einfach glücklich und zufrieden vor mich hin!

 

APAX Janja – Peace Organisation

The first thing is, to love them all, no matter what“

Blick vom höchsten Punkt Janja´s ins die Berge

Die Sonne steigt langsam über die Spitzen der Hügel und lässt alles um einen herum in sanftem Gelb erstrahlen. Der Morgennebel dämpft das Licht und die Geräusche. Die Luft ist frisch, doch das wird sich im Laufe des Tages stark verändern. Steht die Sonne am Himmel, könnte man denken man sei in der Wüste. Ist sie verschwunden, beginnt man zu frösteln.

 

Seit zwei Wochen bin ich nun in Janja und lebe gemeinsam mit den Sisters von APAX auf ihrem Compound. Diesen teilen wir mit circa 200 Kids. 30 von ihnen sind geistig behindert. Die starken Temperaturschwankungen und die Höhe machen mir zu schaffen. Eine Erkältung hat sich direkt breit gemacht. Geschwächt beginne ich an diesem Morgen den Unterricht gemeinsam mit Jean-Paul. Er ist Lehrer für den Bereich „Special Needs Education“. In unserer Klasse sind 15 Kinder unterschiedlichsten Alters, Behinderungen, Bedürfnissen und Lernniveaus. Wo die einen bereits beginnen zu rechnen, fällt es den anderen schwer einen Stift zu halten und sich auszudrücken. Jeden einzelnen seinem Niveau entsprechend zu unterrichten ist damit keine leichte Aufgabe. Neue Sachverhalte beizubringen dauert dadurch seine Zeit und man muss damit rechnen, dass man den ein oder anderen dabei auf der Strecke lässt. Der Unterricht ist sehr musikalisch gestaltet. Vieles wird von Jean-Paul in ein Lied verpackt, damit es den Kindern leichter fällt, sich den Inhalt zu merken. Doch trotz aller Schwierigkeiten ist das erste und eigentlich auch das einfachste, alle Kinder lieb zu haben, ungeachtet des Grades ihrer Behinderung. Dies war das Erste, was mir Jean-Paul gesagt hatte, als ich begann die Kinder zu unterrichten und bisher habe ich das sehr beherzigt. Ich finde teilweise auch, man kann nicht anders, als diese Kinder ins Herz zu schließen, denn Behinderte sind die herzlichsten Menschen, die es gibt. Sie stellen keine Fragen über den Stand des anderen und lieben dich, wenn du sie liebst.

Ein paar Kids aus meiner Klasse. Als sie mich mit meiner Kamera sahen mussten sie direkt für mich posen 😀

Digitalisierung im Tegbare-id Poly Technic College

Eingang des Tegbare-ids

Wie angekündigt geht’s dieses Mal um Arbeitsplatz: Das Tegbare-id ist ein staatliches TVET (Technical and Vocational Education and Training) College und das älteste seiner Art in Äthiopien. Es umfasst mehrere Departments wie beispielsweise Textilverarbeitung, Automobile, Biomedizin und Manufaktur, die jeweils Kurse für verschiedene Berufsbilder anbieten. Das Konzept der TVETs ähnelt dem einer deutschen Berufsschule: Der Unterricht besteht zu 30% aus einem theoretischen Teil, die restlichen 70% sollen in Betrieben erlernt werden.

Ausblick von der Addis Abeba TVET Verwaltung aus, dessen Leiter ich auch kennenlernen durfte

Ergänzend und aus Mangel an ausbildenden Unternehmer stehen im College viele Maschinen und Geräte für Übungen zur Verfügung. Manche davon wurden aus Mitteln der GIZ (Gesellschaft für international Zusammenarbeit) und KfW finanziert. In Besprechungen und Visiten mit verschiedenen Vertretern dieser beiden deutschen Institutionen, zu denen mich mein (ebenfalls deutscher) Mentor und Qualitätsmanager des Tegbare-id mitgenommen hat, konnte ich einen Eindruck von der staatlichen Deutschen Entwicklungszusammenarbeit auch auf höherer Verwaltungsebene gewinnen.

Technology Transfer Center

Meine eigene Arbeit findet aber an der Basis im Tegbare-id statt. Mein derzeitiges Reich ist das Technology Transfer Center. (TT-Center) Hier bietet ein sehr großer Tisch die Möglichkeit zu werkeln, bestehende Technologien zu untersuchen und an hiesige Gegebenheiten zu adaptieren. Im hinteren Bereich befindet sich die Recherche-Ecke und im (internetfreien) Trainingsbereich kann die Arbeit am Computer geübt und am Beamer demonstriert werden. Alle PCs sind mit einem lokalen Server verbunden, auf dem ich gerade an einem Studentenverwaltungsprogramm arbeite. Dieses wurde bereits von einem meiner Vorvorfreiwilligen aufgesetzt, ist dann aber nicht weiterentwickelt worden und daher nie in die aktive Nutzung geraten. Nun ist das Thema Digitalisierung der Collegedaten wieder auf den Schirm der Collegeverwaltung gerückt. Durch die Integration von Studentendaten (inkl. Notfallkontakte, Noten, usw.), Daten über kooperierende Betriebe, Erstellung von Transkripten, Zertifikaten und Statistiken, Bezahlung, etc. erhoffen wir uns neben der Effizienzsteigerung, Attraktivitätssteigerung der Verwaltungsjobs und Fehlerreduzierung, die Erschwerung korrupten Handelns, indem alle Änderungen (z.B. Noten) protokolliert werden und Zugriffe technisch Beschränkt werden. Ein dringendes Anliegen ist uns dabei die Integration von Informationen über die Ausbildungshistorie und Anforderungen von Firmen zu den Studentenprofilen, um zukünfig mehr Schüler in tatsächliche Ausbildungsplätze in der Industrie zu vermitteln.

Ich beim Kaffee-Zubereiten im Registrar-Büro

Während ich weiter an der Funktionalität arbeite, unterstützt mich das ICT-Department (Information and Communication Technology) dabei wieder einen Server in das Netzwerk der Registrar-Officer, den im ersten Schritt hauptsächlichen Nutzern der Software, zu integrieren. Die Registrar-Officer sind eine nette Truppe, zu denen ich schon eine ganz gute Beziehung aufgebaut habe. Ich habe jetzt immer häufiger mein Mittagessen dort (also immer irgendwas Wechselndes mit Injera), gefolgt von ein bis zwei Runden ቡና („buna“ = Kaffee). Viele aus dem Team sprechen nicht gerne Englisch, haben aber großen Spaß an meiner Überforderung, wenn sie mich auf Amharisch ansprechen. Sie sprechen mir aber immer wieder geduldig neue Wörter vor, sodass ich die Kaffeerunden mittlerweile weniger als Trödelei, sondern meinen persönlichen Sprachkurs ansehe. Mit dem ICT-Department hatte ich allgemein bisher noch fast gar keinen Kontakt und möchte das in Zukunft ändern.

Mein Mentor stellt das TT-Center vor

Am Samstag wurden einige Vertreter anderer TVET Colleges oder regionaler TVET-Verwaltungen und Unternehmer empfangen, um sich unser Tegbare-id anzusehen, auch wenn sich dieses (dem Hörensagen nach) qualitativ eher im Mittelfeld des Landes bewegt.

Drei Gäste aus einer ländlicheren Region bitten mich jeweils ein Foto mit ihnen zu machen

Nach der Eröffnungsrede haben sich die Gäste in Gruppen verschiedene Stationen angesehen und so haben mein Mentor und ich als Teil dessen das TT-Center vorgestellt. Einige haben auch Interesse an der Software gezeigt, an der ich arbeite. Das freut uns, da wir damit auf der TVET-Ebene ein Vorreiter in der Digitalisierung wären und auch wir die Vision haben, am Ende unser Programm an andere Colleges weiterzugeben.

Im TT-Center habe ich auch am Data Carpentry Day (als Teilnehmer) mitgemacht. Auch eine Führungskraft aus dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie war anwesend und hat sich beteiligt. Es war der zweite von drei solcher Workshops, um Interessierte im Umgang mit Daten zu schulen. Das Thema des Tages war, warum so wenige Menschen in Äthiopien ihre eigenen Unternehmen gründen bzw. eher was ihnen dazu fehlt. Die auszuwertenden Daten waren vorgegeben und wurden nach Schritt-für-Schritt-Anleitung separiert, visualisiert und mit der Fragestellung in einen Kontext gebracht und abschließend präsentiert. Insgesamt schien mir den Teilnehmern der Mut zu fehlen, kreativ zu sein und eigene Ideen zu vertreten, was wie mir gesagt wurde, ein generelles Problem in Äthiopien sei. Die Hauptinitatorin kommt von der GIZ (siehe oben) und mein Mentor und ich haben mit ihr mehrmals gesprochen. Beim nächsten Workshop wollen wir ein paar Kreativitätsübungen zwischendurch einbauen. Dieser Workshop wurde auch insbesondere dazu veranstaltet, Talente für die Nasa Space Apps Challenge zu finden, einem internationalen Innovationswettbewerb, an dem Äthiopien in diesem Jahr erstmals als eines von drei afrikanischen Ländern teilnimmt und für den ich mich nun persönlich auch als Unterstützer angemeldet habe.

In dieser Woche sind einige Lehrer aus dem Ingenieursbereich auf mich zugekommen und haben gefragt, ob ich ihnen die Programmiersprache C++ oder Java beibringen könnte, sodass ich mit meinem Mentor plane ein wöchentliches öffentlich Training daraus zu machen. Am gleichen Tag ist schon zuvor der Leiter des Kleidungs- und Textildepartments auf mich zu gekommen, da er in einem Unternehmen Gantt-Charts gesehen hat und nun die Prozesse seines Departments ebenfalls auf diese Weise dokumentieren und strukturieren möchte. Ich habe ihm meine Unterstützung dafür zugesagt und auch daraus mit meinem Mentor den Plan gefasst, im Erfolgsfall auch den anderen Departments so etwas vorzustellen.

Wie ihr merkt, scheint es für mich so schnell nicht langweilig zu werden. Und auch von außerhalb der Schulmauern gibt es noch einiges zu erzählen und einige Fotos hochzuladen, was ich möglichst bald nachreichen werde. Liebe Grüße nach Deutschland

Vom gegenseitigen Füttern und ungeplantem Trampen

Es ist schon weit nach Mitternacht als ich endlich den Flughafen verlasse und erstmals afrikanischen Boden betrete. Hier, 2334m über dem Meeresspiegel, sind es noch angenehme 15°C. Es ist das Ende der Regenzeit und solange es nicht regnet, kühlt die Temperatur nachts nur wenig ab. Ein unscheinbarer Mann kommt mir entgegen und ich erkenne ihn als meinen neuen Mitbewohner Yaye vom Foto wieder. Er sucht mit mir im Schlepptau nach einem günstigen Taxi ohne Ausländerzuschlag und kurz darauf rasen wir in Need-for-Speed-Manier durch leere Straßen nach Hause. Dort angekommen treffe ich auf einige Freunde und Bandkollegen von Yaye und erfahre, dass die Leere auf den Straßen den derzeitigen Spannungen (https:orf.at/stories/3021781) zwischen verschiedenen Volksgruppen geschuldet ist. Man sagt mir, dass etwa eine Stunde vor meinem Eintreffen von unserem Haus aus Schüsse zu hören waren. Wie ich später aus einer E-Mail des deutschen Auswärtigen Amtes erfahre, haben wohl fünf Personen versucht Polizisten ihre Waffen zu entwenden und sind dabei erschossen worden.

Keine drei Tage ist das nun her. Doch es kommt mir schon viel länger vor, so vieles habe ich gesehen, so viele Leute sind mir vorgestellt worden, und so schnell hat sich die sicherheitspolitische Lage zumindest dem Anschein nach wieder komplett entspannt (wozu vielleicht auch die hohen Präsenz an unterschiedlich bewaffneten Polizisten beiträgt).

Unser Innenhof

Ähnlich wie viele andere Grundstücke in der Gegend ist unseres von einer hohen Mauer umgeben (andere haben stattdessen oft auch mannshohe Wellblechzäune) und hat einen zentralen Innenhof, das von einem Haupthaus und einem kleineren Nebengebäude umringt ist. Yaye, mein Äthiopischer Mitbewohner, Musiker, Musiklehrer, Umweltschützer und vieles mehr, und ich teilen uns das Grundstück mit einem in der afrikanischen Union tätigen Franzosen, einer deutschen Praktikantin, die bei der UNESCO arbeitet, einer Äthiopierin, die irgendwas mit Finanzen macht, und einem Hund. Bisher habe ich von denen aber urlaubsbedingt nur Yaye und die Deutsche kennengelernt.

Die „weitere“ Dusche

Wir haben ein geräumiges Wohnzimmer, Küche, Bad (wie es auch in einer europäischen Studenten-WG aussehen könnte), eine weitere Dusche, jeder einen eigenen Schlafraum, eine Waschmaschine und seit neuestem auch WLAN (das gerade besonders praktisch ist, da momentan zeit- und stadtteilweise die mobilen Internetdaten gesperrt werden). Die Lage ist auch schön, ich fühle mich sehr wohl hier.

Injera

Mein erster Tag beginnt mit einem späten Frühstück mit Yaye und seinen Freunden. Wie später noch viel häufiger, gibt es Injera in einem kleinen Restaurant. Man reißt sich (mit einer vorher in einem Hinterzimmer frisch gewaschenen Hand) ein Stück vom leicht gesäuerten Fladenbrot ab, greift damit nach Fleisch, Salat oder Ähnlichem und steckt es sich in den eigenen Mund oder in den Mund eines anderen, wenn man seinen Respekt vor ihm ausdrücken möchte. Dazu gibt es traditionell Leitungswasser und Kaffee.

Ausblick vom nahe gelegenen Hügel (1)

Mit dem Magen hatte ich bisher entgegen aller Warnungen vor dem Leitungswasser noch überhaupt keine Probleme, obwohl ich es auch überall außerhalb von Restaurants trinke, um unnötigen Plastikmüll zu vermeiden und weil es sowieso auch bequemer und günstiger ist. Der Wasserfilter, den ich eigentlich extra dafür in Deutschland gekauft habe, kann also weiterhin im Koffer bleiben. Die viel größere Überraschung für alle, die mich besser kennen, wird eher sein, dass mir der äthiopische Kaffee schmeckt (könnte natürlich an meinen zwei Löffeln Zucker darin liegen, aber die sind hier auch nicht unüblich), sodass ich jetzt also nicht nur den einen Kaffee getrunken habe, sondern regelmäßig einen.

Ausblick vom nahe gelegenen Hügel (2)

Schon während des ganzen Tages bis dorthin telefoniert Yaye herum und bespricht sich mit seinen immer anwesenden Freunden, weil ich mit ihm schon mal zu meiner neuen Arbeitsstelle am Mexico-Square fahren wollte und nicht klar war, ob es dort zu neuen Demonstrationen kommt. Schließlich entscheiden wir uns dagegen und nach dem Kauf einer äthiopischen Sim-Karte für mich (für die mein Reisepass gescannt und mein Gesicht von einer Webcam aufgenommen wird) erklimmen wir nachmittags einen kleinen Berg, um den sich einige äußere Stadtteile formieren, und kehren auch erst in der Dunkelheit zurück.

Ausblick vom nahe gelegenen Hügel (3)

Meine Befürchtung in der Millionenstadt zwischen Häusern und Verkehr zu ersticken ohne ein Erholungsgebiet erreichen zu können (durch die ganzen alten stinken Autos kann man das Ersticken fast wörtlich nehmen), hat sich als daher als falsch erwiesen. Denn der Berg hat viel Natur zu bieten und ist von unserem Haus aus schnell fußläufig erreichbar.

In jedem dieser Busse können auf einer Kurzstrecke sogar bis zu 16 Fahrgäste einen (etwas kuscheligen) Sitzplatz finden

Am zweiten Tag nach meiner Ankunft ist auch mein aus Deutschland stammender Mentor, der Quality Manager, am Tegbare-id wieder in Addis Abeba angekommen. Ich fahre mit Yare zu ihm, wobei wir die Bustaxis benutzen. Wir müssen einmal umsteigen, wobei wir jeweils eine Kurzstecke fahren, und daher nur 1,50Birr (weniger als 0,05€) pro Person bezahlen. Eigentlich dürfen dort immer nur maximal 12 Personen mitfahren, doch für Kurzstrecken scheint die Regel nicht so streng ausgelegt zu werden und ich habe nicht nur einmal auch schon 16 Passagiere gezählt, den Fahrer und den (manchmal noch nicht ausgewachsenen) Kassierer nicht mitgezählt.  Mit meinem Mentor laufen wir zu meiner neuen Arbeitsstelle, aber das Thema Arbeit hebe ich mir für den nächsten Artikel auf. Zurück muss ich alleine fahren und finde prompt beim Umsteigen nicht die Stelle, von wo aus die Bustaxis zu meinem Block fahren. Ich frage ein paar Leute danach, die mir jedoch auch nicht weiterhelfen können, bis ich auf einen Polizisten treffe, der immerhin versteht, wo ich hin möchte und ein vorbeifahrendes Auto herbeiwinkt. Der freundliche Fahrer nimmt mich bis fast nach Hause mit und möchte nicht einmal Geld dafür von mir annehmen. Dafür habe ich jetzt zwei Visitenkarten von ihm, einmal fürs Anmieten von Wohnungen und Häusern und einmal für Stadtrundfahrten. Er erzählt, dass er erst zwei Tage zuvor aus Deutschland zurückgekommen ist, und es beschämt mich ein bisschen, dass er dort nicht nur positive Erfahrungen mit den Menschen gemacht hat.

Der dritte Tag war bisher nicht mehr so ereignisreich: Ein recht ruhiger Arbeitstag, die bekannte Fahrtstrecke (außer, dass ich auf dem Rückweg anstatt des zweiten Taxis diesmal gelaufen bin), zu essen wieder gutes Injera und Sambusa (in meinem Fall mit Linsen gefüllte frittierte Teigtaschen) vom Straßenverkauf, und dem Lauschen nach amharischen Tischgesprächen, wenn den anderen englisch zu anstrengend wird.

Was gibt es neues?

Hallo,

ich bin nun meine fünfte Woche in Arua. Ich habe inzwischen Wanderungen durch die Stadt gemacht und dabei die unterschiedlichsten Dinge gesehen. Supermärkte und Märkte, Stände am Rand der Straße zum Verkauf von metallenen Toren und Türen, die keine zwei Meter dahinter geschweißt werden und direkt daneben einen riesigen Haufen Kissen welchem gegenüber wiederum ein stand für Küchenutensilien. Ging ich um zwei Ecken, landete ich auf einem Markt, der überdacht wurde von Kleidungsstücken, gebrauchten Jeans bis zu Anzügen, alles auf engstem Raum aufgehängt und lautstark angepriesen. Keine zwei Meter konnte ich gehen, ohne das jemand der Verkäufer oder Verkäuferinnen mir hinterher rief und versuchte mich für die Ware zu begeistern, sei es Kleidung oder wie auf anderen Märkten Fische, Tomaten, Zwiebeln, Reis oder Mais in unterschiedlichen Farben, Süßkartoffeln und noch vieles weiteres.

Ich besuchte einen Friseur wo ich nicht nur einen Haarschnitt erhielt, von einem Mann welcher nicht weniger Pingelig als ich es bin (so schien es mir zumindest), sondern auch eine kleine Massage meines Gesichtes und Halses, mit ein paar Cremes, die gefühlt mit Sand vermischt waren. Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube das soll so sein. Vielleicht damit beim einreiben und anschließendem Abwaschen die toten Hautzellen abfallen? Was soll’s. Ist nicht mein Interessengebiet, etwas gewöhnungsbedürftigt aber letztendlich angenehm.

Das ist er, der Haarschnitt.

Aktuell gibt es hier viele Ananas und Melonen zu kaufen, Avocados nicht zu vergessen. Die Mangosaison habe ich gerade verpasst. Nicht Schlimm, ich mag Ananas sowieso mehr. Bei meinen Kochversuchen, die immer noch sehr an meine heimische Küche erinnern habe ich diese auch eingebunden, nicht ohne Erfolg. Die gebratenen Ananasstücke in der Tomatensoße mit Zwiebeln und ein wenige Paprikapulver zu den Nudeln, gaben dem ganzen ein süßes, exotisches (ich kann nicht glauben das mir dieses  Wort dazu einfällt wo es doch einfach nicht hierher passt, bin ich doch hier der Exot in der Gegend und nicht diese Frucht) Aroma.

Was aber immer wieder toll anzuschauen ist, ist der Schwarm Fledermäuse, welche in unzählbarer Menge (Naja. Sicherlich ist es möglich herauszufinden wie viele es sind aber das habe ich noch nicht und es ist auch nicht so wichtig) über dem Golfplatz und der Umgebung fliegen.

Was etwas länger dauert als erwartet sind die Möbel. Aber das verstehe und akzeptiere ich, hat der Schreiner doch gerade eine harte Zeit. Ein Gedanke, der mir immer häufiger kommt, vor allem durch das kaufen dieser und auch anderer Dinge, ist der, das ich immer noch mehr habe als manch anderer. Ein wichtiger Punkt, von unserer Sendenden Organisation, ist das wir möglichst auf einer Augenhöhe mit den Menschen hier leben sollen. Es ist keine Regel, sodass wir auch uns hier im Luxus sonnen könnten. Deshalb bin ich aber nicht hier und das möchte ich auch nicht tun.


Ich hatte euch ja versprochen, etwas mehr über die Sache mit dem Müll rauszukriegen. Das habe ich nicht vergessen und bin weiter an dem Thema dran….


Natürlich habe ich aber auch die Umgebung meiner Wohnung etwas bewandert, diesmal aber nicht allein. Ich bin mit meiner Mitbewohnerin/ Mitfreiwilligen bei RICE WN und unserer Nachbarin, ebenfalls eine Mitarbeiterin von RICE WN, unterwegs gewesen. Wir sind an einem kleinen Fluss und einem Fußballfeld vorbei, auf Trampelpfaden und an Straßen entlang gelaufen und quatschten ein wenig.

Das letzte Bild ist nicht nur wildes Grün. Hier hat sich ein Chamäleon versteckt. Wo ist es?

Ich wünsche euch noch einen schönen Tag.

Tilman

Franz in Uganda 1: Ankommen

Uganda. Seit einem halben Jahr habe ich mich auf diesen Freiwilligendienst gefreut, bin drei mal quer durch Deutschland zu den Vorbereitungsseminaren gereist, habe mich für alles Mögliche impfen lassen, habe Visa beantragt, Sachen gekauft, probegepackt… Und jetzt ist das alles Realität. Für mich ein riesiger Schritt nach vorne in meinem Leben. So viel Veränderung in so kurzer Zeit – das hatte ich bisher noch nie.

Ich sitze in unserer Wohnung in Jinja und bin jetzt richtig froh, endlich angekommen zu sein und etwas zur Ruhe kommen zu können. Jakob, mein Mitbewohner, mit dem ich mich glücklicherweise sehr gut verstehe, ist gerade beim „Connection Day“ seiner Organisation „X-Suba“, bei dem sich die Kinder und Jugendlichen aus vielen Schule treffen, um miteinander Sport zu machen. Jetzt sitze ich also daheim und habe endlich Zeit, ein bisschen zu schreiben. 

Die letzten Wochen war wahnsinnig ereignisreich und aufregend. Der Hinflug klappt einigermaßen problemlos. Von München aus fliege ich sinnvollerweise erst nach Brüssel, wo ich meine Mitreisenden Jakob, Rika und Tilman treffe, die ebenfalls einen Freiwilligendienst in Uganda absolvieren werden. Von dort aus geht es erstmal nach Bujumbura, was einen Umweg von immerhin 400 Kilometer bedeutete. Bujumbura ist die Hauptstadt von Burundi, einem Land, das für uns Weltwärts-Freiwillige aufgrund von Konflikten eigentlich strengstens gesperrt ist. Dort wird erstmal der Flieger neu betankt und es kommen ein Haufen Putzkräfte an Bord, die den Flugzeug wieder auf Vordermann bringen. Durch die hinten geöffnete Tür strömt schonmal etwas afrikanische Luft ins Flugzeuginnere. Ich versuche, einen Platz am Fenster zu ergattern, um den Viktoriasee sehen zu können, werde aber sofort von zwei französisch sprechenden Burundierinnen (Burundesen? Burundinen?) verdrängt. Naja, inzwischen ist es schon Nacht, da würde ich wahrscheinlich eh wenig sehen. Immerhin war ich jetzt mal kurz auf der Südhalbkugel, bevor ich mich wieder in Richtung Norden bewege, wenn auch nur ca. 20 Kilometer überhalb des Äquators. Um ca. 23:00 Uhr landen wir mit einer Verspätung von 40 Minuten in Entebbe, der direkt am Viktoriasees gelegenen ehemaligen Hauptstadt Ugandas, die durch die Flugzeuggeiselnahme eines israelischen Flugzeugs durch palästinensiche Terroristen und RAF 1976 zu trauriger Berühmtheit gelangte. Bis heute liegt hier der einzige internationale Flughafen Ugandas. Nachdem wir dutzende bewaffnete Soldaten und einen Checkpoint mit einem gestressten Beamten passiert haben, werden wir von Raphi, meinem Vorgänger bei FABIO, und Rose, unserer Regionalkoordinatorin, begrüßt. „Welcome to Uganda!“ Sie haben ein Taxi, auch genannt Matatu, gemietet, mit dem wir in Richtung der ca. 40 km entfernten Hauptstadt Kampala rasen. Ja, „rasen“ ist wirklich der richtige Ausdruck, denn seit meiner Ankunft in Uganda bin ich selten so schnell und komfortabel gereist, was hauptsächlich an der hochmodernen Straße liegt, mit der nicht einmal deutsche Autobahnen mithalten können. Angeblich handelt es sich um die teuerste Straße der Welt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich der in Entebbe lebende ugandische Präsident Yoweri Museveni damit eine komfortable Verbindung in die Hauptstadt bauen ließ. Ich sitze vorne, esse geröstete Erdnüsse und Minibananen, die uns Raphi und Rose mitgebracht haben, lasse mir die feuchtwarme Luft aus dem offenen Fenster ins Gesicht strömen und kann einfach nicht glauben, dass ich nun endlich hier bin, in Afrika, in Uganda.

In Kampala erwartet uns erstmal der ultimative Kulturschock. Die 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt empfängt uns mit Lärm, kaputten Straßen und beißendem Smog. Es ist immer etwas los hier, selbst um ein Uhr nachts bekommt man noch Essen an den Straßenständen am Busbahnhof. Überall stehen, sitzen, liegen handeln, arbeiten und schlafen Menschen. Über den Dächern prangen riesige Plakate, die für Benzin, Handys oder Mobilfunkanbieter werben. Am einprägsamsten ist der Verkehr: die Straßen sind voll von Taxis, Autos, Bodas und Bussen, überall wird gehupt und gedrängelt. Wie geregelt wird, wer Vorfahrt hat, habe ich immer noch nicht ganz begriffen. Meist läuft es darauf hinaus, dass zwei Fahrzeuge mit ungeminderter Geschwindigkeit aufeinander zusteuern und wenn der Zusammenstoß schon fast unvermeidbar erscheint, stoppt doch noch einer der zwei Fahrer in allerletzter Sekunde. Aus irgendeiner Bar dringt immer laute Musik, meist entweder afrikanische Popmusik oder Remixe europäischer und amerikanischer Hits, bei denen das Original fast nicht mehr herauszuhören ist. Die ganze Stadt pulsiert, viel mehr als ich das von europäische Großstädten gewöhnt bin. Und der ganze Trubel, der mir anfangs wie ein riesiges Chaos erscheint, entpuppt sich als außerordentlich funktional: jeder kann seinem Geschäft nachgehen, jeder kommt von A nach B. 

Hier mal ein paar Eindrücke aus Kampala:

Das Aponye Hotel, in dem wir wohnen, ist das günstigste der Stadt, der Aufzug funktioniert nicht, aber ansonsten macht es einen guten Eindruck. Da wir nach unserer Ankunft immer noch Hunger haben, gehen wir nochmal raus zum Busbahnhof, um Essen zu kaufen. Der Busbahnhof besteht aus einer nicht asphaltierten, großen Fläche für das man gefühlt einen Geländewagen mit Allradantrieb braucht, um nicht in irgendwelchen Gräben oder Löchern steckenzubleiben. Oder eben ein Matatu. Wie sich diese mit bis zu 25 Menschen vollgestopften, klapprigen Kleinbusse in der Größe eines VW-Busses hier fortbewegen können, ist mir ein Rätsel. Tagsüber ist es hier gestopft voll mit Matatus, jetzt, um 1 Uhr nachts sind diese aber fast alle verschwunden. An einem kleinen Stand gönnen wir uns erst einmal eine Rolex. Nein, es handelt sich hier keineswegs um eine Luxusarmbanduhr, sondern um das beliebteste und günstigste Streetfood Ugandas. Der Name ist eine Verballhornung aus den englischen Wörtern „Rolled Eggs“, also gerollte Eier. Ein Omelett wird zusammen mit einem Chapati, einem schmackhaften Pfannkuchen, gerollt und mit allerlei gefüllt, z.B. Tomaten oder Bohnen, machmal auch Fleisch. Dafür zahlen wir gerade einmal 3000 Ugandische Shilling, also knapp 70 Cent.

Nachdem wir endlich satt und müde in unsere Zimmer zurückgekehrt sind, tauchen schon die ersten Alltagsfragen auf. Sollte ich mit dem Wasser aus dem Hahn Zähne putzen? Sollte ich die Malariaprophylaxe noch um diese Uhrzeit einnehmen? Und wie funktioniert das jetzt eigentlich mit dem Moskitonetz? Jaja, daran werde ich mich gewöhnen müssen…

Die nächsten zwei Tage verbringen wir in Kampala. Wir kämpfen uns durch den afrikanischen Großstadtdschungel und besuchen verschiedene Sehenswürdigkeiten, wie z.B. die große Nationalmoschee. Diese wurde komplett vom libyschen Diktator Muammar al-Gadafi gesponsert, weshalb sie im Volksmund auch einfach „Gadafi-Moschee“ genannt wird. Es handelt sich um einen relativ neuen, weiß und beige angemalten Prachtbau auf einem Hügel, der mit einem hohen Minarett und einem gigantischen halbkreisförmigen Bogen geschmückt ist. Vom Minarett aus genießen wir die tolle Aussicht auf die Stadt, die auf mehreren Hügeln erbaut ist. Der Führer erklärt uns, was wir da sehen, aufgrund des starken Windes verstehe ich aber nur Bruchstücke.

Auch ein Besuch der deutschen Botschaft in Kampala steht an. Dort treffen wir Birgitta, die sich in der Botschaft unter anderem um die deutschen Freiwilligen im Land kümmert. Zusammen reden wir über formale Angelegenheiten unseres Aufenthalts in Uganda, aber auch über Themen wie Sicherheit und Kultur im Land.

Nach zwei intensiven Tagen in der ugandischen Hauptstadt geht es für unsere kleine Reisegruppe nach Jinja, der Stadt, in dem ich das Jahr lang wohnen und arbeiten werde. Erste Station ist dabei das Büro von FABIO, meinem künftigen Arbeitsplatz. Meine Chefin Najjiba Katesi begrüßt uns alle herzlich und im Anschluss bekommen wir eine geführte Fahrradtour durch Jinja, zum Fischermarkt am Viktoriasees, zum größten Hindi-Tempel der Stadt (der an diesem Tag leider geschlossen ist) und zur Nilquelle, wo ein Denkmal daran erinnert, wie hier der Brite John Henning Speke 1857 als erster Europäer die Nilquelle erblickte. Mein erster Eindruck der Stadt: genauso staubig wie Kampala, dafür aber wesentlich grüner, ruhiger und kleinstädtischer. Auch wenn hier an vielen Ecken Müll verbrannt wird, so ist die Luftqualität alles in allem doch wesentlich besser. Ein bisschen fühle ich mich an Rosenheim erinnert: Wir wohnen in einem, abgesehen von den diversen Bars und Clubs in der Nähe, eher ruhigen Wohngebiet, das relativ klar definierte Zentrum rund um die Main Street ist mit dem Fahrrad in rund 5 Minuten erreichbar. Da die Stadt vor allem mit der Industrialisierung Anfang des Jahrhunderts groß geworden ist, sind noch viele, teilweise sehr gut erhaltene Kolonialbauten zu sehen. Im Norden der Stadt befindet sich der Taxipark und Busbahnhof mit vielen Verbindungen ins Umland sowie der „Jinja Central Market“, ein erst vor ein paar Jahren fertiggestelltes riesiges Gebäude, in dem über drei Etagen alles Mögliche zu bekommen ist, von der Banane zum Fahrradsattel, vom lebenden Huhn zum im Markt genähten Kleid. Nur industriell verarbeitete oder aus anderen Ländern importierte Produkte gibt es hier nicht, dafür muss man in einen der Supermärkten, die fast an jeder Ecke im Zentrum zu finden sind. Während hier die Preise festgelegt sind, wird im Markt und auf der Straße immer verhandelt. Zugegeben, damit hatte ich am Anfang Schwierigkeiten, vor allem weil mir die genannten Preise eh schon so billig erschienen. 500 Shilling für eine Banane? Das sind gerade mal 12 Cent! Inzwischen wissen wir aber, dass eine Banane eigentlich nicht mehr als 3 Cent kostet. Und es gelingt mir immer besser, die anfangs völlig überhöhten „Mzungu-Preise“, also die auf uns Weiße zugeschnittenen Preise, runterhandeln zu können. Natürlich tut es uns in keiner Weise weh, 12 Cent für eine Banane auszugeben. Aber wenn ich hier für ein Jahr lang lebe, ist es mir auch wichtig, nicht immer als der weiße, reiche Tourist gesehen zu werden, der sowieso jeden Preis zahlt.

Freitag, 17. August

Es ist 8 Uhr abends und schon stockdunkel. Die Sonne geht hier schon um ca. 19:00 Uhr Ortszeit unter, nach ca. 30 Minuten ist es Nacht. Wenn ich daran denke, dass sich die Sonne in Deutschland erst ungefähr drei Stunden später verabschiedet, kommt ein bisschen Wehmut in mir hoch. Andererseits kühlt die Luft nun endlich auf eine erträgliche Temperatur ab. In den letzten Tagen hatte es hier meistens um die 30 Grad, egal ob die Sonne schien, oder nicht. Ich hoffe mal, dass ich mich daran gewöhnen werde. 

Von draußen dringt sanft das Zirpen der Grillen in unsere Wohnung. Auch Stimmen und das Wummern eines Basses tönen aus der Entfernung. Gestern sind unsere Vorfreiwilligen in Jinja, Simon und Raphael, nach Deutschland zurückgekehrt und wir konnten in unsere neue Wohnung einziehen. 

Der Tag begann für mich heute leider schon um 5 Uhr morgens, als mich der Gockel mit seinem Geschrei aus dem Schlaf riss. In den folgenden Stunden wechselte er sich dann mit den Ziegen im Nachbarstaaten ab, deren Meckern stark an das Geschrei eines Kleinkindes erinnert, nur mit dreifacher Lautstärke. Das Frühstück konnte sich sehen lassen: Toastbrot, zweierlei Marmelade, eine Nutella-artige Schokocrème und – nicht zu vergessen – die unfassbar saftige Ananas und die leckeren Passionsfrüchte. Tropenfrüchte sind hier wirklich viel besser als in Deutschland und auf dem Markt zu Spottpreisen erhältlich. Nach dem Frühstück machten wir uns auf in die Stadt, um Trinkwasser (das hier in 20-Liter-Pfandflaschen verkauft wird) und Wandfarbe zu kaufen, da wir vorhaben, manche unserer Innenwände neu zu streichen. Zu Fuß sind es ca. 15 Minuten bis zur Main Street. Dort angelangt, missachtete ich allerdings die die essentielle Grundregel, nie den Boden aus den Augen zu lassen. Denn während die Fahrbahn der Main Street in einem vergleichsweise gutem Zustand ist und nur sehr wenige Schlaglöcher aufweist, gerät der „Gehweg“ zu einer echten Herausforderung: über wackelige Platten balancieren, über Straßengräben springen und aus dem Boden herausragenden Metallteilen ausweichen sind hier die Disziplin. Und so kommt es, dass ich mir sofort den Zehen blutig anhaute und wir unverrichteter Dinge mit dem Boda, also dem Motorradtaxi, zur Wohnung zurückfuhren, um mich zu verarzten. 

Den restlichen Tag verbrachten wir mit Putzen und Ausmisten. Abgesehen davon, dass sie etwas dreckig und vollgestellt ist, ist unsere Wohnung echt super. Ein geräumiges Wohnzimmer mit Tisch, Couch und einem Ersatzbett, auf dem ich gerade sitze, bilden den Eingangsbereich. Daneben gibt es noch ein großes und ein kleines Schlafzimmer, eine gut ausgestattete Küche und ein Bad. Dessen Ausstattung  – bestehend aus einem Loch im Boden und einem Duschhahn, der von der Decke ragt – ist minimalistisch, aber funktional. Die ugandische 500-Shilling-Münze hat entschieden, dass ich im kleinen Zimmer schlafen muss. Der Plan ist, nach einem halben Jahr zu wechseln, mal schauen, ob wir das durchziehen.

 

Am Montag, acht Tage nach meiner Ankunft in Uganda, ist dann schon der erste Arbeitstag. Ich bin schon total gespannt und motiviert. Um 9 Uhr beginnt das wöchentliche Meeting. Da die Chefin Katesi heute nicht da ist, leitet unsere Buchhalterin Phiona das Treffen. Als erstes ist Beten angesagt. Freiwillige Vorbeter? Alle Blicke wandern zu mir. Also beginne ich, das Vaterunser auf Deutsch vorzubeten, einmal komme ich ins Stocken (ist doch schon wieder ein bisschen her, dass ich das letzte mal in der Kirche war), dann kriege ich aber noch die Kurve. Im Endeffekt könnte ich ja auch alles mögliche sagen, es versteht eh keiner Deutsch. Beim Meeting werden dann auf Englisch über den Arbeitsfortschritt der letzten Woche aus den verschiedenen Bereichen und die Aufgaben der kommenden Woche geredet. Es wird vereinbart, dass in den kommenden Wochen bis Mitte Oktober vor allem mit Brian und Georg an den neuen Fahrrad-Ambulanzen arbeiten soll. Danach wollen wir beraten, welche Jahresprojekt für mich infrage kommen könnte. Mal schauen, was das wird.

Die Arbeit in den ersten Wochen ist sehr abwechslungsreich. Ich gestalte Flyer und Sticker, schreibe Monitoring-Formulare für Projekte, kümmere mich um FABIOs Facebookpräsenz, arbeite beim Fahrradverleih von FABIO und helfe natürlich beim Bau der Fahrradambulanzen mit. Eine davon stand schon am Tag meiner Ankunft fast fertig im Office, es müssen aber noch vier weitere gebaut werden. Diese sollen zusammen mit Fahrrädern und Ausrüstung an sogenannte VHTs, also Village Health Teams, im ländlichen Gebiet von Budondo, einem Vorort von Jinja, gegeben werden. Der Plan ist, dass damit dann kranke Menschen und schwangere Frauen zum nächsten Health Center gebracht werden. Diese liegen relativ dezentral, so dass keine langen Strecken zurückgelegt werden müssen. Die Ambulanzen sollen in flach gelegenen Gegenden zum Einsatz kommen, für eine Ambulanz, die in einer etwas hügeligere Gegend verwendet werden soll, wurde ein E-Scooter gekauft. 

Für den Bau der Ambulanzen haben wir einen (leider teilweise fehlerhaften) Bauplan, der von einer NGO in Namibia entwickelt wurde. Also werden Rohre gekauft, zugeschnitten, gebogen und geschweißt. Da FABIO keine eigene Werkstatt besitzt, müssen wir dafür woanders hin fahren. Die externe „Werkstatt“ ist eigentlich ein Areal, auf dem alte LKWs und Busse zusammengeschraubt werden. Auch wenn wir die Arbeiten vom Personal verrichten lassen, sind wir doch immer dabei, um zu schauen, dass alles richtig gemacht wird. Das bedeutet, dass ich oft 6 Stunden am Tag in der prallen Sonne stehen muss, was wirklich ziemlich anstrengend ist, vor allem weil die Sonne mittags ja senkrecht von oben kommt. Dazu kommen noch andere Schwierigkeiten. Denn wie sich herausstellt, haben Brian und Georg auch nicht viel mehr Erfahrung in der Metallbearbeitung als ich und ich habe das in meinem Leben noch nie gemacht. Also schleichen sich immer wieder Fehler ein, von denen wir aber für die nächsten Ambulanzen lernen können. Inzwischen sind zwei weitere Exemplare fast fertig.

Ich muss zugeben, dass ich nach dem ganzen Leerlauf nach dem Abitur gar nicht mehr gewöhnt bin, so wenig Freizeit zu haben. Tagsüber komme ich meist um halb 6 von der Arbeit nachhause, dann ist meistens noch Einkaufen, Kochen und Abspülen angesagt. Und daneben muss natürlich auch der ganze Haushalt samt Putzen und Wäsche waschen geschmissen werden. Das alles macht Spaß und ich lerne total viel dazu, was es heißt, nicht mehr zuhause zu leben. Trotzdem genieße ich die Freizeit an den Wochenenden sehr. Wir haben schon einen Ausflug gemacht zu den Itanda-Fällen, ca. 20 Kilometer Nilabwärts, gemacht. Auch am Nyege Nyege waren wir, einem riesigen Festival in Jinja, das größte Ostafrikas. Über 200 Künstler gab es da zu sehen und trotzdem war es eine total entspannte Veranstaltung, idyllisch in einem Wäldchen direkt am Nil gelegen.

So, nun habe ich genug geschrieben! Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in meine ersten Wochen in Uganda geben. Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt, könnt ihr mich jederzeit per Mail erreichen. Ich freue mich über Rückmeldungen!

Viele Grüße aus Jinja in den Norden wünscht

Franz